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Dienstag, 8. Oktober 2024

500 Frauen auf 1000 Metern


Katharina von Zimmern, eine in Süddeutschland geborene Adelige, wird 1496 Äbtissin des Fraumünsterklosters in Zürich. Im November 1524 übergibt sie die Abtei dem Rat der Stadt Zürich, der sich der Reformation angeschlossen hat; der Rat gewährt Katharina von Zimmern im Gegenzug das Wohnrecht im zum Verwaltungsgebäude umfunktionierten Kloster und zahlt ihr eine Rente. Bald heiratet Von Zimmern einen deutschen Adelsmann, der später an der Seite des Zürcher Reformators Zwingli in der Schlacht bei Kappel am Albis sein Leben lassen wird. 500 Jahre nach der Übergabe des Klosters an die Stadt gedenkt Zürich der letzten Äbtissin mit dem Katharinenturm, einem zweiten Turm der Fraumünsterkirche auf Zeit. Wobei der Turm eher nach Baugerüst aussieht, Massiveres lag nicht drin, es handelt sich um ärchäologisch sensiblen Boden. Das Erinnerungskunstwerk steht bis zum 20. Dezember, ist 40 Meter hoch und mit einem 1000-Meter-Stoffband umwickelt. Auf ihm stehen die Namen von 500 Frauen, die Zürich prägten oder prägen. Deren Porträts kann man auf einer Website nachlesen.

Montag, 7. Oktober 2024

Die Pilgertrauben von Bursinel

Zum Auftakt erblickten wir eine Trutzburg: Schloss Rolle.

Vom Winzer offeriert: Trauben in Bursinel.

Schnuckeliger E-Bus in Gland.

Wer da wohl wohnt?

Mmmm, Egli. In Nyon lieben sie Butter.
21 Kilometer gewandert. Viel gesehen, drei Schlösser etwa und etliche Kirchen. Und am Schluss sehr gut gegessen: Das war unsere 26. Etappe auf dem Schweizer Jakobsweg. Sie führte uns unter einem blauen, von Wolken überzogenen Himmel von Rolle via Bursinel, Gland und Schloss Prangins nach Nyon. Wir bekamen diesmal nicht nur viel Seeufer serviert, sondern waren ausgiebig auch im Hinterland unterwegs, mal in den Reben, mal im Wald an Flüsschen mit wohlklingenden Namen wie La Gillière, Le Lavasson und La Promenthouse. Dieser Tage ist Traubenlese, in Bursinel lief vor einem Winzerlokal grad die Presse, in der Nähe stand ein Teller mit weissen Trauben und einem Schild: "Für Jakobspilger und Spaziergänger." Wussten wir zu schätzen. In Gland tranken wir etwas im Buffet beim Bahnhof, passierten bald darauf im hässlichen Gewerbegebiet des Ortes den Hauptsitz der Schweizer Bankengruppe Swissquote und tranken anderthalb Stunden später schon wieder etwas im Café von Schloss Prangins, dem Sitz des Schweizerischen Nationalmuseums in der Romandie. Richtig und richtig gut zu essen gabs am Ende im Hôtel Le Rive in Nyon; die haben dort eine Brasserie, die auch am Nachmittag warme Gerichte serviert. So kam ich zu einem wundervollen Teller: Eglifilets (zart!) in viel Butter, dazu Pommes Allumettes und Salat. War eine gute Sache, die Etappe 26. Ah ja, etwas muss ich noch erwähnen: die vielen Villen oder wenigstens deren diskrete Tore. Der Genfersee ist berühmt für all die Reichen, die dort im Luxus leben, der in den meisten Fällen freilich bloss erahnbar ist.

Sonntag, 6. Oktober 2024

Thuner Runde

Thuns Obere Aareschleuse. 
Oberländer Eisriesen, gesehen vom Bahnhofplatz.
Thun bei gutem Wetter ist ein Traum. Gestern berichtete ich von meinem Schlossbesuch und möchte heute beifügen, dass ich in der Stadt, die als Tor zum Berner Oberland gilt, einen kleinen Rundgang machte, mir das Einkaufsviertel Bälliz anschaute, durch die Obere Hauptgasse schlenderte, die Obere und die Untere Aareschleuse auf den zugehörigen Holzbrücken überquerte, mir am Rathausplatz einen Kafi gönnte und natürlich auch zur Stadtkirche aufstieg und in ihrem Innern zum Glockenstuhl. War alles schön. Thun bei gutem Wetter ist ein Traum, wie gesagt. Weshalb ich zwei Tage später gleich noch einmal hinreiste, um mir die Kirche Scherzligen und das Thunpanorama anzuschauen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Das Rathaus.

Samstag, 5. Oktober 2024

Ist die Taube eine Taube?

Schloss Thun, Blick von der Stadtkirche.
Auf dem einen der vier Schlosstürme. Kurz fragte ich mich,
ob es sich bei der Taube um einen verwunschenen Zähringerritter handelte.
Der Rittersaal. Unmöbliert hätte ich ihn noch lieber gehabt.

Die Stockhornkette mit dem
Stockhorn rechts der Bildmitte.
Schloss Thun sieht aus, wie ein Schloss aussehen soll. Eine Disneyfantasie ist es mit vier schlanken Türmen, wirkt fast unwirklich, wäre die ideale Kulisse für Ritterfilme. Ganz verschiedene Aufgaben hatte der Trutzbau über die Jahrhunderte, er begann 1190 als Burg des Zähringerherzogs Berchtold V., war später Kornkammer und Gefängnis und ist in unserer Zeit zum Museum geworden. Diese Woche besuchte ich das Schloss, was ich schon lange vorgehabt hatte. Das Wetter war ideal für die Visite, der Föhn rückte das Stockhorn in die Nähe und verstärkte alle Farben. Im Inneren des Baus stieg ich in die Höhe, schaute von den Türmen weit ins Land und fühlte mich kurz mal wie ein Zähringer.
Man nennt es Schloss, doch eigentlich ist es eine klassische Burg.

Freitag, 4. Oktober 2024

Die gleislose Bahn

Ist das eine Bahn? Dafür spricht die Strom-Oberleitung. Dagegen, dass die
Fahrzeuge faktisch Lastwagen sind. Schienen hatte die Gleislose Bahn
Gümmenen–Mühleberg nicht. (Foto: Wikicommons / Freiburger Nachrichten)
Zum Wohlensee, der 1920 im Norden und Nordwesten der Stadt Bern aufgestauten Aare (siehe gestern), ist ein Nachtrag fällig. Einer zur Gleislosen Bahn Gümmenen–Mühleberg. Sie verkehrte von 1918 bis 1922 zwischen diesen beiden Orten und beförderte Material für den Bau des Wasserkraftwerks Mühleberg, dem die aufgestaute Aare zudiente. Auf Fotos glaubt man es auf den ersten Blick mit Lastwagen zu tun zu haben. Was nicht falsch ist. Bloss: Nach dem Ersten Weltkrieg war Benzin hierzulande knapp. Daher wurden die Lastwagen mit Strom von einer Oberleitung angetrieben – es handelte sich aus technischer Sicht um ein Trolleybus-System zum Gütertransport.

Donnerstag, 3. Oktober 2024

Zwei Brücken und ein Steg

Robust und elegant: die Wohleibrücke führt von Bern-West und 
Frauenkappelen hinüber nach Wohlen.
Die Kappelenbrücke erkennt man am Gefälle Richtung Süden.
Hinterkappelen, Stägmattsteg voraus. Ihn nutzen Fussgänger und Velos.
In Frauenkappelen waren wir gestartet,
wir besuchten zum Auftakt die Dorfkirche.
Hört man "Kraftwerk Mühleberg", denkt man in der Regel gleich ans – mittlerweile stillgelegte – AKW. Es gibt bei Mühleberg im Nordwesten der Stadt Bern aber auch ein aktives Wasserkraftwerk. 1920 ging es in Betrieb, nachdem zuvor die Aare gestaut worden war, so entstand der Wohlensee. Letzte Woche ging ich mit Freund C. zwei Brücken besichtigen, die 1920 gebaut worden waren als Übergänge über den neuen See. Im Regen starteten wir in Frauenkappelen, stiegen durch den Chatzestygwald ab zum Wohlensee, erreichten Brücke eins, die 200 Meter lange Wohleibrücke. Ein Bogen ist mit 30 Metern deutlich breiter als die übrigen, er markiert den Aarelauf vor der Stauung. Wir überquerten die Wohleibrücke, zogen am Nordufer Richtung Hinterkappelen und erblickten bald Brücke zwei, die 174 Meter lange Kappelenbrücke, die den Berner Stadtteil Bethlehem mit Hinterkappelen verbindet. Auch sie hat einen Bogen, der breiter ist als die anderen, es hat damit dieselbe Bewandtnis wie bei der Wohleibrücke. Auffällig, dass die Kappelenbrücke Gefälle hat, Richtung Bern gehts abwärts. Soweit unsere Brückenwanderung, die einige Zeit später bei der Postautohaltestelle Eymatt auf der Stadtberner Seite endete. Halt, da fehlt etwas. Wir überquerten den Wohlensee nämlich nicht auf der Kappelenbrücke, sondern etwas weiter östlich auf dem vor 25 Jahren für Fussgänger eingerichteten Stägmattsteg. Am Ende stellten C. und ich dann fest, dass wir beide – der Regen eben – einigermassen durchnässt waren. Was durchaus zu der dem Wasser gewidmeten zweistündigen Wanderung passt.

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Bald sind wir da

Am Samstag kamen wir kurz vor Rolle im Winzerdorf Perroy zu einer Aussichtsterrasse. Und erblickten in der Ferne – die Distanz beträgt 33 Kilometer, ich habs inzwischen ausgemessen – Genfs Wahrzeichen, den Springbrunnen Jet d'Eau mit der 140 Meter hohen Wasserfontäne. Links davon besetzte ein langgezogener dunkler Bergkamm den Horizont: der auf französischem Gebiet liegende, als Hausberg von Genf geltende Mont Salève. In diesem Moment realisierten wir, wie nahe an unser Ziel herangepilgert wir bereits sind. Bis zur Genfer Kathedrale haben wir bloss noch 48 Wanderkilometer zurückzulegen. Hinzugefügt werden allenfalls ein paar wenige Kilometer, wenn wir die Jakobsweg-Schweiz-Wanderung, die in Konstanz begann, nicht bei der Kathedrale enden lassen, sondern an der Grenze zu Frankreich. Wie auch immer, nächstens kommen wir an. Mich macht das grad ein wenig wehmütig. Der Jakobsweg ist so schön sinnstiftend, er beschenkt einen mit Symbolen wie der omnipräsenten Muschel, mit Geschichten und Geschichte, mit Kunst, Kultur, kulinarischen Erlebnissen, mit Kirchen, Architektur, Begegnungen. Bald geht das alles zu Ende.

Genf voraus, ein Ausschnitt des Fotos, das ich unten ganz zeige.
Rechts als dicker weisser Strich der Jet d'eau, hinten (Mitte und links) der Mont Salève.

Wir stehen in Perroy VD und schauen über den See nach Genf, die Distanz beträgt 33 Kilometer.