Heute möchte ich ein Mail publizieren, das mir am Sonntag zuging; natürlich mit Zustimmung der Verfasserin Isabella Fischer, zuhause im Kanton Zürich. Sie schildert darin, wie es ihr kürzlich im Alpstein erging. Hier das Mail - ich kann das Erlebte gut nachvollziehen:
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Der Seealpsee. (Foto: Floorball/ Wikicommons) |
Grüezi Herr Widmer
Seit vielen Jahren schätze ich Ihre Beiträge im Tagi. Nicht wenige davon werden in einem Ordner abgelegt und wenn das Wetter passt – nachgewandert.Für einmal sind wir ohne Plan (und ohne Widmer-Anleitung), aber mit vielen verträumten Bildern im Kopf ins Appenzellerland Richtung Alpstein gefahren, mit Ziel Seealpsee und Meglisalp. Bereits die Anfahrt gen Wasserauen liess Böses ahnen. Soweit das Auge reichte glänzte das Blech von hunderten von Karossen. Openair? Alphorn-Blasete? Alpaufzug? Schön wärs. Alle hatten nur ein Ziel: Seealpsee und Aescheri/Wildkirchli. Die gefühlte halbe Welt hatte dieselbe Idee wie wir. Wobei wir nur wenige Schweizer als solche erkennen konnten. Zu Tausenden schlarpten, schlurften, ächzten und schnauften Polen, Russen, Argentinier, Chinesen, Japaner, Franzosen, Italiener, Amerikaner etc. etc. Richtung See. Wagemutig im unpassendsten Schuhwerk ab Wasserauen den schmalen steilen Pfad hinauf – wir sichteten Kommilitoninnen der Uni Ulm in Espadrillen, Brasilianer in Badeschlarpen, Japanerinnen in Tommi Hilfiger Turnschuhen, vor uns hinter uns eine stetig wachsende Kolonne. Der Abstand zum Vordermann betrug in etwa so viel wie bei der Immigration Line am Airport von New York. Dasselbe Bild rund um den Seealpsee. Kein Foto ohne dass nicht mind. 100 Personen im Bild waren. „Pumpevoll“, wie an einem schönen Sommerwochenende am Greifensee. Man wälzte sich mit Kinderwagen, Kinderbuggies, Kindervelos von Käserei zu Käserei, von Kuh zu Kuh, von Grillstelle zu Grillstelle. Alles und jedes wurde fotographisch in Szene gesetzt – von Bikinischönheiten im eiskalten See über Fliegen auf dem frischen Kuhfladen bis hin zu widerkäuenden Huftieren, denen man zwecks optimaler Bildgestaltung wacker an den Hörnern zog.Wir müssen aus der Masse irgendwie als urige Schweizer identifizierbar gewesen sein. Denn wir wurden mehrfach nach dem Weg gefragt – zum Aescher (!). In Plastiksandalen, Strass besetzten FlipFlops... aber das Thema hatten wir ja schon. Der langen Rede kurzer Sinn: haben wir irgendetwas nicht mitbekommen? War da eine mega Aktion in den Social Media Channels? So analog zum Post von Ashton Kutcher über das Aescher auf dem Titelbild des National Geographic Magazin 2015? Oder das coole Verszasca Video eines Touris aus Italien, das nun für eine Völkerwanderung aus aller Herren Länder in genanntes Tal sorgt?Es war nur ein ganz normaler früher Samstagmorgen, keine Ferienzeit. Kein Show-Event.Alpstein? Nie wieder. Oder vielleicht an einem Dienstag, im Oktober, vor dem ersten Schnee.... Gibt es überhaupt noch CH-Wanderziele, wo man in Ruhe und Musse die Bergwelt bestaunen kann? Die letzten 2-3 Jahre haben wir leider nur noch negative Erfahrungen gemacht. Wir sind cosmopolit, die ganze Welt bereist. Aber sowas wie das Happening rund um den Seealpsee, sowas haben wir bis dato noch nie erlebt.
Mit besten Grüssen Isabella Fischer
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