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Montag, 24. April 2017

Gratis Trybol für die Landesregierung

Dieser Eintrag ist ein Beziehungsdelikt, jawohl. Jost auf der Maur war erstens mein Redaktionskollege damals beim Facts; freilich war er dort bereits der bekannte, preisgekrönte Reporter und ich einer der Neulinge, ein Literaturredaktor. Zweitens zog Jost irgendwann weiter und landete schliesslich bei der Schweizer Familie - wohin ich auch bald wechsle. Und drittens publiziert Jost im Echtzeit Verlag wie ich; die Verleger Wendelin Hess und Markus Schneider sind zwei alte Kollegen von uns beiden. Ja, da ist viel Nähe, auch wenn ich Jost seit Jahren eigentlich nur in irgendeinem Tamedia-Gang sehe. Kürzlich nun ging mir vom gemeinsamen Verlag Josts neues Buch zu, "Die Schweiz unter Tag". Es widmet sich hiesigen Tunnels, Kavernen, Schutzräumen, Bunkern und Stollen, die aneinandergereiht eine Röhre von Zürich bis Teheran ergäben; im Graben und Bohren sind wir Schweizer weltweit führend. Die Sammlung von Reportagen macht mir wieder einmal klar, was für ein herausragender Schreiber Jost ist. Ich empfehle sie wärmstens allen; man lernt so einiges über die Unter-Tag-Schweiz, geniesst die Sprache, die elegant, doch nie eitel ist, amüsiert sich bestens über die Art, wie Figuren und Orte präsentiert werden. Hier drei Faktenmüsterli aus dem Kapitel über den ersten Bundesratsbunker bei Amsteg, der im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde:
  • Schlafzimmer gab es in drei Klassen: Dienstpersonal (mehrere Kajüten-Betten), Beamte (Zweierzimmer), Bundesrat (Einzelzimmer, mit gesponsertem Mundwasser Trybol).
  • Ein Experte warnte, dass die Stehlampen auf den Nachttischen in den Zimmern der Bundesräte alt, schlecht isoliert und daher lebensgefährlich seien; die Magistraten riskierten, an einem Stromschlag zu sterben. Die Lampen waren wie überhaupt ein Gutteil des Mobiliars, der Teppiche und des Geschirrs aus dem Hotel "Stern und Post" in Amsteg übernommen worden. Der zuständige Bundesrat hatte Steuergelder sparen wollen.
  • Witzige Personalie: Wachtmeister Fritz Reischer, erster Kavernenwart, bot aus freien Stücken an, im angrenzenden Tresorraum der Nationalbank neben dem Geld zu schlafen. Bald stellte sich heraus, dass seine Geliebte der Polizei bekannt war wegen Betrugs und Schmuckdiebstahls. Gegen Reischer gab es 18 Betreibungen, auch war er hochverschuldet. Und also war er wohl nicht der ideale Wachmann zur Sicherung von Währungsreserven. Man entliess ihn.
P.S. Morgen folgt der Eintrag über meine schöne Glarner Wanderung.

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