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Mittwoch, 30. November 2011

Seltsames Sterben im "Bären" Dürrenroth

Diesen Herrn traf ich kürzlich im "Bären" Dürrenroth an, einem hablichen Haus und "Swiss Historic Hotel". Wir tappten nämlich zu Wanderschluss in ein sogenanntes Mystery Weekend der Berner Theatertruppe "Fata Morgana". Der Plot zu "Der Freibeuter von Roth" war der folgende: Man ist im Emmental des endenden 18. Jahrhunderts. Der Berner Patrizierspross ist verstorben, soll aber zuvor auf seinem Anwesen einen Schatz versteckt haben. Und nun gibt es natürlich unnatürliche Tode und mysteriöse Vorkommnisse zuhauf. Ich habe ein solches Mystery Weekend schon einmal in einem anderen Hotel erlebt, im "Du Sauvage" Meiringen. Ich fand es blöd und mühsam; gerade legst du als Gast Messer und Gabel ans Roastbeef, da ertönt ein Schrei, und irgendein Schauspielerjüngling stürzt in den Saal und schreit etwas von Mord. Aber wer dergleichen Klamauk mag, dem sei der "Bären" empfohlen, der ein wirklich grossartiges Haus ist, und nächsten Februar und März gibts laut Fata-Morgana-Homepage auch wieder Daten mit freien Plätzen.

Dienstag, 29. November 2011

Kleine Urschweizer Waldkunde

Trennt NW und OW: Kernwald.
Kürzlich betrieb ich hier Wortgeografie und erklärte, woher die Bezeichnung "Surmiran" für das Rätoromanische des Oberhalbsteins und Albulatals stammt. Hier nun die Klärung der Frage, welcher "Wald" sich in "Obwalden" und "Nidwalden" verbirgt. Es ist der Kernwald bei Kerns, der beide Gebiete trennt. Heute ist er beliebtes Wanderterrain. Lange Zeit wurden "Obwalden" und "Nidwalden" übrigens als "Unterwalden ob dem Wald" und "Unterwalden nid dem Wald" bezeichnet.

Schwieriger ist die Frage, welcher Wald in "Unterwalden" selber gemeint ist. Der Wald unterhalb des Brünigs, finden einige Historiker. Andere sagen, "Unterwalden" heisse einfach soviel wie: "im (dichten) Wald".

Und jetzt noch etwas, das mir die Wikipedia in Erinnerung rief. Unterwalden gilt mit Uri und Schwyz als einer der drei Gründerkantone der Eidgenossenschaft. Im Bundesbrief von 1291 ist nur die Rede vom "unteren Tal". Historiker wie Roger Sablonier (letztes Jahr verstorben) führen an, es könnte auch das Urserental gemeint sein.

Montag, 28. November 2011

Neues vom ethnologischen Berner

Das ist er, der Moor! Und er hat wieder mal Spass!
Seit Tagen bin ich erkältet: Kratzstimme, Tropfnase, Schmerz-Blitze im Ohr. An Wandern ist nicht zu denken. Umso mehr genoss ich gestern zuhause Freund René P. Moors neues Buch. Der Ansatz von "Hin und weg" ist originell: Moor startet von jedem der 26 Schweizer Kantonshauptorte aus eine Geh-Unternehmung. Mir gefällt das. Die Abenteuer des ethnologischen Berners sind grosszügig bebildert. Aber wiederum ist das Buch doch klein und kompakt und kein Protz-Band. Man nimmt es gern zur Hand, fühlt sich nicht überfordert, hält es auch bequem im Liegen; es eignet sich zum, wie es im Dialekt heisst, "schneugge". Und dann verfügt der Moor, Wanderkolumnist der "Tierwelt", halt über jene Offenheit, Neugierde und Chuzpe, die es ihm ermöglichen, die Wirklichkeit neu zu fassen und zu beschreiben abseits der Klischees. Zitat aus seiner Innerrhoden-Route - ich stimme dem Befund zu:
"Appenzell ist ein Schock. Diese penetrante Herausgeputztheit, diese naiv-folkloristischen Fassaden-Malereien, diese allgegenwärtiger, chronischer Fotografiersucht verfallenen Touristen, dieses surreal anmutende Ambiente. Eine Kultur, die sich zelebriert und vermarktet mit allem, was sie hergibt. Das Authentischste (...) ist in der Hauptgasse liegengebliebener Pferdemist."

Sonntag, 27. November 2011

Hunderomanisch

"Hunde an die Leine" auf Rätoromanisch. Genauer gesagt: auf Surmiran, wie die im Oberhalbstein und Albulatal gesprochene Variante heisst. "Surmiran" wiederum, das finde ich interessant, wird übersetzt als Sur-Moir, "auf der Mauer". Gemeint ist die Felswand Moir in der Schinschlucht, welche als natürliche Mauer die Grenze zwischen dem Domleschg und der Region der Albula bildet.

Samstag, 26. November 2011

Das Missverständnis mit Schlampertoni

Antonius predigt zu den Fischen.
Gestern erschien in Tagi und Bund meine Wander-Kolumne über die Strecke der Reuss entlang von Bremgarten nach Ottenbach. Erwähnt wird der heilige Antonius von Padua. Von ihm besagt die Legende, dass er auch mal den Fischen predigte, wenn die Menschen nicht zuhören wollten. Und ausserm gilt er als Helfer, wenn man irgendeinen Gegestand verloren hat und ihn zurückwill. Im Volksmund hat sich für Antonius darum der Name "Schlampertoni" eingebürgert. Die katholische Kirche spricht dem Heiligen diese Kompetenz allerdings ab. "Antonius ist nicht der Leiter des himmlischen Fundbüros", sagte unlängst der Würzburger Kleriker Karl Hillenbrand. Am Anfang des Missverständnisses war offenbar ein mittelalterliches Lobgebet auf Antonius, das mit den Worten "Wenn du suchst" begann. Gemeint war das spirituelle Suchen, doch die einfachen Gläubigen verstanden die Sache dann anders.

Freitag, 25. November 2011

Zeitungslektüre à la Steckborn

Hotel-Feldbach-Herren-WC. (Screenshot St. Galler Tb)

Henrik Silberstein, aktiver Poster auf Hikr.org, mailte mir einen Artikel aus dem St. Galler Tagblatt. Er führt ins Herren-Pissoir des Hotels Feldbach in Steckborn. Dort hängt seit zehn Jahren Tag für Tag die aktuelle Thurgauer Zeitung. Bzw. hängt eine Auswahl, getroffen von der Hotel-Gouvernante. Sie begründet, warum das Hotel nur Männern den Service bietet: "Die Männer lesen eher Zeitung, bei den Frauen muss es schnell gehen."

Donnerstag, 24. November 2011

Quality Time im alten Obwalden


Am Dienstag wanderte ich in vier Stunden von St. Jakob, Ennetmoos, auf dem Jakobsweg nach Flüeli-Ranft und Sachseln. Damit schloss ich eine Bildungslücke; ich war zuvor nie in Flüeli-Ranft gewesen. Dabei wirkte dort unser nationaler Schutzpatron, Bruder Klaus. Die Kapellen in der Ranft-Schlucht, Alptraum aller Rheumatiker, machten mir Eindruck. Gleichzeitig lernte ich etwas. In der Schule hatte ich gehört, der Offizier, Bauer, Politiker Klaus habe 1467 die Familie verlassen, um die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens dem Eremitendasein zu frönen. Ich war dann gestern doch erstaunt, wie nah das Wohnhaus (Foto: unten links) oben auf der sonnigen Geländeterrasse und die Klause beieinander liegen: sieben Gehminuten nur. Gab dieser Einsiedler das Weltliche wirklich auf? Oder realisierte er in aller Heimlichkeit die perfekte Work-Life-Balance?

Mittwoch, 23. November 2011

Widmer stammtischelt mal kurz

Im TeleZüri gibt es doch jeweils im SonnTalk diese Frage von Markus Gilli an die Teilnehmer: Leid und Freud der Woche? Ich stelle mir sie hier grad selber - und die Antwort: Genervt hat mich diese Woche der Unfall bei Hittnau ZH. Ein Jäger schiesst einen Wanderer an, der mit seinem Hund im Wald unterwegs ist. Und zwar mit Schrot, der Wanderer wird leicht verletzt. Nun habe ich grundsätzlich nichts gegen Jäger. Bloss dachte ich immer, das seien Typen, die auf irgendeinem Hochsitz die Nacht durch verharren und dann im Morgengrauen das Wild mit einem gezielten Schuss töten. Aber Schrot? Klingt irgendwie nach Munition für Sehbehinderte. So was will der Wanderer im Wald nicht. Und das Wild sowieso nicht.

Ich bin gegen Schneekanonen. (Bild: Birke/WikiCommons)
Vielen Dank, Herr Widmer, sagt Gilli. Und was hat sie diese Woche gefreut? - Nun, ich bin recht glücklich damit, dass es noch nicht geschneit hat. Und dass es so warm ist, dass die Schneekanonen in den Skiorten nicht oder nur zum Teil laufen konnten. Ja, ich weiss, die Arbeitsplätze. Aber es ist nun einmal so, dass ich den Skitourismus hasse. Sommers sehe ich die Wiesen, die er hinterlässt: dürre, erodierende Halden. Damit muss man sich ja leider abfinden. Aber Schneekanonen sind ein neues Niveau des Schreckens; ginge es nach mir, wären sie überall verboten. Jeder Tag, an dem sie nicht laufen, freut mich.

So, fertig gestammtischelt. Morgen geht es sanft weiter mit einem Heiligen, dessen Work-Life-Balance mich beschäftigt: Bruder Klaus vom Flüeli.

Dienstag, 22. November 2011

Schweiningen tut weh

Savognin mit Brücke über die Julia, pardon, Gelgia. (Bild: Adrian Michael)
"Savognin" klingt doch recht hübsch ins Ohr. Aber "Schweiningen"? So heisst der Ort im Oberhalbstein auf Deutsch. Gott sei Dank gibt es die rätoromanische Sprache.

Montag, 21. November 2011

Ahorn objektiv, Ahorn subjektiv

Mein Alpenkranz.
Meine Rösti. Und mein iPhone.
Die 5 1/2-Stunden-Route von Huttwil zur Ahorn-Alp (Rösti-Stop) und via Fritzenfluh und Freudigenegg hinab nach Dürrenroth müsste einem, objektiv besehen, in Erinnerung bleiben durch ihre Schönheit: immer neue Hügelchen mit einem Bäumchen oben drauf. Der milchige Alpenkranz von Pilatus bis Finsteraarhorn am Horizont. Und duftendes Raschellaub in den Wäldern.
Meine subjektive Erinnerung an diese Wanderung ist eine andere: Vor Dürrenroth muss mein altgedientes, weitgereistes, treues iPhone 3GS aus der Jacke ins Gras gefallen sein. Und nun liegt es dort oben ganz allein und ist wohl schon erfroren. Was für ein trauriger Tod für ein elektronisches Haustier, das zu streicheln stets wunderbar war.

Sonntag, 20. November 2011

Seltsames SBB-Denken

Im Zug will ich pinkeln, jawoll! (Foto: bahnbilder.ch)
Diese Woche las man, was die SBB in nächster Zeit so vorhaben. Zum Beispiel schwanen den Managern, weil die Zug-WCs des öftern kaputt sind, Gratis-WCs in den Bahnhöfen vor. Was für ein defensives, resignatives Denken! Liebe SBB, bemüht euch doch lieber, die Toiletten im Zug öfter zu warten. Wenn ich beispielsweise von Zürich nach Huttwil fahre und pinkeln muss, täte ich das gern im Zug. Im Bahnhof Langenthal geht es ohnehin nicht, auch wenn ein Gratis-WC warten würde: drei Minuten Umsteige-Zeit! Wovon garantiert eine oder zwei durch die übliche Verspätung schon weg sind.

Samstag, 19. November 2011

Der Wettermacher von Tours

Martini-Sommer 2011 im Toggenburg.
Was haben wir seit Wochen für ein Prachtswetter! Die Meteorologen nennen es Martini-Sommer - womit wir wieder beim Heiligen Martin von Tours wären, dessen Leben ich hier kürzlich referierte. Die Legende behauptet nämlich, dass diese späte, novemberliche Wärmeperiode ein erstes Mal eintrat, nachdem der Bischof im Jahre 397 auf Klostervisite plötzlich verstorben war. Der Leichnam wurde per Barke auf der Loire spediert, an deren Ufern es zum Vegetationswunder kam: Bäume begannen zu blühen, das Gras schlug aus. Sankt Martin, Wettermacher!
So. Weil auch heute wieder Sonne verheissen ist, schnüre ich jetzt die Wanderschuhe. Wir gehen auf eine Alp mit Wirtschaft in der Napfgegend. Mehr zur Route demnächst.

Freitag, 18. November 2011

Das Wunder von Mon (GR)

Vor einer Woche war ich in Tschiertschen: kein Restaurant offen! Diesen Mittwoch hatte ich Glück. Noch eine Stunde war zu wandern, nachdem ich in drei Stunden die Strecke Savognin - Riom - Salouf - Pulens - Del - Mon gegangen war. Mon, hoch am Hang über Tiefencastel gelegen, wirkte verschlafen. Ich hatte Hunger, es war Mittag. Ich querte das Dorf, und siehe da! Zuhinterst fand ich das Restaurant "Avant Porta". Und siehe da! Es war offen. Und siehe da! Keine stinkige Düster-Knelle, keine verschmuddelten Anti-Gastronomen, keine frisch hüftoperierte Grossmutter, die unter Aufbietung aller Kraft einen schalen Kaffee serviert (habe ich alles erlebt)! Sondern: eine gemütliche Gaststube. Mit biologischer Küche. Einer netten Wirtin. Aussicht auf Berge wie Motta Palousa, Lenzer Horn, Piz Mitgel. Die "Fulenzer-Capuns", bereitet vom Gatten der Wirtin, waren köstlich. Hernach schlenderte ich gen Tiefencastel und hätte gern unterhalb von Mon in der romanischen Kirche Sankt Cosmas & Damian ein Dankesgebet gesprochen; das alte Haus war aber verschlossen. Doch vielleicht nützt dem Wirtepaar folgender Appell mehr: Leute, besucht das "Avant Porta"! Es würde etwas mehr Betrieb verdienen. Und übrigens hat es drei Zimmer. Wer seine privaten Tage der Stille absolvieren und gut essen möchte, ist mit dem "Avant Porta" bedient.

Eine Homepage hat das Lokal nicht. Es ist aber im Natürlich-Geniessen-Führer "Goût Mieux" besprochen! Und übrigens hat es auch ein Fumoir!

Donnerstag, 17. November 2011

James Bond ist Schlesier

Diesen Bus steuert (sehr angenehm) ein Pole.
Als ich gestern den Bus 8.00 ab Chur Richtung Bivio bestieg, stellte ich fest, dass der Fahrer Hochdeutsch sprach. Ein Deutscher, nahm ich an. In Lenzerheide, Post, machte der Bus sechs Minuten Pause. Ein anderer Fahrer schlenderte heran, kam mit dem Kollegen ins Gespräch. Ich vernahm, dass mein Fahrer Pole ist. Schlesier. Dass er die meiste Zeit des Jahres in München lebt, Reisebusse mit deutschen Urlaubern chauffiert und es toll findet, auch mal durch Spanien zu fahren. Dass er auf Abruf aber eben auch Schweizer Postautos steuert: "Wenn die mich rufen, komme ich. Wie James Bond."

Morgen: meine Oberhalbstein-Wanderung. Und ein garantiert biologischer Beizen-Tipp.

Dienstag, 15. November 2011

Chuck Norris und sein kranker Bruder

Im Wald über Neuenhof.
Gott sei Dank sass da keiner.
Vielleicht habe ich einfach zuviele Horrorfilme gesehen. Am Montag ging ich durch den Nebel von Neuenhof hinauf zum Rüsler und Sennhof und wieder hinab nach Remetschwil und Mellingen, was knapp vier Stunden dauerte. Im ersten Teil gab es keine Wander-Markierungen. Ich traf auf einen bärtig-wuselhaarigen Waldarbeiter. Er sah aus wie der kranke Bruder von Chuck Norris mit seinen verkaterten, wirren Augen und der Kettensäge in den Händen. Bestimmt ein Serienkiller, dachte ich und sah mich bereits, aus beiden Beinstümpfen blutend, meine letzten Meter kriechen, Chucko-Sicko zum Schlussschnitt ansetzend. Kein Wunder, kehrte ich nicht um, als kurz darauf der Weg im Nichts endete. Ich kraxelte eine steile Halde hoch, zog mir nun freilich eine neue Obsession zu: dass mich ein seniler Jäger aufgrund meiner roten Windjacke für ein Rotwild nehmen und zum Blattschuss ansetzen könnte. Aber auch dieser Worst case traf nicht ein, und irgendwann geriet ich auf einen signalisierten Pfad. Anderthalb Stunden später ass ich in Remetschwil im Restaurant "Zur Post" so glücklich zu Mittag, wie man nur dann isst, wenn man zweimal dem Tode entronnen ist.

Vier Sennen und ein Toni


Auf unserer Innerrhoden-Wanderung assen wir am Wochenende im "Lehmen", einer stolz im Schatten des Weissbach-Tales sich behauptenden Wirtschaft. Leider vermiesten uns vier singende Sennen den Schüblig. Die Herren, gebucht für das Familienfestli am Nebentisch, waren schlecht bei Stimme. Ihre hohen Töne stachen uns ins Ohr. Ein zotiger Text handelte von einer notgeilen Fischerin. Es war Musikantenstadtl-Hansi-Hinterseer-Nichtkultur. Immerhin brachte der eine Senn einen guten Toni-Brunner-Witz:
Der Toni Brunner fährt nachts an einem Polizisten vorbei. Er lässt das Autofenster runter und ruft: "Sie, ich bin der Toni Brunner, ich bin SVP-Präsident, war an einer Versammlung, habe aber fast nichts getrunken und bin auf dem Heimweg!" Der Polizist winkt Brunner weiter. Kurz darauf fährt dieser wieder an einem Polizisten vorbei. Brunner ruft wieder: "Sie, ich bin der Toni Brunner, ich bin SVP-Präsident, war an einer Versammlung, habe aber fast nichts getrunken und bin jetzt auf dem Heimweg!" Auch dieser Polizist winkt Brunner weiter. Dann passiert das Ganze ein drittes Mal; erneut bringt Brunner sein Sprüchli "Sie, ich bin der Toni Brunner, ich bin SVP-Präsident..." Der Polizist antwortet: "Isch scho recht, du Aff. Aber jetzt fahr endlich oss dem Kreisel use!"

Montag, 14. November 2011

Visite bei den Frühappenzellern

Hier hausten vor vielen Jahrtausenden die Bärenjäger.
Das kurze Wegstück durch die eine der drei Grosshöhlen beim Äscher ist jedes Mal neu der Höhepunkt einer Ebenalp-Besteigung. Am Wochenende war die Sache noch aparter als sonst. Zwar hatten die Touristiker angesichts des ungewöhnlich warmen Novemberwetters kurzfristig die Seilbahn aus der Revision zurückgeholt und auch das Gipfelgasthaus aus dem Herbstschlaf erweckt - und doch war wenig Volk in dieser Berggegend, die sonst von üblem Rummel geprägt ist. So hatten wir Musse, uns in die Existenz jener Neandertaler-Jäger zu versetzen, die hier oben zwischen 50 000 und 30 000 vor Christus den Bären jagten und in den Höhlen lagerten. Doch, die Route Weissbad - Äscher - Ebenalp - Lehmen - Weissbad (fünf Stunden Gehzeit) war eine gute Sache. Im morgigen Eintrag werde ich von den singenden Sennen im "Lehmen" berichten, die nicht gut sangen, doch immerhin einen tollen Toni-Brunner-Witz vortrugen.

Sonntag, 13. November 2011

Das Raclette-Kit

Kürzlich bekam ich ein Mail von einer PR-Firma. Es begann so: "Wer die Raclette-Saison noch nicht eingeläutet hat, der erhält mit dem Raclette-Set der Schweizer Marke Hugo Reitzel ein weiteres Argument." Kennt jemand unter den Bloglesern jemanden, der die Raclette-Saison "einläutet"? Schlechte PR-Texte animieren mich leider gar nicht, überteuerte Dinge zu kaufen wie eine zusammengepappte Dreifaltigkeit aus Gurken, Silberzwiebeli und Maiskölbchen. Kann ich mir jederzeit im Coop selber zusammenstellen, so ein Raclette-Kit.

Freitag, 11. November 2011

Die Karriere des Karriereverweigerers

Martin gibt die Hälfte seines Mantels dem Armen.
11. November: Martini, der Tag des heiligen Martin von Tours. Dessen Leben liest sich wie ein Abenteuerroman. Geboren wird Martin um 316 in der römischen Provinz Pannonia im heutigen Ungarn. Der Vater ist ein hoher Funktionär römischer Abkunft. Als junger Soldat wird Martin der Leibwache des Kaisers Konstantin II. zugeteilt. Später dient er an den Germanenfront; da ist er schon halb Christ. Vor einer Schlacht verweigert er den Dienst. Er wird entlassen, lässt sich taufen, bekehrt die Mutter, zieht in eine Einsiedelei. Und dann wird er Bischof von Tours. Es beginnt eine Zeit des einflussreichen Wirkens, er bekehrt unzählige Menschen, erringt sich den Ruf des Wundertäters. Einmal soll er, hoch zu Ross, einen nackten Armen gekleidet haben, indem er den eigenen Mantel mit dem Schwert in zwei Teile schneidet und dem Armen den einen Teil überreicht. Bemerkenswert ist, dass er 397 eines friedlichen Todes stirbt und nicht als Märtyrer; immerhin hat er sich mit Rom mehrere Male angelegt. Und was von Martin auch in Erinnerung bleibt, der seinem Tours tausend Jahre Tourismus in Form von Pilgern beschert: Als sie ihn holen, Bischof zu werden, versteckt er sich in einem Gänsestall - ein früher Fall von versuchter Karriereverweigerung.

Wetterregel: "Hat Martini einen weissen Bart, wird der Winter lang und hart." Mit anderen Worten: Ich freue mich auf den sanften Winter 2011/12.

Donnerstag, 10. November 2011

Gerd der Spanner

Im Internet zu kaufen: Herr Mechalke mit dem Fernglas.
Vorgestern brachte ich ein Foto. Es zeigt einen seltsamen Herrn mit Fernglas in einem Vorgarten in Dompierre. Blogleserin Marianne Jeker beantwortete umgehend einen Teil des Rätsels - nein, dies ist kein Staatsschützer oder Vogelbeobachter. Es ist "Opa Mechalke der Spanner", auch bekannt als "Gerd der Spanner", eine von Europas bestverkauften Gartenfiguren, die im Internet an vielen Orten feilgeboten wird. Bleibt die Frage, warum Leute so etwas aufstellen und den Anblick auf Dauer aushalten.

Mittwoch, 9. November 2011

Widmers Wahnsinn

Gestern in Graubünden: Usser Praden zeigt sich.
Man muss wohl ein bisschen besessen sein, um morgens um 4 Uhr 45 vergnügt aus dem Bett zu hüpfen, den Rucksack zu packen und durch die stockdunkle Nacht mit der Vorortsbahn zum Hauptbahnhof zu zuckeln, um sich dort einen Zug auszusuchen - Wanderfahrt ins Blaue. Genau das tat ich gestern. Ich wählte Chur, fuhr weiter nach Churwalden, stieg aus. Danach wanderte ich in fünfeinhalb Gehstunden über diverse Alpen und Töbel nach Praden und Tschiertschen und weiter via Molinis zur Station St. Peter/Molinis. Und was tat ich am Ende, während ich auf den Zug wartete? Ich machte mir anhand des Wegweisers Notizen für weitere Touren in der Gegend. Bin ich besessen? Ich glaube schon. Aber es macht Spass.

Dienstag, 8. November 2011

Staatsschützer? Voyeur? Birdspotter?


Macht sich da ein Gartenbesitzer über seine Nachbarn lustig, die alles mit Argusaugen verfolgen, was um sie herum geschieht? Handelt es sich um eine Art politischen Gartenzwerg, die Parodie eines Staaatschützers? Oder wird ein Vogelbeobachter karikiert? Fotografiert habe ich den Herrn jedenfalls in Dompierre, Kanton Waadt.

Montag, 7. November 2011

Das Föhn-Abenteuer

Sören-Grat zwischen Gätterli und Scheidegg: Blick auf den Zugersee.
Mein Kalkül, am Wochenende in der Innerschweiz zu wandern, ging auf. Wetter, Temperatur, Panorama: fantastisch dank Föhn. Wir gingen von Arth-Goldau nach Lauerz, hinauf zum Gätterlipass und zur Rigi-Scheidegg. Die Seilbahn war ausser Betrieb, des Föhnes wegen. Die Beiz war offen. Wir assen. Dann hielten wir hinab nach Rigi-Klösterli zur Zahnradbahn. Nach den knapp sechs Gehstunden waren wir müde, immerhin waren wir 1200 Meter auf- und 350 abgestiegen. Unten in Arth-Goldau war es nachmittags um fünf 19 Grad warm. Oben im Wald beim Gätterli hatte  der Wind gewütet, dass es klang, als rase ein Zug durch die Tannen. Und auf den offenen Passagen um die Scheidegg hatten wir kaum geradeaus gehen können. Die Wanderung war ein Föhn-Abenteuer.
Rigi-Scheidegg-Perspektive: Bürgenstock (M.), Stanserhorn (l.), Pilatus (r.).

Sonntag, 6. November 2011

Ufhöre mit dem Seich!

D Gmeind Meile, welchi am Zürisee liegt. (Foto: Roland zh)
Im "Tages-Anzeiger" schrieb ich einst eine Glosse darüber, dass die Mundart immer stärker hochdeutsche Syntax und Präpositions-Sitten nachahmt und das hochdeutsche Futur übernimmt: "2012 wird de Zirkus wieder nach Züri cho." Gestern las ich in der Ausgabe "Rechtes Seeufer" meiner Zeitung eine Betrachtung derselben Stossrichtung mit neuem Material. Offenbar gibt es an der Goldküste Behörden-Mitglieder, die das mundartliche Relativpronomen "wo" missachten. Sie tönen am Elternabend so: "Erfassig und Bearbeitig vo soziale Problemstellige, welchi di schuelischi Integration gföhrded." "Ufhöre mit dem Seich!", kommentiert der Journalist.

Samstag, 5. November 2011

Der politische Föhn

Was für eine Prognose! Sie enthält alles. In den Föhn-Regionen besteht offenbar die Chance auf Sonne, wir ziehen heute an die Rigi. Zum Föhn eine Anekdote: Am 20. Oktober 1488 besammeln sich die Abgesandten der eidgenössischen Orte in Luzern. Es geht um die Beerbung des Erzherzogs Sigismund von Österreich. Der Urner Abgesandte Andres Riner vom Seelisberg fehlt. Der Bote, der sich von Altdorf aufmachte, Riner die Einladung zum Treffen zu bringen, kam nur bis Brunnen, wartete lange und kehrte unverrichteter Dinge um. Der Urnersee war zu aufgewühlt für die Überfahrt nach Treib. Schuld war der Föhn, diese grosse politische Kraft unseres Landes.

Freitag, 4. November 2011

Die Kuh mit dem gelben Maul

Im Netz stiess ich auf einen Beitrag von "Schweiz aktuell" über den Bezirksleiter der Berner Wanderwege. Ruedi Erb richtet, putzt, erneuert Wegweiser. Trifft man im Gelände eine Kuh mit gelbem Maul, erzählt er, hat das Vieh mit ziemlicher Sicherheit einen frisch gemalten Rhombus abgeschleckt.

Donnerstag, 3. November 2011

Das Minarett und die höllischen Gamsschnitzel

Ich war - wirklich! - einen Moment verdutzt, oben auf Neuchâtels Hausberg Chaumont. Jetzt haben wir dieses Minarettverbot, aber hier hat's ja ein Minarett, dachte ich. Natürlich schaltete sich dann schnell der Verstand zu. Umgehend begriff ich, dass es sich um einen Aussichtsturm orientalischen Gepräges handelte.

Gestern erwanderte ich mir den Chaumont. Drei weitere Höhepunkte meines Tages: 1. Die Seyon-Schlucht. Eng ist sie und wild, immer wieder geht man unter überhängenden Kalkwänden. 2. Das Nebelmeer. Es reichte bis zum Horizont, an dem knapp der Alpenkranz auszumachen war. 3. Das Mittagessen im "Petit Hôtel de Chaumont". Mein Rumpsteak mit Pommes schmeckte mir nicht. Egal. Am Nebentisch verspies ein unglaublich dickes Ehepaar Gamsschnitzel auf dem heissen Stein. Es brutzelte und spritzte höllisch. Die zwei langten zu, als hätten sie seit Tagen nichts gegessen. Ich war von dem Ensemble fasziniert. Das kleine Mädchen in der Nähe noch viel mehr. Beide konnten wir nicht aufhören zu gaffen. Ja, der Chaumont war ein Spektakel und die zweieinhalb Gehstunden bei weitem wert.

Mittwoch, 2. November 2011

Die rauchenden Früchtchen von 1943

Im Herbst 1943, im Krieg also, fährt die 8. Primarklasse des Lehrers Eduard Erb in Allschwil für zwei Tage ins Berner Oberland. Für viele der 14- bis 15-Jährigen ist das der Abschluss ihrer Schulzeit. Und viele von ihnen sind noch nie zuvor aus dem Baselbiet verreist; ein Mädchen wird hernach ironisch schreiben, wie ihr beim Anblick der Berner Eisriesen klar wird, dass die sanften Halden um Allschwil wohl doch keine "Hochalpen" sind. Danach müssen die Schüler Aufsätze schreiben. Der Lehrer sammelt sie ein - sie überstehen dann die Jahrzehnte bis in unsere Zeit, um als Broschüre "Unsere Schulreise" zu auferstehen. Ich habe die Sammlung gelesen und gestaunt über die Details, den Luftschutzmann etwa, der die eine Familie darauf hinweist, dass ihre Wohnung nicht perfekt verdunkelt ist. Diese Aufsätze sind eine Quelle für den, der das damalige Lebensgefühl ergründen will. Hier ein Appetizer aus dem Aufsatz von Robert Borer, er spielt im Zug zwischen Thun und Basel:
... und bald war der Zug in vollem Lauf. Ein Knabe riss schnell den Vorhang der Wagentür hinunter, und schon steckte er eine Zigarette in Brand. Auch zwei andere Knaben taten desgleichen. Nach einigen Minuten flog schon ein dicker Qualm umher. Wir rissen schnell das Fenster hinunter, als bald die Tür aufging. Die Knaben versteckten sofort die Zigaretten, der Herr Erb hatte es schon beobachtet. Herr Lehrer sprach in ernstem Ton: Gebt mir die Zigaretten. Da streckten die Sünder die vollen Schachteln dem Lehrer hin. Die Knaben schnitten eine ärgerliche Miene. Nach einigen Minuten beobachtete ich den Lehrer, wie er eine Knabenzigarette rauchte.

Dienstag, 1. November 2011

Der Otelfingen-Code

Das Mysterium aus dem Furttal. (Foto: Monika Schlatter)
Wanderfreundin Monika schickte mir diese Aufnahme aus Otelfingen im Furttal ZH: eine Wöschhüsli-Fassade. Was wohl die unterste Zeile bedeute, fragte sie mich. Ich konsultierte meine kluge "Tages-Anzeiger"-Kollegin Helene Arnet, die solche Dinge oft weiss. Schon eine halbe Stunde später lieferte Helene die Antwort. Sie hatte aus der Otelfingen-Homepage zutage gefördert, was ich mit Google nicht gefunden hatte. Es handelt sich um die Kurzfassung des Spruches "Wenn einer baut und Gott vertraut, so muss er lassen Gott walten, so wird er ihn und auch sein Haus erhalten."