Sonntag, 13. April 2025

Der Dorfarzt und das schluchzende Mädchen

Die heutige Landeskarte mit dem Dreikantonseck AG-BL-SO
östlich von Anwil BL. (Schweizmobil, Screenshot)
Ein politisch-geografisches Kuriosum: In der Schweiz gab es bis 1931 einen langgezogenen, dreiecksförmigen Spickel Land mit einer Fläche von 6300 Quadratmetern, der keinem der drei angrenzenden Kantone Aargau, Basel-Landschaft und Solothurn gehörte und auch keiner der in Frage kommenden Gemeinden Wittnau AG, Anwil BL und Kienberg SO. Man sprach vom "Heimatlosenplatz", auch die Namen "In der Freyheit" und "Vagantenplatz" kursierten. Durch eine Bereinigung verschwand 1931 die sozusagen staatenlose Fläche, es entstand ein Dreikantonseck mit einem Grenzstein, auf der heutigen Landeskarte erinnert der Flurname "Heimetlosespitz" an früher. Einst hielten sich an dem ziemlich abseitigen Ort Menschen ohne festen Wohnsitz auf, Flüchtige, Vertriebene, Fahrende. Wem dies zu abstrakt ist: Christian Rippmann, Dorfarzt im nahen Rothenfluh, führte Tagebuch. Sein Eintrag vom 20. Juni 1838 erzählt eine Geschichte, die weh tut. Sie beginnt damit, dass ein in Lumpen gekleidetes Mädchen von vielleicht 16 Jahren "keuchend und schluchzend" bei ihm vorspricht. Wie es weitergeht, liest man hier.
Vor (oben) und nach der Gebietskorrektur,
die den Heimatlosenplatz 1931 abschaffte.
(Swisstopo, Zeitreise)

Samstag, 12. April 2025

Rudererduo und Solosegler

Drei Männer in zwei Booten: die Wappen von Oberägeri (l.) und Unterägeri. (Wikicommons)
1714 teilt sich die Zuger Talgemeinde Ägeri in zwei separate Pfarreien. 1798, als die alte Eidgenossenschaft nach der Invasion der Truppen Napoleons zusammenbricht, spaltet sich Ägeri vollständig auf in Oberägeri und Unterägeri. Witzig finde ich, wie sich die Wappen der bis heute bestehenden Gemeinden, die auf das frühere Talwappen zurückgehen, gleichen und doch unterscheiden. Beide nehmen sie das Thema Wasser auf, schliesslich liegen die zwei Orte am Ägerisee. Die Gemeinde Oberägeri zeigt in ihrem Wappen die Apostel Petrus und Paulus in einem Boot und verweist somit auf die Pfarrkirche, deren Patrone Petrus und Paulus sind. Im Wappen von Unterägeri ist der See sozusagen dynamisiert, er hat Wellen. Der Mann im Boot ist kein Heiliger, sondern irgendein Mensch, es fehlt der Heiligenschein. Er hat es jedenfalls schöner, braucht nicht zu stehen und zu rudern, sondern bedient bequem sitzend das Ruder eines Segelbootes. Wind hat es, das Segel mit dem Kreuz ist gebläht. Ob die realen Unterägerer und -ägerinnen es gemütlicher nehmen als die Leute von Oberägeri? Falls ich heute entsprechende Beobachtungen mache, gebe ich es durch, wir gehen nämlich ein weiteres Stück auf dem Schweizer Alpenpanorama-Weg. Start ist in Unterägeri.

Freitag, 11. April 2025

Das Bergrefugium

Das Tor und ein Teil der Mauer auf dem Wittnauer Horn.
Die Mauerreste aus der Nähe.
Die Befestigung auf dem Horn, in Blau die Mauer mit dem Tor.
(Plakat der Aargauer Kantonsarchäologie vor Ort)
Auf dem Wittnauer Horn leitet ein historischer Wegweiser in Braun direkt in die Vorzeit. Ein schmaler Pfad, 150 Meter lang, dann ist man da – und ist verblüfft. Der langgezogene Gipfelsporn war einst mit einer Mauer abgetrennt, zu der auch ein Tor gehörte; beides, Mauer und Tor, sind in durchaus imposanten Resten noch vorhanden. Die Datierung ist umstritten, die Befestigung könnte aus der Römerzeit stammen, Mitte 3. Jahrhundert nach Christus, in jener Epoche war das Imperium vermehrt dem Ansturm germanischer Stämme von Norden ausgesetzt. Oder wurde die Mauer erst im 8. Jahrhundert gebaut? Möglich ist auch eine Mischung beider Versionen, die Anlage könnte römisch gewesen und später verstärkt worden sein. Bemerkenswert ist auch, dass sich an diesem gut sicherbaren Ort schon seit der Jungsteinzeit Menschen verschanzten. Lange vor Christi Geburt bauten sie einen Wall aus Erde und Holz, einen Vorwall gabs auch – die Mauer aus Stein kam erst später. Das Wittnauer Horn war über Tausende Jahre ein Refugium.

Donnerstag, 10. April 2025

Bise und Blust

Auf der Wegenstetter Fluh, unten Wegenstetten, mein Wanderziel.
Bluescht bei Widnau, wo ich startete.
Das einzig Unangenehme an meiner Montagswanderung im Fricktal können meine Fotos nicht zeigen. Es war die Bise, die mir zusetzte und die ich nicht loswurde, auch nicht während der Rast bei der Buschberg-Kapelle. Ansonsten war das eine grossartige Route, auch schien die Sonne, und Bäume im Blust schmückten die Landschaft. Ich startete in Wittnau. Hielt auf das Wittnauer Horn zu. Machte freilich auf halber Höhe nah der Lourdesgrotte einen Abstecher zum Martinsbrunnen (Eintrag von gestern). Kehrte auf einem nicht signalisierten Verbindungsweg unter Überkletterung einiger umgestürzter Bäume zurück zum Wanderweg. Erreichte kurz darauf besagtes Horn, dessen Attraktion ein prähistorischer Fluchtort ist, er verdient einen eigenen Eintrag. Es folgte kurz darauf ein zweiter Abstecher zu einem Findling, der vor gut 200 000 Jahren auf einem Gletscher aus dem Wallis angeritten war. Etwas später rastete ich, wie erwähnt, bei der Buschberg-Kapelle, die hübsch einsam auf einer weiten Hochfläche steht. Stieg dann ab nach Wegenstetten, wobei ich mir freilich bald einmal einen dritten Abstecher leistete zur Wegenstetter Fluh; von ihr ist die Aussicht toll, zu Füssen hat man Wegenstetten. Dreieinviertel Stunden dauerte insgesamt, die Pause nicht mitgerechnet, meine Wanderung bei 385 Höhenmetern aufwärts und 355 Höhenmetern abwärts; als am Ende in Wegenstetten der Bus kam, war ich glücklich mit dem Erlebten. Und froh, der Bise zu entkommen.
Baumstamm-Mikado oberhalb des Martinsbrunnens.

Einsam auf weiter Flur: die Buschberg-Kapelle. Auf dem Bänkli rastete ich.

Der Findling, der aus dem Wallis kam.


Mittwoch, 9. April 2025

Ich war ein Held

Der Martinsbrunnen nördlich unter dem Wittnauer Horn. Auf der kleinen Plakette steht: "Kein Trinkwasser."

Das Wasser des Martinsbrunnens macht toll, heisst es. Am Montag stieg ich von Wittnau, einem Dorf im Fricktal, auf das Wittnauer Horn. Machte dabei einen Abstecher zu besagtem Brunnen. Trank, ausgedörrt von der Bise, das kalte Bergwasser. Und fühlte mich wie ein Held umso mehr, als beim Brunnen eine Plakette verkündete, dies sei kein Trinkwasser. Im Abstand zweier Tage kann ich heute vermelden, dass ich nicht verblödet oder irre geworden bin, wenigstens bin ich mir dessen nicht bewusst und habe ich keine entsprechenden Rückmeldungen von den Leuten um mich herum. Und Bauchweh oder Durchfall bekam ich auch nicht. Vielleicht ist das Wasser, über das der heilige Martin wacht, der Patron der Wittnauer Dorfkirche, wirklich gesegnet.

Dienstag, 8. April 2025

Gut von E bis U

Blick zu den Innerschweizer Bergen inklusive Uri Rotstock und Titlis von St. Jost aus.
Der Ägerisee, gesehen von der Gegend der Mangelhöhe.
Bei diesem Torfhüttli nah Altmatt machten wir einen Trinkhalt.
Doppelte Einkehr: St. Jost mit Beizli und Kapelle.
Essen in der Sonne: mein Teller in Unterägeri.
Am Samstag gingen wir bei herrlichem Wetter – Wärme, Sonne – von Einsiedeln nach Unterägeri. Etappe acht des Schweizer Alpenpanorama-Wegs, zuerst Schwyzerland, dann Zugerland, Gehzeit fünfeinhalb Stunden bei 705 Höhenmetern aufwärts und 860 Höhenmetern abwärts. Schon auf dem Chatzenstrick-Pass sahen wir beeindruckende Gipfel wie den dreiteiligen Fluebrig und den spitzen Chöpfenberg, sahen im Hochmoor von Rothenthurm bei Altmatt in der Ferne den Uri Rotstock und den Titlis, auf dem Raten kam später der Säntis hinzu, in der folgenden zweiten Streckenhälfte begann schliesslich die Rigi den Horizont zu dominieren mit ihrem Compagnon Pilatus etwas weiter entfernt. Was die Einkehr angeht, hatten wir die Qual der Wahl. Entschieden uns für eine Rast auf St. Jost kurz vor dem Raten, nahmen dort Kafi und Kuchen, blinzelten in die Sonne, schauten natürlich auch in die Kapelle neben dem Wirtschäftli. Am Ende, in Unterägeri, assen wir in der "Kostbar da Sofia" das erste Mal in dieser Saison draussen, wunderten uns über die Menge an Autos, die das Dorf heimsuchten, genossen unsere Teller mit Falafel, Hummus, grillierten Peperoni und Auberginen und Salat, tranken dazu ein Bier aus Baar. Doch, das war gut von A bis Z. Respektive von E wie Einsiedeln bis U wie Unterägeri.
Was will man mehr als einen Weg mit Blumen?

PS: Ja, zwischen Appenzell und Amden bzw. dem Obersee fehlen uns noch mehrere Etappen. Die machen wir nach Ostern, wenn hoffentlich der Schnee auf dem Kronberg, dem Risipass, der Vorder Höhi weg ist.

Montag, 7. April 2025

Ein liebenswertes Duo


Das war knapp. Fast hätte mir das Tierli zur Rechten das iPhone abgeschleckt, ich konnte grad noch die Hand schützend über die Kameralinsen halten. Sie sind halt zutraulich, die Neufundländer. Und wirklich lieb, man sieht es gleich, möchte sie knuddeln, sie lassen sich auch schön streicheln. Nein, Vegetarier seien sie nicht, reagierte der Besitzer auf meine Scherzfrage; ich denke, er gibt so einiges für Fleisch aus. Die Rasse ist benannt nach der kanadischen Atlantikinsel Neufundland; wie es aussieht, entstand sie aus der Vermischung europäischer Hunde mit den Hunden der ansässigen Indianer. Neufundländer wurden als Arbeitstiere eingesetzt, sie zogen und ziehen zum Beispiel Schlitten. Auch kursieren viele Geschichte darüber, wie sie ertrinkende Menschen aus dem eisigen Wasser holten. Nicht ganz klar ist mir, wie sie die hiesige Sommerhitze ertragen mit dem dicken Fell. Vermutlich gibts ab und zu einen Schwumm im Flüsschen Alp oder im Sihlsee.

Sonntag, 6. April 2025

Das Schicksal der Kabinen

Ich las gestern noch nach, was mit den zwei soeben ausgemusterten Grosskabinen der Seilbahn Weglosen–Seebli im Hoch-Ybrig passiert (Blogeintrag vom Freitag). Voilà: Eine Kabine bleibt in der Region, sie geht an die Gemeinde Unteriberg, die sie auf dem Schulhausareal aufstellen und später in den Neubau der Gemeindeverwaltung integrieren will. Die andere Kabine reist nach Malters im Kanton Luzern. Die Ski- und Sportartikelfirma Stöckli hat sie gekauft und will mit ihr den Eingang zum geplanten Firmenmuseum verschönern. Keine Chance hatte die Bewerbung aus Deutschland. Dort hatte sich offenbar ein Bordell für eine der blauweissen Kabinen interessiert. Hm.

PS: Heute habe ich einen Auftritt in der Kirche Meilen. Ich erzählte dort vom Wandern und wie es so manche Sinnkrise im Leben, nun, vielleicht nicht grad beseitigt, aber doch stark mildert.

Die Kirche von Meilen mit der Autofähre.
(Foto: Adrian Michael / Wikicommons)

Samstag, 5. April 2025

Über diese sieben musst du gehn

Mein Liebling in meinem Artikel über Holzbrücken im ganzen Land ist die Passerelle Expo.02 in der Areuse-Schlucht im Kanton Neuenburg. Sie heisst so, weil sie 2002 im Hinblick auf die Schweizer Landesausstellung in der Trois-Lacs-Region installiert wurde, damals erneuerte man den ganzen Schluchtpfad. Die Passerelle wurde in einem Stück angeliefert und deponiert von einem russischen Spezialhelikopter, dessen Pilot aufpassen musste, weil ganz nah eine Starkstromleitung in geringer Höhe die Areuse überquert. Wer die starken Fotos dieser und weiterer sechs Holzbrücken anschauen will samt meinen Textli, die sie erklären: Die neue "Schweizer Familie" kann man an jedem Kiosk kaufen.

Freitag, 4. April 2025

Eine Seilbahn erfindet sich neu

Diese Grosskabine der Hoch-Ybrig-Seilbahn
verschwindet, bald startet die neue Gondelbahn.
(Foto: Roland Zumbühl / Picswiss / Wikicommons)

Im August 2022 fuhr ich von Seebli hinab nach Weglosen, der Operateur der Kabine war total vertieft in sein Smartphone – Schwingen, in diesen Minuten war am "Eidgenössischen" in Pratteln ein Schwyzer dran, der Reichmuth Pirmin. Dies eine von vielen Erinnerungen an die zentrale Seilbahn im Hoch-Ybrig, die mir schon etliche Wanderungen ermöglicht hat. Diesen Sommer gibts keinen Bahnbetrieb, es wird gebaut, moderne Gondeln ersetzen die beiden Grosskabinen, rechtzeitig auf die Wintersaison will man wieder starten. Bereits erstellt sind neue Stationsgebäude unten bei Weglosen, wo der Bus ankommt und die Autos parkieren, und oben bei Seebli. Sie stehen neben den alten Stationsgebäuden, die zu Personalhäusern umfunktioniert werden. Die neue Bahn kann mit ihren 20 Gondeln bis zu 1600 Leute pro Stunde befördern, 22 Millionen Franken kostet das Projekt.

PS: Die neue Bahn ist eine sogenannte "Tri-Line-Bahn", eine 3-Seil-Bahn, die nur wenige Stützen braucht. Auf der Hoch-Ybrig-Website erläutert ein achtminütiger Film der Seilbahn-Herstellerin, was das bedeutet und wie es funktioniert; offenbar handelt es sich um eine Weltneuheit.

Donnerstag, 3. April 2025

Wir wanderten, sie flogen

Die "Patrouille Suisse" am Himmel über Galgenen. (Foto: Ronja)
Als wir letzten Freitag von Siebnen nach Einsiedeln wanderten, wurde es bei Galgenen plötzlich laut über uns: die "Patrouille Suisse" in voller Aktion. Ihre Flugzeuge drehten gleich mehrere Runden in der Gegend des Obersees. Und ich dachte: Gibt es die überhaupt noch, wird die nicht abgeschafft? Ich musste nachschauen. Nun, tatsächlich benutzt die Kunstflugstaffel F-5-Tiger-Kampfjets, und die werden auf Ende 2027 ausgemustert, sie sind längst veraltet. Und wie es aussieht, bedeutet dies das Aus für die 1964 gegründete "Patrouille Suisse", überzeugende, zum Beispiel kostengünstigere, Nachfolgelösungen sind derzeit nicht bekannt.

Mittwoch, 2. April 2025

Neues von der Fafleralp

Das Haus Langgletscher, ein Nebengebäude des
Hotels Fafleralp. (Screenshot Youtube)
Die Fafleralp zuhinterst im Lötschental, Kanton Wallis, ist ein wundervoller Ort. Am 24. Mai startet das gleichnamige Hotel, 1908 gebaut, in die Sommersaison. Etwas ist neu: Das Nebenhaus Langgletscher ist zu einer Dependance mit stilvollen Zimmern umgebaut worden, möglich machte das nicht zuletzt ein Zustupf der "Schweizer Berghilfe". Von ihr gibt es auf Youtube die gefilmte Reportage "Ein Jahr im Hotel", die vom Umbau erzählt, aber auch von der Hotelcrew und von der Natur rundum. Zum Schluss noch dies: 2003 schaute auf der Alp der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder vorbei. Er war auf Staatsbesuch in der Schweiz und wurde von Bundespräsident Pascal Couchepin begleitet, dem Walliser, der gern dem Deutschen ein Stück Wallis präsentierte.

Dienstag, 1. April 2025

1114 unangenehme Meter

Hier fehlt ein Trottoir: der Sihlsee-Viadukt bei Willerzell.
Andachtsstation (leider versprayt)
in der Mitte des Viadukts.
Ein Nachtrag zu gestern – es handelt sich um ein Geständnis. Bei der Schweizer Alpenpanorama-Weg-Etappe von Siebnen nach Einsiedeln schummelten wir letzten Freitag im zweiten Teil ein bisschen. Wir taten es im Wissen, dass wir den Weg vom Stöcklichrüz hinüber zum Etzelpass schon einmal gelaufen waren, das Anschlussstück vom Etzelpass via die Tüfelsbrugg nach Einsiedeln ebenfalls (letztes Jahr, als wir den Jakobsweg machten). Diesmal gönnten wir uns eine etwas kürzere, bei sechseinhalb Stunden Gehzeit aber immer noch genug lange Variante: vom Stöcklichrüz via Grueb und Summerig nach Willerzell und über den Sihlsee-Viadukt nach Einsiedeln. Nicht bedacht hatte ich, dass der Viadukt, der übrigens der SBB gehört, reichlich schmal ist und kein Trottoir hat. Die 1114 wanderweglosen Meter waren eher unangenehm, wobei ich sagen muss, dass ausnahmsweise alle Autos einen guten Abstand zu uns hielten.
Im Abstieg nach Willerzell hatten wir den Viadukt schön vor Augen.

Montag, 31. März 2025

Der Freitag war unser Samstag

Nebelfetzen zwischen dem Stöcklichrüz (mein Standort) und der Pfiffegg.
Die Stöcklihütte. Vor fünf Jahren wurde der Neubau eröffnet.
Der Schwedenofen war angefeuert.
Eine Route von sechseinhalb Stunden Gehzeit bei 1050 Höhenmetern aufwärts und 600 Höhenmetern abwärts kann man natürlich im Regen abwandern. Mehr Spass macht die Sache, wenn es trocken ist. Genau darum zogen wir unsere Wanderung auf dem Schweizer Alpenpanorama-Weg von Siebnen nach Einsiedeln vor – ausnahmsweise gingen wir schon am Freitag. Sonne hatten wir nicht, waren streckenweise vom Hochnebel umhüllt, bekamen aber doch einige schöne Tiefblicke auf den Obersee und den Sihlsee serviert. Und eben, es regnete nicht. Höhepunkt der Route war in zweierlei Hinsicht das Stöcklichrüz. Zum einen kulminierte auf ihm, 1246 Meter über Meer, diese Schwyzer Unternehmung nach einem anstrengenden zweistündigen Aufstieg. Zum anderen war, was ich nicht erwartet hatte, die Stöcklihütte gleich unterhalb offen, es gab Tee, Kafi und für die, die wollten, eine noch ofenwarme Wähe. Wenn die Bise bläst, kehrt man besonders gern ein. Ist auch der Schwedenofen angefeuert, ist die Gemütlichkeit kaum noch steigerbar.
Tiefblick oberhalb des Bräggerhofs auf den Obersee und den Seedamm.

Sonntag, 30. März 2025

Alarm in Galgenen

Bruder Klaus in der Jostenkapelle.
Jakobspilger haben in der Kapelle ihre Zeichen
hinterlassen, darunter die Jakobsmuschel.
(Foto: Ronja)
Vorgestern löste ich in der Jostenkapelle am Rand des Dorfes Galgenen SZ den Alarm aus. Dabei hatte ich mich den Wandbildern, die Szenen aus dem Leben von Bruder Klaus zeigen, nur auf einen guten Meter genähert und dabei das Smartphone etwas weit über die Abschrankung Richtung Klaus gestreckt – fotografieren muss doch aber sein. Nun, Gott sei Dank beruhigte sich die Alarmanlage, deren schriller Ton sicher in der Nachbarschaft zu hören war, gleich wieder, es war wohl eine Art Warnung gewesen. St. Jost ist eine grossartige Kapelle, eine der kostbarsten im kapellenreichen Kanton Schwyz. Draussen ist der Rütlischwur aufgemalt, drinnen sind Fresken zu sehen, auch das Leben des heiligen Jost, der der Kapelle ihren Namen gibt, wird in Bildern erzählt. 1362 ist sie das erste Mal erwähnt, wurde seither mehrere Male umgestaltet, bis zur Reformation kamen hier Unmengen von Pilgern vorbei, die Richtung Einsiedeln zogen oder auch, auf dem Jakobsweg, nach Santiago de Compostela. Unsereins hatte am Freitag einen anderen Plan, wir machten Etappe sieben auf dem Alpenpanorama-Weg von Siebnen-Wangen nach Einsiedeln. Mehr über diese Route morgen oder übermorgen.
Rütlischwur an der Aussenwand.

Erster Anblick der Jostenkapelle.

Samstag, 29. März 2025

Köbi und wir


Das rechts ist das Hüsli meiner – natürlich längst verstorbenen – Grossmutter in der Wädlen in Stein AR, der grosse Bauernhof links steht, obwohl benachbart, im sogenannten Nord. Gestern Freitag schaute ich mir halb gerührt, halb belustigt einen Kurzfilm auf Youtube an, aus dem das Bild (Screenshot) in diesem Blogeintrag stammt. Der knapp fünfminütige Film zeigt das Bauernpaar Köbi und Ursula Müller im ziemlich abgelegenen Nord, die für den Molkereikonzern Emmi als "Bauernbotschafter" auftreten, als Sympathieträger quasi. Der Film stürzte mich grad in die Vergangenheit, wir Geschwister waren doch öfters in der Wädlen zu Besuch bei der Grossmutter, deren Hüsli damals in den 1960er-Jahren kein fliessendes Wasser hatte. Gut erinnerlich ist mir, wie wir in den Wäldern rundum Brennholz für den Winter sammeln gingen. Und immer wieder schauten wir bei Müllers vorbei und spielten mit dem Köbi, der ein bisschen jünger war als ich. Speziell ist mir in Erinnerung geblieben, wie er als kleiner Bub mal auf einer riesigen Sau ritt, eine Art Ausserrhoder Rodeo war das, wir Widmergofen waren sehr beeindruckt. Und jetzt freue ich mich, Köbi in diesem Film wiederzusehen.

Freitag, 28. März 2025

Wieder einmal in Sachseln

Schnitzwerk am Eingang zur Pfarrkirche von Sachseln OW.
Am Montag fuhr ich nach Sachseln für eine kleine Reportage über den Dorfplatz. Die Ankunft fühlte sich ein bisschen an wie Heimkommen, in den letzten Jahren hatte ich einige Male im Dorfkern Zeit verbracht. Ich war schon in der Pfarrkirche, in der die Reste unseres Landespatrons Niklaus von Flüe ruhen, ich war schon im Café Zumstein, in dem sie so fein backen, ich war schon in der Sammlung Christian Sigrist, in der geschnitzte Miniaturen auf unsentimale, ganz dem Dokumentarischen verpflichtete Art und Weise Szenen des ländlichen Lebens zeigen. Und ich war schon im Museum Bruder Klaus, das die Dauerausstellung über den Heiligen schlau mit saisonalen Sonderausstellungen konterkariert. Alle diese Orte habe ich am Montag wiedergesehen. Und noch ein Wort zum Museum Bruder Klaus. Für dieses Jahr ist dort eine Sonderausstellung zum Thema "Frieden" mit Werken schweizerischer und ukrainischer Kunstschaffender geplant. Die werde ich im April sicher besuchen. Meine nächste Visite in Sachseln zeichnet sich also bereits ab.

Donnerstag, 27. März 2025

Twint gewinnt

Das Twint-Logo.
(TWINT digitales
Portemonnaie / Wikicommons)
Als Journalist sollte man nicht Fan sein, als Wanderer und Schreiber eines privaten Wanderblogs darf man es. Also: Ich bin ein Riesenfan des Bezahldienstes Twint. Ich weiss nicht, wie viele Male ich in den letzten Jahren in einem Hofladen stand, Ware für 5 Franken 85 oder 12 Franken 10 oder 18 Franken 20 zusammengeklaubt hatte, um dann festzustellen, dass ich im Portemonnaie nur Noten hatte und kein Münz. Twint rettete mich, es ist praktisch, elegant, bargeldloses Bezahlen als luftiger Vorgang. Und auch im Grüppli ist manches einfacher geworden dank Twint, zum Beispiel zahle ich manchmal, etwa bei einer Museumsführung, den ganzen Grüpplibetrag und ziehe die Anteile der anderen per Twint ein. Alles total easy. Gestern las ich in der Zeitung, dass Twint aufgrund einer landesweiten Umfrage im Jahr 2024 die beliebteste Firma der Schweiz ist. Es folgen: Zweifel, Migros, Ricola, SBB, Rivella, Die Mobiliar, Coop.

Mittwoch, 26. März 2025

Castellio? Castellio!

Sebastian Castellio. (Wikicommons)
Heute wird – eine Premiere – in Basel der Sebastian-Castellio-Preis verliehen; dahinter steht eine Stiftung, die den Namen Castellios lebendig halten will. Ich gestehe, diesen erst kürzlich zum ersten Mal gehört zu haben. Sebastian Castellio war Savoyer. Franzose. Ein Denker und Theologe, der sich der Genfer Reformationsbewegung anschloss. Später zerstritt er sich mit dem dortigen Reformator Jean Calvin, der ein schrecklich intoleranter Charakter war und einen Gelehrten wegen eines abweichenden Gottesverständnisses hinrichten liess. Castellio pochte auf die Freiheit des Denkens, er fand, dass niemand um seiner Ansichten willen verfolgt, drangsaliert, getötet werden darf. In Basel fand der grosse Humanist einen neuen Lebensort, starb dort 1563. Bei der St.-Alban-Kirche ist ihm ein Fussweg gewidmet, das Castellioweglein. 

Dienstag, 25. März 2025

Wie weiter mit der "Schwammhöhe"?

Winterblick von der "Schwammhöhe" auf den gefrorenen Klöntalersee.
Glarus, eine der drei Gemeinden des Kantons Glarus, muss vier Millionen Franken im Jahr sparen. Las ich eben im "Blick", der auflistete, was das konkret bedeutet. Unter anderem soll diesen Sommer das Schwimmbad in Glarus geschlossen bleiben. Und: Die Gemeinde will sechs Restaurants verkaufen, bei denen grössere Investitionen anstehen. Betroffen ist auch die "Schwammhöhe", von der man einen wundervollen Blick auf den Klöntalersee hat. Ich hoffe, es finde sich eine Lösung; es wäre schade, wenn dieses grandios aussichtsreiche Lokal verschwände.

Montag, 24. März 2025

Vom frühen Schweizer Bankenplatz

Kaiser Titus, Skulptur in der Glyptothek München.
(Foto: Bibi Saint-Pol / Wikicommons)
Noch vor dem Jahr null unsrer Zeitrechnung bildet der römische Kaiser Augustus im Norden seines Reiches drei Provinzen: Aquitania, Belgica und Lugdunensis. Aventicum, das heutige Avenches im Waadtland, gehört zur Provinz Lugdunensis  mit der Hauptstadt Lyon; in dieser Provinz ist Aventicum Hauptort der civitas Helvetiorum, eines keltischen Stammesgebildes vom Genfer- bis zum Bodensee. Interessant finde ich folgendes Detail: Banker zog die Schweiz offenbar schon damals an. Jedenfalls lebte Flavius Sabinus, der Vater des Kaisers Vespasian, als Geldverleiher in Aventicum. So wie es aussieht, verbrachte Titus, der Enkel des Flavius Sabinus, einen Teil seiner Kindheit in Aventicum beim Grossvater. Später wurde Titus selber Kaiser. In Avenches wurde 1886 die Grabinschrift einer gewissen Pompeia Gemella entdeckt, darin ist die Rede von der "Amme unserers Kaisers". Pompeia starb um 80 nach Christus. Der Kaiser, um den es da geht, ist Titus, der damals regierte.

Sonntag, 23. März 2025

Das Draussen im Drinnen


Wenn man nicht nach draussen kann, holt man sich das Draussen halt ins Drinnen. Ich verbringe das Wochenende damit, mich von einem Schnupfen mit Halsweh und Ohrenweh zu erholen, mein Grüppli machte die lange Etappe des Schweizer Alpenpanorama-Weges von Amden zum Bahnhof Siebnen-Wangen gestern ohne mich. Immerhin hatte ich mir am Freitag zuhause vom nahen Waldrand einen Baumzweig mit noch geschlossenen Knospen geholt und freue mich seither an den grünen Blättlein, die sich immer mehr entfalten.

Samstag, 22. März 2025

Bittersüsser Morgen

In den vergangenen Jahren nahm ich auf dem Weg zur Redaktion stets einen Kafi, seit längerem bevorzuge ich dafür das Belcafe am Bellevue. Leider stellte ich in letzter Zeit fest, dass mir Kaffee auf den Magen schlägt, wenn dieser noch leer ist. Und so musste ich mir ein anderes Morgengetränk suchen. Derzeit schwöre ich auf den Matcha Latte, den ich für gewöhnlich im "Starbucks" am Tessinerplatz gegenüber dem Bahnhof Zürich-Enge trinke. Schön, wie sich die Aromen des pulverisierten Grüntees aus Japan mit der aufgeschäutem Milch in freundlicher Konkurrenz verbinden: zum einen bitterherb, zum einen süss. Und dieses pastellene hellgrüne Färbli! Ob der Matcha Latte auf Dauer mein Morgenliebling sein wird: gut möglich. 
Ganz nebenbei: Ich liebe den Bahnhof Zürich-Enge für seine Architektur.

Freitag, 21. März 2025

Türme vom Bodensee bis zum Genfersee

Eine Seite meines Artikels, im Bild der Sauvabelin-Turm in Lausanne.
Wer mehr sehen und lesen will: Das Heft gibts jetzt am Kiosk.
In der "Schweizer Familie" stelle ich diese Woche sieben Aussichtstürme in der ganzen Schweiz vor – der Artikel konzentriert sich dabei voll auf Städte. Mein Liebling ist ein noch ganz neuer Turm in der Hafenstadt Romanshorn am Bodensee. Nein, halt, es sind in diesem Fall zwei Türme, die mit einer Seilbrücke verbunden sind. Sie stehen auf dem letzten Sommer eröffneten Abenteuerspielplatz "Robins Horn". Und sind, wie ich finde, auch eine Attraktion für Erwachsene.
Die beiden Türme am Hafen von Romanshorn. Der eine ist
7,4 Meter, der andere 15 Meter hoch.

Widmers Schuh in der Seilbrücke, die die Türme verbindet.

Donnerstag, 20. März 2025

"Rosinli", du musst leben!

Schöne Aussicht: ein Foto vom März 2011.
Auf dem Rosinli, einem herrlichen Zürcher Oberländer Aussichtspunkt über dem Pfäffikersee, war ich schon mehrmals. Und jedes Mal kehrte ich ein. Einmal fand im Restaurant das Weihnachtsessen meines Grüpplis statt, es gab Fondue. Das Rosinli, das sind gute Erinnerungen. Umso betrübter war ich, als ich gestern las, dass der Betreiber des Restaurants in Konkurs gegangen ist. Derzeit ist das Lokal zu, ich hoffe, dass sich eine Lösung findet und es wieder öffnen kann.

Mittwoch, 19. März 2025

De Grüüsig

Das ist er!
Ein Schnaps ist das Bindeglied zur Vergangenheit dieses Restaurants. Als ich ein kleiner Bub war, gingen wir in Stein AR manchmal im Sonder etwas trinken, einem abseitigen Weiler. Dort gabs die Wirtschaft Sonder. Die Wirtin, Frau Hugener, hatte ein Herz für Kinder und spendierte uns auch mal zum Coci ein Chrömli, ein süsses Gebäck. Das ist so circa 55 Jahre her. Mittlerweile wirten im Restaurant Bsonderig, wie es heute heisst, Frischknechts, die einige Kilometer entfernt in Bühler mit grossem Erfolg den "Sternen" führen. Am Sonntag kehrte ich im "Bsonderig" mit der Familie ein, das Essen war deftig und gut, für Vegetarier ist das Lokal allerdings nicht geeignet, es gibt Hackbraten, Nierli, Kutteln, Kalbskopf und so weiter, hinzu kamen tagesaktuell Kaninchenleber und Gitzileber. Zum Dessert bestellte ich einen Schnaps, rein wegen seines Namens. Die Zutaten sind geheim, das Gesöff ist unglaublich bitter und heisst ... "De Grüüsig". Erfunden hat es offenbar die Frau Hugener. Mir war es zuvor nicht bekannt gewesen. Wie auch, als Kind interessierte mich Schnaps rein gar nicht.

Frischis Hackbraten mit Kartoffelstock.
Es schneite leicht in Stein, letzten Sonntag.