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Samstag, 27. Juli 2024

Krieg machte sie reich

Blick über die Aare auf die Solothurner Altstadt mit der St. Ursen-Kathedrale (rechts).
Das Palais Besenval, links der Brücke am Fluss, ist samt seinem Garten eleganter Barock.
Die Dynastie der Besenval war im Söldnergewerbe zu einem grossen Vermögen gekommen.

Gleich noch einmal ein Hinweis auf die "Schweizer Familie", Ausgabe dieser Woche. In ihr findet sich nämlich ein zweiter Artikel von mir. Die kurze Reportage führt nach Solothurn, wo nächstens wieder "Barocktage" stattfinden. Man darf die Stadt durchaus als schönste Schweizer Barockstadt bezeichnen, sie ist üppig dotiert mit Festungsresten, Kirchen, Palästen aus der Epoche, die begann, als der Dreissigjährige Krieg 1648 geendet hatte. "Krieg" passt als Stichwort: Solothurns repräsentative Prachtbauten wurden finanziert mit dem Geld, das die Oberen der Stadt im Söldnergewerbe eingenommen hatten. Solothurn stellte nicht nur, wie andere Orte der alten Eidgenossenschaft, Söldner. Es war zusätzlich als "Ambassadorenstadt", in der der Gesandte des französischen Königs residierte, Schweizer Drehscheibe der Söldnervermittlung. Solothurns Prunk ist also nicht denkbar ohne die unzähligen kriegerischen Konflikte im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts.

Freitag, 26. Juli 2024

Vom Elefanten und vom Flaschensepp

Die Hauptgasse von Willisau. Der grüne Turm der Pfarrkirche wird "Elefant" genannt.

Der Flaschensepp in seinen Museum. Die Tim-und-Struppi-Locke ist sein Markenzeichen.

In der "Schweizer Familie" steht diese Woche eine grosse Reportage von mir über Willisau; Grund ist natürlich, dass im Städtchen im Luzerner Hinterland im September der nationale Wandertag unserer Zeitschrift ausgetragen wird. Für den Artikel traf ich interessante Leute. Hier sind sie:

  • Der Flaschensepp wird von allen so gerufen und mag das sehr. Auf einem Bauernhof unter dem Napf ist er aufgewachsen, entwickelte schon in jungen Jahren eine Begeisterung für Flaschen aller Art und baute ein Museum mit 100 000 Flaschen auf.
  • Ursula und Michael Renggli-Kurmann geschäften im Café Amrein, dem Ursprungshaus des Willisauer Ringlis; 140 Kilo des berühmten Hartgebäcks fertigen sie pro Woche und führen so die Familientradition fort.
  • Stefan Maissen personifiziert als Chef des landesweit aktiven Velovermittlers Rent a Bike das starke Gewerbe von Willisau, wo sein Unternehmen den Hauptsitz hat. Willisaus Umland sei perfektes Langsam-Tourismus-Gebiet, sagt er.
  • Evelyne Huber ist Präsidentin der katholischen Kirchgemeinde. Sie führte mich und den Fotografen auf den "Elefanten". So nennen die Einheimischen den eher ungeschlachten Turm der Willisauer Pfarrkirche.
  • Irene Brügger ist bekannt als Musikerin, Schauspielerin, Humoristin; in der "Schweizer Familie" schreibt sie wöchentlich eine Kolumne. Sie empfing uns in ihrem Haus, es steht auf einem herrlichen Plateau über Willisau, man verspürt dort grad Wanderlust. Nun, jedenfalls ich, denn das Frölein Da Capo, so Irene Brüggers Künstlerinnenname, wandert nicht wirklich gern. Einer der grossen Momente in ihren Teenie-Jahren: als sie ein Töffli Pony Sachs 03 bekam.

Donnerstag, 25. Juli 2024

Jakob und das Geisterschiff

Jakobus der Ältere, Fresko in der Kathedrale von
Le Puy-en-Velay in Frankreich. (Foto: Wikicommons)

In der Apostelgeschichte des Lukas im Neuen Testament heisst es in Kapitel 12: "Um jene Zeit liess der König Herodes einige aus der Gemeinde verhaften und misshandeln. Jakobus, den Bruder des Johannes, liess er mit dem Schwert hinrichten." So kam er also im Jahre 44 ums Leben, der Jesusjünger und Apostel Jakob, auf den die Jakobspilgerei nach Santiago de Compostela zurückgeht, wo er begraben sein soll. Aber halt, etwas stimmt hier nicht! Wenn Jakobus der Ältere, wie er meist genannt wird, in Judäa hingerichtet wurde – wie kann es dann sein, dass sein Grab im fernen Spanien liegt? Die christliche Tradition, der es noch nie an Erfindungsgeist mangelte, hält zur Erklärung verschiedene Legenden bereit. Mein Liebling ist diejenige, dass die Anhänger des Jakob dessen Leichnam einem Schiff ohne Besatzung übergaben, das in Spanien landete. Dort setzten Helfer angeblich den Leichnam im Landesinneren bei. Das Grab geriet alsbald in Vergessenheit bis zu seiner Wiederentdeckung im 9. Jahrhundert. Hübsche Geschichte. Warum ich sie grad heute erzähle? Nun, der 25. Juli ist der Jakobstag, jener Tag, an dem Jakobs gedacht wird.

Mittwoch, 24. Juli 2024

Gallus, Volusianus und der Leugenstein

Imperatoribus dominis nostris Gallo et Volusiano piis felicibus Augustis consulibus perpetuis Aventico leug VII.

Eine Transkription der durchgehend
aus Abkürzungen bestehenden
Inschrift auf der Säule in der Krypta.
Quelle: "Die Amsoldinger Inschriften"
googeln, Aufsatz von 1875.
Soweit die lateinische Inschrift auf der Säule in der Krypta der Basilika von Amsoldingen, die wir letzten Samstag besuchten. Es braucht schon einen Spezialisten, eine Spezialistin, um die Abkürzungen auszudeuten. Die Säule ist zeitlich einordbar aufgrund der zwei Personennamen, sie fällt in die Regierungszeit der römischen Co-Kaiser Gallus und Volusianus, Vater und Sohn, die zusammen von 251 bis 253 nach Christus herrschten und von den eigenen Truppen ermordet wurden. Wichtig ist an der Inschrift des weitern die Ortsangabe: Die Säule stand in Aventicum, dem heutigen Avenches. Genauer gesagt, war sie von Aventicum sieben Leugen entfernt; die Masseinheit Leuge bezeichnete in der Regel die Distanz, die ein Mensch in einer Stunde zu Fuss zurücklegen kann. Die Säule von Amsoldingen ist eine Spolie; dieses lateinische Wort kursiert für ein Bauteil oder sonst einen Überrest, etwa von einer Skulptur, der in einem neuen Werk wiederverwendet wurde. Nicht klar ist mir, wie die Spoliensäule konkret aus der Broyeregion in die Gegend des Thunersees kam.

Dienstag, 23. Juli 2024

2 von 12

Das Kirchlein von Einigen steht direkt am Thunersee.
Schlicht ist schön: im Kirchlein.

Der Jakobsweg führte uns am Samstag in der Thunerseeregion zu zwei bedeutenden Kirchen. Die eine Kirche ist ein Kirchlein, dasjenige von Einigen, simpel, über 1000 Jahre alt, dem heiligen Michael geweiht und Nachfolger eines früheren Baus, der wohl auf die Reste eines keltischen Heiligtums platziert worden war. Muss man gesehen haben. Noch eindrücklicher fand ich die Basilika von Amsoldingen, neben der einst eine bedeutende Stiftsschule stand. Auch diese Kirche ist über 1000 Jahre alt; sie fasziniert durch die Nüchternheit ihres riesigen Innenraumes mit dem Schiff und den zwei Seitenschiffen. Was für eine Wohltat, diese Absenz von Dekor und Formenfuror, nachdem wir in der Innerschweiz sehr viel Barock gesehen hatten, schönen, aber auch schwülstigen. Eine Besonderheit der Amsoldinger Kirche, die dem heiligen Mauritius geweiht ist, ist die Krypta. Dort steht eine Säule, der ich nächstens einen eigenen Eintrag widmen will. Und jedenfalls empfehle ich allen, diese zwei Kirchen zu besuchen, die zum berühmten Dutzend 1000-jähriger Kirchen am Thunersee gehören.
Die Basilika von Amsoldingen. In der Kunstgeschichte bezeichnet "Basilika"
einen langgestreckten Kirchenbau mit niedrigen Seitenschiffen.

Kühl wars in der frühromanischen Basilika.

Montag, 22. Juli 2024

Hitzepilgern

Blick vom Strättligsteg auf die Kander, die etwas weiter unten in den Thunersee mündet.
Das Stockhorn (rechts der Mitte) dominiert die Gegend.
Zwischen Amsoldingen und Uebeschi. Nicht zu sehen: die Hitze über dem Gelände.
Polizeipräsenz in Amsoldingen.
Heiss war der Wandersamstag. Wir zogen von Spiez via Einigen, Amsoldingen, Uebeschi nach Blumenstein, was etwas über fünf Stunden (reine Gehzeit) dauerte bei rund 450 Metern auf- und abwärts. Im Wald ging es sich angenehm, auf den schattenlosen Partien hingegen brannte die Sonne gnadenlos. Eine Wirtschaft fanden wir keine, und die Bäckerei in Uebeschi – ich hatte mich auf eine Glace gefreut – war ferienhalber geschlossen. Doch, dann, am Ziel, jawohl! Der Volg in Blumenstein war offen, wir kauften Bier, wunderbar, wie die kalte Flüssigkeit den eingetrockneten Rachen gleichzeitig befeuchtete und betäubte. Und jetzt doch noch ein Wort zur Landschaft. Wunderbar war die Gegend, die wir durchzogen. Der Niesen baute sich vor uns auf, doch bald war es das Stockhorn, das dominierte. Wir überquerten auf dem Strättligsteg die Schlucht der Kander. Und immer wieder sahen wir auf den Thunersee, allein der Anblick des Wassers erfrischte uns. 

PS: Das war die Etappe 16 auf dem Schweizer Jakobsweg von Konstanz nach Genf. Die Etappe 18, Riggisberg–Schwarzenburg, ist schon gemacht. Die Etappe 17, Blumenstein–Riggisberg, werde ich nächstens angehen und bin dann wieder voll und ganz à jour, nachdem ich krankheitsbedingt zwei Mal hatte aussetzen müssen.

Sonntag, 21. Juli 2024

Schöner wohnen im Alter

Begann als Kurhaus: das Alters- und Pflegeheim in Elm GL.

Elm ist bekannt für seine prachtvollen alten Holzhäuser. Das stattlichste von ihnen steht ganz in der Nähe der "Elmer Citro"-Abfüllanlage, es ist das Alters- und Pflegeheim. Der ausladende Bau mit der überdachten Veranda und dem vorgelagerten Park zum Flanieren startete 1898 als Kurhaus und ist deutlich als Zeitzeuge der Belle Epoque erkennbar. Mit einer Leitung führte man damals eisenhaltiges Mineralwasser aus dem Berg zu den Gästen im Kurhaus. 1925 begann dessen Besitzer, das Wasser in Flaschen als Sprudel zu verkaufen. Zwei Jahre später mischte er Zitronensirup bei, es entstand das "Elmer Citro". So sind also beide Häuser, die Mineralwasser-Halle und das alte Kurhaus, historisch eng verbunden.