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Samstag, 30. November 2019

Solarstaumauer

Der Muttsee im Jahr 2016. Kurz darauf wurde eine neue
Staumauer gebaut und so das Volumen des Sees erweitert.
(Foto: Wala/ Wikicommons)
Interessant, was sich so alles tut in den Bergen. Gestern las ich in der NZZ, dass der Energiekonzern Axpo Solarstrom produzieren will - auf 2500 Metern über Meer in den Glarner Alpen. Die einen Kilometer lange Staumauer des Muttsees soll mit 6000 Photovoltaik-Modulen von ingesamt 10 000 Quadratmetern Fläche ausgestattet werden. Weil im Hochgebirge kaum Nebel liegt und der Schnee die Sonnenstrahlung verstärkt, kann die Anlage insbesondere auch im Winter Strom liefern; an ihm mangelt es in der Schweiz in der kalten Jahreszeit. A propos Solarstrom aus den Bergen: Auf dem Lac des Toules im Wallis an der Strasse zum Grossen Sankt Bernhard gibt es neuerdings sogar eine schwimmende Solaranlage.

Freitag, 29. November 2019

Nur die Hebamme hat den Schlüssel

Der Chindlistein vom Hüttikerberg ist als Wanderziel ausgeschildert.
Wenn früher hiesige Kinder ihre Eltern fragten, woher das neugeborene Geschwisterlein komme, so gab es diverse Möglichkeiten zu antworten. Zu flunkern, genauer gesagt. 1922 listete ein Zürcher Chronist auf, was in seinem Kanton an Behauptungen kursierte. Wahlweise sagten Eltern, die Kindlein kämen aus Schluchten, Felsen oder Brunnenstuben, wo die Hebammen sie aus einem verborgenen Raum holten, zu dem nur sie den Schlüssel besässen. Die Kinder aus der Gegend von Wädenswil, Schönenberg und Hirzel stammten angeblich aus einer Felshöhle beim Sihlsprung. Und in Horgen wurde behauptet, die Neugeborenen kämen vom Chindlistein im nahen Wald. Auch auf dem Hüttikerberg hoch über dem Limmattal gab es einen solchen Stein. Die Mär vom Storch als Kindlein-Bringer kam übrigens erst um 1900 aus Deutschland in die Schweiz. Bilderbücher, Kinderverse, Reime, Postkarten machten sie schnell populär.
Meine Quelle: "Bräuche im Lebenslauf am Zürichsee" von Peter Ziegler, Th. Gut Verlag, 2014.

Donnerstag, 28. November 2019

Danioth, der Föhn, der Kiosk


Heinrich Danioth, 1896 - 1953, grosser Schweizer Künstler aus dem Urnerland. 1944 malt er im Auftrag der SBB die "Föhnwacht" an die Wand des Bahnhof-Wartsaals in Flüelen - er zeigt eine Sturmnacht, in der die Menschen bangen: Wird der Wind einen Funken finden, der sich zur Feuersbrunst auswächst? Gestern kam ich in Flüelen vorbei, ging mir das Gemälde anschauen und war betrübt. Der Wartsaal ist jetzt ein Kiosk. Unter dem Bild zieht sich ein Regal mit Heftli. Raum, Danioths Werk wirklich zu betrachten, hat man nicht mehr. Es kann so nicht wirken.

Mittwoch, 27. November 2019

Vom letzten Bier auf der Lägern

Die Baustelle Lägern-Hochwacht.
1888 entstand auf dem Kamm der Lägern, zwischen Furttal und Wehntal, eine Waldschenke; den improvisierten Bau ersetzte sieben Jahre später ein richtiges Wirtshaus. Bis 2016 wurde in ihm gewirtet, seither ruht der Betrieb. Derzeit wird totalsaniert, wie wir kürzlich feststellten, als wir durchzogen und wegen der Baustelle einen - sauber ausgeschilderten - Umweg machen mussten. Der Dokumentation des zuständigen Architekturbüros entnehme ich, dass dringend eine Pächterin oder ein Pächter für das neue Restaurant (86 Plätze im Inneren, 135 im Freien, Stall mit Kleintieren) gesucht wird. Bedingung: Er oder sie oder beide müssen in der zugehörigen Wohnung auch wirklich wohnen.
Der Lägernkamm von Baden (l.) nach Regensberg (r.). Im Viereck das Resti.
Hübsche Anekdote: Das Restaurant Hochwacht gehört zur Gemeinde Boppelsen ZH. Bis auf einen kleinen Spickel des Hauses - er gehört zu Schleinikon ZH. In dieser Ecke trank man früher gern noch ein letztes Bier; Schleinikon hatte eine spätere Sperrstunde als Boppelsen.

Dienstag, 26. November 2019

Dättnau hornusst

Die Hütte der Hornussergesellschaft Winterthur in Dättnau.
Dättnau ist der Exot unter Winterthurs Stadtquartieren. Leicht erhöht liegt es abseitig in einem von Wald weitgehend umschlossenen Seitental. Ein Idyll ist Dättnau längst nicht mehr, das einstige Dorf ist stark gewachsen und geprägt von modernen Allerweltsbauten; mittlerweile wohnen hier schon 4000 Menschen. Witzig fanden wir, dass in Dättnau gehornusst wird; am Samstag passierten wir die Hütte der Hornussergesellschaft Winterthur. Sie zog 1954 nach Dättnau, nachdem die Winterthurer Hornusser ihr Ries, ihr Spielfeld, an der Töss verloren hatten. Es waren übrigens ausgewanderte Heimwehberner, die den alten Sport ins Züribiet gebracht hatten. 1901 schlossen sie sich zur erwähnten Gesellschaft zusammen.

Montag, 25. November 2019

Asphalt und Äcker

Zwischen Brütten und Bassersdorf, hinten die Glarner und Innerschweizer Alpen.
Waldteppich vor Wallisellen.
Aufstieg von Schwamendingen zum Zürichberg.
Wir sind da! Zürich, die Limmat beim Landesmuseum.
Von Stadt zu Stadt wandern, das macht halt einfach Spass. Neun Leute meines Grüppleins "Fähnlein Fieselschweif" absolvierten vorgestern die 28 Kilometer von Winterthur nach Zürich. Es war eine kurzweilige Unternehmung vor einem Alpenkranz, den der Föhn uns spektakulär in die Nähe rückte, wir gingen auf Asphalt, aber auch auf Tannennadelboden, wir querten zum einen Stadtviertel und Aggloterrain, zum anderen ausgedehnte Waldstücke, weites Ackerland und sumpfige Partien mit Weihern und Bächlein. Den Zmittag nahmen wir in der Pizzeria "Il Faro" in Wallisellen und erreichten gegen vier Uhr den HB Zürich; auf dem letzten Kilometer mussten wir inmitten der Weihnachtsshopper schon fast Schwimmbewegungen machen, um vorwärtszukommen. Bei einem Bier im St. Gallerhof stellten wir fest: Das war gut. Von Stadt zu Stadt wandern, das macht halt einfach Spass.

Die Route: Winterthur, Bahnhof - Schützenwiese - Schöntal - Rebwiesen - Töss - Auenrain - Dättnau - Aspenriet - Brütten (Pause in der Bäckerei-Confiserie Bosshart) - Zelgli - Mittelzelgli - Heidenburg - Bassersdorf - Gubel - Tüftal - Bödeli - Gstaltenrain - Wallisellen, Bahnhof - Grindel - Schwamendingen, Mitte - Ziegelhütte - Rigiblick - Haldenbach - Zürich HB.

Sonntag, 24. November 2019

Ein Herz für Einbrecher

Im Zürcher Stadtkreis Schwamendingen fotografierte ich gestern eine Überbauung, deren Balkone im Erdgeschoss kleine Aussentreppen haben. Vor Ort dachte ich: Vorbildlich, wie die hier zu den älteren Einbrechern schauen und dafür sorgen, dass auch die Diebe mit der arthritischen Hüfte ohne grössere Probleme einsteigen können. Mehr zur Wanderung morgen - und nur dies voraus: Es ging alles gut. Im Vorfeld hatte ich Angst gehabt, mein schmerzender Lendenwirbel zur Linken könnte ausrasten. Tat er nicht. Dafür begann nach vier Stunden mein rechtes Knie weh zu tun. Man ist halt nicht mehr 20. Doch ich und meine Mitwanderer schafften die 28 Kilometer vom HB Winterthur zum HB Zürich. Am Ende waren wir sehr zufrieden mit uns.

Samstag, 23. November 2019

Von W nach Z

Oben rechts starten wir, unten links
wollen wir am Ende ankommen.
In der Luftlinie sind es 20 Kilometer. Tatsächlich dürften es 27 werden, denn Wanderwege verlaufen nicht schnurgerade . Ich rede von Winterthur und Zürich, von der Distanz zwischen beiden und von unserer heutigen Unternehmung: Wir wollen die zwei Städte zu Fuss verbinden, von HB zu HB, mit den Zwischenstationen Brütten, Bassersdorf, Wallisellen, Schwamendingen. Ich freue mich und hoffe, mein Rücken werde lieb sein; ich habe mir irgendwie einen Wirbel verkühlt oder so ähnlich, derzeit tuts grad noch weh.

Freitag, 22. November 2019

Kaufmann Weniger und sein Weiher

Der Wenigerweiher bei St. Georgen, Stadt St. Gallen. Vor einer Woche
passierten wir ihn und waren angetan.
Der Wenigerweiher liegt am Rand der Stadt St. Gallen in unbebautem Gelände. Wer mit der Trogenerbahn von St. Gallen nach Speicher und Trogen fährt und bei der Haltestelle "Schwarzer Bären" nach rechts schaut, sieht ihn in seiner Senke, umgeben von einem Riedgürtel - was für ein Idyll! Im 19. Jahrhundert entstand der See durch die Aufstauung der Steinach, die damals eine wichtige Energiequelle für städtische Gewerbebetriebe war; führte die Steinach einmal wenig Wasser, konnte man fortan den See anzapfen und das Manko ausgleichen. Das "weniger" im Namen Wenigerweiher hat übrigens nicht zu tun mit "wenig" wie "minder" oder "zweitklassig". Tatsächlich lebt in der Bezeichnung der Kaufmann Michael Weniger weiter, der von 1821 bis 1823 den Stausee erstellen liess.

Donnerstag, 21. November 2019

Wenn ich 73 bin ...

Markantes Stück Zürich: der Bahnhof Stadelhofen.
(Foto: Roland zh/ Wikicommons)
Eine Betonröhre unter Tag mit einem grossen Coop und weiteren Läden. Drei Geleise darüber. Und dazu dieses klassizistische Gebäude, in dessen Halle Starbucks seit kurzem Kafi ausgibt: Das ist der Bahnhof Stadelhofen in Zürich, den ich rege nutze. Er ist einer der am stärksten frequentierten Bahnhöfe der Schweiz. Und er ist überlastet - ist der Stadelhofen verstopft, wirkt sich das oft landesweit aus mit groben Verspätungen. Gestern las ich, dass man für 900 Millionen Franken ein viertes Geleise bauen will, parallel zu den vorhandenen, aber unterirdisch. Quertunnels sollen es von der bestehenden Ladenröhre her erschliessen. Eine gute Sache, das Projekt. Bloss dauert die Ausführung. Das neue Geleise samt den es erschliessenden Tunnels dürfte 2035 eröffnet werden. Ich bin 57, das heisst, ich werde dann 73 sein. Seufz.

Mittwoch, 20. November 2019

Runde Runde

Aufstieg von Eggersriet zur Höhe.
Foto am selben Standort, Rückblick hinab nach Eggersriet.
Hilfreiches Schild mit Buchstaben aus einzelnen Nägeln. 
Letzten Samstag zogen wir durch die Gegend östlich von St. Gallen, dies ist ein von Tobeln zerfurchtes Hügelland, die Wege führen eher selten geradeaus, es geht eigentlich immer aufwärts oder abwärts. Nach sechs Stunden Gehzeit hatten wir denn auch je 950 Höhenmeter gemacht. Ein Lichtspiel begleitete uns, die Sonne zeigte sich des öftern kurz, entschwand dann wieder, es war ein Hin und Her von düster und hell. Den Zmittag nahmen wir in Eggersriet in der Krone, einer Pizzeria unter tamilischer Leitung; der junge Wirt gefiel uns in seiner Gewitztheit, er mochte, denke ich, uns, und wir mochten ihn, die Pizza, aber auch die Spaghetti aglio e olio waren gut. Kafi und Schnaps bekamen wir spendiert. Eine runde Sache, diese Runde ab dem St. Galler Stadtteil St. Georgen.

Die Route: Bach, St. Georgen (Bus) - Rüti - Vorderhörlen - Oberhorst - Birt - Vögelinsegg - Holderschwendi - Speicherschwendi - Rick - Ifang - Städeli - Achmüli - Risel - Mühlbach - Unterweid - Eggersriet - Höhe - Borüti - Eggmoos - Steingrueben - Martinsbrugg - Schaugenbad - Schaugenhof - Hueb - Schwarzer Bären - Bach, St. Georgen.

Dienstag, 19. November 2019

Aufstieg und Fall eines Wallisers

Kaspar Stockalper, 1609 bis 1691, gemalt von seinem Schwiegersohn.
(Adrian Michael/ Wikicommons)
Kaspar Stockalper - das ist der Walliser Gigant des 17. Jahrhunderts, der den Simplon ausbaut, das Salzmonopol an sich reisst, dem französischen König Söldner liefert. Von seinem unglaublichen Reichtum zeugt das Stockalperschloss in Brig. In der "Schweizer Familie" dieser Woche erzähle ich von dem Mann, von seinem Aufstieg und seiner Macht, aber auch von seiner Kaltherzigkeit und seinem Fall. Grundlage meines Artikels ist ein eben erschienenes Buch: "Der Günstling" von NZZ-Journalist Helmut Stalder.

Montag, 18. November 2019

Es ist die Lütschine

Der Lutscher in der modernen Kunst. Leider weiss ich von dem Gemälde
fast nichts, ich fand es auf Wikicommons. Hochgeladen hat es Mondongo -
ist er der Künstler? In der Bildinformation steht etwas lapidar: "Rote Serie".
Die Schwarze Lütschine kommt von Grindelwald, die Weisse Lütschine aus dem Lauterbrunnental. Bei Zweilütschinen vereinigen sie sich und bilden nun die Lütschine, die über knapp neun Kilometer via Wilderswil nach Bönigen fliesst, um im Brienzersee zu münden. Lütschine: So lautet das Lösungswort meines Sonntagsrätsels. Der Name des Flusses klingt leicht wie "Lutscher", und mit der unbunten Paarung, von der ich im Rätsel ebenfalls sprach, ist die Tatsache gemeint, dass Weiss wie in "Weisse Lütschine" und Schwarz wie in "Schwarze Lütschine" sogenannte unbunte Farben sind. Korrekte Antworten erreichten mich gestern von folgenden findigen Köpfen, denen ich gratuliere: Marianne Jeker, Barbara Herzog, Stefan Brauchli, Bea Kohl, Wolf-Dieter Deuschle.

Sonntag, 17. November 2019

Unbunte Paarung?

Heute dieses Sonntagsrätsel: Wie heisst das hiesige Gewässer, dessen Name leicht an einen Süssgegenstand erinnert und das aus unbunter Paarung entsteht? Wer es weisst, mailt mir die Lösung im Laufe des Tages auf widmerwandertweiter@yahoo.de. Einen schönen Sonntag wünsche ich!

Samstag, 16. November 2019

Eine Aargauer Liebe

Am Mittwoch kamen wir auf dem Weg von der Lägerenweid hinab nach Oberehrendingen am Fuss des Steinbucks an einer imposanten Höhle vorbei, dem Heidenwybliloch. Sie entstand im Gefolge des Kalkabbaus ab 1893 für die örtliche Zementfabrik. Die Sage vom Heidenwybli ist wesentlich älter und muss irgendwann auf diesen Ort übergesprungen sein. Sie fängt im Nachbardorf von Oberehrendingen an, in Lengnau. Dort gibt es den Sepp, einen äusserst selbstbewussten Burschen, Sohn des Müller-Ehepaares. Sepp verliebt sich beim Tanz in eine junge Frau, die erst ganz am Schluss auftaucht, wunderschön ist und über den Boden zu schweben scheint. Er bringt sie heim, in der Gegend des Steinbucks verabschiedet sie sich und entschwindet. Die zwei haben sich aber für den folgenden Tag verabredet. Beim Steinbuck steht am nächsten Mittag die junge Frau, schenkt Sepp Blumen und erzählt ihm, dass sie verwunschen ist, weil sie einst ihren Eltern nicht gehorchte, indem sie wider deren Geheiss an einem Liebhaber festhielt. Seither darf sie bloss alle 100 Jahre drei Tage den Berg verlassen, in den sie verbannt ist. Wenn sich aber ein mutiger Jüngling findet, der ihr in den Berg folgt samt einer Blume in der Hand, so ist sie erlöst. Sepp, der Draufgänger, will es vollbringen. Er geht der jungen Frau nach in den Berg. Bis zwei feuerspeiende Drachen auftauchen. Nun bekommt er doch Angst, er dreht sich um und rennt, rennt, rennt, bis er zuhause ist. Dort legt er sich ins Bett, wird krank und stirbt nach drei Tagen. Und nun ist natürlich die Frage: Wann taucht die junge Frau das nächste Mal auf? Und will man es riskieren, sie zu erretten? Freiwillige vor!

Freitag, 15. November 2019

Diese üblen, diese brutalen Bündner

Sieht eigentlich ganz manierlich aus: Disentis mit der
Pfarrkirche. (Foto: Gion/ Wikicommons)
Im Winter wandert Widmer auch. Gleichzeitig sehnsüchtelt er vor sich hin, träumt vom nächsten Sommer und den grossen Pass- und Bergwanderungen, die er dann angehen will. Kürzlich, als ich in einem Surselva-Bergwanderführer las, fand ich eine lustige Passage, aus der hervorgeht, wie wild vor Jahrhunderten die Gegend um Disentis dem kultivierten Touristen aus dem Unterland vorkam.
  • Der Zürcher Pfarrer Johann Schmutz weilte 1745 in der Gegend und schrieb über Disentis, dessen Namen er korrekt aus dem Lateinischen herleitete: "alles wild, unfruchtbar, einöd; auch der Nam Disentis, Latin Desertum, zeiget solches an."
  • Der Kupferstecher und Maler Johann Balthasar hielt sich 12 Jahre später in der Gegend am oberen Vorderrhein auf. In Disentis kehrte er im "Kreutz" ein. Der Wirt servierte eine Pastete, "aus welcher, nachdem sie aufgeschnitten worden, ein ganzes Regiment schwartzer Käfer marschierte, welche auf ihre Erlösung schon lang mit Schmerzen gewartet". Bullinger und Gefährten nahmen danach mit Brot und Butter vorlieb.
  • 1763 reiste Johann Konrad Fäsi, Geograf, Historiker, Theologe, Lehrer über den Oberalppass. Er schrieb über die Menschen der Surselva: "Die Einwohner, Mann- und Weibspersonen, sind klein, übel gestalten, meistens mit einem Kropf gezieret. Die Mannspersonen tragen fast aller Ohrten die gleiche Kleidung. Ihr Augen und Gesicht zeiget wenig Menschlichkeit, wohl aber Wildheit und Brutalität. Man darf sie nur ansehen, so wird man sich nicht wundern, dass die Bündtnerische Geschichte von so villen einheimischen Aufläufen, Gewaltthätigkeiten gegen grosse Männer, Rebellionen, tyrannischen Strafgerichten angefüllt sind."

Donnerstag, 14. November 2019

Gut gegangen, gut gegessen

Oberehrendingen AG voraus, in einer halben Stunde gibts Zmittag.
Einige Zeit zuvor, nach dem Start: Rückblick auf Regensberg ZH.
Aua, war das gut gestern! Zum einen mochte ich die zuerst zürcherische, dann aargauische Route (dreieinhalb Stunden reine Gehzeit): von Regensberg zur Lägernhochwacht, via Lägerenweid und Bergwisen nach Oberehrendingen und von dort weiter nach Niederweningen, Dorf. Das Licht war so schön. Es regnete nicht. Das Laub roch zimtig. Und andere Leute trafen wir praktisch keine. Zum anderen war da dieser splendide, zwar teure, doch preislich völlig angemessene Zmittag in der Heimat in Oberehrendingen. Dort wirtet ein junger Typ namens Tim Munz, 30, ein Küchengenie, das selbstverständlich jedes Produkt von Fleisch über Gemüse bis Wein und Schnaps genauestens kennt und im Gespräch präzis begründet, weshalb was im Angebot ist. Ich hatte: Schafskäse im Haselnussmantel auf Feigenchutney. Danach Perlhuhn auf einem Zwetschgenragout mit Kräuterknödeln. Und zum Schluss einen Pfirsichschnaps aus der Region. Aua, war das gut gestern!
Mein Hauptgang. Und der junge Mann, der ihn zubereitete.

Mittwoch, 13. November 2019

Der Einsiedler Botta

Wenn das kein Botta ist! Die Oechslin-Bibliothek in Einsiedeln.
Der Einsiedler Werner Oechslin, Jahrgang 1944 und seit zehn Jahren emeritiert, also pensioniert: ein Kunst- und Architekturgeschichtler, Lehrstuhl an der ETH, eine internationale Koryphäe; auch in Deutschland und Amerika hatte er doziert. Gut 50 000 Bücher umfasst seine Bibliothek, die er gegen Ende seines Berufslebens in eine Stiftung überführte. 2006 öffnete in Einsiedeln die zugehörige, von Mario Botta konzipierte Werner-Oechselin-Bibliothek, die vom Kloster fünf Gehminuten entfernt ist. Sie ist nicht nur ein Aufbewahrungsort für Bücher, sondern auch ein Ort für Anlässe; zudem hat sie sich dem wissenschaftlichen Austausch und der Nachwuchsförderung verschrieben. Elegant ist sie bei alledem, stellten wir letztes Wochende fest, als wir durchkamen - so wie es sich für ein Gebäude geziemt, das mit Architektur-Theorie gefüllt ist.

Dienstag, 12. November 2019

Ich rollte zum Bahnhof hinab

Lebkuchenhaus in einem Confiserie-Schaufenster in Einiedeln.
Immer wieder gewaltig: das Kloster Einsiedeln.
Was für eine stilvolle Promenade - und Sonne hatten wir auch! Am Sonntag starteten wir in Trachslau, dem Dorf zwischen Einsiedeln und Brunni. Via das Frauenkloster Au, Beugen, Luegeten hielten wir, den Etzel vor uns, den Grossen Mythen im Rücken, vom Schnee geweisste Hügelkreten zur Linken und zur Rechten, zum Klosterplatz von Einsiedeln. Anderthalb Stunden brauchten wir dafür und belohnten uns alsbald mit einem Zmittag im "Chez Renate", einem Restaurant, das ich nur empfehlen kann. Alles war gut: die Karte, der Service, der Wein, das Essen (ich hatte ein Cordon Bleu), die Desserts. Rund wie eine Kugel war ich am Ende. Ich ging nicht, nein ich rollte hernach hinab zum Bahnhof.

Montag, 11. November 2019

Ästlinge? Ästlinge!

Am Samstag besuchten wir - siehe Eintrag von gestern - die Waldohreulen auf der Allmend Katzensee bei Zürich. Hier steckbriefartig etwas mehr Information zu diesem Vogel:
Betörend, dieses Orange.
(Jens Freitag/Wikicommons)
  • Die Waldohreule wird bis zu 40 Zentimeter hoch.
  • Die Federohren mögen noch so auffällig sein, sie haben wider ihren Namen nichts mit dem Gehörsinn der Eule zu tun; warum es sie gibt, weiss man nicht.
  • Die Waldohreule hat markant orange Augen, genauer gesagt ist die Iris orange.
  • Um ihr Revier zu sichern, setzt diese Eule ihren Gesang ein, der sozusagen die Konkurrenz abschreckt; auch führt sie Imponierflüge durch, auf denen sie die Flügel unter dem Körper zusammenklatscht.
  • Die Jungen der Waldohreule heissen, wie bei anderen Eulenarten, "Ästlinge"
  • Zu den Feinden der Waldohreule gehört nicht zuletzt ein grösserer Verwandter, der Uhu. Wir reden hier nicht von Verjagen, wohlgemerkt, sondern von Fressen.

Sonntag, 10. November 2019

Besuch bei der Eule

Eine der Waldohreulen.
Das Foto stammt von Stefan Hohler, vielen Dank!
Gestern folgten wir vom HB Zürich rechtsufrig der Limmat, bogen knapp vor der Werdinsel ab hinauf zur Kirche Höngg, die wir gern besichtigt hätten - bloss war sie verschlossen. Noch etwas weiter hinauf und wieder hinab nach Zürich-Affoltern, dann via Unter-Affoltern zum Katzensee und vorbei am Gefängnis Pöschwies zum Bahnhof Regensdorf-Watt: So ging es weiter. Erwähnt gehören zu dieser drei Stunden-Wanderung, die im Grund genommen eine Schlenderei war, zwei weitere Dinge. Im Restaurant Waldhaus Katzensee assen wir und fanden das nicht besonders, ohne dass wir etwas ernsthaft hätten kritisieren können; es war halt einfach anspruchslose Ausflugsrestaurant-Kost. Grossartig war hingegen kurz vor der Einkehr der Abstecher zur Allmend Katzensee. Uns begleitete Stefan Hohler, bis vor kurzem vollamtlich Polizeireporter beim Tagi und als solcher ein geschätzter Ex-Kollege von mir; mittlerweile ist er pensioniert, arbeitet aber noch ein klein wenig weiter und hat eben ein Buch über abgründige Verbrechen verfasst, die ihn als Reporter beschäftigten. Daneben ist Stefan ein enorm kundiger und passionierter Vogelkundler seit Jahrzehnten. Er führte uns zu einer Baumgruppe, die etwas abgesetzt vom Strässchen in einer Sumpfwiese steht. Auf dem Strässchen standen schon andere Leute und beschauten die nahe Baumgruppe, der eine hatte vor sich ein Stativ mit einem Teleskop. Genau ein solches Ding montierte nun auch Stefan. Und nun, in der Vergrösserung, erkannten wir im Geäst ein, zwei, drei, nein, noch mehr unglaublich gut getarnte, braugraun gefiederte Eulen. Waldohreulen. Sie streifen sommers durch ihr Revier. Winters aber, also jetzt, haben sie einen festen Schlafplatz. Dort verharren sie tagsüber, um nachts zu jagen. Eindrücklich, wie der eine Vogel, auf den wir uns konzentrierten, träge da sass, um immer wieder mal kurz die Augen zu öffnen und seine menschlichen Beobachter zu beobachten.
Alle wollen die Eulen sehen: gestern auf der Allmend Katzensee.

Samstag, 9. November 2019

In Italiano, per favore!

Ich kann es mir nicht erklären. Wer kommt in Luino, Provinz Varese, Region Lombardei, italienische Republik, auf die Idee, diesen Politslogan in deutscher Sprache hinzusprayen samt dem Anarcho-A? Wenn es ein deutschsprachiger Schweizer war oder ein Deutscher, dann einer (eine) mit null Willen, sich anzupassen und sich italienisch auszudrücken - ein sehr integrations-unwilliger Mensch wäre das dann. Seltsam ist das Graffiti an der Ufermauer der Tresa unweit des Bahnhofs auf jeden Fall.

P.S: Heute gibt es keine Wanderung, sondern eine Exkursion. Es geht in den Wald zu einem charismatischen Vogel. Hoffentlich ist er nicht ausgeflogen.

Freitag, 8. November 2019

Der Hindernisparcours

Wegweiser nach der Grenze.

Eine Haustür mit Positivbotschaft und ...
... eine Liegenschaft mit Abschreckungsschild.
Am Mittwoch ging ich von Ponte Tresa nach Luino, die Wanderung verlief halb in der Schweiz und halb in Italien. Auf der Schweizer Seite hatte ich keine Probleme, ich folgte bis zum Campingplatz bei Molinazzo di Monteggio der Tresa; dort geht es weg vom Fluss hinauf zum Grenzdorf Termine. Auf der italienischen Seite, 600 Meter entfernt, liegt, Termine direkt gegenüber, Pianazzo. Doch kann man es nicht direkt und ohne Höhenverlust ansteuern, denn es gibt keine grenzüberschreitende Abstimmung beider nationalen Wegnetze. Stattdessen muss man von Termine gegen Norden absteigen zum Zollübergang von Cassinone und von dort auf der anderen Seite des Grenzzaunes im spitzen Winkel wieder aufsteigen. Theoretisch. Denn es existiert halb unten ein Loch im Zaun. Von ihm wusste ich durch den Bericht anderer Wanderer, fand es auch und benutzte es. Danach tat ich mich aber unheimlich schwer, den Pfad hinauf nach Pianazzo zu finden. Was folgte, war Improvisation im steilen Hang mit Stechlaub und umgestürzten Bäumen. Oben war ich erleichtert, alles gut gegangen, ich fand nun italienische Wanderschilder, hielt über Cascina Pastore, Trebedora, Casa Ferrario, Casa Demench wieder hinab zur Tresa. Leider ging ich die meiste Zeit auf Hartbelag. Unten kam das nächste, wesentlich gravierendere Problem. Beim Staudamm gelangte ich über die Tresa auf ihr einsames, bewaldetes Ufer. Doch weiter vorn war der Pfad irgendwie verschüttet und verkrautet, weitergehen hätte Gefahr bedeutet. Ich musste umkehren. Der Rest, die Strecke von Creva nach Luino, war Vorstadt und Stadt mit stark befahrenen Strassen. Kurz vor dem Bahnhof von Luino war dann auch noch die Unterführung unter dem Schienenstrang hindurch wegen Bauarbeiten gesperrt, was wieder einen Umweg erzwang. Nun, ich kam an, schmutzig von der Kraxelei im Grenzhang, doch auch zufrieden. Was gibt es noch zu erzählen von dieser vierstündigen Wanderung (260 Meter aufwärts, 340 abwärts)? Nun, die Italiener sichern ihr Eigen am liebsten mit militanten Hunden. Zwischen Planazzo und Luino kam ich in dem kraus überbauten, fleckenweise verwahrlosten, fleckenweise aber auch gentrifizierten Gebiet mit Höfen, Häusern, Villen noch und noch an Zäunen vorbei, hinter denen Bestien mit gewaltigen Gebissen heulten, bellten, in die Höhe sprangen, dass man einen Toten hätte erwecken können.

Donnerstag, 7. November 2019

Von Ponte Tresa nach Luino

Die Tresa auf meinem ersten Wanderkilometer.
Blick in Ponte Tresa über den Luganersee ans italienische Ufer.
Die Tresa hat ein kurzes Leben - doch auch ein bedeutungsvolles. Immerhin verbindet dieser Fluss auf den bloss 15 Kilometern seiner Existenz den Luganersee, aus dem er entspringt, mit dem gut 80 Meter tiefer gelegenen Lago Maggiore, in den er mündet. Gestern folgte ich der Tresa vom Tessiner Grenzdörfchen Ponte Tresa, wo sie geboren wird, bis zur lombardischen Kleinstadt Luino, wo sie endet. Mehr zu dieser Vier-Stunden-Route, die mir an drei Orten Probleme bereitete und mir doch Spass machte, morgen.
Die Tresa, hier bei Molinazzo di Monteggio, kann auch wilder. 

Mittwoch, 6. November 2019

Das Rigiproblem

Je nach Ecke ist die Rigi gar nicht so überlaufen.
Wanderin zwischen Hinterbergen und Rigi Kaltbad.
Massentourismus, Menschenschwemme, überfüllte Bergbahnen: durchaus ein Problem. In der Innerschweiz hat der Kulturwissenschaftler René Stettler eine Petition lanciert, las ich eben im "Boten der Urschweiz". Diese verlangt eine Begrenzung der Rigi-Besucher auf 800 000 pro Jahr; letztes Jahr waren es eine Million. Auch gegen den geplanten Neubau der Seilbahn von Weggis nach Rigi Kaltbad wendet sich die Petition. Ich bin gespannt, was Stettler auslöst. Insbesondere interessiert es mich, wie genau man allenfalls die Rigi ein wenig massvoller vermarkten könnte.

Dienstag, 5. November 2019

Einmal zum Mond und retour

Ferdy Küblers Elternhaus in Marthalen ZH, es trägt eine Gedenkplakette.

Ferdinand "Ferdy" Kübler, 1919 bis 2016: ein Schweizer Jahrhundertsportler. Er war einer von zwei Schweizern, die die Tour de France gewannen, Kübler siegte 1950, Hugo Koblet ein Jahr später, 1951. Am Sonntag kamen wir in Marthalen, dem Dorf im Zürcher Weinland mit besonders vielen stattlichen Riegelbauten, an Küblers Elternhaus vorbei, eine Tafel erinnert dort an "Ferdy National". Ein paar Zahlen zu seiner Velo-Karriere: Er fuhr 700 000 Kilometer, umkreiste 17,5-mal die Erde, pedalte von Zürich zum Mond und retour; er bestritt 3200 Rennen und gewann 400 davon.
Ferdy Kübler in den Fünfzigerjahren.
(J.D. Noske/Anefo/Wikicommons)

Montag, 4. November 2019

Ein Sonntag am Rhein

Rhein (I): der Rheinfall und Schloss Laufen.
Rhein (II): stille Passage am deutschen Ufer bei Nohl.
Rhein (III): die Klosterinsel Rheinau.
Sonntagmittag, mein grandioser Teller.
Im Leben eines Reporters sind die einen Wochen harmonisch komponiert. Alle Termine sind im Kalender stimmig platziert, man ist am Abend rechtzeitig zuhause, die Begegnungen sind problemlos. Andere Wochen wiederum bereiten einem schon in der Vorausschau Bauchweh, man macht sich zu einem bestimmten Treffen Sorgen, stellt an einem anderen Tag fest, dass man erst um Mitternacht ins Bett kommen wird und am nächsten Morgen früh auf muss und so weiter und so fort. Die Woche, die ich hinter mir habe, war irgendwie kraus. Umso mehr genoss ich die Sonntagswanderung, die sie abschloss, heilte und überwand. Wir gingen von Schaffhausen via Rheinfall zur Rheinau, assen dort im Restaurant Klostergarten hervorragend, um am Nachmittag hinüber nach Marthalen zu halten. Alles war erfreulich, das Wetter mit nur wenig Regen, der nasse Wald mit den Biberspuren überall und den nach Zimt duftenden Blättern, der Naturboden über weite Strecken, das Essen im Klostergarten auf der Rheinau-Klosterinsel: Whisykbratwurst auf Rotkraut. Die gestrige Unternehmung (4 3/4 Stunden, 19 Kilometer) hat meine Seelenruhe wiederhergestellt.