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Samstag, 31. Dezember 2011

Von einem kleinen blauen Käfer

Am 7. Juli 2011 um 12 Uhr mittags schaute im Urner Schächental der kleine blaue Käfer über den Rand seines Blattes. Gern hätte ich gewusst, was er in der Tiefe zu erspähen suchte. Seine Frau? Die Kinder? Oder war der Käfer eine Sie? Gibt es bei den Käfern Er und Sie? Noch lieber hätte ich erfahren: Wusste der kleine blaue Käfer, dass er in seiner Schau beschaut wurde? Und fotografiert, von einem Menschenmann? Und weshalb tat der Menschenmann das? Und gibt es irgendwo über dem Menschenmann auch ein solches Wesen, wiederum viel grösser und dem Menschenmann verborgen, das diesen betrachtet? Mit dieser Kleinportion Tiefsinn möchte ich mein Blogjahr beenden. Ich wünsche allen ein gutes neues Jahr mit vielen Wanderungen. Oder auch ganz ohne Wanderungen. Jedenfalls ein Jahr mit möglichst viel Freude. 2012, wir kommen!

Freitag, 30. Dezember 2011

Das Kälte-Experiment

Viel Schnee zwischen Amden und dem Toggenburg.
Vorgestern reportierte ich eine Winterwanderung, die mit zentimeterhoch Wasser in den Schuhen bei Minustemperaturen an einer zugigen Bushaltstelle im Toggenburg endete. Würden Freund Simon und ich uns erkälten: Das war dort die Frage. Sur place lancierten wir einen wissenschaftlichen Versuch. Simon zog seine Schuhe aus, goss das Wasser ab, zog auch die Socken aus und ging fortan barfuss in den Schuhen. Ich liess die Socken an und das Wasser drin. In der Folge bekam ich den Schlotteri, klapperte mit den Zähnen und hatte, so Simon, blaue Lippen. Simon sah normal aus. Das kalte Bier vom Kiosk in Wattwil machte mich gelassener gegen mein Leid. Und um nun die Frage zu beantworten, welche Vorgehensweise besser ist: Simon ist gesund geblieben. Ich aber auch. Es handelt sich also um gleichwertige Methoden. Oder hatten wir einfach beide Glück?

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Mentalwandern

Eine Leserinnenzuschrift.
Es ist nicht so, dass ich als Kolumnist mit Leserpost überschwemmt werde. Doch immerhin, es kommt ab und zu ein Mail. Es äussern sich Leute bisweilen direkt unter der Online-Kolumne. Und es wird manchmal sogar zur Füllfeder oder zum Kugelschreiber gegriffen und ein guter alter Brief aufgesetzt. Alle vier, fünf Wochen bekomme ich eine handgeschriebene Zuschrift. Meist stammt sie von einem alten Menschen, der längst nicht mehr wandert. Aber er bzw. sie liest die Kolumne, träumt sich die Strecke herbei und geht sie dann quasi mental.

Mittwoch, 28. Dezember 2011

All time high auf der Vorder Höhi

Winter in Amden-Arvenbühl.
Vorder Höhi, Gadenwirtschaft.
Gestern strahlendes Wetter in den Bergen. Mit meinem alten Freund und Ex-Weltwoche-Kollegen Simon "Supersi" B. fuhr ich nach Amden-Arvenbühl. Die Reise war grässlich, Zug und Bus vollgepfercht mit Millionen 
sonnengieriger Snöber, Skifahrer, Schlittler, Rentner, Hündeler, Eltern mit Gofen, Pärchen usw. Auf der Panoramastrecke Arvenbühl - Vorder Höhi war dann auch viel Volk unterwegs. Doch der Anblick des in den blauen Himmel zackenden Leistchamm lenkte uns wirkungsvoll ab und machte alles gut. Auf der Vorder Höhi wurden in einem Gaden Gerstensuppe und Bratwürste ausgegeben, wunderbar speditiv; unsere Laune erreichte, was der Amerikaner ein "all time high" nennt. Hernach beschlossen wir, berauscht von Licht und Luft, den Abstieg ins Toggenburg Richtung Stein. Der Bratwurstmann, ein Einheimischer, riet ab; dafür brauche es Schneeschuhe. Er hatte recht: Wir Schneeschuhlosen benötigten für den Abstieg gut drei Stunden, sanken auf manchen Passagen Schritt um Schritt bis zu den Oberschenkeln ein, fluchten, schwitzten, verzweifelten schier. Unten war soviel Wasser und Eis in den Schuhen, dass ich das Gefühl hatte, man habe mir ein Sorbet Colonel hineingekippt. Gestern: Das war ein Abenteuer mit Höhen und Tiefen, das war... Psychodrama in der Ostschweiz.

Dienstag, 27. Dezember 2011

Mit Stricker in die Hölle

Stricker kanns einfach: Ausschnitt aus dem neuen Buch.
Hannes Stricker, über den ich hier auch schon schrieb, ist einfach ein begnadeter Illustrator. Zu Weihnachten kriegte ich von meinem Bruder Strickers Ostschweiz-Wanderbuch "Von der Höll' ins Paradies" - das Auge schwelgt in den aquarellierten Landschaften und den hübschen Routenkarten. Und die Texte hat Stricker natürlich, wie immer, von Hand geschrieben.

Montag, 26. Dezember 2011

Folterfall in Lömmenschwil


Perfid! Das Gute ist so nah, signalisiert der "Ochsen" und teilt mir gleichzeitig mit, dass dieses Gute leider derzeit nicht zugänglich ist - Gastrofolter in Lömmenschwil SG.

Sonntag, 25. Dezember 2011

Der Friedensapostel und die FDP-Gemeinde


Doch, er ists. Am Rand des potthässlichen, wohlstandsverwahrlosten Zumiker Dorfplatzes erblickte ich kürzlich diese Statue in Bronze: Max Daetwyler. Er trägt die weisse Fahne über der Schulter, wie man es von vielen alten Fotos kennt. Daetwyler war eine Grossgestalt der Friedensbewegung und des Pazifismus. 1914 verweigerte er als erster Schweizer den Kriegsdienst. In den Dreissigerjahren begegnete er Mahatma Gandhi. Fortan zog er mit seiner weissen Fahne durch die Welt und demonstrierte gegen den Krieg. 1976 starb er in Zumikon, wo er mit seiner Familie über fünfeinhalb Jahrzehnte gewohnt hatte. Es zeugt von Liberalität, dass der stockbürgerliche Ort, dieses FDP-Nest, in dem Elisabeth Kopp politisierte, zu seinem Bürger hielt und es verhinderte, dass er behördlich entmündigt wurde. 2004 wurde dann das Denkmal eingeweiht.

Samstag, 24. Dezember 2011

Eine grosse Liebe in drei Zitaten

Kürzlich postete ich einen Eintrag über Friedrich Hölderlins kurze Zeit als Hauslehrer in Hauptwil TG im Frühjahr 1801. Ich wurde dann gefragt, weshalb der Dichter nach drei Monaten von den reichen Gonzenbachs schon wieder entlassen wurde. Nun, die Spezialisten vermuten, dass der Mann bereits nahe an den Irrsinn späterer Jahre gerückt war, was ihn unerträglich machte. Klar ist, dass Hölderlins früheres Engagement vor Hauptwil an seiner eigenen Seelenzerrüttung Anteil hatte. In Frankfurt lernte er Susette Gontard kennen, Gattin eines Bankiers, zu der sich ein inniges Verhältnis entwickelte. Es endete, als der Bankier nach gut zwei Jahren merkte, was in seinem Hause zwischen Susette und Hölderlin vor sich ging, den er 1796 als Lehrer von Sohn Henry angestellt hatte. Hier die Geschichte in drei Zitaten:
Susette Gontard, 1769 bis 1802.
"Den Börsenkurs verstehe ich aufs Haar, aber wie die Kinder geleitet werden sollen oder was sie lernen müssen, das ist nicht meine Sache..." (Bankier Gontard)
"Lieber Freund! Es gibt ein Wesen auf der Welt, woran mein Geist Jahrtausende verweilen kann. (...) Lieblichkeit und Hoheit, und Ruh und Leben, u. Geist und Gemüth und Gestalt ist Ein seeliges Eins in diesem Wesen." (Hölderlin in einem Brief)
"Dass der Hauslehrer vorzüglich viel Delicatesse im Umgang mit der Hausfrau nöthig hat, liegt in der Natur der Sache. Mit jedem zu sehr annähernden Schritt, jedem Suchen des Geheimnisses von ihrer Seite, wird der weise Mann einen Schritt zurücktreten. Er wird sogar je eher je lieber das Haus verlassen, worin die Ruhe - vielleicht endlich gar die Tugend - zweyer Personen in Gefahr kommt. Die Flucht allein macht hier den braven Mann." (A.H. Niemeyer, ein Theoretiker der Pädagogik, 1796 in einem Buch) 
So, liebe Blogleserinnen und -leser, hiermit wünsche ich allen schöne Weihnachten!

Freitag, 23. Dezember 2011

Mein Schaffhauser Debakel

Zwischen Bargen und Beggingen.
Ein Stein erinnert in Beggingen ans schreckliche Jahr 1633.
Gestern ging ich im Randen wandern, dem Hochland der Schaffhauser. Geplant war eine Tour mit Start in Bargen, Halbzeit in Beggingen, Ende in Siblingen. Tatsächlich brach ich nach zwei Stunden in Beggingen ab. Die Landschaft war grossartig, Wetter und Verhältnisse aber garstig: Pflotsch. Regen. Schwerer Schnee in der Höhe, der an den Schuhen klebte. Und der Abstieg vom Hohen Randen nach Beggingen war derart glitschig, dass ich zweimal stürzte. Vor Beggingen passierte ich das Mördergärtli, das an die Schreckens-Geschichte des Ortes erinnert. 1633, im Dreissigjährigen Krieg, wurde dieser geplündert und gebrandschatzt. Kurz darauf traf ich meinen persönlichen Mörder: Ein Sennenhund wollte mich beissen. Ich hielt ihm den offenen Schirm hin, den er statt meiner massakrierte. Zeit, nach Hause zu fahren. Im Bus merkte ich, dass ich bis auf die Haut nass war - und sogar in den Taschen meiner Windjacke hatte es Schnee.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Staatliche Schmutzkampagne

Weg zu: Zürich, nah Burgwies.
Seltsam. Seit wann macht sich der Staat, in diesem Fall die Stadt Zürich, Sorgen, Wanderers Schuhe oder Hosen könnten schmutzig worden? Ich missachtete die weiträumige Umleitung. Der Weg war dann nicht schmutziger als andere, die ich gegangen bin.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Huch, Luxus in Braunwald!

Das neue, sozusagen dezentrale Hotel Ahorn in Braunwald.
Ich erinnere mich vage an die abgewitterte Pension Ahorn in Braunwald. Nun gibt es dort, apart gelegen, Neues: Das Chalet-Hotel Ahorn, zu dem ein Gourmet-Restaurant gehört, wurde gestern eröffnet. Zwei Suiten und vier Chalets stehen mit Annehmlichkeiten wie Sauna und Specksteinofen zur Verfügung - und nun müsste ich getreu meiner Ich-mag-es-bescheiden-Lebensphilosophie eigentlich ins Lamento ausbrechen, dass da ein sympathisch simpler Glarner Ferienort gentrifiziert wird. Mein Gefühl sagt das Gegenteil: Ich habe in den letzten Jahren erlebt, wie Braunwald abstieg. Da war die schlechte Publicity, weil das Dorf am Berghang rutscht. Da war der seltsame Brand des Alpenblicks. Da waren die Finanzprobleme der Standseilbahn. Bedenke ich all dies, finde ich: Gut, dass jemand an Braunwald glaubt und investiert. Und das Hotel ist beileibe kein Protzkasten. Ob sich auch genügend Gäste in diesem mittleren bis oberen Preissegment finden - das muss sich freilich noch zeigen.

Dienstag, 20. Dezember 2011

Escher, die Römer und meine Gehtrance


Gestern Winterwanderung: In knapp vier Stunden ging ich von Ziegelbrücke auf den Biberlichopf, wieder hinab, weiter Richtung Weesen, dem Linthkanal entlang zum Walensee, ins Gäsi und schliesslich schnurgerade auf dem erhöhten Pfad neben dem Escherkanal zum Bahnhof Näfels-Mollis. Drei von vielen Höhepunkten:

  1. Der Biberlichopf. Fährt man im Zug nach Chur, unterquert man ihn gleich nach dem Bahnhof Ziegelbrücke im Tunnel. Auf dem imposanten Felshügel, markiert durch eine Fernmelde-Antenne, unterhielten die Römer zu Zeiten des Kaisers Augustus einen Wachtposten. Die Mauern sind erhalten, im ersten Weltkrieg baute die Armee in die Ruine hinein einen Unterstand. Kein Mensch war gestern dort oben, ich fand die Stille schon fast unheimlich.
  2. Die Gestade des Walensees. Richtung Gäsi ist das Ufer unverbaut; ich genoss den Blick auf das historische Städtchen Weesen. Das Gäsi selber ist Naturschutzzone, ein Mix aus lichtem Wäldchen und aparten Landspitzen in den See hinein. Sommers wird gebadet, Party gemacht, getrunken, gekifft; so manches Glarner Baby wurde hier gezeugt.
  3. Der Escherkanal. Endlos lang ist die Gerade Richtung Näfels. Das schenkte mir die Musse, das gewaltige Meliorationswerk Hans Conrad Eschers Anfang des 19. Jahrhunderts zu bedenken. Und irgendwie geriet ich in eine Art Geh-Trance. Dieser Kanal ist psychedelische Architektur.

Montag, 19. Dezember 2011

Das knallgelbe Restaurant



3.2 Tonnen wiegt die ausrangierte Diavolezza-Gondel. Der Hotelier Thomas Walther vom "Steinbock" Pontresina ersteigerte sie auf eBay für 2010 Franken. Er will sie nun zu einem kleinen und gemütlichen Restaurant umrüsten. Kürzlich wurde die Gondel mit einem Sattelschlepper zu ihrem neuen Standort transportiert, hier das Filmchen; Mitte Januar soll man in ihr bereits essen und trinken können.

Sonntag, 18. Dezember 2011

Ein Zufall auf dem Loorenkopf

Blick vom Loorenkopf auf den Zürichsee. Hinten die Pfnüselküste.
Glitschiger Abstieg vom Turm.
Dieses Wochenende habe ich Pikett, ich kann nicht weg von Zürich. Gestern wanderte ich trotzdem: Etwas mehr als zweieinhalb Stunden dauerte die schöne Tour fast ganz auf Zürich-Boden: Burgwies - Elefantenbach - Degenried - Loorenkopf - Witikon - Trichtenhausen - Zollikerberg. Toll fand ich den Turm auf dem Loorenkopf, wie ein bewaldeter Punkt des Adlisbergs auf 690 Metern heisst. Vom Turm sah ich den Zürichsee und den Greifensee. Unglaublich im Übrigen folgender Zufall: Während ich den Turm erklomm, blickte ich hinunter und sah... Rita, Rainer, Pierre, drei Mitglieder meiner Wandergruppe Fähnlein Fieselschweif, flotten Schrittes vorbeibeineln. Da der Wanderleiter nicht zur Verfügung stand, hatten sie sich selber organisiert und auf den Weg gemacht. So trägt das Motto Frucht, unter dem ich meine Gruppe von Anfang an betrieben habe. Es lautet: "Hilfe zur Selbsthilfe."

Samstag, 17. Dezember 2011

Mein persönlicher Orkan

Blick von der Panta Rhei: Oberriedens Sturmblinker ist an.
Gestern hatte ich frei. Gern wäre ich gewandert. Aber eben, ein Orkan war angekündigt. Ich nahm dann bequem die Panta Rhei, das modernste Passagierschiff auf dem Zürichsee. Ein Abenteuer erhoffte ich mir, so ähnlich wie damals, als wir von Clonakilty (Südirland)  in Gesellschaft des betrunkenen Musikers und B&B-Betreibers Dave eine vorgelagerte Insel ansteuerten, auf der Dave in einem Pub aufspielen sollte. Die Wellen waren meterhoch, und der Kapitän des Bootes konnte auf der Insel fast nicht anlegen. Gestern auf der Route Zürich - Rapperswil war das vergleichsweise harmlos, Windstärke vier oder höchstens fünf. Und doch drehte die Panta Rhei vor Rapperswil ab und um - ein Anflug von Drama. Im Übrigen empfehle ich allen so eine Schiffahrt auf dem Zürichsee, es gibt nichts Gemütlicheres bei miesem Wetter. Und jetzt noch herzliche Kondolenz den Leuten in Bern, Basel, St. Gallen, die see-los leben müssen. Ihr seid wirklich arm dran! Ihr dürft uns aber jederzeit besuchen!

Freitag, 16. Dezember 2011

Annali und der Purenknächt

"Stillstand": eine Einrichtung, die in die moderne, organisierte Kirchenpflege mündete. Der Name rührt daher, dass sich einmal im Monat nach dem Sonntags-Gottesdienst verdiente Gemeindebürger mit  dem Pfarrer am Taufstein trafen und im Stehen Dinge der Gemeinde besprachen. Jetzt macht sich das Zürcher Staatsarchiv daran, nach und nach die Stillstandsprotokolle einzelner Gemeinden zu publizieren, was gut zwei Jahre dauern wird. Hier der Anfang eines Eintrages aus Brütten, Annus 1632, Januarius:
"In disrem ersten stillstand diss jars ist von den fürgsetzten fürbracht worden, wie das Annali Müller einen purenknächt zur ehe gnommen, der aber nit fromm seig, sälle etwas an ënden und ohrtten veruntroüwett han etc. Dessglichen, sölle Margrethli Balthensperg auch einen zur ehe gnommen haben, so ein papist seig. Hieruff erkënt worden, beide parhteyen für die gschwornen ins pfarrhuss z'brüffen und ihr verantwortung da z'hören..."

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Geizige Muotitaler

Männer einst im Muotatal. (WikiCommons)
Der Muotitaler ist knallhart, für ihre anarchische Seite sind die Leute im langen Geländeschlitz zum Hölloch hin berühmt. Müsterchen vom Montag: An der Gemeindeversammlung verweigerten 150 Stimmbürger dem Gemeinderat einen Kleider-Zuschuss von 6500 Franken. Für das Geld hätten die armen Exekutivler, die man sich aufgrund dieser Nachricht zerlumpt vorstellt, Anzüge angeschafft für öffentliche Auftritte. Der Säckelmeister, also der Finanzminister, der Gemeinde Muotathal, meinte nach dem Verdikt: "Vielleicht tragen wir im nächsten Jahr mal ein blaues Hirtenhemd."

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Mist, Stadtmist!

Hausmüll (nicht der von SO).
"Stadtmist" klingt ja eigentlich, auf eine Mülldeponie angewendet, recht charmant-biologisch. Doch was sich in Solothurn West über fünf Jahrzehnte bis 1978 an Kehricht angesammelt hat, ist zum Teil giftig; bereits sickerten Schadstoffe ins Grundwasser. Ab dieser Woche nun wird im Solothurner Stadtmist gebohrt, so will man sich ein Bild darüber verschaffen, was genau im Untergrund lagert. Klar ist, dass es sich um 350 000 Kubikmeter Material handelt, dessen Abtragung und fachgerechte Entsorgung bis zu 220 Millionen Franken kosten kann. Ein Gutteil des verseuchten Terrains ist im Übrigen deckungsgleich mit demjenigen des Projektes "Wasserstadt". So heisst eine geplante Überbauung mit bis zu 700 Wohnungen gehobenen Standards; umso dringender ist es, jetzt die Sanierung voranzutreiben - und ist das nicht ein hübsches Beispiel für die Art, wie Vergangenheit und Zukunft sich verschränken?

Dienstag, 13. Dezember 2011

Hölderlin in Hauptwil

Tor ins Dorf Hauptwil TG und Gonzenbach-Anwesen "Oberes Schloss".

Die Gonzenbachs, Textilindustrielle, wohnten schön.
Durch dieses Tor mit dem Turmaufbau muss er damals geschritten sein am 14. Januar 1801 nach tagelangem Marsch durch Schnee und Matsch von Deutschland her. Und vielleicht ahnte er gleich, dass das Anwesen zur Linken, das Obere Schloss, den Gonzenbachs gehörte, jener reichen Textilfamilie, die ihn berufen hatte. Drei Monate arbeitete der deutsche Dichter Friedrich Hölderlin dann im thurgauischen Hauptwil als Hauslehrer, bis er wieder entlassen wurde. Gestern morgen um 8 Uhr 10 war ich in Hauptwil und schaute mir die Hölderlin-Ausstellung im Schloss an. Dass ich so früh dran war, lohnte sich: In den nächsten drei Stunden ging ich trockenen Fusses via Wilen, Finkenbach, Häggenschwil zur Station Häggenschwil-Winden. Und kaum war ich am Ziel, begann es scheusslich zu regnen.

Montag, 12. Dezember 2011

Das war unser Weihnachtsessen

Blick von der Gegend beim Türli Richtung Zürichsee und Innerschweiz.

Für solche Kost geht unsereins stundenlang.
Moll, doch, das war eine schöne Wanderung. Sie begann in Stäfa und führte uns in zweieinhalb Stunden via Risi, Obsirain, Türli auf die Höhen des Pfannenstiels. Zeitweise regnete es leicht. Doch die Aussicht auf das Rüebli-Ingwer-Süpplein und einen Kalbscarré-Braten mit Kartoffelgratin im Restaurant Hochwacht motivierte uns genügend. Das Essen war dann wirklich fein, und ein Kafi Schnaps krönte es. Hernach zogen wir im Dunkeln weiter. Die Taschenlampen brauchten wir nicht gross, denn der Vollmond verbarg sich zwar hinter den Wolken, illuminierte aber doch die Landschaft genügend. Beim Bahnhof Forch fanden wir, es sei noch nicht genug, und setzten fort nach Zumikon, wo wir in Zumi's Bistro den Schlusstrunk nahmen. Moll, doch, das war eine schöne Wanderung, die ich zur Nachahmung empfehle; sie ist auch wintertauglich. Mehr darüber diesen Freitag in meiner Kolumne in der Zeitung.

Sonntag, 11. Dezember 2011

Deheem in St. Antoni OW


Ist dieses Höndli nicht reizend? Ich traf es vor einem Hof an, auf dem Jakobsweg von St. Jakob nach Flüeli-Ranft, gleich bei der St. Antoni-Kapelle; die Kolumne über diese Wanderung ist letzte Woche erschienen. Das Tierchen rannte auf mich zu, legte sich auf den Rücken, streckte mir die Pfoten entgegen: Licence to kraul. Ich koste es ausgiebig und musste lachen, als ich mich mit ihm reden hörte: Mein Appenzeller Dialekt, der in der städtischen Umgebung zur Abflachung tendiert, war so stark wie deheem. Das Blässli ist ja auch ein Stück Deheem. Einfach ausgelagert nach Obwalden.

Samstag, 10. Dezember 2011

Heute wird im Mondschein gewandert

Der Mond ist auch eine Lampe.
So. Heute wird nach der Erkältungs-Pause endlich wieder gewandert. Es ist gleich eine spezielle Unternehmung: das Weihnachtsessen meiner Gruppe "Fähnlein Fieselschweif". Wir gehen vom Zürichsee auf den Pfannenstiel und essen dort. Danach ein apartes Dessert: Im Schein des Vollmonds wollen wir absteigen. Meine Taschenlampe habe ich bereits gestern eingepackt, auf dass ich sie nicht vergesse.

Freitag, 9. Dezember 2011

Inkluse und Plättlileger


Dieses Inserat sah ich in einer Zeitung, die in der Sattelegg-Beiz herumlag. Kurz zuvor war mir der Name Fintan das erste Mal begegnet. Ich las nämlich ein wenig über das Kloster Rheinau ZH. Und vernahm vom heiligen Fintan, einer Gestalt aus der Gründerzeit des Klosters im neunten Jahrhundert. Fintan war ein irischer Wandermönch, der sich im Gebiet der heutigen Schweiz niederliess. Angeblich soll er aus seiner Heimat geflohen sein, nachdem ihn die Wikinger gefangen hatten. In der Rheinau war er Inkluse, liess sich also lebenslänglich einmauern. Seine Vita inspirierte katholische Eltern, ihre Kinder nach ihm zu taufen. Und so treffen wir auf katholischem Territorium ab und zu einen Fintan. Der vom Plättlicenter in Feusisberg heisst mit ganzem Namen Fintan Marty.

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Sechs Fragen an Schweiz Tourismus

Schweiz Tourismus mailt eine Medienmitteilung, die so anfängt:
"Alle Jahre wieder - mit einem bunten Feuerwerk an festlichen Angeboten, Winterideen und Feierlichkeiten läutet die touristische Schweiz Weihnachten und das Jahresende ein. Wellness, Advent und Tango, historische Hotels und Day Spas, Weihnachtsmärkte und Silvesterbälle, World-Snow-Day und Geschenkideen. Frohe Festtage für die ganze Familie und jedes Budget in der winterlichen Schweiz."
Da, ein Day Spa!
Nachdem ich das las, habe ich folgende Fragen:
  1. Wie muss ich mir dieses "einläuten" vorstellen, wer läutet wo was?
  2. Wo könnte ich einmal die "touristische Schweiz" treffen und mit ihr bei einem Kaffee ein wenig über unsere (ihre, meine) Vorstellungen von Tourismus plaudern?
  3. Klingt "alle Jahre wieder" in dieser Mitteilung nicht ein wenig bedrohlich? Oder ist es doch eher Resignation?
  4. Hat man in Day Spas wirklich einen Tag lang Spass?
  5. Ist der "World Snow Day" mit der Uno koordiniert, und was meinen die Leute im Sahel dazu?
  6. Bin ich ein hoffnungslos verschrobener Sonderling, da sich mir bei der Lektüre die Nackenhaare sträubten, als sei Lord Voldemort in der Nähe; bin ich ein Asozialer, wenn jede Faser in mir, da ich die Schweiz-Tourismus-Zeilen las, nur nach einem trachtete: fort, weg, Flucht! Ja nicht in die Nähe einer der Veranstaltungen kommen, die in diesem Mail aufgezählt werden!

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Ich bin wieder ein Vierbeiner

Die neuen auf meinem Küchentisch.
Dieses Modell hat Seitenklemmen.
Ich habe mir neue Wanderstöcke gekauft. Solche, bei denen man die Länge mit Seitenklemmen reguliert. Das geht schneller als mit Drehgewinde: einfach Klemme auf, Stock verlängert oder gekürzt, Klemme wieder zu. Der Komfort hat allerdings seinen Preis: 123 Franken - wir Wanderer werden schamlos abgezockt! Aber die alten waren nun einmal ausgeleiert, die Schlaufen zerfranst; ich habe sie entsorgt. Und jetzt also diese neuen von der Firma Leki, die übrigens 1974 den allerersten Teleskopstock auf den Markt brachte; der Zweibeiner Widmer ist per sofort wieder ein Vierbeiner.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Das Holzwurmsanatorium zu Benken


Witziger Name. Wir kamen kürzlich am "Holzwurmsanatorium" vorbei, in der Linthebene bei Benken SG. Es handelt sich um einen Gewerbebetrieb, der antike Möbel aus Holz repariert und restauriert. In einem kleinen Museum sind alte Holzbearbeitungs-Geräte zu besichtigen. Und nebenbei betreibt die Familie Helbling auch eine Brennerei.

Montag, 5. Dezember 2011

Der Tag beginnt morgens um vier mit Bananen

Zu Fuss durch Indien? Schulz tats. (Bild: Wikijagdeep)
Kürzlich erzählte ich vom deutschen Journalisten Harald Braun, der ohne Geld Deutschland durchzog. Ein Abenteuer? Sicher! Viel abenteuerlicher ist aber gewiss jene Route, die ein anderer deutscher Journalist unter die Füsse nahm. Oliver Schulz zog dem National Highway Nr. 7 entlang durch Indien, 3000 Kilometer weit. Hier ein Zitat aus seinem Buch, das ich in der Besprechung der NZZ gefunden habe:
"Jeden Morgen um vier vibriert mein Handy. Ich stopfe mir ein halbes Dutzend am Vortag erstandene Bananen, Kekse oder andere Süssigkeiten in den Mund, trinke einen Liter Wasser und stürze in die Dunkelheit, um möglichst weit zu kommen, bevor die Sonne um sieben Uhr schlagartig aufgeht." 

Sonntag, 4. Dezember 2011

Widmers Stossgebet

So soll es sein!
Hohe, mächtige, verehrte Göttin der Erkältungen und Herrin der Grippen, dein untertänigster Knecht und versehrter Sklave und geringster aller Wanderer, Widmer, fleht, dass du ihn freigeben mögest in die Welt der Gesunden. ES REICHT DOCH VERDAMMT NOCH MAL, DASS MAN JETZT ZWEI WOCHEN LANG NICHT WANDERN WAR. WIE LANGE SOLL DIE WOHNUNGSHAFT DENN NOCH DAUERN, BLÖDE GÖTTIN!

Pardon für die Eruption, liebe Blogleserin, lieber Blogleser. Aber dem geduldigsten und höflichsten Wanderer platzt der Kragen, wenn der Resthusten einfach nicht weicht und er jeden Morgen Temperatur hat, so dass Wandern partout nicht geht.

Samstag, 3. Dezember 2011

Ade, Martinisommer, ade


Ab heute ist das alles weiss.
Blick zum Zürichsee.
Gestern Auto-Ausflug auf den Gottschalkenberg ZG und Abschied vom Martinisommer, der uns so lange beglückt hat. Vom Parkplatz des Restaurants aus gingen wir in zehn Minuten zum Aussichtspunkt Bellevue, blickten über den Zürichsee, weideten die Augen im Grün der Wiesen. Das Bellevue liegt 1200 Meter über Meer, so tief hinab fällt jetzt Schnee, und ich kann nur sagen: Sehnsucht, Sehnsucht, Sehnsucht, schon heute, dass es Frühling wird und wieder genau so ist wie gestern.

Freitag, 2. Dezember 2011

Ohne Geld (aber mit Hund) durch Deutschland

Das Remake.
Gestern las ich die Neuerscheinung "Deutschland umsonst reloaded" von Harald Braun. "Zu Fuss und ohne Geld unterwegs" lautet der Untertitel, der das Konzept dieser Wander-Reportage vermittelt. Des öftern traf der Journalist zwischen Bayern und Hamburg nette Leute, die ihm und Hündin Paula (wenn es regnete, trug sie ein rotes Cape) ein Nachtlager und etwas zu essen anboten. Im Kloster Weyarn des Deutschen Ordens allerdings wies der Pater den Wanderer ab mit der Begründung, er habe keinen passenden freien Raum; "und wenn ich jemandem Unterschlupf gewähre, dann schon richtig." Doch, das Buch ist amüsant. Das "reloaded" im Titel besagt zweierlei: Zum einen gibt es das berühmte Vorläuferbuch "Deutschland umsonst" von Michael Holzach von 1982. Zum anderen bemüht das englische Wort die Digital-Ära: Braun nahm dann doch iPhone und Laptop mit, spannte für die Suche nach Unterkunft und Nahrung seine Facebook-Freunde ein und bloggte Tag für Tag.


So. Jetzt noch eine eitle Mitteilung in eigener Sache. Ringier-Zeitschriftenchef Urs Heller gab der "Werbewoche" soeben ein Interview. Es geht um die Ringier-Neuentwicklung "LandLiebe". Auf die Frage, was die Philosophie der Zeitschrift sei, antwortet Heller:
"Es drängt uns in der Freizeit wieder raus in die Natur, raus aufs Land. Ich kann mich gut an Zeiten erinnern, wo im Sommer an Sonntagen bei den Bergbahnen kein Andrang herrschte. Man musste warten, bis irgendwann wieder mal ein Bähnchen fuhr. Heute ist der Parkplatz um sieben Uhr voll. Wandern ist ein Megatrend, den die Medien glorios verschlafen - von Kollege Thomas Widmer einmal abgesehen, der im Tages-Anzeiger hervorragend darüber schreibt."

Donnerstag, 1. Dezember 2011

E-Bike, eine gute Sache?

Frisst Strom: Kutters elegantes Modell "Dolphin".
Von der PR-Agentur Stöhlker erreicht mich eine Mail "Basler erfand vor 20 Jahren das E-Bike". Gemeint ist Michael Kutter, der die ersten serienreifen Pedelecs baute. Insbesondere entwickelte er den Trittfrequenz-Sensor, der die Motorleistung steuert. Der Pionier wird zitiert mit den Worten: "Schnelle E-Bikes leisten einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung der Umwelt"; des weitern heisst es, das E-Bike sei eine "elegante Alternative zu Personenwagen und Motorrädern geworden". Stimmt das? Vor allem sind es doch wohl Velofahrer, die aufs E-Bike umsteigen. Wenn das aber so ist, tragen E-Bikes zum steigenden Stromverbrauch bei - keine Spur von Umweltentlastung.

Mittwoch, 30. November 2011

Seltsames Sterben im "Bären" Dürrenroth

Diesen Herrn traf ich kürzlich im "Bären" Dürrenroth an, einem hablichen Haus und "Swiss Historic Hotel". Wir tappten nämlich zu Wanderschluss in ein sogenanntes Mystery Weekend der Berner Theatertruppe "Fata Morgana". Der Plot zu "Der Freibeuter von Roth" war der folgende: Man ist im Emmental des endenden 18. Jahrhunderts. Der Berner Patrizierspross ist verstorben, soll aber zuvor auf seinem Anwesen einen Schatz versteckt haben. Und nun gibt es natürlich unnatürliche Tode und mysteriöse Vorkommnisse zuhauf. Ich habe ein solches Mystery Weekend schon einmal in einem anderen Hotel erlebt, im "Du Sauvage" Meiringen. Ich fand es blöd und mühsam; gerade legst du als Gast Messer und Gabel ans Roastbeef, da ertönt ein Schrei, und irgendein Schauspielerjüngling stürzt in den Saal und schreit etwas von Mord. Aber wer dergleichen Klamauk mag, dem sei der "Bären" empfohlen, der ein wirklich grossartiges Haus ist, und nächsten Februar und März gibts laut Fata-Morgana-Homepage auch wieder Daten mit freien Plätzen.

Dienstag, 29. November 2011

Kleine Urschweizer Waldkunde

Trennt NW und OW: Kernwald.
Kürzlich betrieb ich hier Wortgeografie und erklärte, woher die Bezeichnung "Surmiran" für das Rätoromanische des Oberhalbsteins und Albulatals stammt. Hier nun die Klärung der Frage, welcher "Wald" sich in "Obwalden" und "Nidwalden" verbirgt. Es ist der Kernwald bei Kerns, der beide Gebiete trennt. Heute ist er beliebtes Wanderterrain. Lange Zeit wurden "Obwalden" und "Nidwalden" übrigens als "Unterwalden ob dem Wald" und "Unterwalden nid dem Wald" bezeichnet.

Schwieriger ist die Frage, welcher Wald in "Unterwalden" selber gemeint ist. Der Wald unterhalb des Brünigs, finden einige Historiker. Andere sagen, "Unterwalden" heisse einfach soviel wie: "im (dichten) Wald".

Und jetzt noch etwas, das mir die Wikipedia in Erinnerung rief. Unterwalden gilt mit Uri und Schwyz als einer der drei Gründerkantone der Eidgenossenschaft. Im Bundesbrief von 1291 ist nur die Rede vom "unteren Tal". Historiker wie Roger Sablonier (letztes Jahr verstorben) führen an, es könnte auch das Urserental gemeint sein.

Montag, 28. November 2011

Neues vom ethnologischen Berner

Das ist er, der Moor! Und er hat wieder mal Spass!
Seit Tagen bin ich erkältet: Kratzstimme, Tropfnase, Schmerz-Blitze im Ohr. An Wandern ist nicht zu denken. Umso mehr genoss ich gestern zuhause Freund René P. Moors neues Buch. Der Ansatz von "Hin und weg" ist originell: Moor startet von jedem der 26 Schweizer Kantonshauptorte aus eine Geh-Unternehmung. Mir gefällt das. Die Abenteuer des ethnologischen Berners sind grosszügig bebildert. Aber wiederum ist das Buch doch klein und kompakt und kein Protz-Band. Man nimmt es gern zur Hand, fühlt sich nicht überfordert, hält es auch bequem im Liegen; es eignet sich zum, wie es im Dialekt heisst, "schneugge". Und dann verfügt der Moor, Wanderkolumnist der "Tierwelt", halt über jene Offenheit, Neugierde und Chuzpe, die es ihm ermöglichen, die Wirklichkeit neu zu fassen und zu beschreiben abseits der Klischees. Zitat aus seiner Innerrhoden-Route - ich stimme dem Befund zu:
"Appenzell ist ein Schock. Diese penetrante Herausgeputztheit, diese naiv-folkloristischen Fassaden-Malereien, diese allgegenwärtiger, chronischer Fotografiersucht verfallenen Touristen, dieses surreal anmutende Ambiente. Eine Kultur, die sich zelebriert und vermarktet mit allem, was sie hergibt. Das Authentischste (...) ist in der Hauptgasse liegengebliebener Pferdemist."

Sonntag, 27. November 2011

Hunderomanisch

"Hunde an die Leine" auf Rätoromanisch. Genauer gesagt: auf Surmiran, wie die im Oberhalbstein und Albulatal gesprochene Variante heisst. "Surmiran" wiederum, das finde ich interessant, wird übersetzt als Sur-Moir, "auf der Mauer". Gemeint ist die Felswand Moir in der Schinschlucht, welche als natürliche Mauer die Grenze zwischen dem Domleschg und der Region der Albula bildet.

Samstag, 26. November 2011

Das Missverständnis mit Schlampertoni

Antonius predigt zu den Fischen.
Gestern erschien in Tagi und Bund meine Wander-Kolumne über die Strecke der Reuss entlang von Bremgarten nach Ottenbach. Erwähnt wird der heilige Antonius von Padua. Von ihm besagt die Legende, dass er auch mal den Fischen predigte, wenn die Menschen nicht zuhören wollten. Und ausserm gilt er als Helfer, wenn man irgendeinen Gegestand verloren hat und ihn zurückwill. Im Volksmund hat sich für Antonius darum der Name "Schlampertoni" eingebürgert. Die katholische Kirche spricht dem Heiligen diese Kompetenz allerdings ab. "Antonius ist nicht der Leiter des himmlischen Fundbüros", sagte unlängst der Würzburger Kleriker Karl Hillenbrand. Am Anfang des Missverständnisses war offenbar ein mittelalterliches Lobgebet auf Antonius, das mit den Worten "Wenn du suchst" begann. Gemeint war das spirituelle Suchen, doch die einfachen Gläubigen verstanden die Sache dann anders.

Freitag, 25. November 2011

Zeitungslektüre à la Steckborn

Hotel-Feldbach-Herren-WC. (Screenshot St. Galler Tb)

Henrik Silberstein, aktiver Poster auf Hikr.org, mailte mir einen Artikel aus dem St. Galler Tagblatt. Er führt ins Herren-Pissoir des Hotels Feldbach in Steckborn. Dort hängt seit zehn Jahren Tag für Tag die aktuelle Thurgauer Zeitung. Bzw. hängt eine Auswahl, getroffen von der Hotel-Gouvernante. Sie begründet, warum das Hotel nur Männern den Service bietet: "Die Männer lesen eher Zeitung, bei den Frauen muss es schnell gehen."

Donnerstag, 24. November 2011

Quality Time im alten Obwalden


Am Dienstag wanderte ich in vier Stunden von St. Jakob, Ennetmoos, auf dem Jakobsweg nach Flüeli-Ranft und Sachseln. Damit schloss ich eine Bildungslücke; ich war zuvor nie in Flüeli-Ranft gewesen. Dabei wirkte dort unser nationaler Schutzpatron, Bruder Klaus. Die Kapellen in der Ranft-Schlucht, Alptraum aller Rheumatiker, machten mir Eindruck. Gleichzeitig lernte ich etwas. In der Schule hatte ich gehört, der Offizier, Bauer, Politiker Klaus habe 1467 die Familie verlassen, um die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens dem Eremitendasein zu frönen. Ich war dann gestern doch erstaunt, wie nah das Wohnhaus (Foto: unten links) oben auf der sonnigen Geländeterrasse und die Klause beieinander liegen: sieben Gehminuten nur. Gab dieser Einsiedler das Weltliche wirklich auf? Oder realisierte er in aller Heimlichkeit die perfekte Work-Life-Balance?

Mittwoch, 23. November 2011

Widmer stammtischelt mal kurz

Im TeleZüri gibt es doch jeweils im SonnTalk diese Frage von Markus Gilli an die Teilnehmer: Leid und Freud der Woche? Ich stelle mir sie hier grad selber - und die Antwort: Genervt hat mich diese Woche der Unfall bei Hittnau ZH. Ein Jäger schiesst einen Wanderer an, der mit seinem Hund im Wald unterwegs ist. Und zwar mit Schrot, der Wanderer wird leicht verletzt. Nun habe ich grundsätzlich nichts gegen Jäger. Bloss dachte ich immer, das seien Typen, die auf irgendeinem Hochsitz die Nacht durch verharren und dann im Morgengrauen das Wild mit einem gezielten Schuss töten. Aber Schrot? Klingt irgendwie nach Munition für Sehbehinderte. So was will der Wanderer im Wald nicht. Und das Wild sowieso nicht.

Ich bin gegen Schneekanonen. (Bild: Birke/WikiCommons)
Vielen Dank, Herr Widmer, sagt Gilli. Und was hat sie diese Woche gefreut? - Nun, ich bin recht glücklich damit, dass es noch nicht geschneit hat. Und dass es so warm ist, dass die Schneekanonen in den Skiorten nicht oder nur zum Teil laufen konnten. Ja, ich weiss, die Arbeitsplätze. Aber es ist nun einmal so, dass ich den Skitourismus hasse. Sommers sehe ich die Wiesen, die er hinterlässt: dürre, erodierende Halden. Damit muss man sich ja leider abfinden. Aber Schneekanonen sind ein neues Niveau des Schreckens; ginge es nach mir, wären sie überall verboten. Jeder Tag, an dem sie nicht laufen, freut mich.

So, fertig gestammtischelt. Morgen geht es sanft weiter mit einem Heiligen, dessen Work-Life-Balance mich beschäftigt: Bruder Klaus vom Flüeli.

Dienstag, 22. November 2011

Schweiningen tut weh

Savognin mit Brücke über die Julia, pardon, Gelgia. (Bild: Adrian Michael)
"Savognin" klingt doch recht hübsch ins Ohr. Aber "Schweiningen"? So heisst der Ort im Oberhalbstein auf Deutsch. Gott sei Dank gibt es die rätoromanische Sprache.

Montag, 21. November 2011

Ahorn objektiv, Ahorn subjektiv

Mein Alpenkranz.
Meine Rösti. Und mein iPhone.
Die 5 1/2-Stunden-Route von Huttwil zur Ahorn-Alp (Rösti-Stop) und via Fritzenfluh und Freudigenegg hinab nach Dürrenroth müsste einem, objektiv besehen, in Erinnerung bleiben durch ihre Schönheit: immer neue Hügelchen mit einem Bäumchen oben drauf. Der milchige Alpenkranz von Pilatus bis Finsteraarhorn am Horizont. Und duftendes Raschellaub in den Wäldern.
Meine subjektive Erinnerung an diese Wanderung ist eine andere: Vor Dürrenroth muss mein altgedientes, weitgereistes, treues iPhone 3GS aus der Jacke ins Gras gefallen sein. Und nun liegt es dort oben ganz allein und ist wohl schon erfroren. Was für ein trauriger Tod für ein elektronisches Haustier, das zu streicheln stets wunderbar war.