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Samstag, 30. Juni 2018

Hoffentlich ist da kein Bär unterwegs

Heute wird endlich mal wieder gewandert. Die Route ist einfach und bequem: Wir gehen von Stäfa auf den Pfannenstiel und essen dort. Bei der Vorbereitung der Wanderung, also beim Zeichnen der Route auf Schweizmobil, stiess ich auf einen lustigen Flurnamen: Mutzmalen. Als ich das Wort las, dachte ich fürs erste: Hoffentlich ist da kein Bär unterwegs. Dann stellte ich fest, dass der Weiler am Hang über Stäfa einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat. Gemäss diesem leitet sich der Name wohl vom Rebmesser ab, dem Mutz. Also Entwarnung, wir werden nicht gefressen werden.

Freitag, 29. Juni 2018

Dieser schädliche Kaffeegenuss

Schloss Bipp in Oberbipp. Hier residierte der Landvogt.
(Wikicommons)
Das Bipperamt mit Dörfern wie Oberbipp und Attiswil war eine bernische Landvogtei am Jurasüdfuss. Gestern las ich in einem historischen Buch ein wenig über die Gegend und amüsierte mich. Zum Beispiel schrieb 1788, also kurz bevor Napoleons Franzosen das Ancien Régime beseitigten, ein bernischer Landvogt namens Stettler über die Menschen des Bipperamtes folgende Dinge - ich zitiere:
  • Trunkenbolde sind nicht häufig. Ausser an den Steigerungen geniessen sie den Wein nicht im Übermass. Hingegen ist seit etlichen Jahren auch hier das schädliche Kaffeetrinken eingerissen.
  • Die Männer sind wohlgebildet, mittelgross, abgehärtet und stark. Bei den gefährlichsten und rauhesten Arbeiten sind sie unverdrossen und beherzt. Ihr Geist ist mehr nachahmend als erfinderisch und tätig.
  • Für fremde Kriegsdienste sind sie vorzüglich geschaffen, lassen sich aber selten dazu verleiten.
  • Sie sind unordentlich in allem. Alles liegt in und aussert den Häusern durcheinander. Selten scheiten sie das Holz, bis sie es brennen wollen. Die schlechtesten Zäune umgeben ihre Besitzungen. Sie sind leichtsinnig, eigennützig und geldgierig. Dabei sind sie willig, getreu und mutig.

Donnerstag, 28. Juni 2018

Tod eines Ritters

Bonvillars VD in unserer Neuzeit.
Vor einigen Wochen kam ich in Bonvillars durch, einem Weindörfchen unweit von Yverdon. Es exportierte einst einen Ritter nach England, der dort als John de Bonvillars Karriere machte. Der Ritter hatte sich, erklärt Wikipedia, beim englischen König Eduard I. verdingt. Nachdem Eduard Wales erobert hatte, wurde John de Bonvillars in die neuen Ländereien geschickt, er hielt dort in den nächsten Jahren allerlei Ämter inne und diente als Statthalter. Bei der Belagerung einer Burg, in der sich walisische Rebellen verschanzt hatten, kam Bonvillars 1287 ums Leben. Er und andere Ritter beaufsichtigten die Unterminierung der feindlichen Burgmauern, als diese zu früh einstürzten. Klingt wie das biografische Gerüst eines historischen Romans. Wer schreibt ihn, please?

Mittwoch, 27. Juni 2018

Ich habe Roten bestellt, aber welchen?

Im Fraumünster-Kreuzgang. Ja, ich weiss, das Foto ist
nicht besonders. Ich gebe in diesem Fall dem Wein die Schuld.
Am Montag war wieder mal die jährliche Zürcher Weinprobe im Kreuzgang des Fraumünsters in Zürich - ein Anlass, den man in der Regel angesäuselt verlässt. 35 Zürcher Winzer waren es heuer, die ihre Erzeugnisse präsentierten, die Veranstaltung ist eine Art Werkschau. Man zahlt 20 Franken Eintritt, bekommt dafür ein Glas und macht sich ans Probieren und gerät natürlich auch mit dem einen oder anderen Produzenten ins Gespräch. Und weil der Alkohol einen budgetmässig weich macht, bestellt man sur place den einen oder anderen Tropfen. Ich habe 36 Flaschen von zwei verschiedenen Winzern bestellt. Roten. Was für welchen genau? Hüstel, ich habs vergessen. Macht aber nichts, die melden sich.

Dienstag, 26. Juni 2018

Schön ist es im Alpstein - zu schön?

Heute möchte ich ein Mail publizieren, das mir am Sonntag zuging; natürlich mit Zustimmung der Verfasserin Isabella Fischer, zuhause im Kanton Zürich. Sie schildert darin, wie es ihr kürzlich im Alpstein erging. Hier das Mail - ich kann das Erlebte gut nachvollziehen:
Der Seealpsee. (Foto: Floorball/ Wikicommons)

Grüezi Herr Widmer
Seit vielen Jahren schätze ich Ihre Beiträge im Tagi. Nicht wenige davon werden in einem Ordner abgelegt und wenn das Wetter passt – nachgewandert.Für einmal sind wir ohne Plan (und ohne Widmer-Anleitung), aber mit vielen verträumten Bildern im Kopf ins Appenzellerland Richtung Alpstein gefahren, mit Ziel Seealpsee und Meglisalp. Bereits die Anfahrt gen Wasserauen liess Böses ahnen. Soweit das Auge reichte glänzte das Blech von hunderten von Karossen. Openair? Alphorn-Blasete? Alpaufzug? Schön wärs. Alle hatten nur ein Ziel: Seealpsee und Aescheri/Wildkirchli. Die gefühlte halbe Welt hatte dieselbe Idee wie wir. Wobei wir nur wenige Schweizer als solche erkennen konnten. Zu Tausenden schlarpten, schlurften, ächzten und schnauften Polen, Russen, Argentinier, Chinesen, Japaner, Franzosen, Italiener, Amerikaner etc. etc. Richtung See. Wagemutig im unpassendsten Schuhwerk ab Wasserauen den schmalen steilen Pfad hinauf – wir sichteten Kommilitoninnen der Uni Ulm in Espadrillen, Brasilianer in Badeschlarpen, Japanerinnen in Tommi Hilfiger Turnschuhen, vor uns hinter uns eine stetig wachsende Kolonne. Der Abstand zum Vordermann betrug in etwa so viel wie bei der Immigration Line am Airport von New York.   Dasselbe Bild rund um den Seealpsee. Kein Foto ohne dass nicht mind. 100 Personen im Bild waren. „Pumpevoll“, wie an einem schönen Sommerwochenende am Greifensee. Man wälzte sich mit Kinderwagen, Kinderbuggies, Kindervelos von Käserei zu Käserei, von Kuh zu Kuh, von Grillstelle zu Grillstelle. Alles und jedes wurde fotographisch in Szene gesetzt – von Bikinischönheiten im eiskalten See über Fliegen auf dem frischen Kuhfladen bis hin zu widerkäuenden Huftieren, denen man zwecks optimaler Bildgestaltung wacker an den Hörnern zog.Wir müssen aus der Masse irgendwie als urige Schweizer identifizierbar gewesen sein. Denn wir wurden mehrfach nach dem Weg gefragt – zum Aescher (!). In Plastiksandalen, Strass besetzten FlipFlops... aber das Thema hatten wir ja schon. Der langen Rede kurzer Sinn: haben wir irgendetwas nicht mitbekommen? War da eine mega Aktion in den Social Media Channels? So analog zum Post von Ashton Kutcher über das Aescher auf dem Titelbild des National Geographic Magazin 2015? Oder das coole Verszasca Video eines Touris aus Italien, das nun für eine Völkerwanderung aus aller Herren Länder in genanntes Tal sorgt?Es war nur ein ganz normaler früher Samstagmorgen, keine Ferienzeit. Kein Show-Event.Alpstein? Nie wieder. Oder vielleicht an einem Dienstag, im Oktober, vor dem ersten Schnee.... Gibt es überhaupt noch CH-Wanderziele, wo man in Ruhe und Musse die Bergwelt bestaunen kann? Die letzten 2-3 Jahre haben wir leider nur noch negative Erfahrungen gemacht. Wir sind cosmopolit, die ganze Welt bereist. Aber sowas wie das Happening rund um den Seealpsee, sowas haben wir bis dato noch nie erlebt. 
Mit besten Grüssen Isabella Fischer

Montag, 25. Juni 2018

Der Mann, die Nische, die Bahnpolizei

In diese Nische quetschte er sich. Links der Arm von Ronja.
Am Freitag fuhren wir erster Klasse nach Visp, ich hatte einen Klassenwechsel gekauft, Ronja hat das Erstklass-GA. Ab Bern war der Waggon, der hinterste des ganzen Zuges, leer bis auf uns. Ein Typ kam rein, ein bisschen verzottelt, vielleicht 25, hängende Hosen, krauser Bart, irrlichternde Augen. Er ging zum Waggonende, wo sich hinter dem letzten Sitz (auf dem Ronja sass) eine Art Nische befindet. Er quetschte sich in die Nische, es sah aus wie ein Mann in einer Kiste in einem Variété-Zaubertrick. Ronja fragte, was er da mache. Er wolle einfach ein bisschen überlegen, sagte der Mann, es klang nicht überzeugend, er war dafür viel zu zappelig. Dann zottelte er murmelnd wieder davon, er war wohl verladen. In Visp sahen wir auf dem Perron zwei Bahnpolizisten, die ihn sich griffen; er hatte offenbar kein Billett und hatte sich vermutlich in der Nische verstecken wollen.

Sonntag, 24. Juni 2018

Dubiose Sprossen

Gestern erzählte ich von den Albinenleitern, die ich und Ronja meisterten. Hier die zugehörige Route: Leukerbad - Albinenleitern - Oberdietu - Albinen - Oberer Hangweg - Chumme - Spiu - Guttet - Guttet-Wiler (4 Stunden 20 Minuten; 658 m aufwärts, 785 m abwärts). Ein paar Fotos.
Ronja in den Albinenleitern. Die Übergänge sind gut gesichert.
Unangenehm fand ich, dass einige wenige Holzsprossen sich in den Löchern
drehen und gar herausnehmbar sind. 
Blick vom oberen Ende der Leitern nach Leukerbad.
Bänkli über Albinen. Dort assen wir im Sunnublick zu Mittag.
Ständiger Begleiter: der Pfynwald im Rhonetal. Links der Illgraben.
Wilers Kirche wird vom riesigen Fernmeldegebäude dominiert.

Samstag, 23. Juni 2018

HAL

Und das ist erst der Anfang: Widmer gestern im unteren Teil der Leiternstrecke.
Ich kam gestern abend spät heim. Müde von der langen Zugreise ins Wallis und retour, müde von der Mischung aus Biswind und mediterraner Sonne, müde von der Wanderung. Doch vor allem war (und bin) ich stolz und möchte dies verkünden. Wenn Wanderer wie Könige eine Titulatur hinter ihren Namen trügen, bestünde diese doch wohl aus besonders edlen und spektakulären Routen. Ich finde, in meine Titulatur gehört per sofort das Kürzel HAL. Es steht für: Held der Albinenleitern. Gestern nämlich durchstieg ich mit Ronja die Felswand zwischen Leukerbad und Albinen, die mit acht Holzleitern gebändigt ist, den Albinenleitern eben; es handelt sich um die direkte Zu-Fuss-Verbindung zwischen den zwei Dörfern, die freilich Schwindelfreiheit verlangt. Wir absolvierten die Leitern in Konzentration und Ehrfurcht. Für unsere Leistung, wie gesagt, sollte es den Titel HAL geben.

P.S. Mehr zum Thema morgen. Jetzt muss ich gleich wieder weg, nach Les Breuleux, freilich nicht für eine Wanderung, sondern für eine Reportage.
Warnschild unterhalb der ersten Leiter Richtung Albinen.

Freitag, 22. Juni 2018

Goldreiche Schweizer

Poseidonios.
(Wikicommons)
Wer hat eigentlich als erster die Helvetier beschrieben, den keltischen Hauptstamm der heutigen Schweiz? Nein, nicht Julius Caesar, der sie bekriegte. Sondern Poseidonios, der das Volk mit Namen nennt und dessen Männer  als "goldreich, aber friedlich" bezeichnet. Man rätselt seither, ob das Goldadjektiv sich auf bestimmte Bäche etwa im Napfgebiet bezieht. Poseidonios, circa 135 vor Christus bis 51 vor Christus, war ein griechischer Universalgelehrter, geboren in einer griechischen Kolonie in Syrien; er unternahm ausgedehnte Reisen, etwa nach Spanien, und schrieb darüber. Auch den Erdumfang soll er berechnet haben.

Donnerstag, 21. Juni 2018

Eyja was schon wieder?

Heute wieder einmal schlechte Werbung. Das Plakat, das ich kürzlich sah, preist ein Erfrischungsgetränk mit Weisstee, das auch nach Rhabarber und Preiselbeeren schmecken soll. Doch wer versteht die plumpe Oberzeile und erinnert sich, dass "Eyjafjallajökull" jener isländische Gletschervulkan ist, der 2010 wieder einmal lebendig wurde und soviel Asche austiess, dass der europäische Flugverkehr beeinträchtigt war? Und wie genau inspiriert der Vulkan das Getränk? Die Sache ist konfus.

Mittwoch, 20. Juni 2018

Der Morgenkafiort

Das Il Baretto im Zürcher Hauptbahnhof, ebenerdig so circa gegenüber Gleis 16 gelegen, ist mir ans Herz gewachsen. Es hat am Morgen offen, wenn die meisten anderen Cafés noch zu sind; wenn ich um sechs Uhr zum Wandern irgendwo hinfahre, gehe ich vorher fast immer ins Baretto und hole mir einen Kafi. Der ist sehr gut. Suspendiert ist für den Moment meine Gewohnheit, dazu einen Gipfel mit Aprikosenconfi zu nehmen, ich will die ganz süssen Sachen mal ein paar Wochen auslassen.

Dienstag, 19. Juni 2018

Pumpfel und Famergü

Schloss Famergü: Klingt nicht sehr edel.
Es gibt Orte in der Romandie, da finde ich: Gut, ist der deutsche Name nicht mehr in Gebrauch. Bonfol JU hiess einst auf Deutsch Pumpfel, oh Graus. Und Vaumarcus NE, stellte ich vergangenes Wochenende fest, trägt den deutschen Namen Famergü; Gott sei Dank ist auch er verblasst.

Montag, 18. Juni 2018

Sonntagstrouvaillen

Dieser behauene Menhir heisst Menhir de l'Asile und steht gleich unterhalb eines
Heilsarmeeheims für Suchtkranke in St-Aubin.
Was wäre der Juni ohne Klatschmohn.
Wandern heisst entdecken. Gestern ging ich von Vaumarcus nach Bevaix. Aber nicht auf dem direkten Weg, sondern über die Agrarterrasse im Hinterland des Neuenburgersees. Ich lernte charmante Dörfer wie Fresens und Montalchez kennen. Berauschte mich am Blau der Kornblumen und am Rot des Klatschmohns. Passierte mehrere Menhire, die mir bisher kein Begriff gewesen waren. Einen gewaltigen Schalenstein traf ich auch an. Und und und. Wandern heisst entdecken. Ich glaube, es gab noch nie eine Route, die mir nicht Dinge beschert hätte, von deren Existenz ich zuvor nichts gewusst hatte.
Schön wohnen in Fresens.

Sonntag, 17. Juni 2018

Hey, das war eine von Maillart!

Habkern, am Traubach, gleich geht es über die Brücke.
Am Freitag, unterwegs von Habkern nach Harder Kulm, kamen wir fünf Minuten nach Wanderstart zur Strassenbrücke über den Traubach. Erst zuhause realisierte ich: Das war eine Brücke des grossen Robert Maillart, 1872 bis 1940. Sie stammt aus dem Jahre 1932, ist aus Stahlbeton, ist 55 Meter lang bei einer Spannweite von 40 Metern und wurde in unserem Jahrtausend renoviert; ziemlich nahe steht mit der Bohlbachbrücke ein weiteres Werk von Maillart, aber die sahen wir nicht. Wie alle Maillartbrücken ist auch die über den Traubach gleichzeitig auf Eleganz und Einsparung von Material angelegt, nicht von ungefähr stehen die "Maillarts" häufig in Berggebieten, wo der Bauherr wenig Geld hatte.
Das schöne Bauwerk im Rückblick.

Samstag, 16. Juni 2018

Oben wurde es laut. Und lustig

Lebensfreude auf der Harder-Kulm-Aussichtsplattform.
Das HK-Restaurant.
Mehr als drei Stunden keine Menschen. Dafür das Tosen des Lombachs. Knabenkraut noch und noch auf der Sumpfwiese unter dem Luegibodenblock. Und brutal hohe Tritte im steilen Wald: Das sind Eindrücke von unserer Wanderung gestern von Habkern via Luegiboden nach Harder Kulm. Als wir oben ankamen, wurde alles auf einen Schlag anders. Lauter. Aber auch bunter mit asiatischen Damen fortgeschrittenen Alters, die exaltierte Hüte trugen, mit amerikanischen Teenagern, die sich Bier aus hohen Humpen zuführten, mit dudelnder Ländlermusik - Harder Kulm ist Berner Oberländer Tourismusland. Wir assen im Restaurant gut, genossen den Blick auf Jungfrau & Co., fuhren inmitten einer riesigen Gruppe von Japanern nieder nach Interlaken Ost und fanden, dass der Kontrast von einsam und geschäftig-trubelig diese Route umso interessanter macht.
Wenn das die Turnschuhtouristen wüssten: eine Stunde zuvor im mühevollen Aufstieg.

Freitag, 15. Juni 2018

Die Strasse, der See, der Urwald

Unterwegs in den Kessel von Derborence. Hinten der Riegel der Diablerets.
Am See.
Gestern war ich für eine Reportage im Wallis, genauer gesagt im Bergkessel von Derborence, einer Gegend, die mich wieder einmal begeisterte, bewegte, befeuerte. Allein schon die Zufahrt über das schmale, schwindelerregende Strässchen und 400 Meter tiefer die bleigraue Lizerne in ihrem Canyon. Und hinten der See mit der Felswand dahinter. Sowie der Föhrenurwald. All das verdankt sich zwei Bergstürzen des 18. Jahrhunderts, deren erster 14 Menschen tötete, während der zweite die Gestalt der Gegend veränderte und den See samt der heutigen Vegetation erst schuf. Derborence, Kanton Wallis: Man muss da hin. Am besten immer wieder.
Auf der Rückfahrt. Recht das Tal des Todes, äh, die Lizerne-Schlucht.

Donnerstag, 14. Juni 2018

Stamm und die Vier vom Everest

Kurz vor der Expedition auf den Everest 1962: Hans-Peter
Duttle auf dem Breithorn im Wallis. (zvg)
In der neuen "Schweizer Familie", ab heute am Kiosk, habe ich zwei Artikel, die hier interessieren mögen. Zum einen ist da das Interview mit dem in Winterthur lebenden Thurgauer Schriftsteller Peter Stamm. Wir trafen uns für das sogenannte Feuerstellengespräch bei der Grillstelle am Ganggelisteg in Bussnang; vielleicht erinnert man sich an den Blogbeitrag kürzlich, in dem ich vom Steg erzählte, ohne aber den Namen meines Gegenübers zu verraten. Eben, Peter Stamm. Ein netter, völlig allürenloser Typ, dessen neuer Roman "Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt" mir sehr gut gefällt.

Zum anderen findet sich im neuen Heft mein Porträt von Hans-Peter Duttle, 80, zuhause in Gümligen BE. Er versuchte 1962 mit drei Amerikanern den Mount Everest zu besteigen, illegal, ohne Bewilligung der nepalesischen und chinesischen (Tibet) Behörden, ohne Sauerstoff auch. Die frechen Vier scheiterten und wurden in Alpinistenkreisen zu Unpersonen. Bis mit Reinhold Messner und anderen eine neue Kletterära anbrach, in der plötzlich Duttle und seine Compagnons als Helden und Pioniere eines neuen Direktstils dastanden. Man lese diese Lebensgeschichte, die es übrigens auch als Buch gibt - sie ist so zerklüftet und abgründig wie der Himalaya.

Mittwoch, 13. Juni 2018

Murianer, Muriger, Murioten

Muri bei Bern im Jahre 1822. (Wikicommons)

Die Einwohner von Muri bei Bern sind die Muriger, diejenigen hingegen von Muri im Freiamt, Kanton Aargau, die Murianer. Nun las ich kürzlich in einem Immobilienheftli noch ein drittes Wort und erinnerte mich, dass mir das ein Studienkollege aus Muri BE vor Jahren erzählt hatte. Offenbar sind die noblen Muriger ein wenig dünkelhaft. Sie nennen die Zugezogenen... Murioten.

Dienstag, 12. Juni 2018

Ich war im Heiligen Land

Teil der Terre Sainte: Commugny.
(Bild: Jeremy.toma/ Wikicommons)
Bei "Heiliges Land" denkt jeder an die Region, in der die biblischen Ereignisse spielen, Israel und so. Wir Schweizer haben aber auch ein "Heiliges Land", "Terre Sainte" auf Französisch; am Wochenende war ich dort (Crans-près-Céligny). Die Terre Sainte umfasst acht Gemeinden am Genfersee südwestlich von Nyon. Woher der Name kommt, ist unklar. Allenfalls von Jakobspilgern, also Leuten mit einem "heiligen" Anliegen, die in der Gegend rasteten und Kraft tankten für den Weitermarsch nach Santiago de Compostela.

Montag, 11. Juni 2018

Winterthur, ich komme

Eine Mitteilung in eigener Sache: Übermorgen Mittwoch habe ich einen Auftritt in der Stadtbibliothek Winterthur, die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, ich erzähle ein wenig aus meinem Wanderer- und Kolumnistenleben und zeige auch Dias.  Und jetzt wünsche ich allen eine schöne Woche - möglichst mit einer Portion Natur und Landschaft. Ich selber werde wohl erst am Freitag oder Samstag wieder zum Wandern kommen.

Sonntag, 10. Juni 2018

Vnà und die Sintflut

Neuschwanstein nach Engadiner Art.
Die Pedra Fitta, der Hexentreff von Sent.
Blick über das Tobel der Brancla nach Vnà.
Belohnung muss sein.
Am Freitag fuhr ich nach Sent. Zuerst machte ich einen Abstecher zum Hexenstein Pedra Fitta östlich des Dorfes, ging dann via Crusch, Tschern, Chavriz Pitschen zum Hotel Val Sinestra und verliess auf der anderen Seite der wilden Brancla das Tal wieder, indem ich Vnà ansteuerte. Dort gab ich mir einen kleinen Coupe Dänemark, Zufriedenheit herrschte über die Route, die mir viel Neues beschert hatte. Und praktisch null Regen. Zwar war der Himmel die meiste Zeit verhangen gewesen, doch hatte es nur kurz getröpfelt, als ich Vnà schon direkt vor Augen hatte. Hier ein paar Dinge, die mir bleiben werden:
  • Die Pedra Fitta steht unsignalisiert und unangeschrieben in einer Wiese. An diesem Ort sammelten sich bisweilen die Hexen zum Tanz, heisst es. Offenbar immer zur Stunde nach Mitternacht. So lange warten mochte ich nicht.
  • Das Kurhotel Val Sinestra wirkt von weitem, durch die Tannen besehen, wie Schloss Neuschwanstein. Aus der Nähe hat es etwas Heruntergekommenes, Erbärmliches, fand ich; dazu tragen auch die alten Busse bei, die herumstehen. Aber die schummrige "Bündnerstube", in der ich für eine Stunde Halt machte, war gemütlich. Und die Serviererin total nett.
  • Vnà, das Hangdörfchen, ist reizend, man muss es gesehen haben in seiner Vogelnesthaftigkeit. Übrigens hiess es früher Mna; wie aus dem M ein V wurde, ist mir unklar. Toll fand ich, dass die Pension Arina jetzt im Saisonloch offen hatte; dort nämlich gönnte ich mir den Minicoupe. Um hernach im Kleinbus - auch rührend - das 400 Meter tiefere Ramosch anzusteuern.
  • Während ich am frühen Abend gemütlich heimtuckerte, erreichten mich die ersten Meldungen von apokalyptischen Regengüssen in Zürich. Die Sintflut, sie fand ohne mich statt. 

Samstag, 9. Juni 2018

Winters Relikt

Gestern war ich im Val Sinestra, einem Seitental des Unterengadins bei Sent. Das gleichnamige Hotel war offen, nun, so halb offen; jedenfalls aber bekam ich in der "Bündnerstube" rudimentär etwas zu essen (Portion Pommes Frites, Salat), was ich schätzte. Grossen Eindruck machte mir der Lawinenkegel unterhalb des Hotels; er zeugt von der Gewalt der Schneemassen des letzten Winters. Welche Route ich wanderte, will ich morgen erzählen.

Freitag, 8. Juni 2018

Geniale Lenkung

Kurz nach Wanderstart: eine ehemalige Kabelbude. Dort, wo wichtige
Kabel verbunden wurden, schützten solche Buden die Installation.
Das Wärterhaus Eggwald.
Plattform mit viel Sicht kurz vor Wassen.
Am Mittwoch ging ich auf dem Gottardo-Wanderweg von Göschenen nach Wassen. Ein Themenweg. Er zelebriert die alte Bergstrecke der Gotthardbahn, auf der es ziemlich still geworden ist seit der Eröffnung des Neat-Basistunnels, der das Urner Oberland und die Leventina aus der Wahrnehmung des Reisenden mehr oder minder eliminiert hat. Die Wanderung machte mir viel Spass, abgesehen mal von der Verwirrung, ob der Weg nun offen war oder nicht (siehe Eintrag von gestern und das heutige P.S.). Wie der Verkehrsstrom, Schiene und Strasse, durch das enge Tal gelenkt wird: Das hat etwas Geniales. Man begreift es erst aus der Anschauung so richtig.

P.S. Uri Tourismus hat sich - siehe Eintrag von gestern - gemeldet. Am Telefon sei es wohl zu einem Missverständnis gekommen. Und was die Wegsperrung angeht: Es gebe oberhalb der Route noch Couloirs mit Schneefeldern, also Lawinengefahr. Noch vor Mitte Juni solle der Weg aber aller Voraussicht nach offiziell geöffnet werden.

Donnerstag, 7. Juni 2018

Verwirrung im Urnerland

Schild am unteren Dorfrand von Göschenen, wo der Gottardo-Weg beginnt.
Sperre im Gebiet Schöni.
Gestern fuhr ich nach Göschenen. Ich besichtigte den Teufelsstein, das hatte ich schon lange tun wollen. Und dann machte ich mich daran, talabwärts zu laufen auf dem Gottardo-Wanderweg, dem Themenweg an der alten Bahn-Bergstrecke. Allerdings: Gleich als erstes traf ich, am Ortsausgang, ein rotes Schild, das verkündete, der Weg sei gesperrt, Wintersperre wegen Lawinengefahr. Das fand ich eher absurd, da man ja unter 1000 Metern über Meer unterwegs ist und sich doch im Juni befindet. Ich rief Uri Tourismus an. Die Frau am Telefon sagte, sie wisse nichts von einer Sperrung, ihres Wissens sei der Weg offen. Okay, danke, ich machte mich auf den Weg. Nach 40 Gehminuten war im Gebiet Schöni am Weg dasselbe Schild montiert, gleich danach kam ich zu einer Abschrankung quer über den Weg: Weg gesperrt. Ein paar Meter weiter ein Sperrband. Ich rief noch einmal Uri Tourismus an. Der Frau, derselben, war das neu. Ui, sagte sie, da müsse ich wohl umkehren, sorry. Ich tat das Gegenteil und ging weiter, natürlich mit dem Vorsatz, bei echter Gefahr kehrtzumachen. Aber da war nichts, der Pfad durch ziemlich unwegsames Gelände war korrekt hergerichtet, nirgendwo ein Problem, nicht einmal ein gestürzter Baum. Weiter unten traf ich verunsicherte Wanderer, die in der Gegenrichtung unterwegs waren und auch schon ein Sperrschild gesehen hatten, und konnte ihnen genau das mitteilen. In Wassen dann nahm ich in der Alten Post den Zmittag - sehr fein! - und fragte mich: Was wissen die bei Uri Tourismus eigentlich von ihrem eigenen Gebiet? Reden die nicht mit den Wegmachern? Ich werde diesen Blogeintrag heute dorthin mailen, vielleicht bekomme ich ja eine Antwort. Würde mich schon interessieren, ob nun der Gottardo-Weg offiziell geöffnet ist oder nicht. Verwirrung mag man als Wanderer nicht.
Die Schneeschuh-Saison ist an sich vorbei.

Mittwoch, 6. Juni 2018

Lääsch, liis, lugg, blööd

Ist diese Brühe blööd?
Gestern ging mir die neue Ausgabe des Y-Mag zu, eines sehr bunten, aufwendig gemachten, vom Amt für Wirtschaft des Kantons Schwyz herausgegebenen Magazins mit Schwyz-Stoffen aller Art. Besonders mag ich jeweils die Rubrik "Kantonesisch", die ein Dialektwort behandelt. Diesmal ging es um Mundartausdrücke für "fad" bei Speisen. Die Schwyzer haben da offenbar vier Ausdrücke - wie mir scheint, gibt es diese freilich mehr oder minder auch anderswo im Land:

  1. Lääsch. Das Wort braucht man zum Beispiel für eine Suppe. Die hochdeutsche Entsprechung ist "lasch".
  2. Liis. Das Adjektiv "leise" passt zu einem dünn gebrauten Kaffee.
  3. Lugg. Ein lugger Sirup ist ein Sirup mit wenig Sirup.
  4. Blööd. Eine blöde Suppe ist schal.
Hier kann man das Magazin bestellen und abonnieren. Gratis. Die Ausgabe, um die es in meinem Eintrag geht: Nr. 25.

Dienstag, 5. Juni 2018

Warum feiern die den?

Hugo Chavez, mittlerweile verstorben, war Venezuelas Präsident - und, wie ich das sehe, eine Gruselfigur. Ein Linkspopulist, der sich diktatorisch gebärdete und mehr kaputtmachte, als er aufbaute. Und so war ich vorgestern schockiert, als ich in Brig unweit des Bahnhofs am Chavezweg vorbeikam - warum ehren die Hugo Chavez? Später, im Zug, recherchierte ich und fand heraus: Es geht um einen anderen Chavez. Jorge mit Vornamen. Der, Sohn eines aus Peru nach Frankreich übergesiedelten Millionärs, war ein Pionier der Aviatik und realisierte etliche Rekorde. 1910 startete er von Ried-Brig aus, um mit seinem Eindecker nach Domodossola zu fliegen - es sollte der erste Flug über den Alpenhauptkamm werden. Alles ging gut, bis das Flugzeug bei der Landung nach einer unkontrollierten Phase auseinanderbrach.  Chavez starb acht Tage später an den Verletzungen. In Brig erinnert an ihn auch ein Brunnen.