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Mittwoch, 30. September 2020

Es gab Bruderhahn

Is it a boy or a girl? Ich weiss es nicht. Jedenfalls
ist dieses Küken einen Tag alt. (Wikicommons)
In der Tagikantine, pardon, in unserem Personalrestaurant gab es gestern Ragout vom Bruderhahn. Ich musste das Wort nachschlagen. So heissen die männlichen Küken von Legehennen, die zwar viele Eier legen, aber kaum Fleisch ansetzen. -Die Bruderhähne werden speziell gemästet, da sie ansonsten wie ihre Mütter dünn wären. Soweit die Information aus dem Internet, die richtig verstanden und hier korrekt wiedergegeben zu haben ich hoffe. Wie das Essen in der Kantine, pardon, dem Personalrestaurant schmeckte? Wie Coq au Vin, im weitesten Sinn.

Dienstag, 29. September 2020

Die Engadiner Disputation

Die Kirche San Jon in Susch. In ihr wurde damals
disputiert. Der rechte Turm ist der Tuor Planta,
der Wohnturm einer Adelsfamilie im Mittelalter.
Unter Disputation versteht man ein akademisches Streitgespräch. Während der Reformation diente sie als Instrument, die Macht des Katholizismus zu brechen - Zwingli und andere hatten in der Regel die besseren Argumente, wenn es darum ging nachzuweisen, dass manches katholische Dogma schlicht nicht mit der Bibel zu belegen war. Die beiden Zürcher Disputationen im Jahr 1523 waren ein Triumph für ihn. An der Wende von 1537 zu 1538 kam es auch in der Kirche San Jon in Susch zu einer solchen Disputation. Verhandelt wurde die Frage, ob bei einer Geburt im Notfall ein schwächliches Kind, wenn kein Pfarrer da war, auch durch eine Laienperson getauft werden konnte. Die anwesenden Theologen und Politiker kamen zum Schluss, dass allenfalls auch die Hebamme oder andere Leute dazu befugt waren; sie sprachen sich damit gegen die katholische Lehre aus. So begann die Reformation im Engadin.

Montag, 28. September 2020

Vom Kloster zur Brauerei zum Kunstmuseum

Monika Sosnowska, "Stairs", 2016/17

Miroslaw Balka, "Narcissussusch", 2018.

Magdalena Abakanowicz, "Flock", 1990.

Wer das Muzeum besucht, geht auf und ab.

Adrian Villar Rojas, "The Theater of Disappearance", 2018.

Alter Brunnentrog, ins Neue integriert.

Nach dem Gelage bei Hatecke.
Danke fürs Foto, Brigit.
1157 entsteht am Südfuss des Flüelapasses im Unterengadin ein Kloster mit mehreren Gebäuden, darunter ist eine Bierbrauerei. Im 19. Jahrhundert ist dieses Kloster längst aufgehoben, doch wird weiter Bier gebraut in einem zweiten Brauereihaus, das von einer Gebirgswasserquelle profitiert. Heutzutage sind beide Brauereien mit einem Tunnel unter dem sie trennenden Strässlein verbunden und bilden nach umfangreichen Umrüstungen, Ausbauten, Schaffung von mehr Kavernenraum durch Sprengungen und dem Zukauf weiterer Liegenschaften das Muzeum Susch. Bezahlt hat das aufwändige Projekt eine der reichsten Polinnen, Grazyna Kulczyk, die selber im Engadin lebt. Seit Anfang dieses Jahres ist das Muzeum offen fürs Publikum. Gezeigt wird Kulczyks Sammlung polnischer Gegenwartskunst. Dazu kommen Wechselausstellungen, wir sahen diesen Samstag bei unserem Besuch feministische Pop Art der Belgierin Evelyne Axell. Freilich war es eher die Architektur, die uns total begeisterte. Das Muzeum fasziniert durch seine bauliche Gestalt, man geht auf und ab, geht hin und her, nimmt schmale Seitentreppen in höhlenartige Räume, blickt aber auch immer wieder durch surreal blank polierte Fenster auf den Inn, das Dorf, die Berge. Und draussen steht als Wahrzeichen des Areals der zehn Meter hohe Turm "Tuor per Susch" vom Bündner Künstler Not Vital. Am Ende gingen wir fein essen. Im Muzeum, zu dem ein Restaurant gehört, betrieben vom schweizweit bekannten Engadiner Metzger Hatecke, der sich ins Gastronomische verlagert hat und auch in Zürich wirtet. So wurde der Ausflug rund. Ich (Brasato, Spätzli, Affogato, Rotwein) auch.
Evelyne Axelle, "La Grande Sortie dans l'Espace", 1967.

Sonntag, 27. September 2020

Der Turm von Susch

Der "Tuor per Susch" von Not Vital. Links die Suscher Dorfkirche San Jon.

Gestern fuhren wir nach Susch im Engadin und besuchten dort das noch ziemlich neue Muzeum Susch, das die steinreiche Polin Grazyna Kulczyk gestiftet hat. Mehr zu der Kunststätte, die aus mehreren Gebäuden besteht und auch unterirdische Trakte hat, morgen. Heute vorerst diese zwei Dinge: Erstens war es toll, schon mal den Winter zu erleben, der sich durchaus manierlich benahm. Er zeigte sich, quälte uns aber nicht, es war nicht sonderlich kalt, es schneite nur leicht. Zweitens fanden wir den Turm des Bündner Künstlers Not Vital, der erst seit diesem Jahr steht, faszinierend. Der "Tuor per Susch" ist aus einem einzigen toskanischen Marmorblock gehauen und überragt den Museumskomplex, zehn Meter hoch ist er, man kann ihn betreten, aber nicht besteigen, das Echo im Inneren ist fantastisch. Leute, wenn ihr das Muzeum noch nicht besucht habt, müsst ihr hin. Allein wegen dieses souveränen Turmes, eines neuen Engadiner Wahrzeichens.
Im Turm, Blick in die Höhe. Das Echo
konnte ich leider nicht fotografieren.

Samstag, 26. September 2020

Konfrontationstherapie

Schneeballschlacht, Wandfresko des böhmischen Meisters
Wenzeslaus, circa 1400. (Wikicommons)

Heute schneit es bis in ziemlich tiefe Lagen. Ich wollte zuerst mit dem Grüpplein ins Fricktal, dort kommt der Schnee wohl nicht hin. Dann disponierte ich um, nun reisen wir ins Hochtal des Engadins, wo es garantiert Schnee hat, und beschäftigen uns dort mit moderner Kunst - mehr dazu demnächst. Man muss dem Winter nicht ausweichen, sondern auf ihn zugehen. Dann verliert er grad seinen Schrecken. Was wir heute machen, ist Konfrontationstherapie.

Freitag, 25. September 2020

Der berühmte Gast mit dem Spitzbart

Das Gästebuch im Bären in Kiental. Darüber
Lenin (r.), ikonisch durch seinen Spitzbart.
Der Bären in Kiental, dieses alte Haus, sah Weltgeschichte. Oder doch eine Figur der Weltgeschichte. Wladimir Iljitsch Uljanov, der sich als Revolutionär "Lenin" nannte, weilte in dem Hotel Ende April 1916 für ein paar Tage und traf sich mit Gleichgesinnten - die zweite Internationale Sozialistische Konferenz. Organisiert hatte den Anlass der Schweizer Nationalrat Robert Grimm von der SP, mit dabei war sein Parteigenosse Ernst Nobs, der spätere Bundesrat. Was Lenin angeht, der übrigens seine Geliebte Inès Armand an der Seite hatte: Ein Jahr nach dem abseitigen Kientaler Anlass war er zurück in Russland. Dieses verwandelte sich durch die Revolution in die Sowjetunion. Die wiederum geriet zur horriblen Diktatur. Traurig.
Der Bären in Kiental, in dem ich vor einiger Zeit einkehrte.

 

Donnerstag, 24. September 2020

8 bis 12 Mäuse pro Tag

 Drei Dinge zum Rotfuchs:

  • 100 000 bis 130 000 Rotfüchse leben in der Schweiz.
  • Rund 570 Kilokalorien braucht ein erwachsener Rotfuchs täglich. Das entspricht 8 bis 12 Mäusen.
  • Das Revier eines ländlichen Rotfuchses ist gut 200 Hektaren gross. Ein urbaner Rotfuchs kommt hingegen mit 30 Hektaren aus.
Gelesen habe ich das in der Titelgeschichte der neuen "Schweizer Familie", die man jetzt kaufen kann. Sie heisst: "Wer bin ich? 55 Erkenntnisse über den Fuchs" und ist toll.

Mittwoch, 23. September 2020

Die Gubristseilbahn

Der Gubrist, 615 Meter über Meer. Vorn die 
Limmat. (Roland zh/Wikicommons)
Der Gubrist ist ein unscheinbarer Hügel nördlich über dem Limmattal. Gestern las ich im Tagi eine faszinierende Reportage. Zum Innenleben des Gubrist gehören die Autobahn, die ihn in einem Tunnel unterquert, sowie dessen Abluftschacht von 160 Metern Höhe. Den muss man zweimal pro Jahr auf Risse und Feuchtigkeit kontrollieren. Dafür ist in ihm eine Seilbahn eingerichtet, der Tagireporter durfte mit den Serviceleuten den Schacht hinab fahren - ein exklusives Vergnügen. Hier eine Kostprobe aus dem Artikel: 

"Mit einem Ruck setzt sich die Seilbahn in Bewegung. Zunächst geradeaus, bis der Korb nach ein paar Sekunden wieder stoppt, direkt über dem Abgrund. Jetzt ist Handarbeit gefragt. Die Crew macht sich mit Steckschlüsseln daran, die Führungsrollen an den Seiten des Fahrkorbs auszufahren - schwarze Gummiräder, die bei der Fahrt die Schachtwand entlanggleiten und dafür sorgen, das die Kabine nicht schaukelt und an der Wand anschlägt."

Dienstag, 22. September 2020

Der verschwundene Bergweg

Ein Screenshot der Schweizmobil-Karte, den ich gestern machte. Man sieht unten rechts Sedrun GR, und oben geht es zum Chrüzlipass, über den man von Sedrun ins Urnerland gelangt, nach Bristen im Maderanertal und weiter nach Amsteg im Reusstal. Die direkte Verbindung von Sedrun zum Pass - das ist das Val Strem. Die rote Linie, von mir gezeichnet, ist das Problem. Auf dieser Länge nämlich kann man nicht mehr wandern. Was ich befürchtete, ist eingetreten. 2016 gab es einen Felssturz, der Wanderweg wurde gesperrt, und weil weitere Rutsche drohen, ist er mittlerweile ganz von der Karte gestrichen. Das ist nötig, weil es um die Sicherheit geht, tut aber weh, weil das Val Strem wunderschön ist. Und weil man nun, wenn man die Route machen will, die ohnehin lang ist, einen riesigen Umweg weiter westlich machen muss, um auf den Chrüzlipass zu gelangen. Hier die Daten:
  • Auf der Direttissima von Sedrun durchs Val Strem brauchte man früher 3 Stunden bis zur Passhöhe (936 Meter aufwärts, 30 abwärts).
  • Mit dem Umweg braucht man von Sedrun zur Passhöhe 5 Stunden (1324 Meter aufwärts, 421 abwärts).
Ich bin froh, habe ich den Chrüzlipass in früheren Jahren gemacht. Zwei Mal. Mit dem Val Strem.
Im Val Strem. 2014. Als es noch nicht gesperrt war.

Montag, 21. September 2020

Ein Zwei-Jahreszeiten-Tag

Mutter und Kind.

Mein Zmittag.
Der Herbst machte sich bemerkbar an unserem Samstag im Neuenburger Jura. Kühl war es mit etwas Wind und Regen und verhangenen Horizonten, feucht war der Kalkstein unter unseren Füssen und sehr schlüpfrig. Praktisch als Gerade zog sich unser Weg von der Postauto-Haltestelle auf dem Strassenpass Col de la Tourne Richtung Nordosten. In der Métairie de la Grande Sagneule tranken wir kurz etwas, waren dabei nicht allein, eine Gruppe von Pilzsammlern aus Belp war auch da. Via den Mont Racine und die Tête de Ran, wo Skiliftbügel über unseren Köpfen arbeitslos in der Luft hingen, erreichten wir die Vue des Alpes. Im Passrestaurant war Betrieb, wir assen, meine Rösti war ça va, dafür die über sie drapierte Hamme göttlich. Danach hielten wir hinab nach La Chaux-de-Fonds. Dort war es plötzlich wieder Sommer mit einer vom Stadtasphalt verstärkten Hitze. Wir sind dieser Tage im Wetterumbau, es ist faszinierend. Und die Route, Teil des Jura-Höhenweges vom Aargau hinab in die Waadt und nach Genf, kann ich nur empfehlen. 5 3/4 Stunden, 750 Meter aufwärts, 890 abwärts.

Skilift auf der Tête de Ran.

Eine alte Militärmauer. Ich bin nicht dick, hatte aber
trotzdem Mühe durchzukommen. 

Sonntag, 20. September 2020

C'est trop klobig

Gott sei Dank, der Weg war gestern offen.
 (Screenshot Schweizmobil)
Für gestern Samstag hatte ich eine anspruchsvolle Passwanderung im Sinn: die Überquerung der Bunderchrinde von Kandersteg nach Adelboden. Am Freitag wurde mir freilich klar, dass es am nächsten Tag just im Berner Oberland regnen würde. Und also stellte ich um und ging mit meinem Grüppli in den Neuenburger Jura. Wir zogen gestern über den Kamm des Mont Racine und der Tête de Ran, das war schön. Bei der Vorbereitung dieses Plans B war ich kurz beunruhigt, als ich auf Schweizmobil sah, dass beim Mont Racine offenbar ein längeres Wegstück auf der Krete gesperrt war. Ich klickte mich zur Information durch und fand heraus, dass das Militär dort im September schiesst. Aber nicht am Wochenende. Entwarnung, alles frei, ich atmete auf. Was mir an der Information auffiel: dass behördliche Texte auch auf Französisch - es gilt als elegante Sprache - schauderhaft umständlich und sperrig formuliert sind. Hier ein Satz aus der offiziellen Schiesswarnung:

Toute responsabilité est déclinée en cas de dommages dus à l‘inobservation des instructions données par les sentinelles ou celles figurant sur les  publications de tir. 
Beim Mont Racine. 

Samstag, 19. September 2020

Über dem Silsersee bröckelt es

Kurz mal Sperrzone: Plaun da Lej am Silsersee.
(Foto: Friedrich-Karl Mohr/Wikocommons)
Dass die Schweiz zunehmend bröckelt und rutscht, ist bekannt. Hier grad wieder ein Beleg: Gestern kam die Meldung, dass im Oberengadin ein Felsrutsch droht. Hoch über dem Silsersee hängen am Piz Lagrev und am Piz Mez lose Blöcke. Man muss sie aus dem Hang entfernen, die Malojastrasse soll dafür tagsüber zu gewissen Zeiten gesperrt werden. Am 28. September beginnen die Räumarbeiten und somit die Strassensperrung zwischen Sils Baselgia und Plaun da Lej, betroffen sind auch die Wanderwege in diesem Abschnitt. Bereits waren - eine Warnung - am 1. September riesige Blöcke talwärts gedonnert. 

Freitag, 18. September 2020

Kientaler Schlenderei

Wasser, Wasser, Wasser. Wer von der Griesalp hinab nach Kiental wandert, übertut sich nicht, es handelt sich um eine Schlendertour von 2 1/4 Stunden (104 Meter aufwärts, 555 abwärts), bei der man zuerst die Griesschlucht mit dem Pochtenfall durchquert, dann dem erst seit 1972 bestehenden, schon fast wieder verlandeten Tschingelsee folgt und schliesslich am Gornerewasser geht. Schön ist dieser Weg, den ich kürzlich kennenlernte.

Der unterste Teil des Pochtenfalles in der Griesschlucht.
Blick aus der Griesschlucht talwärts.
Der Tschingelsee.
Am Gornerewasser.

Donnerstag, 17. September 2020

Zitronenfalter und Vanilleshake

Hui, das ist aber steil! Treppe von der Sefinenfurgge hinab ins Kiental.
Auf Einladung weilte ich soeben im Berner Oberland und kam zu etwas, das ich mir schon lange vorgenommen hatte: Ich überschritt die Sefinenfurgge, 2612 Meter über Meer, die die Region des Lauterbrunnentales von der des Kientales und Frutigtales trennt. Das war happig, 1440 Höhenmeter aufwärts, 1405 abwärts, ich war, abgesehen von den Pausen, über sieben Stunden unterwegs. Doch wieder einmal muss ich sagen: Es hat sich gelohnt. Nach dem Start in Gimmelwald war schon das Sefinental eine Freude und Wucht, um mich flatterten die Zitronenfalter, und vor mir hatte ich eine unüberwindlich scheinende Felsbastion mit, unter anderem, dem Bütlasse-Massiv. Höher oben machte mir später die Einkehr in der Rotstockhütte Spass, ein Vanille-Milchshake lieferte mir die Energie für den zweiten Teil des Aufstiegs. Abenteuerlich fand ich vor der Furgge (und später auch nach ihr) die steilen Treppen mit dem sichernden Seitenseil. Und oben öffnete sich wieder einmal, wie das immer ist bei Gebirgspässen, eine neue Welt. Die des Kientales. Es begann der Abstieg hinunter zur Griesalp. Dort war ich dieses Jahr schon einmal und freute mich, wieder ein Zimmer im Hotel zu beziehen und fein essen zu können. Gern würde ich in dieser Saison ein drittes Mal dort schlafen, um die Gspaltenhornhütte zu erwandern. Ob ich dazu komme? Der Herbst schreitet voran, bald ist das Hochgebirge wieder vereist und verschneit.

Einige Zeit nach dem Wanderstart im Sefinental.

Die Rotstockhütte.
Ein göttlicher Gnadenstrahl trifft die Bundalp.

Mittwoch, 16. September 2020

Mein altes Haus


Kürzlich war ich wegen eines Interviews im Breitsch, wie das Breitenrainquartier in Bern meist genannt wird. Ich war eine Viertelstunde zu früh dran und fuhr darum eine Haltestelle weiter als geplant, bis "Parkstrasse". Dort stieg ich aus und erblickte sogleich mein geliebtes Haus Rodtmattstrasse 81. Im ersten Stock, dort, wo auf meinem Foto das Fenster offen ist, habe ich mehrere Jahre - in den Neunzigern - gewohnt. Es war vielleicht meine schönste Wohnung, gross, mit hohen Decken und abgewetzten Parkettböden. Geheizt wurde entweder in der Küche mit Öl, das man im Keller aus dem Tank in eine Kanne pumpte, oder in der Stube mit Holz, die Scheiter trug ich ebenfalls aus dem Keller hoch und bediente dann manchmal gleich auch Frau Maurer, die herrlich höfliche Vermieterin mit der kratzigen Raucherstimme. Sie ist meines Wissens verstorben. Und ich wohne längst in Zürich.

Dienstag, 15. September 2020

Die Propeller lösten sich auf

Die Savoia S.9 war ein Flugboot, das ab 1918 in Italien hergestellt wurde. Am 7. September 1920 starteten zwei dieser Maschinen am Lago Maggiore, sie sollten nach Finnland überführt werden. Über der Schweiz geschah etwas, das in dieser Krudheit im Flugwesen selten ist: Die Propeller lösten sich in ihre Bestandteile auf. Das eine Flugzeug stürzte südlich des Tödi ab, das andere endete vor Zollikon im Zürichsee. Der Schlussbericht der untersuchenden Behörde hielt fest, dass die Propeller schlecht verleimt gewesen waren. Insgesamt vier Besatzungsmitglieder starben bei den beiden Unglücksfällen, von denen ich kürzlich erfuhr, als ich meine Lokalzeitung "Zolliker Zumiker Bote" las.

P.S. Ein Flugboot ist ein Flugzeug, dessen Rumpf schwimmfähig ist. Das Foto (Wikicommons/Bundesarchiv) zeigt eine Dornier Do X aus dem Jahr 1929.

Montag, 14. September 2020

Hysterischer Samojede


Die Samojeden sind ein nordrussisches Volk, nach ihnen ist eine Hunderasse benannt. Samojeden sind Arbeitshunde, Schlittenhunde, Hütehunde und Wachhunde. In diversen Ländern um die Welt werden sie heute gezüchtet. Unlängst begegnete ich auf einer Alp einem Samojeden. Was für ein herrliches Hündli, dachte ich vorerst. Doch dann begann das herrliche Hündli eine Kuh um die andere zu verbellen und verfiel in die totale Hysterie; das junge Besitzerpaar konnte es nicht verhindern und wusste nichts anderes, als das eigene Tier anzuschreien: "Fertig jetzt, fertig!" Als ich weiterging, dachte ich: Nun ja, im hohen Norden gibt es halt keine Kühe.

Sonntag, 13. September 2020

Mount Rushmore BE

Im Abstieg von der Sefinenfurgge, einem Berner Oberländer Pass, fotografierte ich auf der Kientaler Seite diese Fluh. Sie kam mir vor wie das noch unbearbeitete Pendant zum Mount Rushmore in Amerika, einer Felswand, in die die Häupter diverser US-Präsidenten gemeisselt sind. Vielleicht könnte man im Kiental probeweise mal Adolf Ogi, der unweit wurzelt, verewigen.https://drive.google.com/uc?export=view&id=1VaUW2KgeDQEm_7sbenIurooMmQsMnw3a

Samstag, 12. September 2020

Die Schreibstube, der Wind und der Kustos


Ein Kustos oder Kustode ist ein Aufseher oder Kurator, etwa in einem Museum. Das Wort hat auch eine zweite Bedeutung, von der ich erst kürzlich erfuhr. Stellen wir uns eine spätmittelalterliche Schreibstube vor oder eine frühneuzeitliche Buchdruckerei ein paar Jahrzehnte nach Gutenberg. Ein Neuling sitzt dort, findet es im Raum zu warm und öffnet das Fenster, worauf ein Windstoss einen Stapel noch ungebundener Buchseiten verwirbelt. Sie haben alle keine Seitenzahl, das ist damals nicht üblich. Was tun, um die durcheinander geratenen Einzelblätter wieder in der korrekten Abfolge zu ordnen? Gott sei Dank gibt es den Kustos. So heisst die Silbe rechts unten auf jeder Buchseite, die angibt, mit welcher Silbe die nächste Seite links oben beginnt. 

Foto (Wikicommons): Arngrimur Jonsson, "Brevis Commentarius de Islandia" von 1593 mit Kustos ("dos").

Freitag, 11. September 2020

Tödlicher Hummelhonig

Blauer Eisenhut, die aufgeschnittene Blüte.
(Foto: Franm Vincentz/Wikicommons)
Als Herakles den Wachhund Cerberus aus der Hölle entführt, ihn mit Gewalt ans Licht zerrt, da geifert das Monster reichlich. Aus dem Speichel, der zu Boden tropft, wächst eine teuflisch schöne neue Blume: Aconitum. Dies der Mythos. Gestern war in der NZZ dem Blauen Eisenhut - so der deutsche Name des Gewächses - eine Seite gewidmet, die ich mit grossem Interesse las, schliesslich begegne ich dem Blauen Eisenhut, der giftigsten Pflanze Europas, beim Wandern sehr oft. Finster die Geschichten, die in dem Artikel erzählt werden. 1817 zum Beispiel tun sich zwei Urner am Honig eines Hummelnestes gütlich. Der eine Mann wird schnell von Benommenheit, Brechreiz und schaurigen Krämpfen heimgesucht, der andere stirbt kurz nach dem Verzehr. Die Hummeln, die den Honig gesammelt hatten, waren Eisenhuthummeln, die mit ihrem besonders langen Rüssel auf die verschlungenen Blüten der Giftpflanze spezialisiert sind. Normale Bienen ignorieren den Blauen Eisenhut. Gute Sache, ich kann also weiterhin gefahrlos Bienenhonig essen.

Donnerstag, 10. September 2020

Moai am Mythenquai

Kürzlich ging ich von Zürich Stadelhofen um die Spitze des Zürichsees und weiter bis Kilchberg, ein langes letztes Stück verlief auf Asphalt. Beim Mythenquai erblickte ich die Gottfried-Keller-Statue, die bloss aus dem - übergrossen - Kopf des Dichters besteht. Ich musste an einen Geköpften denken, dessen Haupt öffentlich zur Schau gestellt wird. Aber auch die Moai fielen mir ein, die kolossalen Steinstatuen auf der Osterinsel. 
Oben Keller, unten Moai.
(Unteres Foto: Rivi/ Wikicommons)

Mittwoch, 9. September 2020

Amdos Auszeit

Amdo ist ein Mungg und das Maskottchen von Amden, dem St. Galler Tourismusort über dem Walensee. Er wacht auch über den Munggeweg, einen Erlebnispfad für Kinder. Doch was war das? Am Samstag, als wir nach unserer Speer-Wanderung per Sessellift hinab nach Amden schwebten, fuhr Amdo bergwärts. Hatte er frei gehabt, hatte er sich im Dorf verlustiert, hatte er mal kurz eine Auszeit gebraucht? Wir wissen es nicht.

Amdo fährt bergwärts. Unten ein Teil von Amden, hinten der Mürtschenstock.

Dienstag, 8. September 2020

Das Loch war leer

Geländerippen zwischen Speer und Mattstock (hinten) mit der Alp Oberchäseren.

Das Schneeloch wird mit
Holzbrettern abgedeckt.
Wenn man von Amden auf den Speer will wie wir am Samstag, hat man ein Problem. Der Mattstock stellt sich einem in den Weg, ihn muss man links oder rechts umrunden. Hinter dem Blockierberg wartet verborgen in einem markant gerillten, reizvoll unebenen Gelände die Alp Oberchäseren. Auf 1651 Metern gelegen, fungiert sie sozusagen als Basislager für die Speer-Besteigerinnen und -Besteiger, vor dem Gipfelsturm kann man sich im Alpwirtschäftli stärken. Nachher sowieso. Wir taten beides. Für den Hinweg hatten wir von Amden die etwas einsamere Variante via Durschlegi und Hintermatt gewählt, heimwärts gingen wir später über die Hinter Höhi und den Strichboden und beschlossen die Wanderung bei der Sessellift-Bergstation Niederschlag. Noch einmal zur Oberchäseren: Die ist urgemütlich. Ich hatte - natürlich nach der Speer-Strapaze (6 Stunden, 1210 Meter aufwärts, 825 abwärts) - Fleischkäse mit Spiegeleiern, meine Mitwanderer und Mitwanderinnen assen Dinge wie Hamburger, Gerstensuppe, Nussgipfel. Auf meine Bitte hin durften wir auf Oberchäseren auch einen Blick in das berühmte Schneeloch im Keller des Nebengebäudes werfen. Leider war der Schnee schon geschmolzen, den man dort im Frühling jeweils per Karette heranführt und ins Loch wirft - bis Ende August kühlt er jeweils den Käse.
Blick von Oberchäseren Richtung Federispitz.

Montag, 7. September 2020

Der Speer ists

Der Speer, 1950 Meter über Meer. Am Samstag bestiegen ihn sehr viele Leute.

Vorgestern Samstag stiegen wir von Amden auf den Speer, der mit dem Titel des höchsten Nagelfluhberges in Europa versehen ist; wir hatten schönes Wetter und sahen weit. Mehr über unsere Route will ich morgen erzählen. "Speer" lautet auch das Lösungswort des gestrigen Rätsels, ich bekam im Lauf des Tages doch einige Lösungen. Hier die Einsenderinnen und Einsender in der Reihenfolge, in der sie sich meldeten: Christine Lienhart-Racine, Marianne Jeker, Monika Schlatter, Stefan Brauchli, Marlies Sturzenegger, Brigitte Eichenberger, Barbara Pfenninger.
Blick vom Gipfel hinüber zum Zürichsee.

Sonntag, 6. September 2020

Wieder mal ein Rätsel

Er ist eine Waffe und hat einen Superlativ. Wie heisst der Berg?

Soweit das heutige Sonntagsrätsel. Lösungen bitte wie immer an widmerwandertweiter@yahoo.de - schönen Sonntag allen!