Sonntag, 13. April 2025

Der Dorfarzt und das schluchzende Mädchen

Die heutige Landeskarte mit dem Dreikantonseck AG-BL-SO
östlich von Anwil BL. (Schweizmobil, Screenshot)
Ein politisch-geografisches Kuriosum: In der Schweiz gab es bis 1931 einen langgezogenen, dreiecksförmigen Spickel Land mit einer Fläche von 6300 Quadratmetern, der keinem der drei angrenzenden Kantone Aargau, Basel-Landschaft und Solothurn gehörte und auch keiner der in Frage kommenden Gemeinden Wittnau AG, Anwil BL und Kienberg SO. Man sprach vom "Heimatlosenplatz", auch die Namen "In der Freyheit" und "Vagantenplatz" kursierten. Durch eine Bereinigung verschwand 1931 die sozusagen staatenlose Fläche, es entstand ein Dreikantonseck mit einem Grenzstein, auf der heutigen Landeskarte erinnert der Flurname "Heimetlosespitz" an früher. Einst hielten sich an dem ziemlich abseitigen Ort Menschen ohne festen Wohnsitz auf, Flüchtige, Vertriebene, Fahrende. Wem dies zu abstrakt ist: Christian Rippmann, Dorfarzt im nahen Rothenfluh, führte Tagebuch. Sein Eintrag vom 20. Juni 1838 erzählt eine Geschichte, die weh tut. Sie beginnt damit, dass ein in Lumpen gekleidetes Mädchen von vielleicht 16 Jahren "keuchend und schluchzend" bei ihm vorspricht. Wie es weitergeht, liest man hier.
Vor (oben) und nach der Gebietskorrektur,
die den Heimatlosenplatz 1931 abschaffte.
(Swisstopo, Zeitreise)

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