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Dienstag, 31. Juli 2018

Sorry, ich muss mich kurz kratzen

Gestern kurzwanderte ich vormittags im Baselbiet, später hatte ich dort einen Termin. In Wenslingen im Dorfbeizli trank ich im Schatten Kafi und las den "Blick", der herumlag. Zwei Artikel interessierten mich besonders. Zum einen die Berichterstattung über den Bergsturz im Unterengadin bei Lavin vom Freitag samt Nachstürzen; das Tal des Lavinuoz bleibt deswegen für mindestens zwei Wochen geschlossen. Der zweite Artikel, den ich mit Gewinn las, war...

sorry, ich muss mich kurz kratzen ...

Wanzenlos? Die Heidelberger Hütte um 1890. (Wikicommons)
... haha, kleiner Witz. Jedenfalls ging es bei diesem zweiten Artikel um Bettwanzen in der Heidelberger Hütte unweit von Samnaun und Schuls grad noch auf Schweizer Gebiet. Dort wurde ein Bergführer vor wenigen Monaten von Wanzen angefallen (sagt man "angefallen"?). Er beschwerte sich, worauf die Hütte eine Spezialfirma engagierte, die die Wanzen beseitigte. Angeblich. Denn unterdessen war der Bergführer wieder in der Hütte - und wurde wieder gepiesackt. 65 Bisse zählte er am nächsten Morgen, beim Morgenessen hätten sich auch andere Gäste beklagt, sagt er in der Zeitung und zeigt seinen versehrten Torso. Der Hüttenbetreiber will bei alledem nichts von einem Comeback der Wanzen wissen. Doch andere Hütten in der Region fürchten, dass Berggänger die Wanzen zu ihnen tragen. Soweit der "Blick".

Montag, 30. Juli 2018

Apfelkreuz?

Was ist ein Apfelkreuz? Bis vor kurzem hätte ich gedacht: Sicher eines dieser Betty-Bossi-Gadgets, das man für 24 Franken 80 bestellt und dann bloss einmal pro Jahr aus dem Schrank nimmt; man braucht es zum Herstellen von kreuzförmigen Apfelchüechli. Ist natürlich Blödsinn. Eben stiess ich auf das Wort und schlug es nach: Ein Apfelkreuz ist ein Kreuz mit verdickt-kreisförmigen Enden.

Sonntag, 29. Juli 2018

Mein Grummeltag

Seelein und Schloss: Wie kann ein Mensch damit nicht zufrieden sein?
Letzte Wegmeter vor Tarasp.
Am Freitag war ich ein wenig grummelig. Nicht bei der Anreise nach Schuls, da freute ich mich auf die Clemgiaschlucht, ich hatte mir eine schöne Route zurechtgelegt; die Clemgia ist übrigens ein Bergfluss, der von Süden her auf den Inn zufliesst und bei Schuls in diesem endet. Nun, als ich um halb zehn Uhr bei der Einmündung der Clemgia in den Inn war, stellte ich fest: Der Schluchtweg ist auf den ersten drei Kilometern, von meinem Standort aus gerechnet, gesperrt, dies schon seit 2017, aufgrund von Rutschen nach schlimmen Unwettern. Das eben machte mich grummelig; man denkt, man sei flexibel, aber dann stellt man fest, dass man an manchen Tagen schlecht mit Dingen umgehen kann, die nicht nach Plan laufen. Ich ging stattdessen den Inn hinauf bis unter die elegante Strassenhochbrücke bei Vulpera, stieg hinauf nach Vulpera und hielt vorwärts nach Tarasp, allerdings nicht in der Direttissima, ich leistet mir Umwege und schaute einige Sachen an. Am Schluss, in Tarasp, war es postkartenmässig schön mit dem Schloss, das mir trutziger und adlernestiger vorkam als bei früheren Besuchen. Und die Bläue des Tarasper Seeleins war unnachahmlich. Will heissen: Ich bekam für die Clemgiaschlucht vollwertigen Ersatz Trotzdem: Meine Grummeligkeit wich erst am Abend von mir, als ich längst wieder zuhause war.
Die Innbrücke bei Vulpera.

Samstag, 28. Juli 2018

Entspannung auf dem See

Am Mittwoch machte ich mit Ch., meinem Berner Freund aus Studientagen, ein Schweizreisli. Wir trafen uns kurz nach 10 Uhr in Meiringen. Gingen bei zunehmender Hitze über die Ebene zu den Reichenbachfällen, nahmen hinauf das Nostalgiebähnli und stiegen dann nah am Wasser ab, natürlich unter gebührender Würdigung der Stelle, an der Sherlock Holmes einst von seinem grössten Widersacher in den Tod gestossen worden war. Wir liefen retour nach Meiringen. Fuhren mit dem Posti über den Susten. Nahmen ein Bier in der Buvette im Göschener Bahnhof. Brausten im Zug hinab nach Flüelen. Und nahmen dort um 17 Uhr das Schiff. Ich hatte aufgrund meines durchaus erfahrungsgesättigten Pessimismus im Vorfeld ein bisschen Bedenken gehabt und mir vorgestellt, dass in Flüelen Massen von Touristen und Familien mit Quengelgofen auf das Schiff drängeln würden. Plus natürlich ein paar Tausend grantige Rentner. In der Realität ergab sich eine herrlich unstressige Fahrt, das Schiff füllte sich zwar langsam, wurde aber bis Luzern nur halb voll, man konnte immer wieder mal den Platz wechseln, zwischendurch etwas essen (auch ein matschiger Baked Potato schmeckt gut, wenn man gute Laune hat) und nach Herzenslust fotografieren. Um 19 Uhr 47 kamen wir in Luzern an - und fanden beide, dass wir diesen späten Kurs ab Flüelen jederzeit wieder nehmen würden. Und natürlich waren wir uns einig: Eine schönere Landschaft als die am Vierwaldstätter- und Urnersee gibt es nirgendwo im Land.

Freitag, 27. Juli 2018

Das gute alte Tea Room

Hach, wo gibt es das noch, das gute alte Tea Room, dekoriert in Farben, die seither ausser Mode gekommen sind, und möbliert mit sperrigen Holzmöbeln. In Aarau wurden wir kürzlich an der Bahnhofstrasse fündig. Dort kann man in der Confiserie Brändli im ersten Stock ein Tea Room geniessen wie aus den Siebzigerjahren oder früher. Brändli, das ist Zeitreise - jedenfalls katapultierte mich die Einkehr zurück in die Kindheit. Das Menü passte, ich hatte Rösti mit Spiegelei und unnachahmlich breiigem Rahmspinat.

Donnerstag, 26. Juli 2018

Riehen. Riehen BS

Kennen wir alle: die Fondation Beyeler. Sie steht in Riehen.
In Riehen BS! (Wikicommons)
Heute abend habe ich einen Auftritt in Riehen. Im dortigen Spielzeugmuseum, das ich zu meiner Schande bisher nicht kannte. Der Schriftsteller Wolfgang Bortlik, der in Riehen wohnt, wird mit mir gsprächlen, auch werde ich ein paar Kolumnen vorlesen. Was ich mir als Scherzli überlegt habe: Ich könnte doch die Leute begrüssen mit "Ich freue mich, wieder einmal im Kanton Basel-Land lesen zu dürfen." Wobei - ich glaub, ich lass es; wer weiss, ob die Leute das lustig finden... Riehen ist, mit Bettingen und der Stadt Basel, eine der drei Gemeinden des Kantons Basel-Stadt.

Mittwoch, 25. Juli 2018

Schönes Geschenk

Karl IV. auf einem Wandgemälde
im Kölner Rathaus, circa 1360.
(Wikicommons)
Man muss sich das vorstellen: 1362 ist Zürich eine winzige Stadt, ein Dorf nach heutigem Ermessen. An Ländereien am See besitzt es ausserhalb der Stadtgrenzen einzig die Vogteien Stadelhofen und Zollikon. Und nun schenkt Kaiser Karl IV. den Stadtbürgern den Zürichsee mit allen Rechten und jedem Nutzen "bis zu den Hurden", bis zum heutigen Hurden am Seedamm also; ausgenommen ist der sogenannte Frauenwinkel, der dem Kloster Einsiedeln gehört. Natürlich tut der Kaiser aus dem Hause Luxemburg das nicht aus Gutmütigkeit, vielmehr braucht er Bundesgenossen gegen die Habsburger. Es muss ein bizarres Gefühl gewesen sein, damals als Zürcher über den nunmehr eigenen See zu reisen; die Uferpartien wurden von anderen, nicht unbedingt freundlich gesinnten Gebietsherren kontrolliert.

Dienstag, 24. Juli 2018

Wie die Vogelwarte Sempach, aber für Pflänzli

Die Vogelwarte Sempach kennen fast alle, Info Flora wenige. Dabei arbeitet Info Flora, eine Stiftung, auf dem Gebiet der Wildpflanzen ganz ähnlich wie die Vogelwarte Sempach bei den Vögeln: Man betreibt eine nationale Datenbank, sammelt dafür Sichtungsmeldungen, erstellt Karten. Kürzlich hatte ich es mit Info Flora zu tun und war froh um die kompetente Auskunft, es ging um das Edelweiss (Foto: Wikicommons/ Björn S.). Nützlich ist auch der Internetauftritt der Fachstelle, man kann zum Beispiel einen bestimmten Blüemlinamen eingeben und bekommt gleich eine Beschreibung samt Fotos sowie eine Verbreitungskarte. Gute Sache.

Montag, 23. Juli 2018

Die Gabelsteingemeinde

Gestern kam ich in Pierrafortscha durch. Die Gemeinde südöstlich der Stadt Freiburg heisst so nach einem markanten Findling auf ihrem Gebiet. Wieder einmal haben wir damit in der Romandie einen Flur- und Ortsnamen im Dialekt, im frankoprovenzalischen Patois, von dem es allein im Freiburgerland vier grundlegende Varianten gibt. Pierrafortscha kommt nicht etwa, wie ich annahm, von "Pierre forte" gleich "mächtiger Stein", sondern von "Pierre fourchue" gleich "gegabelter Stein" oder "Gabelstein"; der Stein hatte, bevor man ihm zwecks Gewinnung von Baumaterial zu Leibe rückte, drei markante Spitzen. Noch einmal zurück zum Patois. Verrückte Sache: 1886 wurde sein Gebrauch in den Schulen des Kantons Freiburg verboten. Auch ausserhalb der Schule wurde das Patoia gezielt geächtet. Erst seit 1961 ist es wieder zugelassen, allerdings ist es in der Zwischenzeit ziemlich verwelkt. Schade eigentlich.

Sonntag, 22. Juli 2018

Su-Mei Tses Welt

"Many Spoken Words": ein Barockbrunnen, statt Wasser mit Tinte betrieben.
Stein aus der "Stone Collection":
Einzelsteine auf Sockeln präsentiert.
Gestern war ich wieder einmal im Aargauer Kunsthaus in Aarau; dort läuft bis 12. August die Einzelausstellung "Nested" mit Werken von Su-Mei Tse. Die 45-jährige Künstlerin hat chinesische und britische Wurzeln, ist in Luxemburg geboren, lebt in Berlin, bekam grosse Kunstpreise und liebt das Spiel mit Materialien aller Art. Die Imitation von Objekten. Das Anrichten von Assoziationen. Ich möchte nicht mehr sagen als das - und dass mir die Ausstellung sehr gefallen hat, ich würde da sofort wieder hin. Su-Mei Tses Welt fasziniert.
"Trees and Roots": Bäume aus Bronze.

Samstag, 21. Juli 2018

Ein Dächli über dem Kopf

Die Wirtschaft Rigi-Dächli. Foto unten: Blick von ihr zum Rossberg hinüber.
Am Mittwoch kam ich beim Gasthaus Rigi-Dächli vorbei. Es liegt ungeheuer aussichtsreich auf 947 Metern am Weg von Arth oder Goldau nach Rigi-Kulm, gleichzeitig erreicht man vom Dächli aus leicht Rigi-Klösterli. Auf einer Tafel las ich folgendes: Das Gasthaus entstand wohl im 18. Jahrhundert, 1689 war beim Klösterli die Kapelle Maria zum Schnee gebaut worden, sie zog Wallfahrer an, die sich im Dächli gern zwischenverpflegten. Im 19. Jahrhundert wurde beim Dächli auch der Zoll für Pferdetransporte auf die Rigi eingezogen. "Dächli" bezeichnet eine Rasthütte, alternativ gibt es auch das Wort "Gruobihütte" von "gruoben" gleich "ruebe", also ruhen.

Freitag, 20. Juli 2018

Nagelfluh und das Blau der Seen

Bald sind wir oben: die Alp Zingel und hinten die Antenne auf Rigi Kulm.
Blick auf den Zugersee, an dem wir starteten.
Wunderbar, sich der Rigi einmal von ihrer besonders schroffen Seite zu nähern, derjenigen über Arth. Genau dort startete ich am Mittwoch mit Wanderkumpan Yvan. Wir hatten uns sehr früh in Zürich getroffen und aufgemacht, um der Mittagshitze zu entgehen. Kurz nach sieben legten wir in Arth los, um elf waren wir oben, und wenn man die ganze Unternehmung über fast 1400 Höhenmeter in einem Wort zusammenfassen müsste, dann in diesem: Nagelfluh. Wir gingen auf Tritten, die in die Nagelfluh gehauen waren, wir sahen Höhlchen und Höhlen, Bachschlitze, Weg-Engstellen, kleine und grosse Blöcke, Bänder und Fluhen aus Nagelfluh. Herrlich der Anblick der Seen, des Zugersees und des Lauerzersees, die mit zunehmender Höhe immer blauer schienen. Ich bin glücklich, diese Tour* endlich gemacht zu haben, die ich seit langem auf meiner Wunschliste hatte. Für die, die sie nicht kennen: Alles kein Problem, bloss fast zuoberst muss man kurz die Hände ausfahren, um zwei steile Stellen sicher zu nehmen.  Und eben: Früh losziehen lohnt sich derzeit.

* Arth, Dorf - St. Georg - Bürgisberg - Dächli - Blatten - Zingel - Rigi Kulm.
St. Georg in Arth am frühen Morgen. In der Kapelle war Licht, angesichts
des Velos dachte ich: Oh, der Heilige Georg ist mit dem Velo gekommen.

Donnerstag, 19. Juli 2018

Dessimoz und sein Zweier Weisser

Das waren - wenige Wochen ist es her - zwei coole Termine im Unterwallis. Das erste Mal reiste ich hin, um den Postauto-Chauffeur Antoine Dessimoz zu treffen und mit ihm zu reden, dabei lernte ich oberhalb von Conthey in St-Séverin das Café des Rangs kennen, in das er mich bestellt hatte, ein richtiges Einheimischenbeizli. Das zweite Mal traf ich wieder Dessimoz, diesmal war der Fotograf Reto Albertalli aus Genf dabei, wir verbrachten den Tag damit, die Arbeit von Dessimoz in Text und Bild zu beobachten und zu dokumentieren. Er ist einer von sieben Chauffeuren, die regelmässig die halsbrecherische, herzbeklemmende, sinnenschüttelnde Schluchtstrasse nach Derborence befahren. Ein Anekdötchen: Hinten in Derborence assen wir im See-Restaurant, Dessimoz bestellte einen Zweier Weissen, und ich dachte: Es darf nicht wahr sein, jetzt hat der Kerl Dienst und trinkt Alkohol. Es kam ein Glas Milch. Dessimoz zieht den Witz immer wieder mal durch, Milch ist sein Lieblingsgetränk, Alkohol mag er nicht speziell. Die Postauto-nach-Derborence-Story mit Retos grossartigen Fotos gibt es in der neuen "Schweizer Familie", ab heute ist sie am Kiosk. Ah ja, in ihr findet sich von mir auch ein Porträt des Schriftstellers C.F. Meyer, der mit Jeremias Gotthelf und Gottfried Keller zu den grossen Drei der Schweizer Literatur des 19. Jahrhunderst zählt; Meyers Werke - dies der Auslöser des Artikels - sind neu als Hörbücher erhältlich.

Mittwoch, 18. Juli 2018

Auf und Ab in Lungern

Gott sei Dank verkehrt die noch!
Wie zuhause: Seilbahn-Fussboden.
Am Wochenende fuhr ich das erste Mal mit der Turren-Seilbahn. Sie verbindet Lungern mit dem Aussichtspunkt Turren auf 1530 Meter über Meer, legt dabei eine Höhendifferenz von 830 Metern zurück und kann 40 Leute tragen. Irgendwie hatte ich im Kopf, dass die Bahn mal gewaltig kriselte. Ich schaute das nach, hier die Chronologie.
  • 1961 startet die Luftseilbahn Lungern - Turren. Oben hat man Anschluss: Von Turren nach Schönbüel verkehrt eine Gondelbahn.
  • 1968 brennt es auf Schönbüel, die Bergstation und die Gondeln werden zerstört. Man ersetzt beides.
  • 1991 geht die Gesellschaft, die beide Linien betreibt, konkurs. Eine Auffanggesellschaft übernimmt, die Gondelbahn wird erneuert.
  • 1999 wird die Schönbüel-Gondelbahn durch eine Sesselbahn ersetzt. Und die Turren-Seilbahn wird erneuert.
  • 2001 ist die Betreiberin am Ende. Eine neue übernimmt. 
  • 2013 werden beide Bahnen behördlich stillgelegt wegen Sicherheitsmängeln und Missachtung gesetzlicher Auflagen. 
  • 2014 geht die Betreiberin konkurs.
  • 2015 übernimmt ein neuer Besitzer. Die Lungern-Turren-Bahn AG wird gegründet. Die Luftseilbahn wird revidiert und neu ausgestattet, auch die Steuerung wird modernisiert. Die Bahn fährt ohne menschlichen Begleiter.
  • 2016 wird die Schönbüel-Sesselbahn abgebaut.
  • 2017 eröffnet das neue Restaurant auf Turren.
Huch, kompliziert, ich hoffe, ich habe das alles richtig erfasst. Jedenfalls bin ich froh, dass es die Turren-Bahn weiterhin gibt. Der Ort, den sie erschliesst, ist ein perfekter Startpunkt für Wanderungen.
Kinderspielfläche auf Turren.

Dienstag, 17. Juli 2018

Blutiges Bündel Mensch

Air Zermatt, die Basis. (Wikicommons/ HBZSU)
Ein Skifahrer ist oberhalb von Zermatt in eine tiefe Gletscherspalte gestürzt, seine drei Kameraden haben es gemeldet, der Sanitäter im Team von Air Zermatt erklärt, warum es jetzt pressiert: In einer Gletscherspalte kann ein Verunfallter - falls er den Sturz überlebt hat - kaum atmen, seine Körperwärme lässt die Eiswände um ihn tauen, er schmilzt sich selber  immer tiefer in die Spalte und beengt sich immer mehr, das kann tödlich sein ganz abgesehen von den Sturzverletzungen. "The Horn" heisst die Serie von Red Bull TV über Air Zermatt, gestern schaute ich mir auf Netflix die erste Episode an und war tief beeindruckt von den Leuten, die versuchen, den Mann tief unten in der Spalte lebendig zu bergen. Vom Rettungsspezialisten etwa, einem Freelancer und Spitzenalpinisten, der aufgeboten wird, mit dem Bike auf die Basis geradelt kommt und sich später auf dem Gletscher in die Spalte abseilt zu einem blutigen, stöhnenden Bündel Mensch, das nun mit dem Seilzug in die Höhe gehievt, in den Heli verfrachtet, unten auf der Basis erstversorgt und dann nach Bern ins Inselspital geflogen wird, um Monate später wiederhergestellt in Zermatt vorbeizuschauen und sich zu bedanken.

P.S. Gute Sache, man kann sich die Serie auch anschauen, wenn man nicht Netflix-Abonnent ist, hier der Link.

Montag, 16. Juli 2018

Ich ermahnte die Kröte zu mehr Vorsicht

Blick von der Rückenegg nach First. Dahinter der Alpweiler Breitenfeld.
Turren, bei der Seilbahn-Bergstation, unten Lungern mit seinem See.
Am Samstag wanderte ich: Mörlialp - Alpoglen - Fontanen - Heidenboden - Chringe - Rückenegg - Dundelegg - Dundel - Turren, Seilbahn. Das dauerte knapp vier Stunden, der Weg führte auf der Westseite des Giswilerstocks hart an dessen Wänden und Geröllflanken vorbei. Ein paar markante Momente:
  • Die Anfahrt im Postauto führte über die Panoramastrasse, wie die Strasse über den Glaubenbielenpass heisst. Der Fahrer erzählte, sie sei im zweiten Weltkrieg erbaut worden unter Mithilfe internierter Polen.
  • Auf der Mörlialp fand grad ein Frauen- und Meitlischwinget statt. Der Postifahrer nannte es "Wiiberschwinge". Vor mir im Bus sassen ein Vater sowie seine Tochter, etwa zwölfjährig. Sie stiegen auf der Mörlialp aus und gingen Richtung Schwingplatz. Ich stellte mir vor, dass sie das Mami bzw. die Ehefrau besuchten, die grad im Einsatz war.
  • Kurz mal regnete es, als ich auf Alpoglen durchkam. Aber nur leicht. Alpoglen klingt wie Alpoglu, das ist ein türkischer Familienname; ich spielte mit dem Gedanken, ich sei in Anatolien unterwegs.
  • Bei Fontanen hätte ich um ein Haar mit meinem Wanderstock eine braune Kröte perforiert, die mitten auf dem Weg im Heidekraut hockte. Das war mir gar nicht recht, aber die Kröte war wirklich praktisch unsichtbar. Ich nahm eine Notevakuation vor und platzierte das Tierli unter Entschuldigungen und Ermahnungen (mehr Vorsicht bei der Überquerung von Hauptverkehrsachsen!) einen Meter neben dem Weg.
  • Vor Turren begegnete ich einem Mann aus Zürich und seiner Partnerin, die vor einiger Zeit an einem Vortrag von mir gewesen waren ("Warum wandert der Mensch?"). Sie rekognoszierten gerade für die Wanderung mit einer Grossgruppe den Schmetterlingspfad.
  • In der Seilbahn hinab nach Lungern war eine chinesische Familie, die filmte die ganze Talfahrt auf dem Handy. Ich dachte: Wenn die alle ihre Ausflüge in der Schweiz filmen, wer wird hernach in China das ganze Material anschauen müssen? Vermutlich die arme Verwandtschaft, die viele Stunden lang entzückte Teilnahme heucheln muss.
    Kurz nach dem Wanderstart: Der Sarnersee spielt Schottland.

Sonntag, 15. Juli 2018

Miss Asymmetrisch und Miss Kokett

Letzten Dezember platzierte ich in meinem Blog eine Schätzfrage: Wann würde der Zähler des Blogs auf 2'222'222 springen? HB tippte auf den 13. Juli 2018 und hätte es fast geschafft; ebenfalls nah ist der Realität ES gekommen: 20. Juli 2018. Tatsächlich war es gestern soweit, also am 14. Juli.

Gestern wanderte ich, es war wundervoll, ich ging von der Mörlialp nach Turren, der Bahnstation hoch über Lungern. Hier vorerst zwei Kuhfotos von dieser Route. Das obere zeigt Miss Asymmetrisch mit einem hängenden rechten Horn. Und das untere Miss Kokett, sie platzierte charmant das eine Bein auf dem Wanderweg

Samstag, 14. Juli 2018

Meidet St. Gallen!

Der Bahnhof St. Gallen ist wiederauferstanden nach einem Totalumbau, alles ist anders, jede gewohnte Sache - also etwa der Billettschalter -  ist neu platziert, und überall hat es neue Läden und Dienstleister. Hübsch finde ich inmitten der totalkommerzialisierten Bahnhofs-Gegenwart die alte Wartebank in der grossen Halle, die ich gestern fotografierte. Grundsätzlich ist St. Gallen derzeit, denke ich, ein Ziel, das man tunlichst meidet; wegen der SBB-Grossbaustelle bei St. Gallen Winkeln fallen Züge aus, meiner um 15 Uhr 25 zum Beispiel nach Zürich, der schnelle ohne Halt in Wil usw., fuhr nicht. Und gleich noch eine Information: Auch die Appenzeller Bahnen bauen. Von St. Gallen bis Teufen ist das Trassee aufgerissen, es verkehren Ersatzbusse, erst im Herbst ist wieder Normalverkehr. Alles ein bitzeli nervig, auch wenn Erneuerung selbstverständlich sein muss.

Freitag, 13. Juli 2018

Enguerrand und die Brücke

Das Wappen unsres Haudegens.
Mit der Fähre kann man bei Altreu SO - ich war da unlängst - über die Aare setzen nach Leuzigen BE. Also vom Leberberg zum Bucheggberg wechseln. Einst gab es praktisch am selben Ort eine Brücke aus Holz, die wohl gedeckt war. Dann kamen 1375 die Gugler und zerstörten nicht nur Altreu, sondern auch die Brücke. Gugler? Mit Google haben die gar nichts zu tun. Die Gugler waren englische und französische Söldner. Ihr Anführer war damals ein gewisser Enguerrand VII. de Coucy. Er stammte von den Habsburgern ab und wollte unter Einsatz seiner brutalen Soldateska den Erbanspruch seiner Mutter auf Ländereien in der Gegend durchsetzen. Am Schluss bekam Coucy immerhin die Herrschaft Büren und einen Teil der Stadt Nidau. Lange konnte er seinen Besitz freilich nicht halten; kurz darauf kamen die Berner und Solothurner und nahmen ihn sich. Wer das ganze abenteuerliche Leben von Coucy Revue passieren lassen will, hier der kurzweilige Lexikoneintrag.

Donnerstag, 12. Juli 2018

Meine Fünf-Seen-Wanderung

Der Zürichsee und der Hüttnersee (links der Bildmitte) vom Höhronen.
Der Ägerisee, gesehen von oberhalb des Raten.
Auf dem Raten, der Bus kommt.
Juli? Gestern fühlte sich der Morgen an wie April oder September, richtig frisch war es draussen. Ich unternahm eine gut dreistündige Wanderung über den Kamm des Höhronen, Start war in Biberbrugg, Schluss auf dem Raten, wo ich den Bus hinab nach Zug nahm. Erstaunlicherweise sah ich erst kurz vor dem Raten Menschen. Hündeler. Zuvor hatte ich unterwegs keine Wanderer angetroffen und auch keine Biker-Wildsauen, deren Vorkommen die tiefen Reifenrillen im Wald bezeugten. Später auf der Heimfahrt dann fiel mir ein, dass man im Pizolgebiet eine Fünf-Seen-Wanderung machen kann. Eben eine solche Fünf-Seen-Wanderung hatte ich nun gerade hinter mich gebracht, auch wenn ich die einzelnen Seen nur gesehen hatte, nicht aber an ihnen vorbeigekommen war. Die fünf sind:
  • Der Zürichsee
  • Der Obersee
  • Der Hüttnersee bei Samstagern
  • Der Sihlsee
  • Der Ägerisee

Mittwoch, 11. Juli 2018

Die letzten Monate der Rellerlibahn

Morgen kommt die neue "Schweizer Familie", sie enthält meine Wanderkolumne, die diesmal in die Region Gstaad führt. Genauer gesagt, geht es vom Rellerli nach Zweisimmen, die Kolumne beginnt mit der Gondelbahn-Fahrt von Schönried auf ebendieses Rellerli. Mit der Bahn gibt es ein Problem: Sie wird Ende Saison abgebrochen. Die Konzession läuft aus, ein Neubau würde sich nicht rechnen. Der Milliardär Ernesto Bertarelli, der viel Geld in eine Sanierung der regionalen Bahnen eingeschossen hat, wird danach in der Rellerli-Bergstation eine private Lodge einrichten, auch ein öffentlicher Kiosk ist geplant. Versorgt werden soll dieses bahnlose Rellerli über die bestehenden Alpsträsschen. Erwähnt gehört ein Verein Privater, die einen Bahn-Neubau anstreben und Bertarelli einspannen wollen. Aber so wie es aussieht, ist dieses Unterfangen chancenlos.

Dienstag, 10. Juli 2018

Gigi, Giri und Kniri

Ältere Semester wie ich erinnern sich in der Regel an die Band Pfuri, Gorps & Kniri; die drei musizierten mit fantasievollen Instrumenten wie etwa der Spritzkanne und waren lustige Sieche. Sie fielen mir ein, als ich dieser Tage ein wenig die Karte anschaute und überlegte, wo man diesen Sommer bergwandern könnten. Den Gigi und den Giri findet man oberhalb Wolfenschiessen NW westlich des bekannten Haldigrates.

Montag, 9. Juli 2018

Sluups

Mir gegenüber in der Forchbahn sass gestern eine jüngere Frau, die trank irgendetwas Hellrotes aus dem, wie sie zu ihrer Freundin sagte, Coop und schwärmte: "Mmmm. Voll vegan." Als die beiden ausstiegen, blieb das leere Fläschli liegen, und ich beschaute es mir mal genauer. "Sluups" heisst das Getränk, eine Limonade der Geschmacksrichtung Granatapfel und Himbeere. Okay, es mag gesund sein. Allenfalls. Aber man importiert es aus Holland, was nicht gerade ökologisch ist. Und die Plastikflasche ist jetzt auch nicht speziell umweltfreundlich. Die Veganer produzieren auch jede Menge Widersprüche.

Sonntag, 8. Juli 2018

Kinder, Kirschen und ein Keiler

In der Dorfbeiz von Arboldswil, dem "Rudin", trifft man dieses Viech.

Am 8. September ist wieder Wandertag der "Schweizer Familie". Dieses Jahr findet der Anlass in Arboldswil statt, in den Högern südlich von Liestal - Baselbiet vom Schönsten. Für die Voraus-Reportage, die Mitte August erscheint, begab ich mich gestern hin und machte eine Rundtour von 3 1/4 Stunden; sie führte zum Beispiel nach Schloss Wildenstein, einem Bijou, das erst noch von einem geschützten Eichenhain umgeben ist, der im Mittelalter wurzelt. Das grösste Highlight der Wanderung aber waren die drei Kinder und ihre Eltern, mit denen ich und die Fotografin unterwegs waren. Eine Familie aus dem Zürcher Oberland, Freunde einer Bildredaktorin, die sich als Testpersonen und Models zur Verfügung gestellt hatten. Mit Kindern wandert es sich anders. Leichter und lustiger. Das begann schon damit, dass uns nach fünf Minuten ein Bauer in die Wiese rief, zum Chriesi probieren. Und ausserdem erzählten mir die Kinder immer neue Blondinen- und sonstige Witze und waren einfach unheimlich fröhlich und lieb und entdeckungsfreudig. Die Fotos und mehr Erlebtes gibt es in gut fünf Wochen im Heft, ich werde an dieser Stelle darauf hinweisen.
Schloss Wildenstein. Es gehört dem Kanton Basel-Landschaft.

Samstag, 7. Juli 2018

Tierische Neuigkeiten aus Zürich

Biberskelett. (Wikicommons/ Skimsta)
Wir haben in der Stadt Zürich vieles. Auch ein Biberpaar. Und jetzt sogar Biberjunge. Der Tagi berichtete darüber gestern: Ein Hobbyfotograf hat demnach soeben in der Limmat eine Bibermutter mit zwei Jungtieren beobachtet. Die Kleinfamilie lebt im Gebiet Werdinsel/Europabrücke. Hier geht es zum Artikel mit vielen schönen Details zu Leben und Verhalten der Biber im Allgemeinen und der Stadtzürcher Biber im Speziellen.

P.S. Heute gehe ich ins Baselbiet. Ich wandere strikt beruflich. Eintrag folgt.

Freitag, 6. Juli 2018

Wanderlichter

Am Mittwoch begab ich mich in die Stadt, also nach Zürich, um einen neuen Rucksack zu kaufen. Ich verliess den HB durch die hintere Unterführung, die zur Sihlpost. Als ich oben ans Licht kam, nahm ich zum ersten Mal das elegante Holzdach bewusst wahr, über dessen Unterseite ringförmige Lichter, in geometrischen Linien angeordnet, wandern. Man schaut als passionierter Zufussgeher halt meist auf den Boden, Stolpergefahr und so. Die Installation stammt vom Künstler Carsten Höller; er bekam den Auftrag, Hans Künzi, 1924 bis 2004, mit einem Kunstwerk zu ehren. Künzi? Der war Zürcher Nationalrat und Regierungsrat. Er gilt als "Vater der Zürcher S-Bahn".

Donnerstag, 5. Juli 2018

Das grösste Mädchen im Kanton Jura

Voilà la Fille.
Die Dreieinhalb-Stunden-Route im Kanton Jura, die ich am Dienstag machte, gehört gewürdigt - dass ich bei üblem Wetter unterwegs war, habe ich bereits gestern erwähnt. Hier die Wegpunkte: «Bourrignon, bif. Bürgisberg» (Bus) - Refuge - Pleigne - Fille de Mai - Le Moulin - Bourrignon. Was das Gelände auszeichnet, ist eine gewisse Einsamkeit, die Höfe liegen weit auseinander, der Landstrich zwischen Delémont und der alten Zisterzienser-Abtei von Lucelle an der französischen Grenze ist abgelegen. Grossartig ist die Fille de Mai, also das Maimädchen. So heisst eine 33 Meter hohe Naturkalksäule im steilen Waldhang über Bourrignon, die einer versteinerten Frau gleicht. Man erreicht sie von oben auf einem schmalen Weglein, das vom Wanderweg abzweigt; sie aus der Nähe zu fotografieren, ist nicht leicht, weil der Buchenwald sie einigermassen dicht umgibt, man kann nicht den nötigen Abstand gewinnen. Was es mit der Fille de Mai auf sich hat - hier geht es (obersten Link der Liste anklicken) zur Sage, die angeblich keltischen Ursprunges ist.
Blick nach Norden von unterhalb Bourrignon zur Fille.

Mittwoch, 4. Juli 2018

Der Wanderdepp

Ich denke, die fanden mich bizarr.
Kein Loch für mich zum Verkriechen.
Gestern morgen kam ich mir sehr souverän vor. Total clever fand ich mich als Wanderer. Fähig, auch schwierigen Wetterlagen das Beste abzutrotzen und trockenzubleiben durch Wahl der richtigen Gegend. Im Zug nach Basel checkte ich kurz vor acht noch einmal das Regenradar: Doch, da wälzte sich ein Regenband von Frankreich her über den Jura Richtung Mittelland. Der Projektion für die nächsten Stunden entnahm ich, dass die Gegend nördlich von Delémont ab neun Uhr wieder regenfrei sein würde. Dort wollte ich hin, genau deswegen. Zwischen Basel und Delémont schiffte es wie wild, in Delémont auch, alles nach Plan. Als ich freilich nördlich von Delémont bei Bourrignon um neun Uhr aus dem Bus stieg, schiffte es immer noch wie wild, das Regenband verhielt sich nicht so wie in der Simulation der Meteorologen. "Bonne chance", rief mir der Postifahrer nach, ich war sein einziger Fahrgast gewesen. Ich zottelte los, es regnete immer bösartiger, der heftige Guss dauerte über zwei Stunden, ich wurde pflotschnass, die gute Jacke nützte nicht viel. Du solltest dich nicht auf das Regenradar verlassen, du Depp, dachte ich. Schlimmer war, dass über mir ein Gewitter, nein, nicht vorbeizog, sondern innehielt; stellenweise blitzte es ziemlich nahe, sicher eine halbe Stunde war das unangenehm und gefährlich. Eine Hütte zum Unterschlüpfen sah ich grad keine, mir blieb nichts anderes übrig, als weiterzuzotteln. Dabei fiel mir ein, dass ich vor ziemlich genau einem Monat eine Jörg-Kachelmann-Kolumne in diesem Blog lobend erwähnt hatte samt Kachelmanns Schlüsselsatz, der mir damals eingeleuchtet hatte: "Nur Deppen werden vom Gewitter überrascht."

P.S. Etwas mehr zu der - an sich - tollen Route morgen oder so.

Dienstag, 3. Juli 2018

Schöner fussbaden

In Badens Bäderquartier, unten an der Limmat, wartet in markantem Rot die Thermalbank. Man zieht die Socken aus, setzt sich, Thermalwasser wärmt die Füsse, es stammt vom Grossen Heissen Stein ganz in der Nähe, so heisst die Hauptquelle des Badeortes. Im Winter bereitet das Fussbad vermutlich noch viel mehr Freude als im Sommer. Rundum wird übrigens irre gebaut, das neue Thermalbad, von Mario Botta konzipiert, entsteht. Ab Herbst 2020 soll es jährlich 500 000 Menschen anziehen.