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Sonntag, 31. März 2024

Fahler Tag

Gestern Vormittag: der Himmel über dem Obersee.
Gestern Nachmittag: der Horizont Richtung Einsiedeln.

Ein Osterfoto: Vor dem Etzelpass tütschten wir Eier. 
Das Wetter fanden wir gestern sehr eigen. Warm und drückend wars, wir kamen ins Schwitzen. Doch gleichzeitig blies stark und kalt der Föhn, er kühlte den erhitzten Kopf und Körper dann doch wieder ab. Vor allem aber trübte Saharastaub den Himmel, machte ihn grau mit einem Gelbstich, die Fernsicht war eingeschränkt, alles wirkte fahl und trüb. Ja, wir fanden das Wetter gestern sehr eigen. Mehr zu unserer Wanderung von Rapperswil nach Einsiedeln, also aus der Landschaft des Zürichsees in die des Sihlsees, erzähle ich morgen, ich kam gestern eher spät nach Hause und muss heute meine Eindrücke zuerst ein wenig ordnen. Ich wünsche allen einen frohen Ostersonntag.

Samstag, 30. März 2024

Heute wird getütscht

Dieser Holzstich von J. Barbier, circa 1780, zeigt Rapperswil mit dem Schloss.
Im Vordergrund der Holzsteg über den Zürichsee. (Foto: Roland zh / Wikicommons)

Heute jakobspilgern wir wieder. Von Rapperswil nach Einsiedeln. Etliches wird es zu sehen und zu erleben geben. Da ist der 2001 eröffnete Holzsteg über den Zürichsee, der ältere Modelle ersetzte. Da ist der Aussichtspunkt Luegeten hoch über Pfäffikon, wo wir für das österliche Eiertütschen zu stoppen gedenken. Da ist zudem der Etzelpass mit der Barockkapelle und dem Gasthaus St. Meinrad; der Vorgängerbau, ein Pilgerhaus, stand schon im 14. Jahrhundert an dieser Stelle, an der man von der Landschaft des Zürichsees in die des Sihlsees wechselt. Im Pass-Gasthaus wollen wir essen. Last not least zu nennen ist Einsiedeln, ich stelle es mir stimmungsvoll vor, am Ostersamstag dort einzulaufen. Genau darum haben wir dieses sechste und letzte Teilstück des Schwabenweges, wie der Jakobsweg-Abschnitt von Konstanz nach Einsiedeln heisst, vorgezogen. Stück fünf, Gibswil–Rapperswil, ist für nächsten Samstag programmiert. Also, ich freue mich auf den Weg und wünsche allen frohe Ostern.

Freitag, 29. März 2024

Aug in Aug mit dem Monster

Aathaler Selfie.
Gestern war ich mit der "Schweizer Familie" auf Teamausflug im Sauriermuseum Aathal, es wimmelte von Schweizer Familien, Kinder wuselten durch den labyrinthartigen Bau, in dem man mit Schauen eigentlich nie fertig wird, weil immer irgendwo noch ein Gang zu noch einem Raum mit noch einem Unterthema kommt. Wobei das ziemlich dezentrale Haus derzeit ein klares Zentrum hat. Einen Star. Letzten April ersteigerte eine belgische Stiftung in Zürich ein T-Rex-Skelett, das aus drei Tieren zusammengesetzt ist. Weil für das 4,8 Millionen-Franken-Knochengerüst in Belgien zuerst eine passende Bleibe gebaut werden muss, kam das Sauriermuseum Aathal im Zürcher Oberland zum Zug. Bis nächsten Januar darf es die 67 Millionen Jahre alte, 11,6 Meter lange und 3,9 Meter hohe Urzeitkreatur zeigen, der Zulauf ist riesig, es dürften wohl 20 000 Gäste mehr kommen als in einem normalen Betriebsjahr. Unter ihnen waren gestern wir, und also kann ich stolz sagen: Ich bin T-Rex tapfer entgegengetreten.

Donnerstag, 28. März 2024

Felsenstrom

Der Walensee mit Mühlehorn am Südufer
und dem Steinbruch Schnür gegenüber.
"Schnür" heisst der stillgelegte Steinbruch am Nordufer des Walensees, in dem steilen Kessel soll eine riesige Solaranlage entstehen. Das Projekt "Felsenstrom" der St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke sowie der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich sieht 22 000 Panels vor; die von ihnen erzeugte Elektrizität könnte jährlich rund 10 000 Menschen versorgen, 30 bis 35 Millionen Franken würden investiert. Gestern las ich allerdings im "Blick", dass sich Widerstand gegen die Solaranlage auf Boden der Gemeinde Amden SG formiert. Und zwar in der gegenüberliegenden Gemeinde Mühlehorn GL, bei den Leuten, die über das Wasser hinweg die Panelwand vor Augen hätten. "Es ist ein Fremdkörper, der nicht in die natürliche Landschaft passt", sagt im Artikel eine Frau. Ob ich in wenigen Jahren, wenn ich im Zug auf dem Weg nach Sargans oder Chur in Mühlehorn durchfahre, gegenüber die Panels sehen werde? Ich bin gespannt.

Mittwoch, 27. März 2024

Wir steuern fern

Kürzestkomposition der Frauenfeld-Wil-Bahn 1904 in Frauenfeld.
(Foto: "125 Jahre Frauenfeld-Wil-Bahn. Geschichte und Zukunft der
Regionalbahn" / Wikicommons)

So sieht die Bahn heutzutage aus.
Neues zu erleben, freut mich beim Wandern stets besonders. Eben fuhr ich in kurzem Abstand gleich zwei Mal mit der Frauenfeld-Wil-Bahn, eine Premiere für mich, obwohl ich doch Ostschweizer bin. Die Bahnlinie hat eine lange Geschichte, sie startete schon 1887, in den ersten Jahren transportierte sie vor allem Güter wie Milch und Holz. Sowie Tiere, speziell Kühe. Noch etwas zur Historie: Als zu Beginn des Ersten Weltkriegs die Mobilmachung kam, hatte die Bahn Hochbetrieb, Extrazüge beförderten die einrückenden Soldaten zum Waffenplatz von Frauenfeld. Und damit in die Gegenwart: Seit drei Jahren gehört die Frauenfeld-Wil-Bahn, die auf Thurgauer und St. Galler Boden verkehrt, zu den Appenzeller Bahnen. Das Stellwerk in Matzingen wird von diesen ferngesteuert. Hach, als Appenzeller bin ich erfreut, dass unsereins ein kleines Stück ausserkantonale Welt kontrolliert.

Dienstag, 26. März 2024

Vom Nil an den Rhein

Er brachte das alte Ägypten zum Sprechen:
Jean-François Champollion.

Als es  der Franzose Jean-François Champollion 1822 schaffte, die ägyptische Hieroglyphenschrift zu entziffern, wurde die Zivilisation der Pharaonen für Europa noch einmal attraktiver: Man konnte nun lesen, was auf Tempeln und Statuen eingraviert war, Ramses und all die anderen Herrscher begannen zu sprechen. Champollions Porträt ziert  im "Antikenmuseum Basel" den Eingang zur ägyptischen Sammlung. Letzten Freitag schaute ich mich in ihr um, nachdem ich zuvor im selben Museum die Iberer-Ausstellung besucht hatte. Eine Visite reicht nicht, das Präsentierte zu fassen, stellte ich fest. Erstaunlich, was da alles vom Nil an den Rhein geschafft wurde.
Särge aus der Pharaonenzeit im Basler Antikenmuseum.
Sandalen von damals.

Ramses II. als siegreicher Kriegsherr (links). In der Mitte ein Gefangener.
Rechts der Schöpfergott Amun, der Ramses anerkennend ein Sichelschwert überreicht.

Montag, 25. März 2024

Torte und Strandhotel

Kinderspital Zürich, Neubau I: Hier wird bald gelehrt und geforscht. Hinten links Neubau II.
Kinderspital, Neubau II: das Akutspital.

Am Samstag fuhr ich nicht zu meiner Znacht-Verabredung in Zürich-Tiefenbrunnen, ich ging zu Fuss und durchquerte dabei jenes Stadtviertel zwischen Balgrist und Lengg, in dem sich die Spitäler ballen: Universitätsklinik Balgrist, Klinik Hirslanden, Schulthess Klinik, Burghölzli (Psychiatrische Klinik Universität Zürich), Schweizerische Epilepsie-Klinik. Zwei benachbarte Neubauten fielen mir an der Lenggstrasse auf, die praktisch fertiggestellt sind. Ich gestehe, das nicht gewusst oder wieder vergessen zu haben: Das Kinderspital Zürich zieht von Zürich-Hottingen bald um nach Zürich-Lengg in ebendiese zwei Gebäude. Das eine, die Schichtentorte, wird die Lehre und Forschung beherbergen, bei dem wahnsinnig langen flachen Haus mit Holzverkleidung wiederum, das mich an an ein Ostsee-Strandhotel erinnert, handelt es sich um das neue Akutspital. 735 Millionen Franken kosten die beiden Neubauten von Herzog & De Meuron zusammen, die Eröffnung ist, nach sechs Jahren Bauzeit, auf diesen November angesetzt. Zürichs Spitalcampus wächst und wächst.

Sonntag, 24. März 2024

Das Rätsel der Iberer

Die "Dama de Baza" (Baza ist ein Ort nah Granada). Die Statue
fand sich im Grab einer edlen Ibererin aus dem 4. Jahrhundert vor Christus. 
Spanien mit dem iberischen Siedlungsraum in Rot.
Er reichte zeitweise ins heutige Frankreich hinüber.

Iberische Halbinsel: Diese Bezeichnung kennen wir alle. Vom Volk freilich, auf das der geografische Name zurückgeht, wissen wir wenig. Vermutlich handelt es sich auch gar nicht um ein Volk, sondern um einen losen Verbund von Stämmen. Nun, jedenfalls ist die iberische Zivilisation im 4. Jahrhundert vor Christus auf ihrem Höhepunkt. Das und vieles mehr macht eine Ausstellung über die Iberer im Antikenmuseum Basel deutlich, die ich diese Woche besuchte. Grosszügig dotiert mit Leihgaben aus Barcelona, präsentiert sie Töpferei, Statuen, Stelen, beschriftete Gegenstände. Da stellt sich ein Problem. Es gibt drei iberische Schriftvarianten. Wie die Buchstaben klingen, kann man erschliessen. Bloss die daraus resultierenden Wörter und Sätze sind bis jetzt ein Rätsel geblieben, die iberische Sprache ist nicht erklärt und ergründet. Sie dürfte jedenfalls nicht indoeuropäisch sein. Wie die baskische. Bloss ist auch unklar, ob die beiden Sprachen verwandt sind. Eher nicht. Die iberische Kultur ging später in der römischen auf, verschmolz, verschwand. Immerhin ist uns als Erinnerung die "Iberische Halbinsel" geblieben.

Wenn wir das bloss lesen könnten: Grabstein mit iberischer Inschrift.

Samstag, 23. März 2024

Iago und das schlechte Wetter

Santiago in der Kapelle Kaltenbrunnen im Thurgau.

Vor Wochen besichtigten wir, unterwegs auf dem Jakobsweg, im Thurgau die Kapelle von Kaltenbrunnen, ich berichtete hier darüber. In der Kapelle fiel mir eine kleine Statue auf, sie war beschriftet mit Santiago. Zu deutsch: Sankt Jakob. Der Name des Heiligen ist auf die spanische Pilgerstadt Santiago de Compostela übergegangen, in der er begraben ist. Ich hoffe, man findet diesen Eintrag nicht banal, mir jedenfalls war die längste Zeit nicht klar gewesen, dass Iago das Gleiche ist wie Jakob.

PS: Heute ginge es weiter auf dem Jakobsweg Richtung Einsiedeln. Ginge. Wir lassen die Sache ausfallen, des schlechten Wetters wegen. Zeitdruck haben wir keinen, früher oder später werden wir in Genf ankommen.

Freitag, 22. März 2024

Ohrenzauberer

Ein Perkussionist im Gebirge: Julian Sartorius
am Weissmies. (Foto: Stephan Hermann)
Julian Sartorius, 41, ist verrückt im besten Sinn des Wortes. Ver-rückt. Als Musiker wahrt er Distanz zum Normalen, Etablierten, Eingeschliffenen, Erwartbaren. Vor Jahren traf ich den international gefragten Schlagzeuger aus Thun, der schon mit Sophie Hunger tourte und mit Fred Frith konzertierte; damals kurz-porträtierte ich Julian für den "Tagi" anlässlich eines neuen Albums – er hatte sich zuvor quer durch den Jura getrommelt. Soeben ist das Folgealbum erschienen, diesmal stieg Julian von Domodossola auf den Walliser Viertausender Weissmies, Höhendifferenz 3745 Meter, der Mann ist offensichtlich fit. Unterwegs perkussionierte er auf allem, was ihm unter die Schlegel kam: Wasser, Geröll, Metallzäune, Felsen. Auch der Wind mischt mit, und in tieferen Lagen hört man den Verkehr. Julian Sartorius ist ein Klangexperimentierer und Ohrenzauberer. Das neue Album findet man hier und kann auch reinhören.

Donnerstag, 21. März 2024

Bad News aus Frutigen

Chili made in Frutigen BE gibts bald nicht mehr.
(Foto: Phzh/Wikicommons)
Beim Bau des Lötschberg-Basistunnels der Bahnverbindung von Frutigen nach Visp trat im Untergrund warmes Wasser aus. Ein Projekt musste her, den nicht versiegenden Strom zu nutzen, so kam es zum Tropenhaus Frutigen, einer 2009 eröffneten Erlebniswelt mit Fischzucht, exotischen Gewächsen von Chilischote über Banane bis Papaya sowie Restaurant; dank der Störe produziert man mitten in den Alpen gar Kaviar. 15 Jahre später ist der Betrieb praktisch am Ende, die Besitzerin Coop hat diese Woche bekanntgegeben, das Tropenhaus (Slogan: "Ihre Oase im Berner Oberland") im Mai aus wirtschaftlichen Gründen zu schliessen. Einzig die Fischzucht soll weitergeführt werden. Für Frutigen ist das hart, der Ort verliert seine Touristenattraktion, und 40 Stellen gehen verloren.

Mittwoch, 20. März 2024

Auferstehung am 17. April

1933, die "Säntis" wird versenkt. (Foto: Wikicommons)
Was für ein Umweltfrevel! Nun, vor 90 Jahren war man in solchen Dingen nicht sehr gspürig. Und also wurde der Raddampfer Säntis, 1892 in Betrieb genommen, 1933 einfach versenkt, als man ihn nicht mehr brauchte. Rauch zischte aus den Kaminen, die Schweizerfahne war gehisst, als das Schiff im Bodensee verschwand. Und damit in die Gegenwart. In den letzten Jahren lief ein Crowdfunding mit dem Ziel, die "Säntis" zu bergen, sie in einer Werft in Romanshorn zu renovieren und dann in ein noch zu bestimmendes Museum zu überführen. Nächstens geht es richtig los, mit Luft gefüllte Unterwasserballons sollen den Dampfer an die Oberfläche hieven, läuft alles, wie es soll, wird er am 17. April auferstehen. Den Zeitplan findet man auf der Homepage des Vereins aus Romanshorn, der das Projekt betreibt (hinunterscrollen!).

Dienstag, 19. März 2024

Die Leibeigenen-Schublade

In diesem Prunktraum empfing der Abt Gäste.
Fiktive Person: Waltherus Möhrler.
Das Kloster Fischingen, 1138 gegründet, wurde 1848 wie alle Klöster im Kanton Thurgau aufgehoben. 1977 lebte es wieder auf, nachdem der Klosterverbotsartikel aus der Kantonsverfassung getilgt worden war; Mönche aus Engelberg kamen und bildeten eine neue Mönchsgemeinschaft. Die freilich ist mittlerweile bös geschrumpft, derzeit leben in Fischingen noch vier Benediktinerbrüder, Nachwuchs ist nicht in Sicht, das letzte aktive Thurgauer Kloster dürfte irgendwann eingehen. Dieses Ende ist aber kein totales Ende, denn der 1982 gestartete Seminar- und Tagungsbetrieb mit flankierender Hotellerie und Restaurant ist offenbar auf guten Wegen, auch Kulturanlässe holen Leute in diesen hintersten Winkel des Hinterthurgaus, und natürlich sind da die Jakobspilger und -pilgerinnen. Erfreulich, dass dem Kloster vor anderthalb Jahren 20 Millionen zugesprochen wurden, ein Teil der Erträge aus dem Börsengang der Thurgauer Kantonalbank; das Geld fliesst in Renovationen und Auffrischungen. Am Samstag gönnten wir uns eine Klosterführung, liessen uns von unserem so gebildeten wie gewitzten Führer Anastasio Signorelli die Anlage zeigen und kamen aus dem Staunen nicht heraus. Zum Beispiel angesichts des barocken Raumes, in dem der Fischinger Abt Gäste empfing. Auf den Wänden sind die Wappen der Äbte und, wenn ich es richtig verstehe, adeliger Patrone aufgemalt. Weil am Ende noch Platz blieb, der gefüllt werden musste, kamen auch fiktive Personen zu Ehren, darunter ein gewisser Waltherus Möhrler aus dem 11. Jahrhundert, das Wappen zeigt einen dunkelhäutigen Mann. Der angrenzende Raum, das war die Registratur. In ihr reihen sich die Schubladen, in denen zum Beispiel Dokumente zu den Streitigkeiten mit dem Bischof von Konstanz gelagert wurden oder alles, was die Leibeigenen des Klosters betraf. Diesen Raum verliessen wir durch eine versteckte Tür. Besichtigten im Folgenden die Klosterkirche samt der Idda-Kapelle, fünf architektonische und kunstgeschichtliche Stilrichtungen sind dort kombiniert. Und und und. Am Ende schauten wir in ein Hotelzimmer, also in eine umgenutzte, um ein modernes Badezimmer ergänzte Mönchszelle. Spätestens an diesem Ort nahm ich mir vor, gelegentlich in diesem Hotel zu übernachten. Liebes Kloster Fischingen, es wird ein Wiedersehen geben.
Unser Führer Anastasio Signorelli in der Klosterregistratur.

Eine der Archivschubladen.

Montag, 18. März 2024

Pilgersuppe und Polenta

Dorf und Kloster Fischingen vom Chilberg gesehen. Hinten rechts der Mitte
das Hörnli, das wir zwei Wochen zuvor bestiegen (oberes Foto).
Das Kloster unter dunklen Wolken aus der Nähe.

Mein Süppli.
Was für ein schöner Moment. Wir traten am Samstag zur Mittagszeit bei Chilberg aus dem Wald. Und sahen vor uns ins enge Tal der Murg das Dorf Fischingen eingebettet samt dem Kloster darüber. Vorangegangen waren zweieinhalb abwechslungsreiche Gehstunden, bei Regen waren wir in Münchwilen gestartet, erreichten gleich bei der Murgbrücke den Jakobsweg, hielten südwärts, passierten Sirnach, Wiezikon, Anwil und Oberwangen und gelangten so nach Fischingen, zwischenzeitlich zeigte sich die Sonne. Wir steigerten das Wohlgefühl der Wanderung mit einem Zmittag im Restaurant des Klosters Fischingen, einem stilvollen Barocksaal. Ich hatte zuerst die Fischinger Pilgersuppe, Hauptzutaten Griess und Rüebli, sehr fein. Gleiches gilt für den Hauptgang, eine Polenta mit Rotwein-Zwiebeln, Nüssen, Käse, Rüebli und Schwarzwurzel. Glücklichen Bauches verliessen wir um zwei Uhr das Lokal, eine einstündige Klosterführung vor uns. Über sie will ich morgen oder übermorgen berichten.
Meine stilvolle Polenta im …
… nicht minder stilvollen Barocksaal des Klosterrestaurants.

Sonntag, 17. März 2024

Katholische Schmerztherapie

Das magische Loch, gleich stecke ich den Fuss rein. Hilfreich ist der Hocker.

Ein paar Hundert Jakobspilgerinnen und -pilger steigen jedes Jahr im Kloster Fischingen ab. Ich nehme an, dass sie alle in die riesige Klosterkirche schauen. Aber fällt ihnen dort in der Seitenkapelle, die der heiligen Idda von Toggenburg gewidmet ist, das Loch unter Iddas Sarkophag auf? Das wäre gut, weil mit diesem Loch, das mit einem Türchen verschlossen werden kann, ein spezieller Brauch verbunden ist: Wer müde Füsse hat, geschundene Füsse, Blasenfüsse, der steckt sie in das Loch – das soll solche Bresten kurieren. Gestern war ich vor Ort, hielt wie die anderen in meinem Grüppli die Füsse ins Loch, könnte jetzt aber nicht sagen, dass ich eine Wirkung verspürte. Das mag damit zu tun haben, dass mir die Füsse gar nicht weh taten.

PS: Das Heilloch in der Fischinger Idda-Kapelle erinnert mich an zwei Dinge. Erstens an die Kapelle St. Meinrad in Allenwinden ZG. Neben ihr steht ein Stein mit einer Rille, in die man das Knie legen kann, was angeblich Knieschmerzen beseitigt. Kopfweh wiederum soll verschwinden, wenn man im Kirchlein St. Georg über Berschis SG den Kopf in das sogenannte Kopfwehloch hält. Und dazu summt.

Samstag, 16. März 2024

Gewalt in der Ehe

Idda stürzt, ein Engel fängt sie auf. Links: Idda, jetzt Einsiedlerin, bekommt Besuch.
Foto eines Gemäldes im Toggenburger Museum, Lichtensteig. (Plutowiki/Wikicommons)

Heute gehen wir wieder auf dem Jakobsweg. Bereits gemacht sind diese drei Etappen: Konstanz–Märstetten. Märstetten–Münchwilen. Kloster Fischingen–Hörnli–Gibswil. Ja, da klafft eine Lücke, wir liessen die kurze Etappe Münchwilen–Kloster Fischingen aus. Heute wird nachgeholt, ich rechne mit zweieinhalb Gehstunden. Am Ziel sind zur Mittagszeit zwei erfreuliche Dinge vorgesehen. Wir werden erstens im Klosterrestaurant, einem Barock-Saal, essen. Zweitens habe ich, quasi als Dessert, eine Klosterführung gebucht. Sicher werden wir auf ihr auch etwas über einen besonders krassen Fall ehelicher Gewalt erfahren. In der Klosterkirche gibt es eine Kapelle mit dem Heiligtum der heiligen Idda. Sie war – 12. Jahrhundert – die Gattin eines krankhaft eifersüchtigen Grafen, der ihr nachstellte und sie eines Tages in einem Anfall von Jähzorn über eine Felswand in den Abgrund stiess. Doch o Wunder! Idda überlebte den Mordversuch. Zu ihrem Gatten zurückkehren mochte sie nicht, die Adelsfrau lebte fortan als fromme Einsiedlerin ganz in der Nähe des Klosters. So berichtet es die Legende. Tatsächlich handelt es sich bei der Geschichte um eine Erfindung des 15. Jahrhunderts. Sie hatte den Zweck, das Kloster als Wallfahrtsort attraktiver zu machen.

Freitag, 15. März 2024

Imker im Einsatz


Klingt dramatisch. Ich fotografierte das Auto mit dem Schild "Imker im Einsatz", das ein bisschen an Schilder wie "Notarzt im Einsatz" oder ähnlich erinnert, gestern in der Nähe meines Wohnortes. Ob da wirklich ein Imker im Einsatz war? Ich sah in der Nähe nichts, was darauf hindeutete. Möglich ist es natürlich trotzdem.

Donnerstag, 14. März 2024

Rapperswiler Robinsonaden

Wer sich für die Robinson-Geschichte interessiert, für Daniel Defoes Roman "Robinson Crusoe" von 1719 also und für das, was dieser ausgelöst hat, der oder die muss nach Rapperswil. Im Ausstellungsort Kunst(Zeug)Haus ist eine Robinson-Bibliothek eingerichtet mit 4000 Büchern, Zeichnungen, Spielen, Filmen und so weiter. Um eine Schenkung handelt es sich, Peter Bosshard, passionierter Sammler, 2018 verstorben, hatte seine Robinsonaden dem Museum im ehemaligen Zeughaus vermacht. Die so entstandene Bibliothek gilt als eine der grössten Robinson-Kollektionen weltweit.

Mittwoch, 13. März 2024

Harry und der Haarsalon

Dirty Harry ist der Held des gleichnamigen Actionfilms von 1971 und von vier Folgefilmen. Clint Eastwood verkörpert den wortkargen und sehr schiessfreudigen Polizisten Harry Callahan mit dem riesigen "Magnum"-Revolver. Als ich 1981 in Bern zu studieren begann, belegte ich im zweiten Nebenfach Philosophie; vorerst, später wechselte ich auf Religionsgeschichte. Gegen Ende des Jahres gabs in einem Berner Kino ein Dirty-Harry-Spezial. Ich ging eines schönen Nachmittages hin und fand die gesammelten Ballereien herrlich entspannend. Als in der Pause das Licht anging, sass ganz in der Nähe ein junger Philosophie-Assistent, der ein Proseminar leitete, an dem ich teilnahm. Ihm war es furchtbar peinlich, dass wir uns im Dirty-Harry-Zusammenhang begegneten; als Intellektueller legte man damals Wert darauf, sich nur mit intellektuellen Dingen zu beschäftigen. Sei dem, wie dem sei, unlängst kamen wir in Lenzburg am Coiffeursalon "Dirty Hairy" vorbei. Ich fand den Namen nicht sonderlich gelungen, das Wortspiel mag ja lustig sein, aber was hat ein Coiffeur mit Harry Callahan zu tun? Frisiert er so schnell, wie der Cop schiesst?

Nachtrag: Leserin Betti lässt mich wissen, dass "Dirty Hair" auch ein Frisurentrend ist. Der Fettig-Look ist derzeit offenbar beliebt.

Dienstag, 12. März 2024

Säulen, die schweben

Die Bar im "Kunst(Zeug)Haus" Rapperswil.
Der Ort von aussen.

Das Dach über dem Obergeschoss ist selber Kunst.

Rapperswil hatte im Mittelalter und auch später kein eigentliches Zeughaus. Waffen, anderes Kriegsgerät und Munition wurden im Schloss und im Rathaus gelagert. Im jungen Schweizer Bundesstaat wurde die St. Galler Stadt dann zum Standort eines von mehreren eidgenössischen Zeughäusern bestimmt. 1861 und 1862 entstand der Bau, wurde 1905 erweitert. In der Gegenwart hat das Militär das Areal preisgegeben: Das Zeughaus wurde 1998 umgebaut und später zum "Kunst(Zeug)Haus" umfunktioniert. Am Sonntag besuchte ich eine Ausstellung im lichtdurchfluteten Obergeschoss. "Humaine Nature" zeigt Werke des Franzosen Benoît Billotte, die sich in der Weite des Raumes überhaupt erst entfalten können. Besonders gefielen mir die textilen Säulen, die über dem Boden schweben. Bis zum 5. Mai dauert die Ausstellung, die Visite lohnt sich auch wegen der schicken Bar im Erdgeschoss. Dort trank ich das Bier "Wanderlust", von dem ich gestern erzählt habe.
Stoffsäulen: Benoît Billottes "Au fil des temps".

Montag, 11. März 2024

Rapperswiler Wanderlust


Für eine Person wie mich ist dies natürlich das angemessene Bier. Ich trank es gestern in Rapperswil, wo es in der "Bier Factory" gebraut wird. "Wanderlust" ist ein Pale Ale, also ein in der Farbe helles, tendenziell bitteres, in diesem konkreten Fall aber durchaus auch fruchtiges Bier. Doch, war gut. Noch besser würde das Getränk natürlich schmecken, wenn wir 35 Grad im Schatten hätten. Aber bekanntlich kommt der Sommer schneller, als man denkt.

Sonntag, 10. März 2024

Betäubende Visite

Oskar Reinharts Villa in Winterthur, heute ein Kunstmuseum.
Drinnen.

Oskar Reinhart, 1885–1965, war ein Spross jener Winterthurer Familie, die das Handelshaus Gebrüder Volkart betrieb, eine riesige, zum Beispiel im weltweiten Baumwollgeschäft aktie Firma. Die Passion von Oskar Reinhart war freilich die Kunst, löblich ist, dass er das, was er im Lauf seines Lebens zusammentrug, der Öffentlichkeit überlassen hat. Es sind gleich zwei Sammlungen, die in Winterthur besucht werden können. Das "Kunst Museum Winterthur | Reinhart am Stadtgarten", zentral gelegen, gehört der Stadt und zeigt Werke schweizerischer, deutscher und österreichischer Künstler und Künstlerinnen des 18. bis 20. Jahrhunderts (momentan ist es geschlossen wegen eines Umbaus). Die Sammlung "Am Römerholz" wiederum findet sich hoch über der Stadt am Waldrand in jener splendiden Villa, in der Reinhart gewohnt hatte; diese Sammlung gehört der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gestern besuchte ich die Römerholz-Villa, schaute mich in den verschiedenen Sälen um und sah Goyas, Manets, Courbets, Van Goghs, Renoirs, Corots, Cranachs. Ja, ja, einen Picasso gabs natürlich auch. Unglaublich, diese Fülle – ich verliess Oskar Reinharts Haus in einem Zustand der glückseligen Betäubtheit.

Samstag, 9. März 2024

Das Fussmalheur

Mir war nicht klar, wie ich meinen kleinen
Fuss-Unfall bebildern könnte. Dann
stiess ich auf das hübsche Wappen der
allgäuischen Stadt Füssen. Passt, oder?
(Wikicommons)
Seufz. Gern hätte ich heute den schon gemachten drei Etappen des Jakobswegs eine vierte zugefügt. Doch das wird grad nichts mit Pilgern. Ich hatte nämlich am Dienstag einen kleinen Unfall, ich rutschte aus und zog mir eine Bänderdehnung am Fuss zu. Keine schlimme, doch immerhin eine, nach der ich das Wandern ein paar Tage sein lassen sollte; nächstes Wochenende sollte es wieder klappen. Passiert ist das Malheur am gefährlichsten Ort, den es gibt. Nein, nicht am Berg. Im Badezimmer beim respektive nach dem Duschen, der Boden war ein bitzli feucht. Und was mache ich jetzt mit dem freien Tag? Vielleicht gehe ich ins "Römerholz" in Winterthur und führe mir eine Portion exquisite Kunst zu. Das ist machbar und angemessen.

Freitag, 8. März 2024

Bananenhöhle und Kaufleuten

So, der Anlass ist aufgeschaltet. Zürich, "Kaufleuten", 15. Mai. Buchvernissage. Und ich bin der Autor. Seit einem Jahr arbeite ich an "Neue Schweizer Wunder", zwei Dinge motivierten mich: Zum einen wurde das Vorgängerbuch "Schweizer Wunder", 2016 erschienen, ein Bestseller, was natürlich beflügelt, etwas nachzuschieben. Zum anderen sah ich in den letzten Jahren beim Wandern und auch auf journalistischen Exkursionen so viele wunderbare und wunderliche Dinge, dass ich irgendwann fand, es täte weh, von ihnen dauerhaft zu schweigen. Daher also das neue Buch, das punkto Format wie das frühere ein Büchlein sein und gut 100 Ausflugstipps zu staunenswerten Dingen überall im Land liefern wird. Zum Beispiel geht es um die Bananenhöhle in der Nähe von Brugg. Die hat zwei Öffnungen und krümmt sich unterirdisch wie eine Banane, durchs eine Loch steigt man ein, durchs andere aus. Mehr von meinen Wundern werde ich im "Kaufleuten" erzählen und freue mich über alle, die die Veranstaltung besuchen. Moderieren und mit mir ein Gespräch führen wird meine "Schweizer Familie"-Kollegin Natascha Knecht, bekannte Alpinistin und selber Buchautorin – das wird sicher ein guter Abend.

Die Bananenhöhle bei Brugg.

Donnerstag, 7. März 2024

Die Sache mit der Pferdewechselstation

Der "Schlüssel" in Muttenz. Im Nachhinein
bedaure ich es, hier am Montag nicht eingekehrt
zu sein. Als Mittagsmenü war Fleischvogel
angekündigt. Habe ich ewig nicht mehr gegessen.

Die längste Zeit habe ich nachgebetet, was ich einmal irgendwo gelesen hatte: Muttenz kommt von lateinisch mutatio, Pferdewechselstation. Nun war ich eben in Muttenz und schlug alsbald die Herkunft des Ortsnamens nach. Stellt sich heraus: Die Wissenschaft verwirft die Pferdewechselstation-Interpretation und macht dabei geltend, dass in diesem Fall das N im heutigen Ortsnamen nicht erklärbar ist. Denn mutatio hat kein N. Eine andere Theorie lässt sich auch nicht erhärten: Muttenz könnte von einem alteuropäischen Gewässer namens Mudantia abgeleitet sein, in diesem Ausdruck steckt das deutsche Wort Moder und das englische Wort mud, Schlamm. Hübsch, aber leider nur Spekulation. Bleibt die Möglichkeit eines Personennamens. Geht Muttenz allenfalls zurück auf einen Mann, der einst hier siedelte und sich Muttentius nannte? Auch das wissen wir nicht. Manchmal ist Wissenschaft unbefriedigend. Aber: Dass sie vieles nicht erklären kann – genau das macht sie glaubwürdig und stark.