Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Donnerstag, 30. Juni 2016

Bündner Kapitulation

Ein Hochlandrind. Leider nicht Ilana.
Wenn sich Teenager in einem Sommerlager allzu frech aufführen, kann es passieren, dass die Leitung sie heimschickt. Offenbar gilt das auch für Rinder. Ilana, Alter unbekannt, wurde aus dem Zürcher Oberland für den Sommer ins Engadin verfrachtet, las ich gestern. Dort gab sich das Hochlandrind schon bei der Ankunft renitent, es haute mit einem Gspändli beim Auslad in Pontresina ab und blieb eine Woche lang unauffindbar. Später floh Ilana wieder. Das Einfangen gelang nicht, der Wildhüter musste kommen, er setzte das Narkosegewehr ein. Und dann schaffte man Ilana wieder heim ins Zürcher Oberland. Das Rind sei mit seinen langen, spitzen Hörnern nicht ungefährlich gewesen, sagte ein Bündner Polizeisprecher. Lustig, diese Umkehr der Rollen. Die Bündner tun gegenüber den Zürchern immer so urchig und naturig. Und jetzt kapitulieren sie vor einem simplen Rind aus dem Kanton Zürich.

Mittwoch, 29. Juni 2016

Die Kirche im Spickel

Recht geschickt, wie man da in Zürich vor fast 60 Jahren eine Kirche in den spitzen Winkel pflanzte, den die Beckenhofstrasse und die Kurvenstrasse bilden. Seit 1996 steht die Martin-Luther-Kirche unter Denkmalschutz. Sie ist für rund 1300 Menschen im Grossraum Zürich und den angrenzenden Kantonen spirituelles Zentrum und Treffpunkt, für das bunte Völkchen der Lutheraner eben, die der Glaubensinterpretation des deutschen Reformators Martin Luther folgen. In dieser Kirche spricht man offiziell Deutsch, oft aber auch Englisch, Ungarisch, Slowakisch, Estnisch, Finnisch und andere Sprachen. Hübsch übrigens ihr enorm dünner, frei stehender Glockenturm zur Linken. New York hat das Flatiron Building, Zürich die Martin-Luther-Kirche.

Dienstag, 28. Juni 2016

Musth

Jetzt ist er eingekesselt: Historische Darstellung
der Elefantenjagd zu Murten. (Wikicommons)
1981 begann ich an der Uni Bern mein Studium, ich weiss noch, dass ich am ersten Tag des Wintersemesters vor verschlossenen Türen stand, das Islamwissenschaftliche Seminar, Sternengässchen 1, war noch nicht ready für mich. Drei Tage später öffnete es. Der Arabischkurs startete alle zwei Jahre, alternierend begann alle zwei Jahre der Persischkurs. Mein Jahr war ein Persischjahr, bald lernte ich das Wörtchen "mast" mit langem A: "betrunken". Es kam mir letzte Woche wieder in den Sinn, als ich im Tagi die Geschichte vom Elefanten las, der 1866 in Murten ausrastete, seinen Pfleger tötete und mit einem Kanonenschuss getötet wurde; ich schrieb darüber einst in einer Wanderkolumne und habe die Begebenheit auch in meinem neuen Buch aufgenommen. Der Elefant war brünstig, befand sich im Zustand hoher hormoneller Erregung. Man nenne das, entnahm ich der Zeitung, "musth", das U sei als A auszsprechen. Da ist das persische Wörtchen "mast" wieder.

Montag, 27. Juni 2016

Besuch in der Unterwelt (ZH)

Es geht los, wir reiten in Zwergenformation auf Miniwaggons in den Berg.
Der Führer erklärt, die Kinder sind gefesselt.
Motto beim Stolleneingang.
Horgen hat einen Ortsteil namens Käpfnach. Dort zweigt vom See das Aabachtobel ab. Schon im Mittelalter wussten die Leute, dass in der Gegend Kohle den Grund durchzieht; es gibt im Tobel Stellen, wo das mit 30, 40 Zentimetern Dicke nicht allzu mächtige Flöz ans Licht tritt. Horgens Kohle ist auch nicht besonders rein, sie ist stark schwefelhaltig, hat stellenweise eine giftgelbe Färbung. Trotzdem gab es Zeiten, wo es sich lohnte, diese Kohle zu bergen. Daraus entstand das grösste Kohlebergwerk der Schweiz mit Stollen, die zusammengerechnet 80 Kilometer lang sind. Erstmals systematisch abgebaut wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts, vor allem in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts war die Kohle heftig begehrt. 1947 war Schluss mit dem Abbau. Vor gut 35 Jahren dann richteten Enthusiasten ein Museum ein und erreichten es, dass die Stollenanlage zu einem kleinen Teil - anderthalb Kilometer sind es - von Besuchern befahren werden kann. Am Samstag taten wir genau das: Wir gingen nach Käpfnach und liessen uns von der Bahn, hintereinander aufgereiht, ins Dunkle schaukeln. Abenteuerlich war das und der Helm wirklich nötig: Zwei, drei Mal schrammte er bei mir und anderen an der niedrigen Decke. Die Kinder, die dabei waren, fanden das alles noch viel toller als wir Erwachsenen, weswegen ich sagen kann: Dies ist ein Ausflug für die ganze Familie.
Später fahren wir retour. Im Museum gibts dann noch einen Film.

Sonntag, 26. Juni 2016

Gault Millooooooooooh! (2)

Mmmmh. Gefüllte Zucchini-Blüte. An einer Sauce von Zitrusfrüchten.
Sommerreh. Aprikosenchutney. Eingekochte Hagebutte. Kochbanane. Usw.
Bänkli für die Handtasche
bzw. meinen Rucksack.
Unter Horst Petermann hiess das Lokal in Küsnacht "Kunststuben", jetzt trägt es auch den Namen "Rico's", das ist ein wenig verwirrlich. 2 Michelin-Sterne hat es und 18 Gault-Millau-Punkte. Diese Woche waren wir zu zweit dort zum Zmittag, man lebt nicht ewig, man will sich etwas gönnen. Wir assen im Garten, es war drückend heiss, vier von sieben Gängen taten es reichlich. Ein solches Restaurant steht und fällt mit dem Service. Bei Rico Zandonella, einem Tessiner, bedienen junge Leute in schwarz, sie sind alle, um ein blödes Wort zu brauchen, authentisch. Will heissen: Sie verstehen etwas von der Ware, die sie servieren, aber sie sind nicht snobby - einfach nett sind sie. Das Essen war fantastisch, ich mochte es noch mehr als kürzlich das im Dolder Grand. Ich kann das alles nicht beschreiben, vieles habe ich auch wieder vergessen, es ist, wie wenn man als Kind in den Zirkus geht: Fragt die Mutter zuhause, was man gesehen hat, kann man es nicht komplett aufzählen. Belassen wir es bei einem Gang: Zucchini-Blüte mit einer Fischfüllung an einer Sauce aus drei Zitrusfrüchten mit nudelartig fein geschnittenen Tintenfischchen: herrlich. Und das Beste ist: Bei dieser Art Spitzenküche mit edlen Häppchen ist man am Schluss nicht überessen. Wir werden bald wieder hingehen. Um es mit Jimi Hendrix zu sagen: Let the Good Times Roll.
Dessert mit Himbeeren und Vanille in allen Aggregatszuständen.

Samstag, 25. Juni 2016

Regen, Sonne, Mond und Sterne

Heute wird es regnen, was mir und meiner wandernden Kleinfamilie nichts ausmacht: Wir begeben uns unter Tag. Mehr darüber bald - und vorerst ein Veranstaltungshinweis. Morgen habe ich einen Auftritt bei "Sonne, Mond + Sterne", dem "Familienfestival der Schweiz". In Grüningen im Zürcher Oberland darf ich mit der Moderatorin Ulli Hartmann von 11 bis 12 gsprächlen und aus meinem neuen Büchlein vorlesen. Ich freue mich.

Und wieder mal ein PS: Gestern schrieb ich in der Zeitung über die Schulreise. Weniger über die heutige als über die in vergangenen Zeiten. Was ich selber dabei lernte: Die Schulreise ist gut 200 Jahre alt. Und sie wurzelt in privaten Erziehungsinstituten, die den Kindern gehobener Schichten Bildung auch durch Reisen vermitteln wollten. Bis Ende 19. Jahrhundert wurde die Schulreise dann (zumindest im Kanton Zürich) für alle Kinder, Klassen, Schulen obligatorisch.

Freitag, 24. Juni 2016

Der Tanzbödeler


Den Tschako gab es auch in anderen Armeen. Aber nur in der Schweiz bekam dieser Helm der Fusstruppen den hübschen Namen "Tanzbödeler". Die Bezeichnung bezieht sich auf den runden, flachen Deckel, der dazu da war, Säbelhiebe abzufedern, aber von Nahem und von oben betrachtet aussieht wie ein Tanzboden zum Beispiel für eine Hochzeitsgesellschaft. Alles Weitere zur Geschichte und Funktionalität des Tschako erfährt man aus dem militärhistorischen Filmli. Das Wort Tschako kommt übrigens, las ich in der Wikipedia, aus dem Ungarischen.

Donnerstag, 23. Juni 2016

Hütet Euch vor den Bahnhöfen!

Superwetter heute. Schulreisewetter.
Wie hiess es vor Jahrhunderten so schön, damals, als die Habsburger Richtung Ägerisee anrückten: "Hütet Euch am Morgarten!" Heute Donnerstag möchte ich allle Freundeidgenossen warnen: Hütet Euch vor den Bahnhöfen! Mehr als 65 000 Kinder gehen auf die Schulreise. Nichts gegen die Gofen, die sollen es ruhig lustig haben. Allerdings denke ich, als Wanderer verzichtet man besser auf den Ausflug oder unternimmt einen von der Haustür aus. Das Gmoscht in den Zügen und Bussen und Seilbahnen wird sicher grauslig sein. Allein im HB Zürich ziehen heute 10 000 Kinder durch. Die Ballung von Schulreisen hat mit dem schlechten Wetter zu tun, viele Ausflüge wurden immer wieder verschoben, bald sind Ferien, die Zeit drängt - heute aber ist der perfekte Schulreisetag. Eben, hütet Euch vor den Bahnhöfen!

Mittwoch, 22. Juni 2016

Das Showmesser von Otelfingen

Auch heute möchte ich auf einen Artikel von mir im Tages-Anzeiger hinweisen. Er erschien gestern online und heute im Print und widmet sich einer tollen Neuerscheinung: "Ausflug in die Vergangenheit - Archäologische Streifzüge durch den Kanton Zürich" (Verlag Librum). Die Winterthurer Autorin Gisela Nagy genügt als Spezialistin wissenschaftlichen Ansprüchen, präsentiert aber auch sehr brauchbare Wandervorschläge, auf denen man allerlei Fundorte passiert. Weil ich keine lineare Rezension schreiben und alles einfach nacherzählen wollte, was ich im Buch gelesen hatte, ging ich für die Zeitung anders vor: Ich präparierte aus den Routentipps von Nagy zehn archäologische Trouvaillen. Zum Beispiel ist da ein prähistorisches Messer, das... man lese selber:
"Gadgets trugen die, die es sich leisten konnten, schon in der Jungsteinzeit mit sich herum. In Otelfingen-Riedholz fand man einen Silexdolch, hergestellt aus einer Silexknolle von der nahen Lägern durch einen versierten Handwerker. Die Halterung des Dolches (verwahrt in der Fundsammlung der Kantonsarchäologie) ist verschwunden, Kerben in der Klinge deuten an, wo sie in den Stein griff. Das Messer sieht aggressiv aus, man konnte damit schneiden und stechen. Theoretisch. In der Praxis ist es so: Silex bricht ziemlich schnell. In einem Kampf war der Dolch unbrauchbar. Er war der Protzgegenstand eines Hablichen. Wehrhaftigkeit als Show."

Dienstag, 21. Juni 2016

Landolts zweieinhalb Jahre

Zu unserem Bundesstaat gehören Institutionen: die SBB, die Schweizer Wanderwege, die ETHs in Zürich und Lausanne. Sowie das besonders ehrwürdige, seit 1862 aktive Idiotikon*, das schweizerdeutsche Wörterbuch. Irgendwann um 2025 herum soll der 16 und letzte Band erscheinen; digital ist auch schon vieles greifbar. Und danach? Dann wird weiter gewerkt, weil bekanntlich der Dialekt lebt und sich verändert. Sieben Redaktoren arbeiten am Idiotikon, ich traf letzte Woche einen, Christoph Landolt. Wie das ist, wenn man zweieinhalb Jahre am Eintrag zum Wörtchen "zue" arbeitet und was herauskommt - man kann es lesen in meinem gestern erschienenen Porträt.

PS: Weder sind beim Idiotikon Idioten beschäftigt noch richtet es sich an Idioten. Der Name des Wörterbuches kommt von griechisch "idios" gleich "eigen"; gemeint sind die sprachlichen Eigenheiten einer bestimmten Region oder Landschaft, nämlich in diesem konkreten Fall die der deutschsprachigen Schweiz.

Montag, 20. Juni 2016

Ich war auf dem Gonzen, aber nicht persönlich

Schöner Anblick: In der Mitte die Rieterhütten. Und hinten der Gonzen. 
Dann kamen die Wolken. Unten das St. Galler Rheintal.
Im Berghaus Palfries nah der Seilbahn endet die Wanderung.
Am Samstag wollten wir von Palfries auf den Gonzen; die formidable Zubringer-Seilbahn von Heiligkreuz hinauf nach Palfries habe ich gestern schon gewürdigt. Der Weg ist nicht weit, gut anderthalb Stunden hin und ebensoviel retour muss man rechnen. Es geht allerdings durch einen Grashang, der aufgrund des Dauerregens der letzten Wochen eher eine Art ins Schräge gekippter Sumpf war, wirklich beschwerlich. Weiter oben wurde es besser, ich hatte den letzten Abschnitt zum Gipfel vor Augen. Dann kam von Ronja, die wie üblich weit vorne war und beim Gipfelkreuz stand, der Anruf: Es sei sinnlos, ganz aufzusteigen, Nebelsuppe, man sehe nicht auf Sargans hinab! Schade, dachte ich und drehte mit zwei Wanderfreundinnen ab. Peider liess sich nicht abschrecken - und tatsächlich! Als er oben war (und Ronja schon wieder ein Stück weit unten) verzog sich der Nebel kurz, 1300 Meter tiefer erblickte er in einer Art Buddhavision Sargans, das Rheintal, die Ebene der Seez. Wohlverdient, Peider! Und wenn mich jemand fragt, ob ich schon einmal auf dem Gonzen war, werde ich im Hinblick darauf, dass Peider mir erstens seine Gipfelfotos schickte, ich zweitens fast oben war und Ronjas nette Fraktion drittens einen Gipfelbucheintrag unter dem Kollektivnamen meines Grüppleins "Fähnlein Fieselschweif" vornahm, sagen: "Ja, ich war auf dem Gonzen, aber nicht persönlich."

PS: Die Wanderung lohnt wirklich, bei trockenem Wetter ist sie easy, wer Kinder dabei hat, muss freilich oben aufpassen: ungesicherte Kante! Am Schluss, nach der Rückkehr, kann man im Berghaus Palfries essen und trinken und dann mit der Bahn wieder runter.

Sonntag, 19. Juni 2016

Aus 12 wurden 8

Der Bus hat uns vom Bahnhof Sargans zur Palfries-Bahn gebracht.
Die Bahn meistert vorerst ein wildes Fels-Wald-Gebiet.
Der Motor der Bahn.
Ich liebe Kartonbillette.
Seit Ende Mai fährt die Palfries-Bahn wieder, die gut anderthalb Jahrzehnte stillgelegt war. Zuvor hatte sie seit 1941 über mehr als fünf Jahrzehnte Wehrmänner auf das Palfries-Plateau unterhalb des Alvier befördert; die Bahn diente der Festung Sargans zu, einem der drei grossen Festungsräume der Schweiz. Mein Grüpplein samt mir bekam freundlicherweise eine kleine Betriebsführung durch Markus Walser, Präsident der Seilbahn-Genossenschaft; wir durften uns den Motor und die Seilverankerungen im Maschinenraum anschauen - Journalist sein ist halt schon toll. Und dann ging es los: Bergfahrt über 1250 Höhenmeter. Absolut fantastisch, wie man direkt über den Wasserfall des Ragnatscher Baches fährt; leider konnte ich ihn durch die Scheiben der Kabine nicht besonders gut fotografieren. 32 Personen in vier Acht-Personen-Schüben alle 15 Minuten kann die Bahn pro Stunde hinauf transportieren und ebensoviele in der Gegenkabine hinab. Wir sassen und standen recht gedrängt, lustigerweise erzählte Markus Walser, dass zu Zeiten des Militärs 12 Personen in die Kabine gepresst wurden. Denkt man sich ihre Packungen dazu, schnappt man nach Luft. Und damit retour in die Gegenwart: Die Palfries-Bahn ist ein Superinstrument, um dem Alvier und dem Gonzen sowie anderen interessanten Bergen ohne viel Basisaufwand näherzukommen; ich kann sie nur empfehlen. Wichtig ist dies: Wer sie benutzen will, reserviert mit Vorteil (im Internet); die mit Reservation haben Vortritt.
Wasserfall des Ragnatscher Baches durchs Fenster fotografiert.

Samstag, 18. Juni 2016

Offen für Nichtsoldaten

Vor 10 Jahren, zwischen Palfries und Alvier.
Nordwestlich von Sargans liegt Heiligkreuz. Wenn man von Heiligkreuz aus auf den Alvier will, was ich vor vielen Jahren machte, fallen zwei Aufstiege an. Der untere braucht Kondition, es geht 1200 Meter aufwärts. Der obere ist nicht ganz so anstrengend, 600 Meter aufwärts, dafür ist er ein bisschen ausgesetzt - an einer Stelle, siehe Foto, gibt es eine hübsche Treppe durch ein Couloir. Zwischen Etappe eins und zwei kann man auf der weiten Geländeterrasse von Palfries im gleichnamigen Berghaus rasten. Vor Jahren, als ich genau das tat, unterwegs zum Alvier, dachte ich: Wieso kann man nicht die alte Militärbahn aktivieren? Genau das ist nun geschehen, seit kurzem ist die Palfries-Seilbahn wieder in Betrieb. Für Nichtsoldaten. Heute testen wir sie und fahren von Heiligkreuz hinauf nach Palfries.

Freitag, 17. Juni 2016

Oorechnüttel, autsch

Er heisst nicht, er hat Ziegenpeter.
(Wikicommons/ H. Weingaertner)
Die Schwyzer leisten sich ein Kantonsheftli, es ist aufwendig gemacht und bietet unter anderem die Mundartrubrik "Kantonesisches". In der Nummer 17, eben erschienen, geht es um den Mumps, den sie in Deutschland "Ziegenpeter" nennen - nicht mit Heidis Geissenpeter verwechseln! Die Krankheit bewirkt ein angeschwollenes Gesicht, eine Ballonfratze, man hat höllische Schmerzen, und die Ohren sausen. Im Wallis spricht man vom "Mops" oder "Muff". Die Schwyzer ihrerseits haben zwei Wörter parat. Im inneren Kantonsteil reden sie von "Guttere", im äusseren von "Oorechnüttel". Mit dem zweiten Begriff verhält es sich wie mit der Ohrfeige: Man beschreibt die Handlung, indem man ihre Folge schildert. Bei der Ohrfeige schwillt das Ohr zur Feige an. Der Mumps wieder macht, dass die Ohrengegend aussieht, als hätte sie einen Schlag mit dem Knüppel abbekommen. Oorechnüttel - sehr treffend.

Donnerstag, 16. Juni 2016

Fieser Kaukasier, feiner Fladen

So liebe ich meine Ostschweiz: grünes Land bei Oberhelfenschwil SG.
Das ist der böse Blasenmacher.
Es regne seit Wochen permanent, klagen die Leute. Aber wenn ich auf meine letzten Wanderungen zurückblicke, merke ich: Es regnete beileibe nicht immer. Manchmal regnete es ein, zwei Stunden, manchmal kam alle drei Stunden ein Monsunguss, manchmal tröpfelte es nur; oft sah ich unterwegs die Sonne, schwitzte, musste Sonnencreme auftragen. Gestern regnete es mitten in der Regenwoche gar nicht. Ich traf im Toggenburg die junge St. Galler Journalistin Anina Rütsche, die etwas über mich schreiben will. Wir wanderten von Dietfurt via Wigetshof hinauf nach Oberhelfenschwil und auf der anderen Seite des Baches, der auf der Karte keinen Namen trägt, hinab nach Bütschwil. Das dauerte zweieinhalb Stunden und war abwechslungsreich. Bei Wigetshof zeigte mir Anina den Riesen-Bärenklau, einen Einwanderer aus dem Kaukasus, den man nicht berühren darf, weil man sonst unter Umständen Verbrennungen ersten oder zweiten Grades kriegt und nässende, nicht heilen wollende Blasen. In Oberhelfenschwil gibt es ein Solebad mit Restaurant; irgendwie ist das Altersheim oder Pflegheim daran angebaut, jedenfalls setzten wir uns zur Einkehr und merkten erst dann anhand des Altersschnittes von circa 90, dass etwas nicht stimmte und wir fehl am Platz waren. Aber die Sehr-Alten hatten, wie es aussah, Freude über den Besuch, und ich kam mir 20 Sekunden wunderbar jung vor. Im angrenzenden Restaurant assen wir dann eine Ostschweizer Spezialität, Zimetfladen. Hübsch am Ende der Wanderung bei Bütschwil der Drahtsteg über die reissende Thur, der ein klein wenig Abenteuerfeeling bewirkte. Doch, eine gute Route. Und geregnet hat es wirklich nicht.
Drahtsteg bei Bütschwil. Die Thur führte auch schon weniger Wasser.

Mittwoch, 15. Juni 2016

Teuchel auch

Vor Wochen erzählte ich von der Thermalquelle im Badtobel bei Bad Ragaz und wie das heisse Wasser im 19. Jahrhundert per Holzleitung ins Dorf geführt wurde; ich zeigte dazu dieses Bild. Jetzt ein Nachtrag: Man nennt diese Art Holzröhre Deichel, Teuchel, Deuchel oder Tüchel, es gibt Varianten. Das Wort geht wohl zurück auf Lateinisch "ductile", darin wiederum steckt "ducere" gleich führen, leiten. Leitung, jawohl.

Dienstag, 14. Juni 2016

Leif auf dem Berg


Im amerikanischen Westen gibt es noch rund 500 Feuerposten. Späher, die allein auf irgendeinem Berggipfel hocken, in Montana, Iowa, Washington und so weiter. Einem von ihnen widmet sich dieser wunderbare viertelstündige Kurzfilm; wir sehen und hören Leif Haugen, der den Sommer in seiner einsamen Berghütte verbringt, stets das Funkgerät zur Hand, um Wetterdaten durchzugeben oder eben zu melden, dass es irgendwo brennt. Strom hat er nicht, das Wasser holt er aus einem doch einigermassen entfernten Bach - auf sicher hat er aber Tag und Nacht eine 360-Grad-Sicht.

Montag, 13. Juni 2016

Dreimal reizend, einmal reizlos

Im Luppmentobel zwischen Pfäffikon ZH und Wallikon.
Sportwagenverlad
(ein Abarth) in Hermatswil.
Ich wusste gar nicht mehr, wie schön das Zürcher Oberland nordöstlich von Pfäffikon ist, hinüber zum Tösstal. Der Samstag rief es mir wieder in Erinnerung. Und das wechselhafte Wetter (Regen - Sonne - starker Regen - viel Sonne - Regen) samt wildem Wolkentreiben dienten der Attraktivität der Landschaft wirksam zu. Wir zogen von Pfäffikon durchs Luppmentobel nach Wallikon. Reizendes Dörfchen. Zogen weiter nach Gündisau. Reizendes Dörfchen. Zogen weiter nach Hermatswil, während es donnerte und blitzte, ganz in der Nähe. Reizendes Dörfchen, dieses Hermatswil; in der Eintracht (Kachelofen in der Gaststube) assen wir gut. Hernach kam der Höhepunkt mit dem Reservoir über dem Ort, wo man die grösstmögliche Weite und Weitsicht über die Region geniesst. Anschliessend Isikon mit dem Stutz-Brunnen und dem nahen Geburtshaus des Volksdichters Jakob Stutz und als Endpunkt Hittnau, das uns im Vergleich zu all den Bijous vorher ziemlich verbaut und reizlos vorkam. Dreieinhalb Stunden braucht man für die Route, ich kann sie nur empfehlen. Ah ja, eine Minifraktion erstieg in einem heroischen Abstecher den Tämbrig, den wir anderen nur umrundeten. Sie sagten, vor allem die vielen Schnecken seien ihnen auf dem Berg aufgefallen.
Der Pfäffikersee, gesehen von oberhalb Isikon.

Sonntag, 12. Juni 2016

Der Biber von Glanzenberg

Ja, das ist ein Biber. Und Zürcher ist er auch. Fotografiert hat ihn Wanderfreundin Monika Schlatter bei Glanzenberg (Dietikon) im Limmattal. Und zwar neben der Limmat im Weiher unter der Autobrücke abends um neun. "Wir wussten, dass ein Biber dort wohnt, und fahren abends oft mit dem Velo vorbei. Aber man sieht ihn nicht jedesmal", sagt Monika. Danke für das Bild!

Samstag, 11. Juni 2016

Rund um den Tämbrig

Die Muslime umkreisen die Kaaba.
(Wikicommons/ deendotsg)
Es gibt im Züribiet gleich zwei Hügel namens Tämbrig. Gemeinsam haben sie die Herkunft des Namens, um eine Verkürzung von "Tannenberg" handelt es sich. Ansonsten dominieren die Unterschiede. Der eine Tämbrig, der bei Oberuster, ist nur 522 Meter hoch, unbewaldet und mit einem Wanderweg erschlossen; kein Wunder, man hat von ihm eine grossartige Sicht auf die Stadt Uster. Der andere Tämbrig liegt in der Luftlinie zwischen Pfäffikon und Wila. Er ist langgezogen, hat gleich drei Gipfel, wird 820 hoch, ist aber bewaldet, so dass man von ihm aus kaum Aussicht hat; Wanderwege führen nicht hinauf. Diesem zweiten Tämbrig widmen wir uns heute. Nicht, indem wir ihn ersteigen. Sondern indem wir ihn umrunden, von Pfäffikon aus. Darf ich daran erinnern, dass das Umkreisen etwas Religiöses hat; man denke nur an die Muslime, die auf der Pilgerfahrt die Kaaba von Mekka mit dem schwarzen Stein sieben Mal umkreisen. Tämbrig, du bist sozusagen unsere Gottheit. Oder immerhin der Gegenstand unseres Trachtens und Wunderns. Um dich drehen sich heute unsere Gedanken.

Freitag, 10. Juni 2016

The Cornetto From Hell

Gestern war ich in Dietikon, trank am Bahnhof im Spettacolo einen Kafi und fotografierte an der Theke dieses Gipfeli. Es heisst "Carbone", ist offenbar ein veganes Gipfeli und sieht, finde ich, abscheulich aus. Die schwarze Farbe hat es von der Beigabe von Aktivkohle. Irgendwie soll das gesund sein.

Donnerstag, 9. Juni 2016

Cappuccino macht er nicht!

Ha, gefunden! Der Ausserrhoder Bär war da auch. Allerdings entmannt.
Kurz vor dem Chessiloch:
Jérôme (vorn) und Samuel.
Gestern war ich mit dem jungen BaZ-Journalisten Samuel Tanner und seinem Fotografen Jérôme Delapierre unterwegs im Laufental. Regen hatten wir keinen, weil wir am Vormittag zeitig losgezogen waren; er kam erst, als ich heimfuhr. Samuel und ich, wir redeten während des Wanderns über das Wandern, sozusagen eine mobile Konversation, eine ambulatorische Unterhaltung, ein Gehgespräch - auf den Artikel bin ich gespannt. Die Route war leicht und kurz: von Grellingen via das Chessiloch in gut eindreiviertel Stunden nach Zwingen. Im Chessiloch, einer Engstelle an der Birs zwischen hohen Fluhen, verewigten sich während des ersten Weltkriegs, als sie die strategisch wichtige Bahnverbindung von Basel in die Ajoie bewachten, Schweizer Wehrmänner. Sie stellten Wappensteine auf und malten ihre Kantonswappen auch an den Fels; darüber habe ich früher bereits kolumniert. Schön, wieder mal beim Chessiloch vorbeizuschauen. Lustig später die Schlusseinkehr im Restaurant Bahnhof in Zwingen. Der Wirt stellte gleich, bevor wir Kafi Crème und Schorle bestellt hatten, klar: Bei mir gibt es im Fall keine neumödigen Sachen wie Cappuccino. Mache ich nicht, meine Herren!

Mittwoch, 8. Juni 2016

Das Sommerfloss ist da

Sieht gut aus, oder? Das Floss ist vor dem Bellevue im Zürichsee vertäut. 23 auf 32 Meter misst die Grundfläche, 150 Tonnen schwer ist das Ding und ruht auf acht Pontons in 50 Metern Abstand zum Ufer. Gebaut haben es Studis der ETH, es wird ab Samstag für 102 Tage als Badeplattform (tagsüber) und Kino (abends) dienen. Der Name des Flosses ganz aus Holz klingt ein wenig prätentiös: "Pavillon Of Reflections". Es ist ja auch Teil der in Zürich anlaufenden europäischen Kunst-Biennale "Manifesta" - bei solchen Anlässen gehören Wortgeklingel und Tiefsinnlerei dazu.

Dienstag, 7. Juni 2016

Blums Blumenland

Weisse Rhododendren. (Wikicommons/ KirinX)
Es gab einmal einen Mann, der hiess Robert Seleger und war Gartengestalter. 1953 kaufte er im Rifferswiler Hochmoor, südlich der Albiskette im Säuliamt, ein erstes Stück Land. Weitere Stücke kamen hinzu. Azaleen pflanzte Seleger an und Rhododendren. Pfingstrosen, Farne, Seerosen auch. 1966 wurde aus dem privaten ein öffentlicher, eintrittspflichtiger Garten, 1978 wurde eine Stiftung gegründet, 1988 zog Seleger die Migros Zürich als Patin bei. Im Frühling und Frühsommer vor allem zieht es die Leute ins Seleger-Moor, wie die Anlage heisst; in den besten Jahren kamen 60 000 Leute. In der letzten Zeit waren es merklich weniger. Der neue Geschäftsführer Mäni Blum - ja, ich weiss, Blum - positioniert den Park nun neu. Er will etwas mehr Didaktik veranstalten für Kinder, vor allem für Schüler, die auf einer Art Postenlauf die Natur im Moor kennenlernen sollen. Heutzutage gibt es für alles ein englisches Wort; diese Art Konzept nennt man, las ich eben im Tagi, "narrative environment". Erzählende Umwelt. Gern hätte ich den Artikel gelinkt, aber es gibt offenbar keine Online-Version.

Montag, 6. Juni 2016

Die Zoowanderung (2)

Heute etwas mehr zu unserer Ostschweizer Zoowanderung, die am Vormittag von monsunartigen Regenfällen begleitet war, worauf das Wetter gegen den Mittag kehrte; am Nachmittag hatten wir Sonne und schwitzten. Alles begann mit der Busfahrt vom Bahnhof Gossau SG zum Walter Zoo. Die nächsten Stunden waren wir absorbiert mit dem Rundgang. Dies ist ein sehr grosser Zoo; zu den Tieren kommen die üblichen anderen Attraktionen: Fütterung der Raubtiere (verpassten wir), Tierpfleger erzählen von ihrer Arbeit (verpassten wir auch), Ponyreiten (etwas für Kinder). Als wir schliesslich fertig waren, war es Mittag. Die folgende zweistündige Wanderung via Anschwilerwald, Grimm, Ätschberg, Schwobsrüti, Schwendi nach Engelburg war leicht und wunderschön. Von diesen Hügeln nördlich von St. Gallen sieht man unverstellt zum nahen Alpstein. Ebenfalls nett war das Essen im Säntisblick im Weiler Grimm; es gab unter anderem frischen Spargel aus Diepoldsau. Im Restaurant warteten die zwei Fähnleinfrauen auf uns, die keine Lust auf Zoo gehabt hatten; Zoo sei immer ein wenig trostlos, fand die eine. Nun ja, hat etwas, eingesperrte Tiere und so. Anderseits: So stresslos im Reservat leben, täglich gefüttert werden, einen Tierarzt in Reichweite haben ist auch etwas. Oder?

Sonntag, 5. Juni 2016

Die Zoowanderung (1)

Gestern wanderten wir wenig und schlenderten viel - wir waren im Walter Zoo in Gossau SG. Heute vorab dies: Mein Lieblingstier des Samstags war das zutrauliche Zebra.

Samstag, 4. Juni 2016

Pichls Tierli

Alle zwei Jahre oder so fuhr bei uns in der Primarschule Stein AR damals in den Siebzigerjahren ein Kleinbus vor. Geschäftiges Ausladen. Wir Kinder besammelten uns derweil in der Turnhalle, sassen im Schneidersitz, alle waren wir aufgeregt. Und dann zeigten uns die Leute vom Tierli Walter in Gossau SG ihre Tiere. So hiess der Zoo, so hiess die zugehörige mobile Abteilung, viele Ostschweizer Kinder sahen dank ihr schon früh eine, beispielsweise, Python. Oder war es eine Boa, die man damals berühren durfte, wenn man wollte?

Inzwischen heisst der Tierli Walter, benannt nach dem österreichischen Gründer Walter Pichl, "Walter Zoo". Heute besuchen wir die Anlage auf unserer Wanderung. Die haben dort alles, Schlangen. Affen, Pumas, Tiger, Alligatoren, Yaks und so weiter und so fort. Was ich nicht wusste und in der Beschreibung las: Zum Walter Zoo gehört heute auch eine offizielle Quarantänestation für Tiere, die illegal in die Schweiz eingeführt wurden.

Freitag, 3. Juni 2016

Gault Millooooooooooh!

Das Dolder Grand - da war ich gestern zum Zmittag.
Im Entrée zu The Restaurant hing dieser Dali.
Gestern war ich von einem Freund eingeladen zum Essen. Und zwar in The Restaurant im Dolder Grand in Zürich. Dort kocht Heiko Nieder. Er hat im Gault Millau 18 Punkte und im Guide Michelin zwei Sterne. Eindrücke:
  • Schön, wie man vom Dolder direkt auf Zürich und seinen See sieht. Ich war bis anhin ein Dolder-Nichtkenner, die Lage begeisterte mich. Das historistische Hauptgebäude selber: na ja. Das Landesmuseum unten beim HB spielt mit mehr Grandezza Schloss. Nicht übel fand ich die gewundene Fassade des Neubaus.
  • Wir hatten beide das Häppchen-Menu zu 98 Franken. Man bekommt 19 Schälchen, die abgesehen vom Dessert jeweils zu dritt kommen, thematisch geordnet, Suppe, Fisch, Fleisch usw. Dazu gab es Amuse-Bouches und Friandises. Weil alles schlau portioniert war, fühlte man sich am Ende nicht übervoll. Federnden Schrittes verliessen wir nach zweieinhalb Stunden das Etablissement.
  • Das Personal war in nüchterne Monturen gekleidet, glattes, irgendwie satiniertes, geschlechtsloses, straff auf den Leib geschneidertes Tuch in grau oder braun. So ähnlich wie die namenlosen, stets in Vielzahl auftretenden Helfer des grossen Bösewichts in den alten "James Bond"-Filmen. Das klingt womöglich negativ. Ist nicht so gemeint. Die Servierer und Serviererinnen, alles Deutsche, waren jung, nett, keine Schleimer, aber aufmerksam; dies ist ein Restaurant, wo man dir den Stuhl unterschiebt, während du dich setzt. Der eine oder andere hatte Humor. Einer fragte mich, als wir uns entschieden hatten: "Irgendwelche Unverträglichkeiten bei den Speisen - oder kommt das bei Ihnen erst?"
  • Was ich von den Schälchen am liebsten hatte: Erstens Hummer mit Erdbeere, Rande, Estragon und Senf. Zweitens Petersilienwurzelschaum mit Hirsch (ein ultrawürziger Suppenkloss) und Schokolade. Drittens Milken mit Mimolette, Bärlauch und Bier. Viertens das Karamell-Bonbon. Als ich es anbiss, quoll flüssige Karamellsauce heraus, himmlisch.
  • Man redet immer von der Kunst in der "Kronenhalle". Aber hey, in "The Restaurant" hing direkt vor mir ein Hodler. Dazu gab es ganz nah drei Matisse. Und war das hinten ein Braque? Wir rätselten. Im Entrée, als wir gingen, bemerkte ich einen kleinen Dali. Wenn man im Dolder isst, kommt das nicht billig. Aber man spart sich den Eintritt ins Kunsthaus.
Heilige Dreifaltigkeit! Rechts die Milken.