Freitag, 5. Juli 2024

Die Rätselhand

Die Hand von Prêles in der Ausstellung in Bern.

Eine geöffnete rechte Hand, 502 Gramm schwer, knapp 18 Zentimeter lang. Aus Bronze ist sie, den Armansatz umschliesst eine Goldmanschette. Die Hand wurde in der Bronzezeit, vor etwa 3500 Jahren, gefertigt und einem Toten, wohl einer hochgestellten Persönlichkeit, einem Priester etwa oder einem Fürsten, ins Grab mitgegeben. Vor sieben Jahren fanden Sondengänger, die ohne Genehmigung unterwegs waren, die Hand im Erdgrund in Prêles oberhalb des Bielersees, zwei Tage später meldeten sie sich beim Archäologischen Dienst des Kantons Bern; sie wurden einige Monate später wegen Grabräuberei verurteilt. Vor einigen Tagen schaute ich mir die Hand von Prêles im Bernischen Historischen Museum in Bern an. Sie, die in Fachkreisen weltweit Beachtung gefunden hat und schon im "British Museum" in London gezeigt wurde, ist das Prunkstück der Ausstellung "Und dann kam Bronze!". Ungewiss ist bis anhin, was genau die Hand sollte. War sie ein Szepter? Ein Kultgerät? Eine Prothese? Alles möglich.

Donnerstag, 4. Juli 2024

550 Wege gesperrt

Eine Wanderwegsperrung. auf Schweizmobil.
Immerhin gibts in diesem Fall eine Umleitung,
sie ist in fettem Gelb markiert.
Derzeit seien in der Schweiz rund 550 Wanderwege oder Wanderweg-Abschnitte gesperrt, las ich gestern auf der News-Plattform von SRF. Das ist ein Rekord. Seit vier Jahren gibt es die nationale Datenbank, in der die Sperrungen erfasst sind; nie zuvor waren in diesen vier Jahren so viele Wanderwege nicht benutzbar. Aber sind 550 gesperrte Wege viel, ist die Sache gravierend? Die Frage ist schwer beantwortbar, weil wir nicht wissen, wie vielen Kilometern sie entsprechen; das ganze Schweizer Wanderwegnetz umfasst  65'000 Kilometer. Auf jeden Fall hoffe ich, dass die kaputten Wege geflickt werden können oder "entsperrt" werden.

Mittwoch, 3. Juli 2024

Das doppelte Willisau

Willisau aufgenommen aus 300 Metern Höhe, Foto von Flugpionier
Walter Mittelholzer, 1922. (Quelle: ETH-Bibliothek)

Gibt es ein Willisau oder zwei? Kürzlich schaute ich mich in der 9100-Menschen-Gemeinde im Luzerner Hinterland um für eine Reportage. Und stellte fest, dass in den Köpfen der älteren Leute eine einstige Trennung immer noch wirkt. Für sie ist jemand, der in Willisau beheimatet ist, entweder ein Städtler bzw. eine Städtlerin oder ein Ländler bzw. eine Ländlerin. Da wirkt Geschichte nach. 1803, nachdem in der Schweiz die alte Ordnung durch die Franzosen beseitigt worden war, entstanden im Gebiet zwei Gemeinden, Willisau Stadt und Willisau Land. Hie auf dem flachen Boden das herrschaftliche Städtchen samt Landvogtei, hie das hügelig-bergige Hinterland mit den verstreuten Bauernhöfen. 2006 kam es zur Vereinigung: Die beiden Gemeinden schlossen sich zusammen zur heutigen Gemeinde Willisau. Im Gespräch freilich sagten mir etliche Leute, die ich traf: Ich bin ein Ländler. Oder: Ich bin eine Städtlerin. Alle sagten es mit Stolz.

Dienstag, 2. Juli 2024

Tili, Uffzig, Schluff

Ein Estrich. (Pittigrilli/Wikicommons)
Das Mundart-Wörterbuch "Schweizerisches Idiotikon" bringt auf seiner Website regelmässig Wortgeschichten. Vor wenigen Tagen las ich eine solche Geschichte, die Dialektwörter für "Estrich" auflistet und erklärt. Ergiebige Sache, hier die Liste.

  • Tili bezeichnet nicht immer den Dachraum, kann aber; man findet diesen Ausdruck im Aargau, im Thurgau und in den Alpen.
  • Büni ist im Emmental und in der Nordwestschweiz zu hören. Und auch in Baden-Württemberg.
  • Schütti nennen sie den Estrich im Norden des Kantons Zürich, im angrenzenden Thurgau und in der Nordwestschweiz.
  • Reiti sagt man im nordöstlichen Kanton Bern.
  • Gade bezeichnet im Berner Oberland den Estrich.
  • Laube ist im Schaffhausischen gebräuchlich.
  • Soller oder Solder ist weitverbreitet: Freiburg, Bern, Solothurn, Glarus.
  • Winde heisst der Estrich im Kanton Zürich.
  • Uffzig kursiert im nordöstlichen Kanton St. Gallen.
  • Unnertach sagen sie im Wallis. "Unter dem Dach", das leuchtet ein
  • Last not least ist da der Schluff. Jener Raum, in dem man hineinschlüpft. Dieses Wort kenne ich aus meiner Kindheit, es ist im Appenzellerland gebräuchlich.

Montag, 1. Juli 2024

Alles gesperrt

Der Lagh de Cama, der See zuoberst im Val Cama.
Alles gesperrt, zeigt Schweizmobil an.
O weh! Letzten Juli stieg ich mit Freund Peider auf zum Val Cama, einem Seitental des Misox. War eine meiner schönsten Wanderungen, in das Tal und zu seinem See führt keine Strasse, die Ruhe war himmlisch, die Landschaft ein Traum. Vor wenigen Wochen schrieb ich über das Val Cama eine Kolumne für die "Schweizer Familie". Bloss kann sie nicht erscheinen. Seit den Unwettern im Misox vor einigen Tagen sind in der Gegend praktisch sämtliche Wanderwege gesperrt. O weh! Mir tun die Leute im Misox leid, die vom Tourismus leben oder mit ihm ein Zusatzeinkommen generieren. Was meine Kolumne über das grandiose Val Cama angeht, so hoffe ich, sie nächstes Jahr bringen zu können.