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Montag, 16. Juni 2025

Normal und schmal

Am Donnerstag war ich für ein Interview in Chur. Am Bahnhofplatz trank ich am Morgen vor dem Termin noch einen Kafi und dachte, dass in diesem Bahnhof ganz schön viel zusammenkommt. Aus dem Unterland fahren die Züge der SBB heran, aus mehreren Richtung diejenigen der RhB. Normalspur trifft Schmalspur, eine Besonderheit ist die Arosabahn der RhB, die oberirdisch durch die Stadt gondelt, was mittlerweile eine Rarität ist. Auch ist da der grosse Postauto-Terminal über den Schienen. Als der Bahnhof 1858 in Betrieb ging, lag er noch ausserhalb der Stadt, er diente als Endstation der Linie von Rorschach her. Das heutige Aufnahmegebäude, siehe mein Foto, ist das zweite, ist im Kern noch das von 1878. Betreiber des Churer Bahnhofs waren in den Anfangsjahrzehnten übrigens die Vereinigten Schweizerbahnen, die 1902 verstaatlicht wurden und in den SBB aufgingen. Dazu ein hübsches Aperçu: 1896 wurde die Schmalspurstrecke Landquart–Chur–Thusis der RhB eröffnet. Die strebte in Chur einen eigenen Bahnhof an. Der Bundesrat entschied anders, die RhB musste mit dem bestehenden Bau der Vereinigten Schweizerbahnen vorliebnehmen.

Sonntag, 15. Juni 2025

Die Schwertträger

Das Wappen der Gemeinde
Brenzikofen BE. (Wikicommons)
Brenzikofen, an Fläche die kleinste Gemeinde des Amtes Konolfingen, hat etwas rührend Harmloses. Lieblich liegt der Ort, den ich diese Woche erwanderte. Sein Wappentier ist allerdings ein militanter Löwe, aufgerichtet, die Krallen ausgefahren, er schwingt ein Schwert und züngelt. Ein Einschüchterungstier. Es handelt sich um das Wappen des alten Stadtberner Geschlechts Brenzikofer, das ursprünglich aus Brenzikofen stammt. Im Namen der Ortschaft steckt im Übrigen der alemannische Vorname Brant oder Branti, den wir aus Zusammensetzungen wie Hildebrant kennen. Das Wort bedeutet Schwert, Brenzikofen meint somit übersetzt: Bei den Höfen der Schwertträger. Ganz schön kämpferisch.

PS: Heute wandern wir wieder auf dem Alpenpanorama-Weg. Unsere zwölfte Etappe steht an, es soll von Malters via Wolhusen hinauf nach Menzberg gehen.

Samstag, 14. Juni 2025

Heimenschwands erster Polizist

Die Kirche von Heimenschwand.
Heimenschwand, wo ich am Mittwoch loswanderte nach Brenzikofen, gehört zur weitläufigen Gemeinde Buchholterberg im Verwaltungsbezirk Thun; es ist deren Hauptsiedlung. Lange hatte das Dorf keine Kirche. Die Leute mussten am Sonntag zum Gottesdienst in Diessbach (heute Oberdiessbach) gehen, ein weiter Weg. Manche stärkten sich zuvor im Wirtshaus so intensiv, dass sie die Predigt ganz verpassten. 1837 änderte sich alles, die Kirche von Heimenschwand wurde eingeweiht, ein einfacher Kastenbau, die Gegend und ihre Menschen waren arm. Ein imposanterer Bau lag auch darum nicht drin, weil 1798 Napoleons Truppen beim Einfall in die Schweiz den Berner Staatsschatz geklaut hatten, auch dem bernischen Staat fehlte es an Geld. Mit der Kirche kamen gleich weitere Neuerungen. Heimenschwand erhielt zum Beispiel einen eigenen Polizisten mit Pistole. Sowie ein Sittengericht. Dieses musste als erstes sechs hängige Vaterschaftsklagen bearbeiten. Woher ich das alles weiss: Aus der in der Kirche aufliegenden Broschüre "Geschichte der Kirche Heimenschwand und der Kirchgemeinde Buchholterberg".

Freitag, 13. Juni 2025

Das Hamburgermenü

Man muss ja nicht immer teuer essen.
Meine Wanderung vom Mittwoch, eine "Ersatzwanderung" sozusagen (Eintrag von gestern), gefiel mir bestens. Auch wenn ich tatsächlich wegen des Waldbrand-Rauches aus Kanada keine Fernsicht hatte. Nördlich von Steffisburg war ich unterwegs, im Grenzland, wo die Region Thun, das Aaretal und das Emmental zusammenstossen. Ich startete in Heimenschwand, stieg auf zum Wald nördlich oberhalb des Dorfes und zog nun westwärts. Via die Schafegg – schöner Kammweg – kam ich zur Falkenfluh; im Abstieg von ihr nach Brenzikofen traf ich auf die Gämse, von der ich gestern erzählt habe. Drei Stunden dauerte die Unternehmung und endete mit einem simplen, doch guten Essen im Gasthaus zum Bahnhof in Brenzikofen. Ich hatte das Hamburgermenü: ein Hamburger, Pommes-Frites und ein Salat an einer pikanten Sauce. Unschlagbar der Preis: 18 Franken 50.
Weg hart an der Kante der Falkenfluh. Hier sah ich die Gämse.

Brenzikofen unter einem milchigen Himmel.

Donnerstag, 12. Juni 2025

Das Panorama war weg

Meine ganz persönliche Gämse.
Gestern wollte ich aufs Niederhorn, den Ausflugsgipfel über dem Thunersee. Für eine Wanderreportage zum Thema Panorama. Vor Thun realisierte ich im Zug, dass das nichts werden würde, der Himmel war unglaublich milchig – der Rauch von den Waldbränden in Kanada wirkte, ich sah nicht einmal das nahe Stockhorn klar, geschweige denn die berühmten Berner Oberländer Eisriesen. Und also fasste ich vor dem Bahnhof Thun einen neuen Wanderplan. Etwas traurig war ich schon, weil ich mich so nebenbei auf die Steinböcke und Gämsen auf dem Niederhorn gefreut hatte. Doch dann stand da zweieinhalb Stunden später an einem ganz anderen Ort auf meinem Wanderweg tatsächlich eine Gämse. Sie war nicht sonderlich scheu, schaute immer wieder mal zu mir, verharrte ein paar Minuten, bis sie doch entschwand. Ein schönes Geschenk. Wo es mir zuteil wurde und ich durchwanderte, berichte ich morgen.
Gestern morgen am Bahnhof Thun. Nicht einmal
das Stockhorn war richtig zu sehen.

Mittwoch, 11. Juni 2025

Trocken bis zum Schluss

Samstag im Züribiet: dunkler Himmel zwischen Ottikon und Ettenhusen.
Auf der Kyburg, unten das Dorf.
Der Falke ist eine Attrappe.
Das Wetter verhielt sich am Pfingstsamstag gegenüber der Prognose sozusagen spiegelverkehrt. Nicht am Vormittag kübelte es, sondern am Nachmittag. Gut, ist man flexibel. Ronja und ich beschlossen um zehn Uhr vormittags in Effretikon spontan, umzustellen. Zuerst wandern, dann Schlossmuseum, dann Zmittag, dann mal schauen. Wir nahmen also nicht den Bus wie geplant, sondern liefen los, kamen nach Ottikon und nach Ettenhusen, fanden beide Dörfer samt der  Landschaft rundum schmuck und erreichten schliesslich nach knapp zweieinhalb Gehstunden die Kyburg. Dort schauten wir uns die Ausstellung an, machten uns also kundig über all die hohen Herren und Damen, die in der weitläufigen Anlage einst gelebt hatten, beschauten uns speziell fasziniert die Eiserne Jungfrau, in der man nicht landen möchte. Und gingen alsbald gemütlich essen in der rustikalen "Linde" in der Nähe. Gut wars. Während wir gegen zwei Uhr noch den restlichen Wein schlürften, begann es draussen zu schütten. Und also fuhren wir per Bus hinab nach Effretikon – so endete diese gutgelaunte Kurzunternehmung in Trockenheit.
Mein Gegenüber hatte Zürigschnätzlets. Mit Nüdeli.
Sei ausgezeichnet, sagte sie. (Foto: Ronja)

Im Bus von Kyburg hinab nach Effretikon. Es regnet heftig.

Dienstag, 10. Juni 2025

Eiserne Lady

Die Eiserne Jungfrau auf der Kyburg.
Panzerhandschuh aus dem 14. Jh.
Die Kyburg, auf einem Geländesporn hoch über der Töss gelegen, gab es schon 1027; wir wissen das von einer Urkunde. An diesem Ort wurde die mächtige Dynastie der Kyburger-Grafen begründet, später übernahmen die Habsburger, schliesslich kaufte die Stadt Zürich Schloss und Grafschaft und richtete eine Landvogtei ein. Heutzutage gehört die Kyburg dem Kanton Zürich und ist ein Museum. Am allerberühmtesten unter den vielen Dingen, die es enthält, ist die Eiserne Jungfrau, die Generationen von Zürcher Kindern das Fürchten lehrte. Allerdings stammt das Tötungsinstrument gar nicht aus dem sogenannt finsteren Mittelalter. Die Eiserne Jungfrau war, wie es aussieht, eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, in dem die Leute in Burgen und Schlössern den gepflegten Grusel suchten. Das Exemplar auf der Kyburg wurde in Kärnten produziert und kam 1876 ins Züribiet. Verrückt, was der Mensch an Schreckensfantasien produziert.
Das Tor zur Burg.