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Donnerstag, 30. November 2023

Die Sache mit dem Kopftuch

Saas-Fee, Blick von der Längflue zum Allalinhorn.
Ein Foto von einer Trauerkopftuch-Trägerin habe ich nicht.

Kürzlich stiess ich bei einer Recherche zu einem Walliser Thema auf eine Chronik des Saastals. Ich las ein wenig darin und war immer wieder mal fasziniert. Zum Beispiel ging es um die verschiedenen Trauerkopftücher, die die Frauen von Saas-Fee und den Dörfern rundum im letzten Jahrhundert trugen. Grundsätzlich gab es drei Trauerkopftücher. Erstens das schwarze mit schwarzer Stickerei. Zweitens das schwarze mit blauer Stickerei. Und drittens das braune mit bunter Stickerei. Je nach Art der Verwandtschaft mit einer verstorbenen Person wählte eine Frau ihre Kopftracht. Hier nur zwei Beispiele: Starb der Vater oder die Mutter, trug die Frau zuerst zwei Jahre lang Kopftuch Nr. 1, wechselte dann drei Wochen auf Nr. 2 und schliesslich für einen Sonntag auf Nr. 3. Starb der Vetter oder die Base, trug die Frau drei Sonntage hintereinander Kopftuch Nr. 3. Alles genau geregelt.

Mittwoch, 29. November 2023

Cha passiere

Der Rapperswiler Seedamm, hinten Rapperswil.
(Foto: Martin Sauter / Wikicommons)

Man reist gegen 22 Uhr mit der Schweizerischen Südostbahn von Zürich nach Chur, bis Pfäffikon SZ gibts keine besonderen Vorkommnisse zu vermelden. Dort allerdings passiert Seltsames: Statt am linken Ufer des Zürichsees weiterzuverkehren, biegt der Zug ab, überquert auf dem Rapperswiler Seedamm den See, kommt nach Rapperswil. Er hat sich verfahren. In Uznach müssen einige Zeit später alle Leute aussteigen. Die Erklärung zum lustigen Desaster vom Sonntag, das "20 Minuten" vermeldete: Besagter Zug bestand aus zwei Teilen, der eine war leer, sollte in Pfäffikon abgekoppelt werden und dann via Rapperswil nach Herisau fahren, ins Servicezentrum. Wegen eines Planungsfehlers im Vorfeld wurden in Pfäffikon aber beide Zugteile Richtung Herisau gelenkt. Cha passiere.

Dienstag, 28. November 2023

Auguste auf der Rigi

Auguste von Littrow und ihr Gatte, porträtiert
von Josef Danhauser im Jahr 1841.
(Yelkrokoyade/Wikicommons)

Für sechs Franken kaufte ich mir eben im Antiquariat das Buch "Schweizer Reise 1846", erschienen 1965 im Verlag Berichthaus. Die Autorin Auguste von Littrow, in Prag geboren und in Wien zuhause, war 27, als sie mit ihrem Ehemann Carl durch unser Land reiste, Städte wie Zürich und Luzern besuchte, vor allem aber auch die Alpen durchzog. Ihr Bericht liest sich amüsant, die Frau war eine gute Beobachterin und geizt auch nicht mit spitzen Bemerkungen. Hier eine Textstelle, sie bezieht sich auf die Rigi, die damals schon überlaufen war, jedenfalls kam Auguste von Littrow dort nicht zur Ruhe. Sie stellt deswegen ein wenig verärgert fest ...

"... dass die ganze Schweiz ein einziger, für Fremde trefflich organisierter Gasthof mit Filialanstalten, Trägern, Führern, Pferden sei, von welchen man die verschiedensten Ausflüge in seine grandiosen Gegenden und Anlagen machen könne, man sich aber immer im Rayon dieser Anstalten befinde. Mit dem Wunsche nach Einsamkeit und stiller Naturbetrachtung darf man eben nicht einen Gasthof, sei er auch wie immer, zum Aufenthalt wählen." 

Montag, 27. November 2023

Wir blieben trocken

Knonau, Wanderstart.
Blauer Himmel zwischen Knonau und Maschwanden.

Am Samstag starteten wir in Knonau, folgten dem Haselbach nach Maschwanden, gingen hinab zur Reuss und an ihrem Ufer nordwärts bis zur Strassenbrücke, wechselten im Folgenden vom Kanton Zürich in den Kanton Aargau und von reformiertem zu katholischem Terrain. In Merenschwand, notabene Geburtsort der früheren Bundesrätin Doris Leuthard, nahmen wir den Zmittag und durchquerten dann das Maiholz, um schliesslich nach knapp vier Stunden Gehzeit Muri zu erreichen. Dort besuchten wir noch die Klosterkirche und das Klostermuseum, bevor wir heimfuhren. Hier drei Dinge, die an dieser Unternehmung besonders gefielen.
Gott sei Dank hatte der Widmer
im "Huwyler" reserviert. Das
Lokal war nämlich ziemlich voll.

  1. Das Wetter. Wir hatten mit Regen oder Schneeregen gerechnet. Tatsächlich graupelte es mal kurz zehn Minuten. Ganz fein, die Körnchen, die vom Himmel fielen, waren rührend klein. Ansonsten genossen wir tatsächlich eine gute Stunde Sonnenschein. Und blieben den ganzen Tag über trocken.
  2. Der Weiher im Maiholz. In der kalten Jahreszeit haben Waldgewässer etwas unnachahmlich Verträumtes. Totholz, Schlick, Laubhaufen. Die spiegelnde Wasserfläche. Stille.
  3. Das Restaurant Huwyler. Schon der Service war flink. Obwohl die Beiz pumpenvoll war und wir im Säli platziert wurden, was in anderen Fällen heisst, dass bestenfalls alle 15 Minuten mal eine Servierkraft reinschaut. So wars aber nicht, wir wurden bestens versorgt mit Speisen von Rahmschnitzel über Hamburger und Rösti mit Ei bis Herbstteller vegetarisch. War alles gut. Zum Schluss ass ich einen Coupe Nesselrode, obwohl ich mir geschworen hatte, dieses Jahr keinen Coupe Nesselrode mehr zu essen, weil er dick macht. Aber wenn auf der Speisekarte dieses und andere Desserts gleich in drei Formaten bestellbar sind (mini, klein, gross), dann gibt man nach. Mein Minicoupe war genau richtig in der Grösse. Er machte mir kein schlechtes Gewissen.
    Der Weiher im Maiholz eine halbe Gehstunde vor Muri.

Sonntag, 26. November 2023

Die letzten 40 Schritte

Regula und ...
... Felix, beide geköpft und mit Heiligenschein.

Die Glasgemälde im Kreuzgang des Klosters Muri im Aargau sind bekannt. Wir sahen sie gestern am Ende unserer Wanderung nicht zum ersten Mal – ich kann nur empfehlen, dass man hingeht und sie sich anschaut. 57 Scheiben sind es insgesamt, Renaissance-Glasmalerei aus dem 16. Jahrhundert von starker Farbkraft, hilfreich ist ein Wikipedia-Eintrag, der alle Motive säuberlich auflistet und erklärt. Hier bloss zwei Aufnahmen, die zusammengehören, Schauplatz ist Zürich in der Spätantike, gerade eben ist das christliche Paar Felix und Regula von römischen Söldnern an der Limmat geköpft worden. Kopf in der Hand, schreiten die zwei nun 40 Schritte vom Fluss den Hang hinauf, um erst dort zu sterben. An jener Stelle, so die Legende, ist über ihrem Grab das Grossmünster gebaut worden. Felix und Regula sind Zürichs Stadtheilige.

Samstag, 25. November 2023

Das blaue Kanönli


Gestern Mittag war mir im Redaktionsbüro in Zürich nach Rausgehn. Hunger hatte ich auch. Mir fiel als Ziel das Albisgüetli ein, 15 Minuten später war ich dort. 1898 zogen die Stadtzürcher Schützen vom Sihlhölzli hierhin um, zwei deutsche Architekten hatten ihnen ein neues Schützenhaus gebaut im Retrostil, eine mittelalterliche, in die Neuzeit versetzte Burg. Das Albisgüetli, diese Kombination aus Restaurant ("Albisgütli"), Festhalle und Schiessplatz, ist für drei Dinge bekannt. Erstens bildet es das Zentrum des jährlichen Zürcher Knabenschiessens. Zweitens findet hier jeweils im Frühling das "International Country Music Festival" statt. Und drittens tagt im Albisgüetli jedes Jahr unter grosser Anteilnahme sämtlicher Schweizer Medien die Kantonalzürcher SVP. Von Politik ist im gastronomischen Alltag des 2019 radikal umgebauten und modernisierten Restaurants nichts zu merken. Man ist an diesem Ort eher verspielt; das blaue Kanönli in der Lounge, das auf das historische Schützenwesen der Stadt Zürich anspielt, ist ein lustiges Accessoire. Mein Essen, Randensuppe, Salat, Penne al tonno an Kapern, war auch nicht speziell rechts. Und mundete sehr gut.

Freitag, 24. November 2023

Nicht Felix! Feltz!

Unlängst erzählte ich vom Friedhof von Morcote. Davon, wie prächtig er liegt. Und wie dicht bepackt er ist mit den Gräbern Prominenter, von denen freilich manche bald vergessen sein werden, wenn sie es nicht schon sind. Den Namen "Kurt Feltz" las ich zuerst als "Kurt Felix". Falsch. Immerhin hatten beide das Showbusiness gemeinsam. Die TV-Unterhaltungsindustrie. Kurt Feltz schrieb Schlagertexte für Caterina Valente, Peter Alexander, Bill Ramsey, Peter Kraus, Rex Gildo, Andy Borg, Cindy & Bert und viele andere. Unzählige Hits gelangen ihm, etliche wurden zu Evergreens. "Hier ist ein Mensch", gesungen von Peter Alexander, habe ich noch im Ohr. 1982 starb Kurt Feltz, seine Witwe und Erbin Cornelia ("Corry") ruht an seiner Seite. In Morcote.

In Morcote begraben: Corry und Kurt Feltz. (Foto: Ronja)

Donnerstag, 23. November 2023

Das Nelkenrätsel


Als ich die Einladung zu einer Buchvernissage im Kunsthaus Zürich bekam, meldete ich mich sofort an – das Wort "Nelkenmeister" machte mich neugierig, nie zuvor hatte ich es gehört. Vor einer Woche fand der Anlass statt, recht viele Leute waren gekommen. Im Raum stand eine Staffelei mit einem Gemälde, das im Kunsthaus normalerweise anderswo zu sehen ist, "Enthauptung eines jungen Heiligen", entstanden um 1490. Man beachte die beiden Blumen, rot und weiss, am Boden vor den Knien des Jünglings, der gleich geköpft werden wird. Es sind zwei Nelken. Um eine Signatur handelt es sich. Die Nelkenmeister waren Maler, die in den Jahrzehnten vor der Reformation in der Schweiz sakrale Werke schufen; sie alle zeichneten diese mit Nelken, die meisten Urheber sind anonym geblieben. Das Buch, das im Kunsthaus vorgestellt wurde, ist von Fachleuten geschrieben, es heisst "Die Zürcher Nelkenmeister" und spürt somit dem Zürcher Ableger der Gruppe nach. Was es mit den Nelken genau auf sich hat, was sie also bedeuten, ist bis anhin nicht wirklich klar. Reizvolles Rätsel, oder?

Mittwoch, 22. November 2023

Das Auge von Niedermuhlern

Niedermuhlern und das Observatorium-Areal
bei Uecht. (Screenshot map.geo.admin.ch)
Leider kann ich hier kein Foto zeigen, das neue Observatorium sieht nämlich toll aus. Vor allem von oben, der Turm mit der Aussichtsterrasse hat im Grundriss die Form eines Auges. "Space Eye" heisst die diesen Herbst eröffnete Sternwarte im Gebiet Uecht bei Niedermuhlern südlich von Bern; sie tritt neben eine jahrzehntealte Sternwarte am selben Ort. Die "Space Eye"-Anlage ist ein Bau des Architekten Mario Botta, sie dient der wissenschaftlichen Erkundung des Universums mit Hilfe eines besonders starken Teleskops, richtet sich aber auch ans Publikum, es gibt eine Ausstellung, ein Planetarium und – im Gelände rundum – einen Erlebnispfad. Ich will das "Space Eye" bald mal besuchen, das steht auf meiner To-do-Liste. 

Dienstag, 21. November 2023

Der Draufgänger vom Hauenstein

Der "Ochsen" in Langenbruck mit der Bider-Gedenktafel.

An der Fassade des "Ochsen" in Langenbruck, dem Passdorf am Oberen Hauenstein, sahen wir letzten Samstag eine Tafel. Sie hält fest, dass in dem Haus am 12. Juli 1891 Oskar Bider geboren wurde. Der Name war mir knapp bekannt, ein Fliegerpionier. Ich schlug die Lebensgeschichte nach und war vor allem schockiert darüber, dass der Mann schon mit 27 Jahren verstarb. Er war ein ziemlicher Draufgänger. Machte eine Landwirtschaftsausbildung, verbrachte nach der RS ein Jahr als Gaucho in Argentinien, liess sich 1912 beim berühmten Blériot in Frankreich zum Piloten ausbilden und erlangte ein Brevet. Auf einen Schlag berühmt wurde Oskar Bider, als er kurz darauf als erster Flieger überhaupt die Pyrenäen überquerte. Es folgte die erste Alpenüberquerung hin und zurück sowie der Direktflug von Paris nach Bern. Im Ersten Weltkrieg bildete Bider mit einem Grüppli anderer Pionierpiloten die neugeschaffene Fliegertruppe der Schweiz, deren Chef er war. Am 7. Juli 1919 dann das Ende: Oskar Bider führte in Dübendorf akrobatische Flugmanöver vor und stürzte ab.
Leutnant Oskar Bilder (links) während des Ersten Weltkriegs in Dübendorf
mit ein paar Piloten-Anwärtern.  (Swiss Federal Archives / Wikicommons)

Montag, 20. November 2023

Solothurner Teufelei

Stege und ...
... Höhlen und ...
... Wasserfälle gehören zur Teufelsschlucht bei Hägendorf SO.
Unser Ausgang aus der Schlucht Richtung Sandloch und Santelhöchi.

Wer viel wandert, kennt die Teufelsschlucht. Wobei gleichzeitig der Satz gilt: Er bzw. sie lernt die Teufelsschlucht bei jeder Wanderung neu kennen und kennt sie insofern nie ganz. Mir erging es so, als wir am Samstag wieder einmal von Hägendorf bei Olten aus die Schlucht hinaufzogen. Alles kam mir unbekannt vor. Anders. Lags am vielen Wasser, das die Wasserfälle und den Schluchtbach spies? Möglich. Auf jeden Fall war unser Wanderquartett angetan. Was auch für die anschliessende Route gilt: Wir verliessen die Schlucht nach gut zwei Dritteln ihrer Länge, gingen durch den Hänsenbrünnlirain-Wald, kamen zur Santelhöchi. Entschieden uns dort, der Rutschigkeit des nassen Kalksteins zum Trotz zur Höchi Flue aufzusteigen. Das lohnte sich, auch wenn wir – viel mehr noch gilt das für den folgenden Abstieg – aufpassen mussten. Wir sahen auf der Flue im Gewölk knapp den Alpenkranz und sahen tief unter uns den breiten Boden des Dünnerntales. Gut! Bald darauf erreichten wir den abgelegenen Weiler Bärenwil, waren somit nicht mehr im Solothurnischen, sondern im Baselbiet. Im Restaurant Chilchli assen wir sehr gut. Als wir gegen zwei Uhr wieder ins Freie traten, regnete es sanft, und so steuerten wir die nächste ÖV-Haltestelle an, also Langenbruck; eine Dreiviertelstunde nur dauerte das. Voll von Eindrücken, reisten wir heim – und ich freue mich auf eine nächste Begegnung mit der Teufelsschlucht. (3 Stunden, 20 Minuten. 620 Meter aufwärts, 335 Meter abwärts)

Höchi Flue, Blick zu den Alpen.

Sonntag, 19. November 2023

Charmantes Abseits

Bärenwil, das sind wenige Häuser. Der Dachreiter mit der Glocke markiert das Restaurant Chilchli.
Das "Chilchli" aus der Nähe.

Bärenwil gehört zu Langenbruck, dem Passdorf am Oberen Hauenstein, liegt aber ganz für sich. Das erste, was wir im Wald hörten, bevor wir den Ort unterhalb sahen, war ein Glöcklein, das grad läutete. Dazu passt der Name des Restaurants, das wir in Bärenwil bald erreichten: "Chilchli". Mit dem Namen hat es folgende Bewandtnis: Bärenwil wollte dem 1832 gegründeten Kanton Basel-Landschaft nicht beitreten, anders als die Gemeinde Langenbruck. Die Stadtbasler revanchierten sich für die Loyalität, indem sie einen Pfarrer nach Bärenwil abordneten. Das Haus, in dem dieser wohnte und predigte, das heutige Restaurant Chilchli, bekam 1833 einen Dachreiter mit Glocke aufgesetzt. Aber das sind historische Reminiszenzen, längst ist ja auch Bärenwil dem Baselbiet angeschlossen. Was wir gestern bei der Einkehr am Mittag viel mehr schätzten als die geschichtliche Anekdote, war erstens der Schwedenofen, der eine behagliche Wärme verbreitete. Zweitens der freundliche Service. Und drittens die sehr gute Küche. Wir wollen da wieder hin, dies umso mehr, als der winzige Weiler charmant abseitig in einer Jurafalte liegt. Man kann ihn aus allen möglichen Richtungen auf allen möglichen Pfaden ansteuern.
In der Gaststube. Sie war am Mittag gut voll.
Ich fotografierte darum erst um 14 Uhr.

Kommt der Gast klamm, wird ihm schnell warm.

Samstag, 18. November 2023

Riad wandert

In Riad, 6,9 Millionen Einwohnerinnen
und Einwohner, wird neuerdings gewandert.
(Foto: Diken81/Wikicommons)
Hassan al-Felo
Saleh al-Ansar
Abdul Karim al-Saghir
Mohamed al-Ruwaili
Nasser al-Balawi

Sie sind die fünf originalen "Riyadh Walkers". Jene Männer, die vor einiger Zeit eine Wandergruppe gründeten. Und damit offenbar in der saudischen Hauptstadt Riad einen kleinen Trend auslösten. Jedenfalls gibt es dort mittlerweile, so ein Artikel in der Zeitung "Arab News", über 20 solcher Gruppen mit ingesamt 1000 Leuten, die sich per WhatsApp verabreden und in der Abenddämmerung losziehen. Oder auch am Morgen. Ihr Ziel: pro Monat 150 Kilometer gehen und so die eigene Gesundheit pflegen. Respekt, lieber Hassan, lieber Saleh, lieber Abdul Karim, lieber Mohamed und lieber Nasser – diese Distanz schaffe ich nicht jeden Monat. Obwohl die Luft bei uns besser ist und die Temperaturen pfleglicher.

Freitag, 17. November 2023

Der Heli und die Kirche

Am Montag fotografierte ich in Lyss im Berner Seeland die reformierte Kirche. Gleichzeitig fiel mir ein Ereignis aus den 1990er-Jahren wieder ein. Am Nachmittag des 2. September 1992 stürzte ein Helikopter auf die Kirche, der 71-jährige Pilot, der in Bern-Belp gestartet war, starb; Gott sei Dank waren weder die Schule noch das Altersheim ganz in der Nähe tangiert. Die Kirche von 1935 allerdings, die Feuer gefangen hatte, war schwer beschädigt, ihre Erneuerung dauerte drei Jahre. Die Unfalluntersuchung ergab später: "gesundheitliche Probleme des Piloten, eventuell verbunden mit einer Bewusstseinsstörung". Ich erinnere mich bestens an den Unfalltag, ich wohnte damals in Bern und war auf der Redaktion der "Berner Zeitung" am Arbeiten. Selber ausrücken musste ich aber nicht.

Donnerstag, 16. November 2023

Die Sache mit dem Wallholz

Am Dienstag kam ich von der Arbeit heim, draussen regnete es brutal, drinnen wars gemütlich. Ich fand, dies sei der Moment, endlich einmal selber Pasta zu machen, vor Wochen hatte ich mir das vorgenommen und ein Grundrezept von Annemarie Wildeisen heruntergeladen. Einfache Sache, 100 Gramm Mehl, ein Ei, ein bisschen Salz vermengt und schön geknetet. Nun, da gabs ein kleines Problem, der Teig war viel zu trocken. Ich gab ein wenig Olivenöl und ein wenig Wasser bei, gleich gings besser, ich knetete weiter. Nach gut fünf Minuten schien mir der Teig parat. Ich formte eine Kugel, wickelte sie in Plastikfolie, legte sie 30 Minuten in den Kühlschrank, wallte den Teig dann ... huch, ich stellte fest, dass ich kein Wallholz besitze. Kein Problem. Ich nahm eine leere Weinflasche, die tats bestens, bald hatte ich den Teig schön ausgerollt. Ich faltete ihn von beiden Seite zur Mitte, nahm ein Messer, schnitt, fertig waren meine Nudeln, eine Art schmale Pappardelle. Sie schmeckten gleich darauf, mit viel Butter und ein bisschen Parmesan zwei Minuten gekocht, ausgezeichnet. Ich war sehr stolz. Am selben Abend bestellte ich mir im Internet ein Wallholz.

Mittwoch, 15. November 2023

Das Zwei-Rosen-Restaurant

Rapperswils Rathaus mit dem Stadtwappen.
Dasselbe Motiv, zwei Rosen, im Hausinnern.

Meine Vorspeise, die Bouillabaisse.
Am Hauptplatz von Rapperswil steht das Rathaus, gebaut um 1470. Als ich am Sonntag die Fassade musterte, stach mir grad sofort das Stadtwappen ins Auge, zwei rote Rosen, Rapperswil wird ja auch "Rosenstadt" genannt. Gleich darauf betrat ich das ehrwürdige Haus, und wer nun meint, ich hätte eine Besichtigung des Gebäudes im Sinn gehabt, täuscht sich. Nein, essen wollte ich, das "Rathaus" ist heutzutage ein Restaurant. Eines, das drei Jahre lang geschlossen war, Anfang Oktober wieder öffnete und seither für seine bürgerlich-gehobene Küche viel Lob bekommt. Ich kanns bestätigen, die können kochen, ich und S., eine Einheimische, waren sehr zufrieden mit dem, was wir von Kürbissuppe über Bouillabaisse bis Kalbsgeschnetzeltes vorgesetzt bekamen. Und der Service in Gestalt einer jungen Slowakin war herzlich und flink und das Ambiente angenehm. Im ersten Stock ist übrigens ein 500 Jahre altes Gemälde auf Holz zu betrachten, eine Supraporta, eine vormals über einer Tür angebrachte Schmucktafel. Dem Motiv war ich kurz zuvor im Freien begegnet ... die Rapperswiler Rosen. Dieser Restaurantbesuch war also sehr wohl auch eine Historientour.

Dienstag, 14. November 2023

Werbung, die aufregt


Im Bahnhof Wiedikon, Zürich, hats zwei grossflächige Wandgemälde. Als in den 1920er-Jahren der bestehende Bahnhof zum Reiterbahnhof umgebaut wurde mit einem brückenartig über den Geleisen sitzenden Hauptgebäude, kreierte der Plakatkünstler Otto Baumberger die modernistischen Sujets – Werbung für "Jelmoli". Sind die eleganten Kundinnen auf Einkauf Teil eines kolonialistischen Ausbeutungsprozesses im Textilsektor? Und sind die exotischen Anbieter von Waren rassistische Karikaturen? Gehören Baumgartners Werke entsorgt? Die Diskussion läuft seit einiger Zeit. Sicher lohnt es sich, in der Bahnhofshalle gelegentlich innezuhalten und sich eine Meinung zu bilden. Ich selber finde, die Szenen sollen unbedingt bleiben. Genau darum, weil sie zum Nachdenken anregen, über unsere Vergangenheit, über unsere Welt und fremde Welten. Geschichte immer neu reflektieren ist gut. Sie ausradieren nicht. Und: Ein kühler Kopf ist allemal besser als ein moralisch erhitztes Gemüt.

Montag, 13. November 2023

The Säuliamt Adventure, Part 2

Schöner Landstrich: das Säuliamt, Kanton Zürich.
Star der Wanderung: das alte Kloster von Kappel.
Am Samstag widmeten wir uns wie am Wochenende zuvor dem Amtlerwäg, Teil zwei stand auf dem Programm, wir zogen vom Türlersee nach Hausen und weiter nach Kappel am Albis, um nach dem Zmittag im Keller des Klosters (Eintrag von gestern) fortzusetzen via Rifferswil nach Knonau. Erstaunlich, wie viel gutes Wetter in der schlechten Prognose hauste, wir waren die meiste Zeit regenfrei unterwegs, sahen auch mal blaue Fenster im grauen Himmel. Ansonsten erlebten wir mehr von der Landschaft des Säuliamtes, die wir von der vorhergegangenen Wanderung kannten: Im Süden hatten wir den Zugersee, sahen dahinter die Rigi und den Pilatus, beide schon in Weiss. Ein Grossteil unserer Wanderung von 17 Kilometern, übrigens, verlief auf flachem Boden, ruppige Passagen gabs keine, der Ämtlerwäg wäre auch eine gute Winterroute. Sicher werden mein Grüppli und ich in der nächsten Zeit den dritten und letzten Teil machen. Ob ohne oder mit Schnee.

Sonntag, 12. November 2023

Speisen wie die Mönche

Stilvolles Esslokal: der Keller des Klosters von Kappel am Albis.
In der Klosterkirche.

Also wenn das nicht der Globi ist.

Immer wieder schön, aus der Ferne das Kloster von Kappel am Albis zu erblicken, die graue Fassade, den schlanken Kirchturm. Anzukommen, über das Gelände zu spazieren, eine Runde im Kreuzgang zu drehen, die Kirche zu besuchen – sie ist wunderbare Gotik. In einer Seitenkapelle der Kirche ist zudem jene berühmte Wand mit den aufgemalten kleinen Globis oder auch "Globis" zu sehen, die einst das Wappen der Gessler von Brunegg zierten. Der Ort soll in unserer Neuzeit den Globi-Zeichner Robert Lips aus dem Nachbardorf Hausen inspiriert haben, was dieser allerdings von sich wies. Zurück zur Hauptsache. Zu diesem feinen Zürcher Kloster, das längst kein Kloster mehr ist; schon 1526 legten die Mönche ihre Kutten ab und feierten das Abendmahl auf die reformierte Art. Heutzutage ist hier ein reformiertes Tagungs- und Bildungszentrum eingerichtet. Zum Betrieb gehört neben dem Café ein Restaurant. Auch Externe können dort essen. Also zum Beispiel ich und mein Wandergrüppli. Wir waren gestern angetan, als wir im Klosterkeller den Zmittag nahmen. Das Ambiente erinnerte uns an "Der Name der Rose". Bloss die Mönche fehlten.
Die Klosterkirche von aussen.

Samstag, 11. November 2023

Appenzellerbahnersatzbus

Trübe Suppe. So sahs gestern Nachmittag auf dem Säntis aus,
zeigt mein Screenshot von der Webcam.

Ich habe das mit dem Streckenunterbruch erst gestern vernommen. Seit dem 23. Oktober und bis und mit 1. Dezember verkehrt die Appenzellerbahn ab Gossau nur bis Waldstatt, dort muss man Richtung Urnäsch, Gonten, Appenzell, Wasserauen auf den Ersatzbus umsteigen. Auf der Strecke wird so einiges an den Bahnbauten ersetzt und erneuert, auch werden der Bahnhof Urnäsch sowie die Haltestellen Zürchersmühle und Gontenbad modernisiert. Nun, der Wanderer trägt den Bahn-Ausfall mit Fassung, die Saison der grossen Touren im Alpstein, zu denen man oft auf dieser Linie anreist, ist ja doch vorbei – bereits liegt auf dem Säntis Schnee.

Freitag, 10. November 2023

Das Gran-Becca-Spektakel

Diesen August auf dem Klein Matterhorn.

Am Wochenende ist Saisonauftakt im Skisport. Zwei Abfahrten der Männer machen den Anfang, die Frauen sind eine Woche später dran. Gestartet wird in der Nähe des Klein Matterhorn beim Gipfel Gobba di Rollin auf 3720 Metern, das Ziel ist bei den Laghi Cime Bianche auf 2840 Metern eingerichtet. Das Rennen spielt sich also in grosser Höhe ab, in der Gletscherwelt, was für viel Kritik sorgte, da dort im Vorfeld gebaut werden musste. Ich werde vielleicht kurz reinschauen. Skirennen interessieren mich nicht wirklich. Dafür in diesem Fall die Landschaft, mit der noch frische Erinnerungen verbunden sind. Im Sommer gondelten wir in einem Tagesausflug von Zermatt via Klein Matterhorn nach Breuil-Cervinia im Aostatal und retour, waren also in unmittelbarer Nähe der neuen Skipiste unterwegs. Die Hochgebirgs-Bahnlinie mit mehreren Sektionen spielt als Zubringer für die über Schweizer und italienisches Terrain führende Rennstrecke eine wichtige Rolle. Beim Anlegen der Piste achtete man darauf, dass die Kameras von gewissen Standorten aus das Matterhorn im Hintergrund schön einfangen können, da verbinden sich Sport und touristisches Marketing. "Gran Becca" heisst die neue Strecke, so wird im Patois des Aostatals das Matterhorn genannt.
Die neue Weltcupstrecke "Gran Becca".

Donnerstag, 9. November 2023

Also dieses Mistkratzerli ...

Für ein solches Mistkratzerli nehme ich die halbstündige Zugfahrt ab Zürich gern auf mich.

Wandern und gut essen sind für mich eng verwandt, und so geht es in diesem Blog immer wieder mal um ein Restaurant. Diesmal um den "Bären" in Mägenwil AG, der nach einem Besitzerwechsel seit kurzem "GüggeliBären" heisst – womit klar sein dürfte, welches das Paradegericht ist. Am Dienstag war ich dort mit zwei Gspänli, die ebenso verfressen sind wie ich. Sie hatten die Rehkeule, ich das Mistkratzerli, und alle drei waren wir vollauf zufrieden. Nein, mehr als das. Falls jemand einen Ort für ein stilvolles Weihnachtsessen sucht: Ich empfehle dieses Lokal, wo es das allerbeste Mistkratzerli im Land gibt. Halt, nein, das ist natürlich Blödsinn, Superlative sind in Gastrokritiken fehl am Platz. Aber jedenfalls war mein Poulet hervorragend, mit Geduld gegart, krosse Kruste, zartestes Fleischli, wunderbare Butter (Chilibutter in meinem Fall). Apropos Weihnachtsessen: Vor drei Jahren, in der Corona-Zeit, nahmen wir dieses im "Bären" Mägenwil ein. Gute Erinnerungen, auch deswegen gehe ich ab und zu wieder hin.
Der "GüggeliBären" in Mägenwil. 

Mittwoch, 8. November 2023

Eine tolle Erfindung

Föhniger Vormittag im Säuliamt.
Gut gesicherter Treppenweg hinab zum Türlersee.
Immer ein schönes Wanderziel: der Türlersee.

Was wären wir Wanderer und Wanderinnen ohne den Föhn! Immer wieder Mal hält er das schlechte Wetter fern, klärt zudem die Luft und rückt Entferntes in die Nähe. Letzten Samstag wars wieder einmal so. Regen war angesagt. Doch als wir um halb neun am Bahnhof Bonstetten-Wettswil starteten, schien die Sonne, die sanfte Landschaft des Säuliamtes war sozusagen erleuchtet. Via Tannboden, Lärchen, Bislikerhau, Cholholz, Müliberg, Buechholz, Im Stümel, Bolet, Uerenberg, Seerüti erreichten wir den Türlersee und folgten dem Ufer bis Türlen. Dort gabs nach dreieinhalb Stunden Zmittag im Restaurant Erpel, das Essen war sehr fein. Den ganzen Vormittag hatte der Föhn über uns gewacht, war allerdings bei aller Abwehrarbeit gegen die aus Westen herandräuende Front schwächer geworden, um schliesslich, während wir im Restaurant sassen, zusammenzubrechen. Als wir gegen halb zwei wieder ins Freie traten, tröpfelte es, alles war nun grau und wurde nass. Uns wars gleich. Im Bus heimwärts waren wir uns einig, dass der Föhn halt schon eine tolle Erfindung ist.
Mein Zmittag im Restaurant Erpel: Tagliatelle mit frischen Pilzen.

Dienstag, 7. November 2023

Heli statt Standseilbahn

Braunwald, Blick von der Terrasse bei der Bergstation der Standseilbahn
aufs Tal der Linth. Hinten in der Mitte der Tödi mit seiner markanten Schneekappe.

Nach Braunwald hinauf führen keine Strassen. Nur eine Standseilbahn gibt es. Die aber ist seit gestern Montag und bis  zum 17. stillgelegt – sie wird derzeit gründlich überholt. In dieser ÖV-losen Zeit gibt es zwei Möglichkeiten, in den Glarner Ferienort zu gelangen. Entweder setzt man die eigene Körperkraft ein, macht die 600 Höhenmeter also zu Fuss. Oder man nimmt den Heli. Der fliegt zu eingegrenzten Zeiten morgens, mittags und am späten Nachmittag und ist den Einheimischen, Handwerkern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Schülerinnen und Schülern vorbehalten. Ich überlegte mir gestern im Hinblick auf den kommenden Samstag kurz, ob eine Wanderung nach Braunwald etwas für mein Grüppli wäre. Das Problem ist, dass oben praktisch alle Betriebe geschlossen sind. Man kann nicht einkehren. Daher: nein.

PS: Der versprochene Eintrag zu unserer Wanderung durchs Säuliamt folgt morgen.

Montag, 6. November 2023

Vier Namen für eine Gegend

Blick von Aeugst am Albis im Säuliamt auf den Zugersee. Hinten links der Bildmitte die Rigi.

Die Bezirke des Kantons Zürich, 
hervorgehoben der Bezirk Affoltern.
(Quelle: Tschubby/Wikicommons)
Am Samstag wanderten wir auf Zürcher Gebiet südlich des Albisriegels. Die Gegend hat gleich vier Namen:

  1. Bezirk Affoltern. Der Kanton Zürich hat 12 Bezirke, dies ist einer von ihnen.
  2. Säuliamt. Diese populäre Bezeichnung ist wohl gar nicht so alt, wie man meinen könnte, sie kam vermutlich erst im 19. oder gar 20. Jahrhundert auf. Ob sie eher abfällig oder positiv gemeint ist, bleibt unklar. Aus Stadtzürcher Sicht könnten die Schweine aus dem Säuliamt bekannt gewesen sein für ihre Qualität. Oder aber man machte sich lustig über die primitiven Bauern und den Gestank, der mit Schweineställen assoziiert wird.
  3. Knonaueramt. Im 15. Jahrhundert annektierte Zürich Teile des Gebietes, andere Teile hatte es zuvor durch Kauf erworben. Daraus entstand die Landvogtei Knonau.
  4. Zürcher Freiamt. "Freiamt" meinte im Mittelalter einen Personenverbund. Menschen, die gegenüber ihren Nachbarn gewisse Freiheitsrechte hielten. In diesem Fall gab es auf habsburgischem Territorium mehrere Freiämter. Die meisten davon finden sich heute im Aargau, im Aargauer "Freiamt". Ein Teil aber wurde, siehe Punkt 3, von Zürich besetzt und an sich gerissen. Das Zürcher "Freiamt" eben.
Am Samstag bewanderten wir im Säuliamt einen Teil des Zürcher Ämtlerwäges. Ihn gibt es seit dem Jahr 2000, er ist blau ausgeschildert, wohingegen die Aargauer ihren Freiämterweg (2004) in Rostrot bezeichnen. Mehr zu unserer Unternehmung morgen.
Zwei Kantone, zwei Wege. (Foto: Paebi/Wikicommons)