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Mittwoch, 31. August 2022

Hier wird abgefackelt


Im Grenzgebiet von Baar und Neuheim deponierten die Zuger Gemeinden zwischen 1964 und 1981 ihren Hauskehricht. So viel maschinell verdichteter Zivilisationsmüll sammelte sich an, dass schliesslich der Untergrund einsank, plötzlich war die Trinkwasserleitung der Stadt Zürich unterhalb akut gefährdet. Mit einer teuren Sanierung verhinderte man das. Gestern kam ich nah der Bushaltestelle "Neuheim, Baarburgrank" am Gelände vorbei und erblickte hinter einem Zaun einen grünen Kamin, an dessen oberem Ende es zischte. Ein Schild warnte vor Explosionsgefahr zum Beispiel, wenn jemand sich mit einer Zigarette nähert. Mein Begleiter klärte mich auf: Der Kehricht im Untergrund erzeugt Gas. Mit dieser Abfackelstation wird es vernichtet.

Dienstag, 30. August 2022

Solothurner Malz

Hier gabs Bier: die Bergwirtschaft Malsenberg.

Oberhalb von Welschenrohr im Kanton Solothurn gibt es einen Weiler namens Malsen. Und höher oben den Malsenberg, wo wir vor Wochen in der gleichnamigen Wirtschaft einkehrten; hab ich erzählt. Zum Essen tranken ich und andere damals Bier, was insofern stimmig war, als Malsen von Malz kommt. Der Flurname geht zurück auf den Familiennamen Malser. Der dortige Ahnherr war Bierbrauer. Und jedenfalls tat das kühle Bier nach vier Stunden Wandern wohl.

Montag, 29. August 2022

Schwingen in der Seilbahn

Blick über das Muotatal Richtung Pragel und Silberen. Noch ist da blauer Himmel.
Esel einige Zeit vor dem Bergrestaurant Sternen.

Am Samstag stiegen wir von Muotathal via Chatzenstrick, Tritt, Fraumatt, Feissi und Nühüttli auf zum Sternen oder auch "Chli Stärnen", wie der Berg mit Sessellift und Restaurant ganz genau heisst. Vier Stunden dauerte die Wanderung, deren abenteuerlichen Auftakt ich gestern beschrieben habe, es ging praktisch nur aufwärts, die meiste Zeit steil, immerhin 1285 Höhenmeter machten wir. Höher oben gerieten wir in den Nebel, ein kühler Wind blies, der Herbst machte sich spürbar. In der Bergwirtschaft assen wir, fuhren danach mit dem Sessellift nach Seebli hinab und stiegen um auf die Seilbahn, die weiter hinab zur Bushaltestelle bei Weglosen führt. In dieser für den winterlichen Skibetrieb ausgelegten Riesenkabine war der Operateur, ein sympathischer Kerl, total vertieft in sein Smartphone – Schwingen, das "Eidgenössische" in Pratteln, grad war der Reichmuth Pirmin dran, ein Zuger. Schwingerkönig wurde dann aber ein anderer Innerschweizer, wissen wir mittlerweile.
Fühlte sich an wie Herbst, war aber noch Sommer:
Blick zurück auf dem Gratweg kurz vor dem Ziel.

Sonntag, 28. August 2022

Zuerst der Chatzenstrick und dann der Tritt


Muotathal liegt im breiten Tal der Muota, Illgau eine Etage höher auf einer Wiesenterrasse. Ein senkrechtes Felsband trennt die zwei Dörfer, ein Weg durch ebendieses Felsband verbindet sie. Am Samstag nahmen wir ihn und stellten fest, dass er gleich zwei Abenteuer serviert. Der Abschnitt Chatzenstrick hat zwei lange Treppen, der Tritt höher oben eine vier Meter lange Eisenleiter. Seilsicherungen und hohe Stufen gibts fast durchgehend, heikel ist (Fotos oben) jene Passage, in der die Stufen fehlen. Fürwahr, die ersten anderthalb Stunden und 500 Höhenmeter unserer samstäglichen Schwyzer Wanderung kitzelten unsere Nerven. Wie es weiterging, erzähle ich morgen.

Samstag, 27. August 2022

Nizza oder so

Gin Tonic in der Dachbar des "Best Western" in Neuch.

Am Donnerstag ging ich mit Christian, meinem Freund aus Studienzeiten, auf ein Westschweizer Ausflügli. Wir bestiegen am Morgen in Biel das Schiff – Dreiseenfahrt. In Murten war Mittagspause, wir assen im "Schiff", ich nahm das Roastbeef, Christian die Fischknusperli, beides mundete. Weiter gings nach Neuchâtel, und auch auf diesem zweiten Teil der Fahrt staunte ich darüber, wie viele Menschen auf und in so ein Schiff passen. Gleichzeitig fragte ich mich, wer unter ihnen sich wohl an diesem enorm heissen und sonnigen Tag einen Sonnenbrand holen würde auf den exponierten Decks vorn und hinten; unsereins blieb die meiste Zeit drinnen. In Neuchâtel stiegen wir am frühen Nachmittag aus und gingen auf Vorschlag Christians ins "Best Western"-Hotel "Beaulac" am Hafen. Volltreffer! Die "Waves"-Bar auf dem Dach hat Klasse, man sieht auf den Hafen, verfolgt die vorbeigleitenden Segelboote und die vorbeischleichenden Pedalos und philosophiert bei einem Drink – in meinem Fall wars ein Gin Tonic – übers Leben. Mir kam der Tag vor, als sei ich am Meer gewesen. In Nizza oder so.
Im Broyekanal zwischen Murten- und Neuenburgersee.
Wie die draussen in der Sonne überlebten, weiss ich nicht.

Freitag, 26. August 2022

Die Neuenburger Sphinx


Wieso denn nach Ägypten reisen, wenn man der Sphinx auch hierzulande begegnen kann? In Neuchâtel nämlich, vor dem Herrenhaus Hôtel DuPeyrou, das ich gestern passierte. Es geht zurück auf den steinreichen Pierre-Alexandre DuPeyrou, 1729–1794, der als französischer Protestant vor der Unterdrückung durch die Katholiken nach Neuchâtel floh, hier eingebürgert wurde und sich ein standesgemässes Anwesen bauen liess; DuPeyrou war übrigens auch ein grosser Förderer des Schriftstellers und Denkers Jean-Jacques Rousseau. Die Sphinx ist eine von zweien, die den Eingang zum Park des Stadtpalastes flankieren als Schmuck und Schutz – und den weltläufigen Geschmack des einstigen Besitzers bezeugen. Wobei es sich, streng genommen, um Kopien handelt, nachdem die beiden Originale im Laufe der Zeit verwitterten und weggeräumt wurden. Heute gehört das Hôtel der Stadt Neuchâtel und beherbergt ein Museum, Repräsentationsräume und ein luxuriöses Restaurant.

Donnerstag, 25. August 2022

Ein Stück Zug in Zürich

Der Bahnhof Wollishofen im Jahr 2005.
(Foto: Berger/Wikicommons)

Der Bahnhof Wollishofen, einer von 13 SBB-Bahnhöfen auf dem Gebiet der Stadt Zürich, war ursprünglich der Bahnhof der Stadt Zug – ihr erster. 1864 wurde er gebaut in jener Epoche, in der sich der ländliche Kanton Zug rapid industrialisierte. Etwas mehr als drei Jahrzehnte später wurde Zug 1897 zum Eisenbahnknoten, als die Linie Thalwil–Zug–Arth-Goldau eröffnet wurde, via die auch die Züge Richtung Gotthardtunnel und Tessin verkehrten. Um dem intensiveren Betrieb zu genügen, musste ein Neubau her. Zugs bisheriger Bahnhof wurde Stein um Stein abgetragen und nach Zürich-Wollishofen transferiert. Bald, am 3. September, kehrt er kurz mal nach Zug zurück, las ich gestern in der NZZ. Zum 125. Mal jährt sich heuer das erwähnte Jahr, in dem Zug zum bedeutenden Bahnknoten wurde. Aus diesem Anlass wird am ZugFäscht 2022 eine Holz-Kopie des ersten Bahnhofs als Ausstellungspavillon auferstehen.

Mittwoch, 24. August 2022

Lambarene und Wallisellen

Das Doktorhaus am Kreuzplatz in Wallisellen.
Albert Schweitzer und seine Gattin
Helene Schweitzer-Bresslau. In welchem
Jahr das Foto entstand, ist mir unklar.
(Foto: Renate 007 / Wikicommons)
Wenn ich in Wallisellen am Doktorhaus vorbeikomme oder dessen Name höre, muss ich immer an Albert Schweitzer denken, Visionen von Lambarene ereilen mich: ein Mann mit weissem Tropenhelm zieht an einem Tisch vor einem Behelfsspital aus Bambus eine Spritze auf, derweil afrikanische Mütter, in einer Schlange stehend, ihre schreienden Kinder auf die Impfung vorbereiten. Man komme mir jetzt nicht mit dem Klischee-Vorwurf, die Bilder in meinem Kopf gehen auf die Bücher der Kindheit zurück, so etwas bringt man nicht raus. Das Doktorhaus von Wallisellen ist nicht ganz so mythenbeladen. Aber doch interessant. In unserer Gegenwart ist es ein Restaurant und knüpft so an den Ursprung an, bereits um 1400 stand am Kreuzplatz eine Taverne. Das heutige Haus ist knapp 300 Jahre alt. 1858 übernahm es ein Arzt, fortan und bis 1942 wurde in ihm gedoktert, so bekam es seinen Namen. Dann übernahm die Gemeinde die Liegenschaft, die verlotterte; später bildete sich eine Genossenschaft, seit 1976 wird gewirtet und fein gekocht. Im Doktorhaus, das in mir jedesmal diese Albert-Schweitzer-Gedanken auslöst. Ich habe halt eine lebhafte Fantasie.

Dienstag, 23. August 2022

High-Speed-Kili

Der Kilimandscharo, Illustration aus der deutschen
Kolonialzeit, 1911. (Quelle: Wikicommons)

In meinem Grüppli gibts gleich zwei Leute, die in einer mehrtägigen Wanderung den Kilimandscharo bestiegen haben, 5895 Meter über Meer. Dieser Tage verkündete Tansanias Informationsminister, dass der Berg nun offziell ans World Wide Web angeschlosssen sei. Vorerst reicht die High-Speed-Internetverbindung bis 3720 Meter Höhe, bis Ende Jahr soll die Verbindung auch auf dem Gipfel funktionieren. Finanziert wird das Projekt laut der gestrigen NZZ zu einem guten Teil von China. Tansania erhofft sich zwei Dinge: erstens eine Verbesserung der Sicherheit, da die Träger, die die Wanderinnen und Wanderer eskortieren, leichter Hilfe anfordern können, wenn etwas passiert. Und zweitens soll der Berg mehr Werbung bekommen durch, zum Beispiel, mehr Streaming-Direkt-Übertragungen auf den sozialen Plattformen. Die Coronakrise hatte dem Kilimandscharo-Tourismus schwer zugesetzt, der in guten Zeiten gegen sechs Prozent an Tansanias Bruttoinlandprodukt beisteuert.

Montag, 22. August 2022

Aerni und die Apokalypse


Georg Aerni. Jahrgang 1959, aus Winterthur. Architekt, Architekturfotograf, Fotograf. Der Mann mit dem Auge für Ödlandschaften und Industriebrachen, für aufgelassene Fabrikhallen und Betonruinen, aber auch für alpine Firnbänder, eingestürzte Rustici und vom Fluss angeschwemmte Asthaufen. Mal hat der Mensch Anteil an dem, was da zu sehen ist, mal nicht, oft sind es Mischzustände. Grossartig sind diese Bilder, aber auch beklemmend, weil sie wirken, als sei die Apokalypse passiert. Als sei die Endzeit eingetreten. Und gleichzeitig ist das alles ungeheuer ästhetisch. Kühl und schön zugleich ist es eingefangen. Die Fotostiftung Schweiz in Winterthur zeigt derzeit unter dem Titel "Silent Transition" etliche von Georg Aernis Werken. Am Samstag schauten wir uns die Ausstellung an, und ich war hernach noch viel stolzer, dass der Künstler seinerzeit mein Büchlein "Hundertundein Stein" bebildert hat.

P.S. Vis-à-vis der Fotostiftung steht das Fotomuseum Winterthur, man besucht in der Regel beide gleichzeitig. Die Ausstellung "Wahlfamilie – zusammen weniger allein" war ebenfalls sehr ergiebig.

Sonntag, 21. August 2022

Das Mega-Resort

So soll das neue Resort in Dieni aussehen.
(Visualisierung: Medienmitteilung Andermatt Swiss Alps)

Wahnsinn! In Dieni bei Sedrun will die Tourismusbetreiberin Andermatt Swiss Alps des ägyptischen Unternehmers Samih Sawiris innert fünf Jahren ein riesiges Resort bauen, ein Konglomerat von Hotels, Läden, Restaurants und Ferienwohnungen. 1800 Betten würden laut der Medienmitteilung von dieser Woche neu angeboten, die Zahl der Hotelbetten in der Surselva würde sich auf einen Schlag um mehr als ein Fünftel erhöhen. Der Gestaltungsplan für das Projekt wurde schon vor zehn Jahren genehmigt, jetzt ist das Baugesuch bei der Gemeinde Tujetsch eingereicht worden. Hintergrund des Projekts ist ein übergeordneter Branchenvorgang: Ein amerikanisches Skitourismus-Unternehmen ist vor einiger Zeit mit viel Geld, über 110 Millionen Franken, ins regionale Tourismusgeschäft eingestiegen. Das bewirkt Folgeinvestitionen.

Samstag, 20. August 2022

Hochgebirgsschachteln

Quartett gefällig? Es gibt da ein neues aus der Schweiz, das Berggängerinnen und Berggänger ansprechen dürfte. Ich selber finde es witzig. Die 32 Karten zeigen Kleinhütten und Biwaks aus dem ganzen Alpenraum – so extravagante wie lebenssichernde Büchsen, Schachteln, Kapseln im Gebirge und Hochgebirge.

Freitag, 19. August 2022

Schlangenbiss?

Gewusst, welche Anzeichen auf einen Herzinfarkt deuten? Was man bei einem Schlangenbiss nicht tun soll und was sehr wohl? Wie man eine heftige Blutung mit einem Druckverband stoppt? Ich weiss das, nachdem ich mir eben eine Neuerscheinung zu Gemüte geführt habe, "Erste Hilfe für Wanderer und Bergsteiger" vom SAC. Nun hoffe ich, dass ich all das Gelernte behalten kann. Denn wenn das Büchlein auch leicht ist, würde ich es doch nicht auf alle meine Wanderungen mitschleppen wollen.

Donnerstag, 18. August 2022

Luxuriös durch den Winter


Unsereins kennt die Lustfahrt im luxuriösen Pferdeschlitten aus Tolstoi-Romanen und Sisi-Filmen. Im 17. und 18. Jahrhundert will auch das Bürgertum nach Art des Adels stilvoll durch den Schnee oder über einen gefrorenen See gleiten. Es ist die Epoche der prunkvollen Schlitten, die mit dem Familienwappen verziert sind und geschmückt mit Fabeltierköpfen. Das Landesmuseum in Zürich hat aus seiner Sammlung eine kleine Ausstellung hiesiger Schlitten arrangiert, die ich mir diese Woche anschauen ging. Ich fand das Gezeigte amüsant, mein Liebling war der Schlittenkasten in Form eines Damenschuhs. Ah ja, noch dies: In manchen Schlittenkästen fand bloss die Dame Platz. Der Herr sass hinten auf der Kutscherpritsche, einer Art Verlängerung in Form eines Brettes, und lenkte von dort aus das Gefährt.

Mittwoch, 17. August 2022

Noch einmal der Hau

Brandrodung in Finnland, 1893.
(Foto: I. K. Inha / Wikicommons)
Ein Grossteil dieses Landes bestand aus Wald, als die Alemannen im sechsten Jahrhundert nach Christus von Norden her ankamen. Grad las ich auf der Website des "Nationalmuseums" einen Blogeintrag über die Flurnamen, die von den frühen Rodungen erzählen. Die wichtigsten Namen sind:

  • Rüti. Der Name ist mit allen Nebenformen wie Reute, Rüttenen, Rütli (die Nationalwiese, jawohl) der älteste Flurname, der die Rodungen belegt.
  • Schwand. Auch zu diesem Wort gibt es alle möglichen Varianten von Schwendi bis Gschwend. Und eine ganz spezfische Technik: Man schälte an einem Baum rundum die Rinde ab. Schwund trat ein, der Baum starb ab.
  • Brand und Sangi. Diese Namen bedeuten, dass man die Bäume mit Feuer beseitigte, Sangi ist verwandt mit sengen.
  • Stock. Die Wurzelstöcke, die bei der Brandrodung im Boden verblieben, musste man ausgraben. Stock, Stöcken und dergleichen erinnern an dieses Stück harte Arbeit.
  • Hau. Dieser Begriff bezieht sich meist auf einen Allmendwald, wo jeder Bürger Holz hauen durfte. Mit dem Hau sind wir beim Blogeintrag von gestern, in dem ein Mittlerer-Hau-Weg im Züribiet mich zu einem Spässchen verleitete.

Dienstag, 16. August 2022

Wer war der Spinner?


Man sagt ja gern mal zu jemandem: "Du hast doch einen Hau weg!" Denkbar ist, dass man das im Einzelfall ein wenig abschwächt: "Du hast einen mittleren Hau weg!" Erstaunlicherweise gibt es im Hardwald nördlich von Wallisellen einen Weg, dessen Namen die saloppe Schmähung aufnimmt. Wer die Person ist, die ein bisschen spinnt – das wird leider nicht mitgeteilt.

Montag, 15. August 2022

Wir kraxelten mal kurz

Marchhüreli voraus.
Blick zurück vom Rinerhorn auf unseren Gratweg vom Marchhüreli.

Gestern drehten wir hoch über Davos Glaris eine dreieinhalbstündige Runde, je 600 Meter auf- und abwärts. Wir starteten bei der Gondelbahn-Bergstation Jatzmeder, gingen vorerst gegen Süden, drehten dann unter dem Nüllisch Grat nach Norden, erreichten unser Ziel, das Rinerhorn. Kurz darauf gab es eine Etage tiefer in der Hubelhütte Zmittag, Südtiroler Gerichte, teiglastige, deftige, köstliche Ware für Kalorienbraucher und -braucherinnen. Der Rest war leicht, via Äbirügg hielten wir retour nach Jatzmeder. Unglaublich aussichtsreich war diese Tour, immer wieder mal musste ich auf meinem Handy die "Peak Finder"-App aktivieren, um wenigstens ein paar der Hunderte Gipfel am Horizont identifizieren zu können. Die Route selber hatte einen Höhepunkt, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Auf dem Grat zum Rinerhorn, 2527 Meter über Meer, passierten wir das genau 50 Meter höhere Marchhüreli und liessen es uns nicht nehmen, in einer leichten Kraxelei dessen Spitze zu besuchen. Das klitzekleine Abenteuer schenkte uns ein Gefühl der Verwegenheit.
Auf dem Marchhüreli. Hinten leicht rechts der Mitte das Tinzenhorn. In der
linken Hälfte des Bildes ist, ebenfalls hinten, als Scheibe der Piz Ela zu sehen.

Sonntag, 14. August 2022

Im Revier der Bröselberge

Kurz nach dem Strelapass, Blick zurück.
Vor dem Strelapass, unten der Davosersee.
Auf dem Weissfluhjoch, links das 
Restaurant, recht das alte Gebäude
des Instituts für Schnee- und 
Lawinenforschung. Der Ort ist
durch die Parsennbahn erschlossen.
Mit ihr fuhren wir am Ende talwärts.
Gegen die Route, die wir am Samstag machten (2 1/2 Stunden, 500 Meter aufwärts), lässt sich einiges sagen. Es sind auf ihr zum Beispiel viele Leute unterwegs, denn es handelt sich um einen Klassiker. Allein ist man also nicht. Auch Biker und Bikerinnen hat es zuhauf. Es wimmelt von hässlichen Installationen des Skibetriebs. Und auch Lawinenverbauungen hat es, rostige Riesenzahnspangen in den Steilhängen. Trotzdem! Die gestrige Wanderung hoch über Davos von der Station "Höhenweg" der Parsennbahn durch die steile Fluh des Gross Schiahorns zum Strelapass ("Panoramaweg") und hinauf zum Weissfluhjoch ("Felsenweg") gefiel uns sehr. Die spektakulären Tiefblicke reihen sich, am Horizont sahen wir Hunderte Gipfel. Und vor allem führt der Bergpfad durch ein Revier bröselnder Berge. Alles rutscht, alles erodiert und bildet derweil die faszinierendsten Formen und Formationen von der endlosen Geröllhalde bis zur Fluh mit den Hexenpfeilern. Lohnt sich, die Unternehmung!

Samstag, 13. August 2022

Der Maler, der Bau, das Horn

"Davos mit Kirche" von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahr 1925.
Links neben dem Kirchturm das Tinzenhorn.

Das Kircher Museum in Davos.
Heute und morgen wandern wir in Davos, auf dem Programm stehen zwei leichte Routen. Ein Teil von uns reiste schon gestern Freitag an und besuchte am Nachmittag das Kirchner Museum. Der Bau ist genau 30 Jahre alt, stammt vom Zürcher Architektenduo Gigon/Guyer, erinnert von aussen an ein Tramdepot oder ähnlich und erweist sich inwendig als zweckmässig: genug Platz, gutes Licht. Die Ausstellung selber fanden wir konzeptlos. Jedenfalls begriffen wir nicht, nach welcher Idee die Gemälde des Ernst Ludwig Kirchner (1880 bis 1938), der einen Teil seines Lebens in der Landschaft Davos verbrachte, aufgehängt und mit Werken anderer Künstler kombiniert sind. Aber natürlich fesseln die einzelnen Bilder des grossen deutschen Expressionisten. Mich als Wanderer amüsierte, wie Kirchner immer wieder das Tinzenhorn malte, das man vom Ort aus in der Ferne erblickt. Und wie er es in die Nähe holte und sozusagen zuspitzte.

Freitag, 12. August 2022

Jagdlektionen

Frau mit Katze. Von Utagawa Kuniyoshi.
Japan, 19. Jahrhundert. (Wikicommons)
Wer eine Katze hatte oder hat, kennt das wohl: Ab und zu schleppt sie einen Vogel oder eine Maus heran und spielt mit dem Tierchen, um es schliesslich mit einem Prankenschlag zu erledigen. Tut die Katze das, um einen zu beeindrucken? Handelt es sich um ein Geschenk? Eben las ich eine andere, aus der Verhaltensforschung stammende Erklärung. Wenn Katzen Junge haben, präsentieren sie diesen ab einem gewissen Alter lebendige Beute und führen vor, wie man sie kontrolliert und tötet. Und es sieht so aus, als täten Katzen mit ihrem Besitzer, ihrer Besitzerin dasselbe. Sie wollen vermitteln, wie man jagt. Zitat aus dem Artikel: "Offenbar werden Menschen von Katzen als komplett unfähig eingeschätzt, Mäuse zu fangen."

Donnerstag, 11. August 2022

Früh los lohnt sich

Gleich sind wir oben: zehn Minuten vor dem Balmer Grätli.
Rückblick vom Grätli nach Nordosten, fettes Gewölk macht sich über den Schwyzer Gipfeln breit.

Am Dienstag ging ich mit Freund M. von der Bushaltestelle "Bisistal, Schlänggen" via den Waldisee zum Balmer Grätli hinauf, 2219 Meter über Meer. Kurz fiel danach der Abstieg zur Haltestelle "Balm" an der Klausenstrasse aus. Vieles gefiel uns an unserer Route, nichts gefiel uns nicht, wir sahen markante Berge wie Druesberg und Forstberg, Pfannenstock und Bös Fulen, Schächentaler Windgällen und Schärhorn. Und liebten es insbesondere, wie in der letzten halben Stunde vor dem Grätli das Szenario wechselte von grünen Alpböden zu Geröll und groben Felsblöcken. Gut im Übrigen, dass wir früh unterwegs waren und kurz vor neun Uhr im Bisistal hatten starten können. Denn kaum waren wir kurz nach zwei Uhr am Ziel, zog über der Bergkette, die wir grad überquert hatten, dichtes Gewölk auf. Wären wir Spätaufsteher, wir hätten in den höheren Lagen keine Sicht gehabt. 4 Stunden und 20 Minuten. 1175 Meter aufwärts, 420 abwärts.
Mann und Grätli.
Die Klausenstrasse vom Balmer Grätli aus.

Mittwoch, 10. August 2022

Die Ranch, die keine ist

Die "Waldi-Ranch", 1407 Meter über Meer, am Waldisee, Kanton Schwyz.
Einen überragenden Eindruck macht der Alpler Stock im Hintergrund.

Im Wirtschäftli nahm ich ein 
Faustbrot mit Schinken. Und Freund M.
nahm den Lebkuchen mit Schlagrahm.
Der Waldisee findet sich auf einer Geländeterrasse westlich über dem Bisistal. Gestern kamen wir vorbei und waren angetan von dem Staugewässer und seiner Umgebung. Sie ist zum einen lieblich, ich meine die grünen Alpböden. Zum anderen rahmen hohe Berge den Horizont; imposant ist auch der Alpler Stock direkt über dem See. An dessen Ufer bewirtet die Waldi-Ranch Wanderer und Biker. Irgendwie löst der Name in mir Assoziationen aus, die zu diesem Ort nicht passen. "Ranch" klingt nach riesigen Rinderherden, nach Pick-up-Trucks und Staub, nach Monstersteaks vom Monstergrill, nach Cowboyhüten und Countrysound. Die "Waldi-Ranch" ist für all das viel zu ruhig und klein. Eine hübsche Alpwirtschaft ist sie, wie wir bei der Einkehr feststellten.
Der Waldisee von höher oben. Hinten die Druesberg-Kette.

Dienstag, 9. August 2022

Das Monster von Brunnen

Das Innerschweizer Nessie in einem Youtube-Film.

Was gibt es im Sommerloch Besseres als ein Seeungeheuer? Ende August kommt es 1976 in Brunnen am Vierwaldstättersee zu einem Volksauflauf, auch aus dem nahen Ausland sind Leute angereist. Alle wollen sie das drachenähnliche Tier mit dem gewelltem Rücken sehen, das am Vortag unter schauerlichem Brüllen mal kurz aus dem Wasser auftauchte und von einem deutschen Touristen gar gefilmt wurde. Weltweit berichten die Medien. Ein örtlicher Wirt kreiert ein "Loch-Ness-Menu" mit "Saurier-Nessie-Braten". Nach vier Tagen enthüllt der Schweizer TV-Showmaster Kurt Felix, dass er es war, der mit seiner Crew das Monster gebaut und an der Schleppleine durchs Wasser gezogen hat. Kurz darauf wird in Felix' Sendung "Teleboy" das Innerschweizer Monster vorgeführt. Auch am Luzerner Seenachtsfest und im Verkehrshaus in Luzern darf es auftreten. Später wird es verschrottet. Gestern erzählte die NZZ die ganze Geschichte. Ich las und amüsierte mich – ein hübscher Sommerloch-Stoff!

Montag, 8. August 2022

Zoodirektor für einen Tag


Vor Jahren hütete ich immer wieder mal das Bauernhaus meiner Schwester im Appenzeller Mittelland, oft war ich eine ganze Woche dort. Nun tat ich es wieder einmal, wobei ich diesmal nur gerad einen Tag lang die Stellung hielt und den kleinen Zoo beaufsichtigte. Insbesondere mochte ich das Höndli, ein Appenzeller Blässli, das mich die ersten paar Stunden, die wir allein im Haus verbrachten, ignorierte, in sich gekehrt auf seiner Decke lag und sich nicht streicheln lassen wollte. Es schmollte. Nun, sobald ich ihm eine Leine übergestreift hatte und wir zusammen loszogen, wechselte die Stimmung zu purer Freude. Auf beiden Seiten. Das Höndli bellte vor Aufregung, rannte, riss an der Leine, wollte jede Ecke beschnuppern. Und ich genoss es, mit einem derart motivierten, freudefähigen Wesen unterwegs zu sein.

Sonntag, 7. August 2022

Ein erstaunlicher Tag

Gestern im Appenzellischen.
Ich muss mein gestriges Erlebnis in zwei Teilen wiedergeben. Hier vorerst etwas zum Wetter im Appenzellerland, wo ich das Haus meiner Schwester hütete und vom Wandergrüppli besucht wurde. Das war schon krass. In der Nacht vom Freitag auf den Samstag schüttete es und schüttete dann noch, wenn auch weniger stark, bis tief in den Samstagvormittag hinein. Kalt wars und bisig, Nebelfetzen trieben über das Hügelland, als ich dem Grüppli entgegenging. Wir froren, ich montierte die Kapuze. Tropfnass waren die Wiesen, nass auch die Füsse und rutschig die Wege im coupierten Gelände. Weiter als 50 Meter sah man die meiste Zeit nicht. Und das alles spielte sich ab gleich nach dem heissesten Tag des Hitzesommers.

Samstag, 6. August 2022

Unsmartphone

Bin im Bauernhaus meiner Schwester im Appenzellerland, in der Nacht hat es imposant geregnet. Ich hüte das Haus und die Tierli und würde gern ein paar Fotos zeigen, zum Beispiel eines vom Höndli Heika. Bloss stelle ich fest, dass es auf dem Smartphone mit dem Hochladen der Fotos nicht klappt. Keine Ahnung, warum nicht. Nun, morgen bin ich wieder zuhause, dann wird das nachgeholt. Vorerst wünsche ich allen einen frohen Tag.

Freitag, 5. August 2022

Er riecht so frisch

  • Tragkonstruktion: Fichte und Tanne
  • Fassade: Föhre
  • Treppen und Podeste: Esche
  • Unterkonstruktion der Plattform: Akazie
  • Plattform: Lärche
  • Simse: Douglasie
  • Umgebungsmöblierung: Eiche
Hübsch, dieses Potpourri der Holzarten. Und alles Holz, das am und um den Turm verwendet wurde, stammt aus dem Hardwald. Ebendiesen Wald durchquerte ich, als ich am Mittwoch von Bassersdorf nach Wallisellen ging. Mein Ziel war der Hardwaldturm, der seit Juli offen ist und, wie ich erfreut feststellte, wunderbar frisch riecht. 209 Holzstufen nahm ich in der Sommerhitze, bis ich die Plattform auf 40 Metern erreichte. Der Rundblick war grandios, ich erkannte die Glarner Alpen und konnte auch meinen heimischen Säntis im Dunst ausmachen. Auf der Karte ist der Turm, eine erfrischend exaltierte Konstruktion, noch nicht eingezeichnet, immerhin kündigen ihn die näheren Wanderwegweiser bereits an. Hier die Koordinaten: 687643 254579.

Donnerstag, 4. August 2022

Die Metro im Berg

Einsteigen, bitte! Die Festungsmetro (links) im Gotthard.
Wir gingen im Sasso da Pigna sicher zwei Kilometer zu Fuss.
Nun ja, im Gegensatz zu Adolf Hitler
gibt es die Eiterbeule nach wie vor:
Detail aus einer Ausstellung im Berg.
Am Dienstag, auf rund 2200 Metern über Meer, froren wir. Richtig klamm war uns den Windjacken zum Trotz, die wir aus den Rucksäcken geholt hatten. Im Sasso da Pigna waren wir unterwegs, der während des Zweiten Weltkrieges gebauten Artilleriefestung, die bis 1998 in Betrieb war und seit zehn Jahren als Museo Sasso San Gottardo zugänglich ist. Man kann in der in den Berg gezwungenen Anlage jede Menge Dinge unternehmen, es gibt verschiedene Rundgänge, wir entschieden uns für den "Grossen Rundgang", Dauer zwei Stunden oder etwas mehr. Er besteht daraus, dass man zum einen verschiedene Ausstellungen und Räume besucht, darunter ist die opulente Ausstellung über Goethe am Gotthard; keine Angst, in den Ausstellungsräumen wird geheizt. Zum anderen durchschreitet man eine Ebene höher die alten Mannschaftsquartiere und Kampfstellungen; beim einen Kanonenraum gibt es eine Tür, durch die man aus dem Dunkel mal kurz auf eine Terrasse im gleissenden Sonnenlicht tritt, grossartig. Zwischen den beiden Teilen, unten und oben, verkehrt im Berg die "Metro del Sasso", ein Schrägaufzug über eine Höhendifferenz von 80 Metern, der mit dem Museum eröffnet wurde. Also, Leute, wenn ihr mal Ferien vom Sommer machen wollt und nicht unter Platzangst leidet – ab zum Gotthard.

P.S. In der Metro drehte ich ein Kurzfilmli.
Wieder draussen: Eingang zum Sasso da Pigna.
Vom Gotthard-Hospiz bis hierhin sind es 300 Meter.

Mittwoch, 3. August 2022

Tessiner Schlange

Der Gotthardpass ist eine der grossen Nord-Süd-Verbindungen der Alpen, seine Historie ist lang. Und reich an Geschichten. Zum Beispiel: Den ersten eidgenössischen Postdienst realisierten 1615 zwei Zürcher Brüder, die einmal pro Woche einen Läufer von Zürich nach Bergamo schickten. Und: 1775 bestand ein exzentrischer Engländer darauf, auf vier Rädern über den Gotthard zu reisen. Er engagierte 78 Männer, die seine Kutsche an heiklen Stellen zerlegten, um das betreffende Hindernis trugen und gleich wieder zusammenbauten. Am Dienstag ging ich vom Gotthard-Hospiz über Säumerstufen an der Tremolastrasse talwärts, die vor rund 200 Jahren gebaut wurde und in ihrer heutigen Form – Kopfsteinpflaster – diejenigen Fahrerinnen und Fahrer anzieht, die es romantisch finden, ein wenig durchgeschüttelt zu werden, wohingegen das Gros der Auto- und Töfffahrer die längere, wesentlich weiter ausholende moderne Route bevorzugt. Ich war nicht zum ersten Mal fasziniert. Die alte Piste hat mit ihren engen Kurven etwas wunderbar Körperliches. Sie ist eine Schlange.