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Dienstag, 31. August 2010

Wägli goes international

Den "Wägli" gibt es als Buchklotz für zuhause. Dazu gibt es die ergänzende, leichte Ausgabe für unterwegs, was in diesem Fall sinnvoll ist. Es handelt sich um die akribische Beschreibung des Schweizer Schienennetzes: Gleisdiagramme, Brückenlängen, Schwellenhöhen über Meer und vieles mehr, da frohlockt der ferrophile Bahnreisende. Im Hinblick für ein Porträt traf ich den pensionierten SBB-ler Hans G. Wägli vor wenigen Monaten - ein angenehm höflicher, bescheidener Zeitgenosse. Heute freut es mich umso mehr, dass Wägli, dessen beide Bücher eben neu erschienen sind, auf "Spiegel online" gefeiert wird: "Kaum einer kennt das dichteste Schienennetz der Welt besser", heisst es da über ihn. Und: Er habe die "Bibel" aller Schweizer "Pufferküsser" verfasst.

Strickers Gesamtkunstwerk

Seite aus Strickers Tessinbuch (in reduzierter Bildqualität).
Hannes Stricker, 71, macht die liebevollsten Wanderbücher. Der ehemalige Primarschullehrer aus Kesswil im Kanton Thurgau illustriert jede Route mit einem eigenen Aquarell. Die Texte verfasst er von Hand mit dem Zierfülli; begeht er einen Fehler, muss er die ganze Seite neu schreiben. Kürzlich ist im Verlag am Bach ein neuer Stricker erschienen. "Tessin über Stock und Stein" - wieder ein aus Familienwanderungen gespiesenes Gesamtkunstwerk, wunderschön und gleichzeitig den vollen Service mit Höhenangaben, Wanderzeiten, Wirtschaften am Weg bietend.

Montag, 30. August 2010

Neues aus der Prähistorie

Starb Ötzi allein in den Bergen, auf der Flucht? Die Zeitschrift Science News präsentiert ein anderes Szenario. Forscher analysierten die Anordnung der Gegenstände, die Ötzi dabei hatte. Sie kamen zum Schluss, dass der Leichnam erst durch die Unbill der Witterung in die Geländerinne abrutschte, in der man ihn 1991 fand; zuvor lag er offenbar ein paar Meter höher auf einer natürlichen Steinplattform. Interpretation der Forscher: Ötzi starb, durch einen Pfeil verletzt, inmitten seiner Lieben im Tal. Sie schleppten ihn zu einem Ritualplatz in der Höhe und bestatteten ihn mit Sorgfalt. Soweit der Stand der Wissenschaften, was unseren prähistorischen Lieblingswanderer angeht.

Sonntag, 29. August 2010

Ungeheuer Thur

Der nasse Blogger. (Bild: Liliane Géraud)
Gestern gewandert: Ebnat-Kappel - Stotzweid - Tanzboden - Steintal - Ebnat-Kappel. Es wurden fünf nasse Stunden. Zum Auftakt war die Bahnhofsunterführung gesperrt für Leute ohne Schnorchel. Dann kam der Regen in allen Variationen: Bindfäden, Sprühnebel, Niesel, Geprassel, Gesprinkel, Schauer. Jede Geländesenke war ein Teich, in jedem Kuhtritt Schlammpflotsch, die Flüsse angeschwollen von den Bächen, die nicht flossen, sondern schossen. Und die Thur tobte wie ein Ungeheuer. Es war gross!

Samstag, 28. August 2010

Finale in Finale

Finale Ligure. Eine Kletterwoche neigt sich dem Ende zu, die von Spannungen im Kleingrüpplein geprägt war. Die launische Kifferin Hina, der seltsame Einzelgänger Felix, der unsichere Macho Tom: keine gute Kombination. Dann stürzt die Schweizer Bergführerin Andrea und verletzt sich schwer. War es ein Unfall? Eine saftige Dosis Alpinistenkolorit zum einen, die Ausleuchtung menschlicher Abgründe in präziser Sprache zum anderen - in der Kombination ergibt das einen starken Outdoorkrimi. Das neue Buch des Glarners Emil Zopfi, erschienen im Limmatverlag: gern gelesen.

Freitag, 27. August 2010

Tanzboden ahoi!

Die Alp Tanzboden ist morgen Samstag das Ziel, von Ebnat-Kappel aus, via Unter- und Oberbächen. Und nach der Einkehr geht es über den Nestenberg wieder hinab nach Ebnat-Kappel. Aber der Regen? Wanderfreund R. schreibt, dass er seine Segelhosen anziehen wird. Tanzboden, rechne mit uns, der Törn findet statt.

Donnerstag, 26. August 2010

Papaya aus Frutigen

Tropenhaus-Prospekt, Ausschnitt.
Gestern war ich in Zürich an einem Anlass namens "smarket-Media-Meeting". Journalisten trafen Touristiker. Meine interessanteste Begegnung war die mit der Frau vom Tropenhaus Frutigen. Eben, Tropenhaus! In Frutigen! Es entstand, weil man beim Bau der Lötschberg-Neat eine Quelle anbohrte. Nun speist deren Warmwasser (20 Grad Celsius, 100 Liter pro Sekunde) das Tropenhaus. Wärmt  Zuchtstöre, die Kaviar produzieren. Ermöglicht zwei Restaurants, in denen man neben dem Stör auch vor Ort gewachsene Papaya, Bananen, Guaven serviert bekommt. Ein Energiepark ist da auch noch. Klingt toll, ich will bald hin. Vielleicht eine Winterwanderung: zuerst an der Kander frieren, dann ab in den Dschungel!

Mittwoch, 25. August 2010

Stockhorn mit Nasenpiercing

Auch so ein Trend: atemberaubende, schwindelerregende Stege. Berühmt ist der "Sky Walk" über dem Grand Canyon. Soeben eröffnet wurde der "Alpspix" an der Alpspitze bei Garmisch-Partenkirchen. Und wohl schon nächstes Jahr soll das Stockhorn im Berner Oberland eine ringförmige Brücke mit Tiefblick zum Thunersee kriegen - sozusagen ein Nasenpiercing. In Ruhe die Grösse der Berge erwandern oder ersteigen ist die eine Sache; die andere kommt zusehends in Mode und besteht darin, dass man mit der Bahn hinauffährt und sich husch-husch den Höhenkick gibt. Die alpine Eventisierung und Verrummelung geht weiter.
Geplanter Steg am Stockhorn, BE.

Dienstag, 24. August 2010

Gratis Wanderkarten: okay, aber...

Die Schweiz-Karten der Landestopografie sind nun also frei zugänglich und gratis, inklusive die Version mit den Wanderwegen. www.geo.admin.ch wählen, Fenster "Wanderwege" anklicken... schon ist man drin, holt sich seine Karte im gewünschten Massstab als pdf auf den Desktop oder druckt sie aus. Tolle Sache? Geht so. Für längere Wanderungen muss man sich dann doch mehrere Einzelblätter holen. Sieht man draussen im Gelände einen imposanten Gipfel am Horizont und möchte wissen, wie sie heisst, so hat man jenes Blatt garantiert nicht dabei. Und schliesslich: Nicht jeder besitzt einen Farbdrucker. Letztlich ist die gute alte Karte (genau wie das gute alte Buch) eine runde Sache - unheimlich stimmig und nicht leicht zu überwinden.

Montag, 23. August 2010

Eifersuchtssong

Eben stellte ich im "Tages-Anzeiger"/"Bund" die Wanderung von Küblis über den Durannapass nach Langwies vor. Und ich erwähnte das berühmte Langwieser Volkslied vom "Sapüner Stäg", den ich auf der Wanderung überquert hatte; darin eifersüchtelt ein Mädchen ihrem Geliebten nach, der sie wegen eines reicheren Mädchens verlässt. Ein Kollege hat mir inzwischen einen Link zukommen lassen; hier kann man das Lied in der Version der grandiosen Zwei-Frauen-Combo Bergerausch hören.

Sonntag, 22. August 2010

Ein Kromfohrländer am Foopass

Selbstversuch am Foopass: Annabelle 15/10.
Mit dem Hund wandern gehen - gute Sache? Jaaaaaaa, sagt Evelyne Emmisberger in der neuen Annabelle. Testhalber überquerte sie mit einem Riesenschnauzer und einem Kromfohrländer (auch eine Hunderasse) in sieben Stunden den Foopass von Weisstannen nach Elm. Es war kalt, es war feucht, ein Gewitter zog heran. Den Vierbeinern wars egal: "Rüedu und sein Kumpel Flo plantschen im Gebirgsbach." Hunde seien der Inbegriff der Freudefähigkeit, und ihre Freude springe auf den Menschen über, konstatiert die Autorin. Ihr Fazit: "Wenn Wandern in den Bergen glücklich macht, dann macht Wandern in den Bergen mit Hund glücklicher."

Samstag, 21. August 2010

Wir waren Helden

Giornico, Monteforno-Areal.
Airolo, Rent a Bike, schon wieder (das zweite Mal heuer, das dritte insgesamt). Und wieder das Mietvelo bestiegen, wieder in den Schlund der Piottinoschlucht geschossen, wieder vorbei am Wasserfall von Faido geradelt, wieder durch endlose Rebflächen und die glühendheisse Ebene nach Personico gehechelt... bis in Biasca das Sommerabenteuer in einem der Lokale der Via ai Grotti unter Platanen in Bier und Gazosa übergeht. Doch jedesmal ist die Fahrt auch neu. Heute stoppten wir in Giornico/Bodio, wo die Monteforno einst Stahl produzierte mit Hunderten Arbeitern. Mittlerweile erstreckt sich dort industrielle Brache mit grasüberwucherten Schienen, wir erkundeten das Gelände und staunten. Lustig dann das Finale in Biasca: Am Bahnhof sitzt die Horde der Velofahrer, die den selben Parcours absolviert haben, vor der Bar beim Bier. Und jeder, der sonnenversengt einfährt, erntet Jubel, als sei er der Held von der Alpe d'Huez. Man wird die Strecke ein viertes Mal machen müssen.

Freitag, 20. August 2010

Das Lama hatte frei

Eine Bergbahn kann heutzutage nicht einfach zu einer Bergbeiz führen und basta. Nein, so ein Betrieb braucht Events und Themenwege und ein Funangebot. Und müsste man nicht eventuell ein Drehrestaurant...? Auf der Wasserfallen (BL) hats das noch nicht. Aber downhill-getrottinetlet, seilparkgeklettert und lamagetreckt wird. Hier ein Lama, das gerade dienstfrei hatte, als ich heute durchkam.

Die Geheimbahn

Gestern im Toggenburg den Saisonprospekt der Bergbahnen angeschaut. Die Bahnen, dargestellt durch schwarze Linien, sind alle hübsch angeschrieben und erklärt samt Tal- und Bergstation. Bloss eine Bahn nicht, die ganz rechts; da ist bloss ein schwarzer Strich. Mysteriös. Die Recherche im Internet ergibt: Dies ist die Selunbahn, Transportmittel der Alpkorporation Selun. Sie ist privat, steht (offene Kiste, vier Plätze für Erwachsene, Start in Starkenbach) nichtsdestotrotz auch Touristen zur Verfügung. Uff, Rätsel gelöst - danke für den neckischen Intellektstimulus, liebe Touristiker!

Donnerstag, 19. August 2010

Wil n'existe pas

Mache ich etwas falsch? Ich glaube nicht. Einen Klassenwechsel von Zürich nach Wil möchte ich lösen, weil dies der Tag der Schulreisen und Pensioniertenausflüge ist, der erste Sonnentag nach der grossen Regendepression - der Bahnhof quillt über von Leuten, ich will in die Erste flüchten. Ich scheitere dann am Billettautomaten der SBB, der Wil nicht kennt. Das wiederum finde ich recht frech: Wil ist jedenfalls tausendmal wichtiger als Wilen bei Wollerau und zehnmal wichtiger als Wila. Wil ist eine richtige Stadt, eine historische, in der über 500 Jahre St. Galler Fürstäbte residierten.
SBB, korrigier das bitte, sonst sag ichs den Wilern!

Missklangweg

Heute treffe ich im Toggenburg meine Eltern; auf Iltios werde ich böse nach Westen blicken und Verwünschungen murmeln. Ganz in der Nähe nämlich befindet sich dort  am Klangweg jene Station, an der ich letzten Winter auf dem Weg von Wildhaus-Oberdorf zur Alp Sellamatt innehielt. Ich blies wie die Leute vor mir in eine der Metallröhren und erzeugte einen hübschen Flötenton - am übernächsten Tag hatte ich ein Fieberbläschen an der Lippe, das seither in regelmässigen Abständen zurückkehrt. Lippeninfektionen, auch ein Wanderrisiko.

Mittwoch, 18. August 2010

Leu! Winkler!

Florian Leu, ein junger Journalist in Zürich, schreibt besser als neun von zehn "Magazin"-Redaktoren. Seinen Texten eignet eine Lakonie, dass sie umso stärker klingen. Mit dem kongenialen Fotografen Daniel Winkler ist er zweimal durch die Schweiz gewandert, von Altenrhein nach Chancy, von Boncourt nach Chiasso. Das Resultat gibts jetzt bei "Bank Coop" als Grossbroschüre: Reportagejournalismus ohne Allüren und Stilgetue und voller, jawohl: Menschenliebe. Als Leu und Winkler kaputt in Escholzmatt vor dem Dorfladen hocken, bleibt eine Frau vor ihnen stehen. "Wollt ihr etwas zu essen?" - "Gern." - "Dann kauf ich mehr Fleisch, bin gleich zurück."
Besorgen! Lesen! Atmen! Lächeln!

Tote Wanderer in Ehren, aber...

Unterwegs von Brunnen via Bärfallen hinauf nach Gottertli und Rigi-Gätterli. Allein im Wald. Regen. Dieses Plakat - zuvor war da noch ein ähnliches mit gleich zwei Toten - macht nicht gerade Mut.