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Mittwoch, 5. Juni 2019

Eizahn

In der "Schweizer Familie" betreue ich die Rubrik "Luegisland", jede Woche zeigen wir vorn im Heft doppelseitig ein Foto aus der Schweiz, ich schreibe jeweils den Text zum Bild, gut 1000 Zeichen in der Regel. Dabei lerne ich oft dazu. Kürzlich zum Beispiel sprach ich mit einem Tierfotografen, um etwas mehr zu einer Aufnahme von ihm zu erfahren, die eine Haubentaucherfamilie zeigt. Im Gespräch fiel von seiner Seite das Wort "Eizahn". Nie gehört! So heisst eine weissliche, gehärtete Stelle am Schnabel des Vogelkükens. Der Eizahn hilft dem Küken, wenn es noch im Ei hockt, die Schale zu durchbrechen und sich einen Weg ins Freie zu bahnen. Das Foto, um das es geht, sieht man bald einmal im Heft.

PS: Heute will ich zum Gigerwaldsee im St. Galler Oberland. Der ist übrigens der grösste vollständig im Kanton St. Gallen liegende See.
(Foto: Roland Zumbühl, Picswiss/ Wikicommons)

Dienstag, 4. Juni 2019

Lehrreicher Zwischenstopp

Christian Raaflaub vor dem Denkmal für Gurnigelpionier Jacob Hauser von 1891.
Das Schwefelbrünneli vor dem Gurnigelbad-Restaurant.
Es muss bald erneuert werden, Schwefel zerfrisst.
Ein Nachtrag zur Gurnigelwanderung vom Samstag. Wir waren - im Gurnigelbad - verabredet. Und zwar mit Christian Raaflaub. Er hat letztes Jahr das fantastische Buch "Gurnigelbad - Die Stadt im Walde" veröffentlicht, das ich hier auch schon erwähnte. Vor und nach dem Zmittag referierte Christian. Er weiss einfach alles über den Ort, es ist das Ergebnis einer 40-jährigen Passion und dreier Jahre konkreter Arbeit am Buch. An diesem Platz auf halber Höhe zwischen Gürbetal und Gurnigel-Passhöhe stand einst das grösste Hotel der Schweiz mit 700 Betten. Auf alten Postkarten ist es abgebildet, ein Bau respektive eine Ballung von Bauten, die von der Grösse her etwa einem Kloster Einsiedeln ebenbürtig ist. Am Anfang des Tourismusbetriebs mit europaweiter Ausstrahlung standen drei Quellen, die eine mit eisenhaltigem, die anderen beiden mit stark geschwefeltem Wasser. Im 19. Jahrhundert erwuchs daraus eine riesige Hotellerie. 1902 jedoch brannte alles ab. Man baute den Betrieb neu auf. Aber irgendwann ging er endgültig nieder. Am Ende waren während des zweiten Weltkrieges zuerst italienische Partisanen interniert, die über die kartoffelhaltige Kost jammerten. Dann russische Soldaten, die später wieder heim mussten zu Stalin. Gleich nach dem Krieg kamen jüdische Kinder, die im KZ gewesen waren, zur Erholung; sie durften bloss drei Wochen bleiben. Schliesslich sprengte die Schweizer Armee alles. Fast alles. Erhalten geblieben ist die alte Personal-Dependance. In ihr ist das Restaurant untergebracht, auch kann man übernachten. Buchautor Raaflaub führte uns dann noch zu einem stillen Winkel im Wald, wo ein Denkmal von 1891 des einstigen Hotelpioniers Jacob Hauser gedenkt. Auch tranken wir von der einzigen übriggebliebenen Quelle: Schwefelwasser. Wir dosierten es sparsam, denn es wirkt abführend - wir hatten doch noch zweieinhalb Stunden zu laufen bis hinab zur Station Burgistein.
Gurnigelbad. In der alten Dependance mit dem Resti kann man übernachten.
Die grässlichen Töfffahrer fahren in der Regel durch zur Passhöhe. 

Montag, 3. Juni 2019

Schwitzsaison eröffnet

Oben, endlich oben. Der Triangulationspunkt auf dem Oberen Gurnigel.

Wir hatten auf dem Oberen Gurnigel den Thunersee zu Füssen.
Wir stiegen auf den Gurnigel, und es war Sommer. Die Grillen musizierten überlaut, die Berner Oberländer Eisriesen thronten im Dunst, sogar im Wald war es heiss. Der Schweiss tropfte nicht, er floss. So war das am Samstag auf unserer langen Tour über dem Gürbetal, die so aussah: Wattenwil - Stafelalp - Oberer Gurnigel - Stockhütte - Gurnigelbad (Rösti, oh diese Rösti!) - Seftigschwand - Grundbach - Schwarzmoos - Hohlenwegen - Strumpf - Gauggleren - Burgistein, Station (6 1/2 Stunden, 1040 Meter auf-, 1100 abwärts). 

Gleich nach Wattenwil kamen wir durch eine Wiese mit mehreren dieser
in Plastik laminierten "Sauhund"-Botschaften. Wir vermuteten, dass sie
vom Bauern stammen, der an den entsprechenden Orten Hundekot fand.
Ein bisschen verschroben ist diese Art der Kommunikation aber schon.

Sonntag, 2. Juni 2019

Zwei Türme und ein Elefantenkopf

Auf der Ogoz-Insel. Warum es auf beengtem Platz zwei Burgen sind, weiss keiner.

Grossvater und Enkel.
Ein Nachtrag zu meinem Greyerzerland-Ausflug vom Mittwoch. Es war  Jean-Pierre Grandjean, der mir (in Begleitung seines lustigen Enkels Noah) die Île d'Ogoz im Greyerzersee zeigte. Grandjean ist pensionierter Polizist und Präsident jener Vereinigung, die sich um die Insel kümmert. Er hatte mich als Journalisten eingeladen; er wolle mir die Schönheit der Insel zeigen, aber auch die damit verbundenen Probleme, hatte er angekündigt. Nun, die Schönheit des Ortes ist offensichtlich. Sie führt dazu, dass enorm viele Leute hinwollen. Grandjeans Vereinigung bietet jeweils in der warmen Jahreszeit Bootstouren ab dem Hafen von Le Bry an, jeden Sonntag um zwei und vier kann man zusteigen, zu anderen Zeiten muss man reservieren. Diese geführten Passagiere sind weniger das Problem als die Personen, die mit dem Privatboot kommen. Obwohl Schilder bitten, dass man im archäologischen Bereich mit den zwei Burgen und der uralten Sankt-Theodul-Kirche nichts verändert, schmeissen manche Leute mit Steinen, bauen Steinmännchen oder lassen ihren Abfall liegen. Was ist der Mensch manchmal dumm. Wir schipperten in der "Ondine", dem einen der zwei Ausflugsboote, dann noch ausgiebig über den See, bisweilen durfte der fünfjährige Noah ans Steuer. Eindruck machte mir der "Elefantenkopf", eine gut 15 Meter hohe Fluh über dem Steilufer nördlich der Insel, die aussieht wie ihr Name. Von ihr gumpen Jugendliche gern in den See, was mir gefährlich scheint. Der Greyerzersee hat, wie alle anderen Seen, seine verborgenen Winkel und speziellen Rituale.
Sieht man (Bildmitte) den Elefantenkopf mit dem Rüssel? Die helle Färbung hilft.

Samstag, 1. Juni 2019

Karikaturistengruss

Merci für den Gruss und für die Repro-Erlaubnis in diesem Blog, Felix!
Gestern war auf der Tagi-Front eine Geschichte über neue Abgänge aus der Zürcher SP zu den Grünliberalen angerisssen. Die Karikatur dazu - Stichwort "Abwandern" - stammte von Felix Schaad, dem genialen Hauszeichner seit vielen Jahren. Bei näherer Betrachtung der kolorierten Zeichnung stellte ich fest, dass im Regal mit Wanderliteratur ein Buch mit meinem Namen beschriftet war. Ich gebs grad zu: Ich freute mich total über die hübsche Geste vom früheren Kollegen. Im Original in der Zeitung ist der Name übrigens perfekt lesbar, anders als hier im kleinformatigen Screenshot.

Freitag, 31. Mai 2019

Das Rätsel der zwei Burgen

2018: Greyerzersee mit Ogoz-Insel ("Ruine de la Tour").
Derselbe Ort hundert Jahre zuvor: Den See gibt es noch nicht.
(Beide Screenshots: map.geo.admin, Bundesamt
für Landestopografie Swisstopo)
Blick von Le Bry, Hafen, auf die Ogoz-Insel.
Es war einmal, mitten im Greyerzerland, ein Mittelalterflecken. Rätselhafterweise - aus heutiger Sicht - hatten zwei Adelsherrschaften dort ihre Burgen gleich nebeneinander erstellt. Irgendwann starben die Adeligen aus, die Türme wurden verlassen und zerfielen. Imposant sahen sie nach wie vor aus, denn sie standen auf einem Felssporn am Rand der Saane, die an diesem Ort eine wilde Schleife ins Gelände zieht. Zog. 1948 wurde die Gegend zum Greyerzersee geflutet. Der Platz über dem Fluss war damit zur Insel geworden, der Île d'Ogoz. Wobei das ein wenig zu relativieren ist: Jeden Frühfrühling gibt es ein paar Wochen, in denen der Wasserspiegel des Sees stark abgesenkt wird. Dann ist die Insel für wenige Wochen wieder eine Halbinsel. Die meiste Zeit des Jahres aber braucht man, zu ihr zu gelangen, so man nicht schwimmt, ein Boot.

Donnerstag, 30. Mai 2019

Die Sache mit dem Schluss-S

Gestern bekam ich eine Zuschrift von Andreas Güntert, einem geschätzten Kollegen aus "Facts"-Zeiten. Eine Art Leserbrief. Andreas hat den Artikel geschrieben, in dem der Ausdruck "heavy repeaters" auftaucht; es geht um Leute, die immer wieder am selben Ort Ferien machen. Über den Ausdruck und den Artikel hatte ich am Dienstag berichtet. Hier, was Andreas  schreibt:
Hallo Thomas, freue mich natürlich, dass Du meine Geschichte (nein, ich sag jetzt nicht «Story») im Tagi gelesen hast. Versuch einer Verteidigung: Das Wort «Stammgast» kam natürlich mehrmals vor in dem Stück. Weil die Touristiker bei sehr langjährigen Stammgästen tatsächlich von «heavy repeaters» sprechen, wollte ich diesen Fachausdruck halt schon gerne ins Blatt nehmen. Apropos repeat: Tät mich freuen, Dich mal wieder auf einen Süssmost zu sehen. Oder so. Andreas.
Gestern auf dem Greyerzersee. Hinten der A12-Viadukt, der bei
Le Bry in 70 Metern Höhe zwei Seitenarme des Sees überquert.
Soweit die Zuschrift, den Süssmost haben wir inzwischen zu einem Bier korrigiert, auf bald, lieber Andreas! Und damit zu einem anderen Thema. Gestern war ich zu einer Bootsfahrt auf dem Greyerzersee eingeladen. Toll, dieses Gewässer mal aus der Nähe zu erleben, bisher hatte ich es stets nur von oben gesehen oder war an ihm vorbeigereist. Bei der Anfahrt im Bus von Freiburg her fiel mir etwas Sprachliches auf. Nämlich, dass die automatische Stimme des Businfoystems die vielen Ortschaften auf -ens wie Ecuvillens, Magnedens, Rossens, die wir ansteuerten, allesamt mit S aussprach. Ich hätte gedacht, das Schluss-S solcher Wörter werde nicht ausgesprochen. In Le Bry, am Ziel, traf ich den Mann, der mich über den See fahren würde, einen französischsprachigen Freiburger. Er sagte, es sei tatsächlich so, dass zum Beispiel die Waadtländer das S in solchen französischen Ortsnamen nicht aussprächen. Hingegen täten es die Freiburger. Toll, jetzt kann ich einen Fribourgeois von einem Vaudois akustisch unterscheiden.