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Mittwoch, 30. September 2015

Näfels, Theorie B

Der gestrige Eintrag hat mich direkt in eine Kontroverse der hiesigen Philologen und Ortsnamenforscher katapultiert - vielen Dank für den Hinweis, Marianne! Ich schrieb, dass "Näfels" auf Navalia, "Schiffswerft", zurückgehe; die Quelle ist ein gewisser Aebischer, der darüber in der "Zeitschrift für Schweizerische Geschichte" schrieb. Ihm hat aber der Herr Hubschmied repliziert. Hubschmieds Theorie ist die: "Näfels" wurzelt wie ähnlich lautende Bezeichnungen (Nuaus, Noval, Novaglia, Noailles u.a.) in den italienischen und rätoromanischen Ableitungen vom Lateinischen novalis, "neu erschlossenes Land". Hat auch etwas - wer recht hat, bleibt offen.

P.S. Demselben Aufsatz entnehme ich die Deutung zweier weiterer Glarner Ortsnamen. "Mollis" käme von mollia gleich "weicher, sumpfiger Boden". Und "Glarus" von clarona gleich "Waldlichtung".
Schöne Waldlichtung: Glarus (mit dem Glärnisch).
(Wikicommons, Samuel Trümpy)

Dienstag, 29. September 2015

Navalia (GL)

Als wir vor einiger Zeit auf dem Weg nach Elm in Näfels durchfuhren, kam mir wieder in den Sinn, wie man den Namen der Gemeinde deutet. "Navis" heisst auf Lateinisch Schiff, und "Navalia" bezeichnet die Schifflände. Auch das mit gelben Rudern bestückte, geltenartig kurze Boot im Wappen von Näfels verweist auf jene antiken Zeiten, als römische Siedler sich am Fuss des Rautispitzes niederliessen und die Schiffbarkeit der Linth nutzten.

Montag, 28. September 2015

Ihr habt sie verschlafen, Nachbarn!

Der verfinsterte Mond von heute morgen im Livestream
der Universität Offenburg. (Screenshot)
Um 4 Uhr 30 stand ich heute auf, zog mich warm an, ging auf den Balkon, den Himmel rekognoszieren. Wunderbar, kaum Wolken, dafür blinkende Sterne. Ich verliess die Wohnung, lief ein paar Meter weg von den Häusern, sah nun gleich den Mond, der zuvor vom Hausdach verdeckt gewesen war. Tatsächlich: Mondfinsternis, der Mond vom Schattenwurf der Erde verdunkelt, eine Blutorange am Firmament. Fotografieren ging nicht, das Restlicht des Mondes reichte nicht; auch waren rundum zuviele Strassenlampen. Wieder im Haus, suchte ich im Internet nach Livestreams. Es gab einige, doch auf den meisten war wenig zu sehen; am besten fand ich noch die Übertragung aus Offenburg. Umso mehr freue ich mich, die totale Mondfinsternis 2015 erlebt zu haben. Die anderen Wohnungen in meinem Haus, stellte ich fest, blieben dunkel. Ihr habt sie verschlafen, Nachbarn!

Sonntag, 27. September 2015

Der Mond ist eine Frau

Morgen Montag früh, fast noch in der Nacht, kommt es zur totalen Mondfinsternis; sie sollte bei uns gut beobachtbar sein. Die Phase der totalen Finsternis dauert etwas über 70 Minuten, vorher und nachher gibt es lange partielle Phasen. Um 4 Uhr 11 beginnt die totale Phase, die maximale Verfinsterung ist um 4 Uhr 47 erreicht. Die Finsternis kommt dadurch zustande, dass der Mond in den Kernschatten der Erde gerät. Genauer gesagt, zieht der Mond durch den Schatten der Erde, die zwischen Mond und Sonne steht. Alles klar? Ich habe immer Mühe, mir solche Dinge vorzustellen, in diesem Fall geht es dank obiger Grafik. Der Fahrplan zum astronomischen Grossevent als Screenshot:

Und nun noch etwas Interessantes aus der Welt der Phil-Einser: Gewusst, dass der Mond auf Englisch eine Frau ist? Der Sprachgebrauch schwankt ein wenig, manchmal sagt man für the Moon auch it. Herkömmlich aber, im klassischen Gebrauch sowieso, sagt man she. Hier ein Beleg, eine Gedichtstelle aus John Miltons Poem "Paradise Lost" von 1667:

Samstag, 26. September 2015

Der alpine Jurist aus Thalwil

Wenn der abstürzt, ist das womöglich Juristenfutter:
Kletterer am Fitz Roy in Argentinien. (Wikicommons/ Chreownl)
Heute wird mal nicht gewandert. Gründe dafür sind eine leichte Erkältung, ein ebenfalls leicht gezerrter Oberschenkel-Muskel und vor allem das Fest zum runden Geburtstag eines Freundes. Empfehlen möchte ich hier den Artikel meiner Tagi-Kollegin Simone Schmid, der vor wenigen Tagen in der Zeitung stand. Er handelt vom Anwalt Gregor Benisowitsch, der seine Praxis beim Bahnhof Thalwil hat. Er ging schon mit vier Jahren zum ersten Mal auf Bergtour, in Begleitung seines Vaters. Mit sechs stand er auf dem Glärnisch, es folgte im selben Jahr der erste Dreitausender. Mit achtzehn durchstieg er als Seilschaftsführer die Badile-Wand, eine der klassischen vier Nordwände der Alpen. Benisowitsch hat es dann geschafft, seine grosse Leidenschaft mit seinem Beruf zu kombinieren: Als Präsident der Schweizerischen Fachstelle für Alpinrecht steigt er regelmässig in die Berge, um dort Unfälle zu rekonstruieren und darauf basierend juristische Gutachten zu verfassen. "Manchmal ruft mich ein Bergführer noch von der Unfallstelle aus an und fragt, ob ich seinen Fall übernehmen kann", sagt der 58-Jährige.

Freitag, 25. September 2015

Schweizer Taschenmesser der Steinzeit

Kürzlich war ich wieder mal im Landesmuseum Zürich; bis Ende Dezember läuft dort eine archäologische Ausstellung mit ausgewählten Kostbarkeiten aus der eigenen Sammlung. Dinge zum Bestaunen gab es in Hülle und Fülle, etwa die Schale von Zürich-Altstetten, das grösste und schwerste Goldgefäss aus der Bronzezeit in Westeuropa. Am allerbesten gefiel mir aber das besonders alte und sehr simple Exponat, der Faustkeil von Schlieren im Limmattal. Er wurde 1954 entdeckt und ist gut 100 000 Jahre alt. Gefertigt hat ihn ein damaliger Neandertaler. Hübsch finde ich, was die Wikipedia über den prähistorischen Faustkeil an sich schreibt: Er  sei auf alle möglichen Arten verwendet worden, zum Hacken, Schneiden, Schaben, Schlagen und sogar Werfen - er sei das "Schweizer Taschenmesser der Steinzeit".

Donnerstag, 24. September 2015

Von Müller und Schmied

Gestern war im "Independent" eine interessante Karte. Bekanntlich sind manche Familiennamen eigentlich Berufsbezeichnungen - die Karte listet auf, in welchem Land welcher entsprechende Familienname am häufigsten vorkommt:
  • Schweiz: Müller
  • Deutschland: Müller
  • Frankreich: Schmied (Lefebvre)
  • England: Schmied (Smith)
Den Artikel mit der Karte in besserer Qualität zum Nachschauen findet man hier. In Finnland ist der häufigste Berufs-Familienname übrigens: Häuter.

Mittwoch, 23. September 2015

Die armen Seelen im Aletschgletscher

Der Aletschgletscher, Seelenheim.
Die Schweizer Wanderwege haben soeben eine hübsche Broschüre herausgegeben, die es auch online gibt: "Sagenhafte Wanderungen 2015" mit zehn Routen. Zu jeder Route wird, eben, ein Märchen oder eine Sage erzählt. Im Aletschgletscher zum Beispiel sollen einst die Seelen der Verstorbenen eingeschlossen gewesen sein und dort gefroren haben; das war die Sühne für ihre zu Lebzeiten begangenen Sünden. Ein altes Mütterlein, das einsam am Rande des Gletschers lebte, liess die Seelen jeweils des Nachts ein in sein Gehütt, damit sie sich am Ofen wärmen konnten. Dann, eines Tages, machte das Mütterlein einen Fehler...

Man besorge sich die Broschüre und lese es nach. Und ja, ich weiss: Es ist eher unlogisch, dass Seelen, der Inbegriff des Körperlosen, frieren können.

Dienstag, 22. September 2015

Gott und der Hund

Ein weiterer Schnappschuss aus dem Kanton Waadt. In Orbe fotografierte ich vergangenen Dienstag das Schaufenster eines Hundesalons mit dem Schriftzug "Oh my Dog!" Ich fand die Umkehrung des Wortes GOD zu DOG lustig. Die Stilfigur darf noch als Palindrom gelten, auch wenn dessen strenge Form darin besteht, dass eine Buchstabengruppe von vorn und hinten gelesen dasselbe Wort ergibt: Lagerregal, Otto, Reliefpfeiler, Rentner.

P.S. In letzter Minute sehe ich, dass "Orbe" von hinten gelesen "Ebro" ergibt. So wird aus einem Schweizer ein spanischer Fluss. Faszinierend.

Montag, 21. September 2015

Hasen unter sich

Solche Flurnamen liebe ich. Während man für gewöhnlich sagt, dass es Orte gibt, an denen Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, vermute ich in diesem Fall, dass ein paar Hasen auf die Idee kamen, es wäre gesünder, unter sich zu bleiben und den Kontakt mit Füchsen zu vermeiden - also sich bloss untereinander eine gute Nacht zu wünschen. "Hasenguetnacht", Tierpoesie in Flurnamen-Form, liegt übrigens östlich von Walchwil auf dem Walchwilerberg. Und jetzt wünsche ich allen eine gute Woche.

Sonntag, 20. September 2015

Ein Berg, drei Gipfel

Die Südspitze des Ägerisees vom Schornenrain aus. 
Misstrauisches Kuhvolk bei der Halsegg. Hinten zacken die Mythen.
Die gestrige Wanderung auf den Rossberg war anstrengend. Und toll. Die Route: Bahnhof Sattel-Ägeri - Sattel Dorf - Schornen, Morgarten-Schlachtkapelle - Trombach - Schornenrain - Halsegg - Abstecher zum Chaiserstock und retour - Hinter Gwandelen - Wildspitz - Gnipen - Bergsturz-Weg - Ober Spitzibüel - Unter Spitzibüel - Rossbergweid - Harzig - Tennmatt - Bahnhof Arth-Goldau (6 1/4 Stunden, 1042 Meter aufwärts, 1305 abwärts). Drei Höhepunkte:

  • Höhepunkt eins war der Abstecher zum Chaiserstock, dem gegen den Ägerisee vorgeschobenen Nordostgipfel des langgezogenen Rossbergs. Einen Wanderweg gibt es dort hinauf nicht, aber einen guten Weg; oben beim Kreuz ist man allein und geniesst umso mehr die umfassende Aussicht. Immer wieder erstaunlich, wie leicht man sich in den Bergen absetzen kann; mal kurz von den gelben oder rotweissen Zeichen weg, und man hat seine Ruhe. 
  • Höhepunkt zwei war die Einkehr auf dem Wildspitz, wo wir im Bergrestaurant assen. Das Essen war gar nicht mal besonders, eine 08/15-Rösti, dazu eine Bratwurst und ein Bier. Aber es wird halt heftig Herbst. Immer grossartig, wenn es draussen kühl ist und man ein geheiztes Haus betritt, man verspürt Dankbarkeit. Ja, es war kühl draussen. Das Wetter gab an diesem Tag alles, mal schien die Sonne, mal windete es, mal zog kurz Nebel auf. Auf dem Wildspitz dominierten die Wolken.
  • Höhepunkt drei war der Abstieg durch das dramatische Abrissgebiet des Bergsturzes von 1806. Das Geschehen von damals hat sich in die lange Gleitfläche vom Gnipen hinab nach Arth-Goldau eingeschrieben: Überall gewaltige Felsblöcke. Und zur Linken die klaffende Wunde im Berg dort, wo der Fels abriss und ins Rutschen, Rollen, Stürzen kam. Hart war diese Passage mit feuchtelnder Erde, losem Geröll, leicht exponierten Nagelfluhplatten und bis zu einem Meter hohen Tritten; bisweilen blieb nur die Methode Hosenboden. Unangenehm war, dass es, als wir weiter unten waren, zu regnen begann. Das Terrain wurde gleich glitschig. Aber wir schafften es heil hinab nach Arth-Goldau. Ein Berg (Rossberg) mit drei Gipfeln (Chaiserstock, Wildspitz, Gnipen), das war unser Samstag.
Abstieg durchs Bergsturzgebiet. Hinten der Lauerzersee.
Die Kante, von der damals 1806 der Fels abbrach.

Samstag, 19. September 2015

Danke? Wofür genau?

Die höchste Erhebung des Rossbergs über Arth-Goldau ist der Wildspitz, so heisst auch das Gipfelrestaurant. Die Homepage ist hübsch gemacht. Bloss irritiert mich - siehe Screenshot - der Dank "für das Einhalten der Öffnungszeiten". Ich frage mich, was die für Gäste haben. Gibt es solche, die am Dienstag, wenn die Beiz zu ist, einen Tobsuchtsanfall erleiden und stundenlang gegen die Tür hämmern? Oder solche, die sich eine halbe Stunde vor Feierabend mit einer Kette am Tisch fixieren? Rätselhaft.

P.S. Heute wollen wir vom Bahnhof Sattel-Ägeri auf den Chaiserstock und dann auf den Wildspitz steigen. Hernach soll es, ausser es ist sehr nass, durch das Abrissgebiet des historischen Bergsturzes hinab nach Arth-Goldau gehen. Ich nehme an, wir werden im Bergrestaurant Wildspitz essen; selbstverständlich werden wir uns in diesem Fall an die Öffnungszeiten halten.

Freitag, 18. September 2015

Kleiner Ausflug in die Dominikanische Republik

Gestern um sieben Uhr abends stellte ich fest, als ich kurz in meinen Blog schaute: Die 900 000-er-Grenze bei den Clicks ist überschritten. Schön. Gönnen wir uns an dieser Stelle doch einen kurzen Ausflug in die Dominikanische Republik. Einen literarischen. Ich lese gerade "The Brief Wondrous Life of Oscar Wao" von 2007. Autor Junot Diaz erhielt für den Roman den Pulitzerpreis (Fiktion). Im Zentrum steht der Titelheld, geboren in der Dominikanischen Republik und nun zuhause in Amerika. Einsam ist er, hat keine Freunde, kommt an keine Frau heran, lebt in einer Welt, die gebaut ist aus Science-Fiction- und Fantasy-Träumen. Immer wieder geht es in der Geschichte eben um die Dominikanische Republik - ich gestehe, von diesem Land und seiner Geschichte kaum etwas zu wissen. Da ist zum Beispiel der Diktator Rafael Trujillo, 1891 bis 1961, eine Figur, die punkto Brutalität und Verschlagenheit Leuten wie Idi Amin oder Mobutu mindestens ebenbürtig ist. Nur ein Müsterchen: Trujillo hasste Leute mit dunkler Haut, er war besessen von der Idee, seine Nation aufzuhellen. 1937 befahl er die Ermordung von gut 20 000 dunkelhäutigen Menschen, sogenannten Afro-Dominikanern, und haitianischen Erntearbeitern. Ein Jahr später offerierte er, quasi zwecks Sühne, die Aufnahme von 100 000 verfolgten Juden aus Europa. Ist das nicht irre? Es gibt Weltgegenden, von denen hat man kaum eine Ahnung. Und die Historie birgt Schrecken um Schrecken.

Donnerstag, 17. September 2015

Der Khedive von Vallorbe

Der Kiosk in Vallorbe, an dem ich am Dienstag durchkam, heisst "Au Khedive". Interessanter Name. Als Ägypten noch in der Hand der türkischen Osmanendynastie war, also nominell Teil des Osmanenreiches, stand der Titel "Khedive" ein paar Jahrzehnte lang dem Gouverneur des Landes zu. Genaueres zur zeitlichen Eingrenzung und zum Wandel des Titels findet man im englischen Wiki-Eintrag. Wie der Khedive nach Vallorbe kam, weiss ich nicht. In der Pressedatenbank fand ich eine einzige Erwähnung von 2006. Es handelt sich um eine empörte "24 heures"-Leserzeitschrift über einen Einbruch in den Kiosk, bei dem die Diebe sich an den Zigaretten-Vorrat machten, um dann von der Polizei erwischt zu werden. Das bringt uns auch nicht weiter.

Mittwoch, 16. September 2015

Die Orbe hinab

Steg über die Orbe bei der Usine de l'Ile.
Werbung für das Wurstfest.
Gestern ein Viereinhalb-Stünder (260 Meter aufwärts, 595 abwärts) im Waadtländer Jura unter bedecktem Himmel. Ich empfehle die Route speziell Leuten mit Kindern. Zwar geht man einige Male hoch über dem Fluss und sind nicht alle Abschnitte gesichert, so dass man aufpassen muss - dafür ist der Weg ungeheuer abwechslungsreich und abenteuerlich mit immer neuen Stromschnellen, Brücklein, Druckrohren, Stauwehren, Kraftwerks-Installationen, Geländerpassagen, vermoosten Findlingen, Tiefblicken, Höhlen. Dazu kommt in der Mitte der Wanderung ein wunderschönes winziges altes Adelsnest, das aus einem stillgelegten Burgturm und ein paar Häusern samt der netten Auberge de la Croix Blanche besteht. Nun muss ich vielleicht doch noch sagen, wo ich durchlief. Es handelt sich um eine Tour die Orbe hinab. Ich startete in Vallorbe, passierte den Saut du Day, kam nach Les Clées (das Adelsnest) und endete in Orbe. Dort feiern sie am letzten Septemberwoche übrigens die Fête de la Saucisse au Choux. Müsste man da nicht hin?
Druckrohr mit Wanderweg bei Montcherand einige Zeit vor Orbe.

Dienstag, 15. September 2015

Zu Gast bei den Jägern

Erste Steilpassage nach dem Start bei der Skihütte Obererbs, Elm.
Am Sonntag zogen wir von Elm-Obererbs über den Richetlipass nach Linthal (5 1/2 Stunden, 731 Meter aufwärts, 1775 abwärts). Ein paar Dinge zu dieser Unternehmung:
Die Krete des Richetlipasses.
  • Das Wetter unterhielt uns mit Kapriolen: wilder, an den Kleidern rüttelnder, ziemlich kalter Föhn, dann leichter Regen, schliesslich Wolken und Sonne im Wechsel.
  • In der Skihütte Obererbs tagte grad der Männerchor Horgenberg. Um zehn Uhr morgens tranken die schon Weisswein. Wir vier setzten auf Kaffee.
  • Auf der wunderschönen, weiten, moorigen, braungelben, verträumten, stillen, islandesken Hochebene der Wichlenmatt kamen wir zu einer Hütte. Die Jäger, die dort hausten, liessen uns bei sich rasten und drehten unseretwegen sogar die Gasheizung auf.
  • Auf der anderen Seite des Richetlipasses beim Oberstäfeli schon wieder eine Hütte. Verlassen, verkommen, zugig. Drinnen Holz, eine Axt, ein mit Mäuseköteln übersäter Ofen ohne Ofenrohr. Und Graffiti: Ein Pole vermeldete, dass er durchgekommen war.
  • Im Durnachtal liebten wir die Alp Vorderdurnachtal. Da war ein lieber Hund, der aussah wie eine Hyäne (geflecktes Fell), da war eine Besenbeiz mit Kässeli, da war ein Kühlschrank mit Alpkäse. Das kleine Mädchen des Bauernpaares schenkte mir eine Vogelfeder, wollte sie dann aber wieder zurück. Übrigens kann man an diesem Ort Exkursionen in und zu der Hirschbrunft im Tal buchen.
  • Ein letzter Höhepunkt war der Abstieg auf dem Bachweg am Durnagel, einem bösartigen, mit Verbauungen noch und noch notdürftig gezähmten Wildbach. Der Anblick des lieblich-grünen Dorfes Linthal machte als Kontrast den Abschluss, die S-Bahn trug uns müde Menschen heim.

Montag, 14. September 2015

Wieder mal ein Rahmen

Ebnat-Kappel, Sinne-Park. (Screenshot Homepage)
In Ebnat-Kappel ist am Wochenende im Gebiet Eich ein Sinne-Park eröffnet worden. "An neun Stationen mit Schildern und weiteren Einrichtungen kann Jung und Alt die Sinne neu erleben, spielerisch erproben und vielleicht sogar zu einem erweiterten Lebenssinn gelangen", schreiben die Macher. Ich musste grinsen, als ich mir die Homepage anschaute. Da ist sie wieder, die Idee des Rahmens, durch den der Spaziergänger blicken kann, um die Landschaft als eine Art Gemälde zu betrachten - oder als poetisches Fernsehen. Das habe ich in der Schweiz sicher schon zehn Mal gesehen. Zitat aus einer alten Kolumne von mir, die die Route Zofingen - Uerkheim behandelt:
"Bald komme ich zu einer markanten Stechpalme. Ganz in der Nähe steht ein Holzrahmen auf einem Gerüst; blickt man hindurch, sieht man - nun, was schon: Bäume. Es handelt sich um eine Station der Aktion «Kunstraum Wald». Lächerlich. Ich weiss nicht, wie viele Male ich diesen Gag schon gesehen habe: Irgendein Künstler stellt irgendwo einen Bilderrahmen ins Gelände und findet es wahnsinnig subtil, wie er mit diesem Kniff Passanten auf die - allen Gemälden überlegene - Schönheit der Natur aufmerksam macht. Wer so etwas heute noch veranstaltet, gehört zehn Jahre für alle Kunstförderbeiträge und -stipendien gesperrt."
P.S. Gestern machten wir den Richetlipass, gingen also von Elm (Obererbs) nach Linthal, grandios! Morgen will ich davon berichten, hier als Appetizer ein Foto. Es zeigt unseren Weg nach dem Pass im Gebiet Mättlenrus, kurz bevor wir das Durnachtal erreichten. Natürlich fragt man sich als Wanderer, wie es ganz vorne beim Kamm weitergeht.

Sonntag, 13. September 2015

Grüne Chnölleli

Heute soll es über den Richetlipass gehen, also von Elm nach Linthal. Gute Sache, dass der übliche Bus von Schwanden nach Elm Sportbahnen in der warmen Jahreszeit zu gewissen Zeiten verlängert wird bis zur Skihütte Obererbs. Man erspart sich dadurch 700 Höhenmeter im Aufstieg, bleiben noch 700. Ich freue mich sehr. Einziger Wermutstropfen: Es gibt unterwegs keinen einzigen Wermutstropfen, einkehren kann man nicht, kein Restaurant am Weg. Als Proviant mitnehmen werde ich unter anderem Minikiwis aus dem Thurgau. Die habe ich kürzlich in meinem Coop entdeckt. Ich liebe sie. So ein grünes Chnölleli, siehe Foto, ist nicht grösser als mein Daumen und doch recht kräftig im Geschmack, eine Mischung aus süss und sauer. Unten in Linthal werden mir dann sicher die Knie schlottern, es geht doch 1770 Meter abwärts.

Samstag, 12. September 2015

Kaiologie

Heute ist Klassenzusammenkunft. Kanti Trogen, Matura 81. Wir treffen uns am Kaien, der Strassenverzweigung zwischen Rehetobel und Heiden mit einem Restaurant bzw. einer Gastrobaracke. Interessanter Flurname. Folgendes ist zu "Kaien" zu sagen:
  • Es handelt sich um ein Appellativ. Um einen Gattungsnamen, der also nicht speziell diesen Ort bezeichnet, sondern manchenorts auftaucht.
  • "Kaien", anderswo auch "Ghei", bedeutet: Gehege. Oder: gehegter Wald.
  • Es gibt auch den Namen "Kaies": die Leute vom Gehege. Der Ahnherr war wohl ein Wildhüter oder Bannwart. "Kaies" ist der Spitzname des Geschlechts Huber, das in Appenzell eingesessen ist; in Innerrhoden haben die Zweige grosser Sippen oft solche Spitznamen. Nach den Huber-Kaies sind im Innerrhodischen einige Orte "Kaies" benannt.
Quelle: Stefan Sonderegger, Appenzeller Namenbuch. Die Orts- und Flurnamen des Landes Appenzell.

Freitag, 11. September 2015

Das Essequiboproblem

Guyana in dunklem Grün. Der rote Strich
zieht grob die Teilung des Landes dem
Essequibo-Fluss nach. (Wikicommons)
Gestern las ich in der NZZ mit Interesse einen Artikel über Guyana. Das Land wird vom Fluss Essequibo der Länge nach geteilt. Die Provinz westlich heisst nach dem Fluss ebenfalls Essequibo und deckt gut zwei Drittel des Staatsgebietes ab.
Nun wird die Sache ungemütlich: Seit vor der Küste von Essequibo Öl entdeckt wurde, macht der westliche Nachbar Venezuela Druck - Venezuela erhebt Anspruch auf Essequibo. Er gründet in der Kolonialgeschichte, die in einen unklaren Vertrag über die Hoheitsrechte beider Staaten mündete. Man stelle sich vor, Deutschland würde fordern, dass die ganze Deutschschweiz ihm zugeschlagen wird. Ungemütlich, eben. Veneuzuela hätte übrigens selber genug Öl. Der Autor des Artikel schätzt, dass Präsident Nicolas Maduro eher ein Thema gefunden hat, mit dem er in Zeiten sinkender Popularität die Wählerinnen und Wähler hinter sich scharen kann.

Donnerstag, 10. September 2015

Das Geldloch von Zürich

Der Trichter hat mein Münz gefressen, die Scheibe sich wieder geschlossen.
Die Schwyzer haben das Hölloch. Die Solothurner haben, am Weissenstein, das Nidlenloch. Wir in Zürich aber haben das Geldloch. Am Rennweg gibt es eine PostFinance-Filiale. Und in ihr, eben, das Loch. Man braucht eine Postcard, um das Loch zu öffnen. Dann wird es eindrücklich. Die Scheibe über dem Loch gleitet zur Seite, das Loch öffnet sich. Man leert sein Münz hinein, wenn man will, kiloweise. Es beginnt zu rattern und zu rechnen, das Münz sinkt tiefer und tiefer, ein unheimlicher Vorgang, das Loch schluckt ganz langsam und genüsslich und macht dabei viel Fresslärm. Am Schluss ist das Geld verschwunden, und auf dem Display steht, wieviel einem auf dem Konto gutgeschrieben wird. Mir macht das Geldloch immer unheimlichen Spass. Alle paar Monate trage ich mein Münz hin und füttere es, eine Art Opfervorgang ist das.

Mittwoch, 9. September 2015

Erich, der Panflötenmacher

Zog die Aussteiger an: das Onsernone-Tal, vorne Loco.
(Wikicommons/Bordione)
Als die 68-er realisierten, dass es mit der Abschaffung des Kapitalismus nicht so schnell gehen würde, resignierte ein Teil von ihnen, wurde apolitisch oder verbürgerlichte. Ein anderer Teil stürzte sich in die Drogen. Und eine dritte Fraktion verliess die verruchte Stadt, um auf dem Land langfristig das selbstbestimmte Leben aufzubauen. Gestern war im Tagi eine grosse Reportage über die Hippies und Linken von damals, die im Nirgendwo neu anfingen. Konkret: im Tessin. Noch konkreter: im Onsernone-Tal, das sie wohl auch deshalb wählten, weil hier schon Max Frisch untergekommen war. Geschrieben hat den Artikel Roger Anderegg, ein pensionierter Kollege von der SonntagsZeitung, den ich immer gut mochte; er ist übrigens ein unglaublich fitter Wanderer, der schon von Sizilien in die Schweiz lief. Einer der Typen, die Roger uns vorstellt, ist Erich Frank, 72, gelernter Tierpräparator, drahtig, bärtig, kauzig. Seit 40 Jahren lebt er im Onsernone-Tal:
"Erich, weitgehend Selbstversorger, baut Gemüse und Obst an und schaut zu seinen 20 Kaninchen und 12 Hühnern. Zwei der Alpgebäude sind heute nur noch Ruinen. Im dritten hat sich Erich eine Werkstatt eingerichtet und baut Panflöten, die unter Musikern weltweit einen ausgezeichneten Ruf geniessen. Im Sommer sieht er ab und zu Wanderer vorbeiziehen, im Winter oft wochenlang keine Seele."

Dienstag, 8. September 2015

Eine ganz besondere Mandel

Mandorla heisst die Mandel auf Italienisch. In der Kunstgeschichte bezeichnet das Wort eine Art Heiligenschein der Extraklasse, der die ganze Person umgibt statt nur den Kopf wie bei normalen Heiligen. Für gewöhnlich ist die Mandorla Christus vorbehalten. Ich las den Begriff kürzlich in einer Abhandlung über die Schöpfungszyklus-Fresken in der Galluskapelle von Oberstammheim im Zürcher Weinland. Dort ist Gott selber in einer Mandorla abgebildet, wie er gerade Wasser und Land trennt. Irgendwie erinnert mich diese Mandel auch an eine Rettungskapsel in der Raumfahrt.

Damit es zum Bild unten keine Verwirrung gibt: Es hat mit Oberstammheim nichts zu tun. Leider war dort das Licht in der Kapelle nicht gut, mein Foto wurde nichts. Daher diese andere Mandorla-Illustration.  Sie zeigt Christi Himmelfahrt in der Mandorla. (Quelle: Wikicommons/ Rabbula-Evangeliar)

Montag, 7. September 2015

Dichtestress vor 3000 Jahren

Die archäologische Tafel auf dem Chestenberg.
Wir schafften am Samstag nicht die ganze Route, die ich im Sinn gehabt hatte. Vermutlich lag das daran, dass wir immer wieder mal hielten, Dinge betrachteten, Abstecher machten; es gab einfach enorm viel zu sehen zwischen Lenzburg und Turgi, vor allem Historisches und Archäologisches. Besonders Eindruck machte uns eine Tafel auf dem langgezogenen, abenteuerlich schmalen Jurakamm des Chestenberges oberhalb von Möriken. Sie erzählte, dass vor 3000 Jahren an diesem Ort ein kleiner Weiler stand mit ein paar Häusern. Die Häuser waren an den Hang gebaut, Pfosten stützten die ins Leere vorkragenden Fussböden. Allerlei Handwerksdinge wurden ausgegraben, Reste von Webstühlen, Beile, Hämmer, ein Backofen. Warum aber legte man den Weiler nicht unten in der Ebene von Möriken an oder auf der anderen Seite des Chestenberges, auf dem Birrfeld? Nun, Sicherheits-Erwägungen mögen den Ausschlag gegeben haben. Oder aber der zunehmende Siedlungsdruck, so eine zweite Tafel; Dichtestress ist keine Erfindung der Neuzeit.
Der Chestenberg vom Wülpelsberg aus.

Die Route, 23 Kilometer, 5 Stunden 50 Minuten, 488 Meter aufwärts, 542 Meter abwärts: Lenzburg SBB - Altstadt - Römertheater Lentia - Lind - Birch - Brunegg, Dorf - Brunegg, Schloss - Chestenberg - Schinznach Bad (im Bad-Stübli assen wir um zwei Uhr zu Mittag) - Wülpelsberg/ Habsburg - Vindonissa - Kloster Königsfelden - Brugg SBB.

P.S. Falls sich jemand über die exzentrische Frühe der Veröffentlichung dieses Eintrages wundert - ich habe ein paar Tage Morgendienst beim Newsnetz des Tages-Anzeigers, der Dienst beginnt um sechs, ich muss um zehn nach fünf aus dem Haus.

Sonntag, 6. September 2015

Wardles Experiment


Ich mag Outdoorfilme. In diesem lässt sich ein Ed Wardle per Flugzeug in Nordkanada absetzen. Sein Plan ist es, in der absolut menschenleeren Gegend drei Monate durchzuhalten. Er fischt und legt Schlingen (ohne grossen Erfolg), schiesst mal ein Stachelschwein vom Baum (die Leber ist grossartig), gräbt essbare Süsskartoffeln aus dem Boden, die fast gleich aussehen wie die giftige Variante. Das dominierende Element seiner Selfie-Filme ist etwas anderes: das Seelische. Er ist einsam, er führt Selbstgespräche, er hat Panik vor Bären - nein, einfach ist das nicht allein in der Wildnis. Nach sieben Wochen hat Wardle, der doch immerhin den Mount Everest bestieg, am Nordpol war und also ein ziemlich abgehärteter Zeitgenosse ist, genug. Abgemagert und entnervt gibt er auf. "Alone in The Wild", ein ziemlich unromantischer Wildnisfilm.

Samstag, 5. September 2015

Im Aargau und doch im Thurgau

Baden werden wir nicht. Aber wir kommen heute in Bad Schinznach durch.
Heute gehen wir in den Aargau; in den Bergen dürfte das Wetter deutlich schlechter sein. Unsere Route ist ausgesprochen historisch, bietet aber durchaus auch eine Portion Natur. Folgendes werden wir erleben:
  • Das Amphitheater von Lenzburg, ehemals Lentia.
  • Schloss Brunegg der von Salis mit dem Pförtnerhaus, in dem Hermann Burger lebte.
  • Den Chestenberg, einen wilden Jurakamm.
  • Bad Schinznach mit der Schwefelquelle.
  • Die Habsburg.
  • Vindonissa.
  • Die Klosterkirche von Königsfelden und die römischen Wachttürme.
  • Das Gebenstorfer Horn.
  • Last not least Turgi. Dort wird die Erinnerung zurückkommen an den heroischen Tag, an dem wir vom Bahnhof Turgi starteten und die Reuss hinauf 43 Kilometer zurücklegten. Bis Ottenbach kamen wir. damals Gehört dort oder in Turgi nicht gelegentlich zur Erinnerung eine Plakette angebracht?
P.S. Wissen alle, woher der Name "Turgi" kommt? Jawohl, es handelt sich um die Kurzform zu "Thurgau". Im frühen Mittelalter reichte das Gaugebilde Thurgau bis zum Wasserschloss der Schweiz nah Turgi. Dort war die Grenze zu zwei anderen Gauen, dem Aargau und dem Augstgau.

Freitag, 4. September 2015

Fideikommiss

Im Familienbesitz: Schloss Elgg ZH.
Kürzlich lernte ich ein neues Wort: Fideikommiss. Es handelt sich um eine erbrechtliche Einrichtung: um eine Stiftung mit der Bestimmung, dass das Vermögen einer Familie, ob Gutsbesitz oder Geld, stets nur einem einzigen Familienmitglied gehören kann. Der Stifter will so vermeiden, dass der Besitz über die Generationen durch die übliche Vererbung auf immer mehr Leute verteilt wird. Ein Artikel der NZZ brachte mich auf den Begriff. Schloss Elgg nämlich im Osten des Kantons Zürich ist ein solches Fideikommiss. Einer aus der grossen Zürcher Dynastie der Werdmüller, Felix Werdmüller, wandelte die Herrschaft Elgg 1715 in ein Fideikommiss um, das bis heute besteht; der jeweilige älteste Nachkomme ist der Nutzniesser. Freilich will das Schloss auch unterhalten sein, Würde bringt Bürde.

Donnerstag, 3. September 2015

Etwas zum Lesen - und zum Schauen

Die neue Ausgabe von "Schweiz. Das Wandermagazin" ist da. Sie enthält eine unglaublich schöne Fotostrecke von Marco Volken zum Thema Bergseen. Und eine ebenso unglaublich schöne Fotstrecke von Andreas Gerth. Ich kann das nicht zeigen, man kaufe und schaue selber. Auch sonst findet man viel Wissenswertes und eine gute Portion toller Routen in dem Heft. Das einzige, was mich an ihm ein wenig stört: wie ununterscheidbar streckenweise redaktioneller Inhalt und Werbung sind, wie sie ineinanderfliessen. Nun ja, ich weiss als Journalist, wie schwer es die Branche mittlerweile hat.

Mittwoch, 2. September 2015

Neues vom Peak-Finder-Mann

Hier gibts doch sicher ein schönes Echo: Scherrers-Höhle SG.
Heute gibt es in der Zeitung von mir ein Porträt des Informatikers Fabio Soldati, 40-jährig, den ich den "Echojäger von Zürich" nenne. Er schrieb die Software zu Peak-Finder, einer App, mit der man Berggipfel identifizieren kann - die App in ihren Versionen verkaufte sich bis anhin 500 000 mal. Und jetzt hat Soldati Echotopos mitkreiert, eine App samt begleitendem Browser, die sich dem Echo in den hiesigen Bergen widmet. Es handelt sich um ein Kunstprojekt. Man kann ein Echo melden und einzeichnen, einzelne dieser Echos werden vom Klangkünstler Christian Zehnder, vom Tonmeister Daniel Dettwiler und vom Fotografen Tobias Madörin (er illustrierte eines meiner Wanderbücher) besucht und verewigt.

Dienstag, 1. September 2015

Auf der Riederfurka wohnt sichs schön

Ernest Cassels Villa auf der Riederfurka.
Der Anblick ist jeweils surreal. Man hat kaum die nach 08/15-Art überbaute Riederalp hinter sich, da erblick man im Aufstieg zur Riederfurka ein Unikat von Haus, halb altes Haus von Rocky Docky, halb Herrschaftsvilla. Der angejahrte 25-Zimmer-Klotz ist im viktorianischen Stil erbaut mit Türmchen, Wetterfahnen, Ornamenten; im Inneren gibt es einen Speisesaal und ein Fumoir und natürlich Cheminées, der Täfer ist aus erlesenem Holz. Jawohl, die Rede ist von der Villa Cassel, die ihre Existenz dem deutsch-britischen Financier Sir Ernest Cassel verdankt, einem der reichsten Männer seiner Zeit. Er hatte sich aus einfachsten Verhältnissen hochgearbeitet. Wollte er sich erholen, zog er sich von London in die Walliser Bergwelt zurück, die Villa hatte er 1902 erbauen lassen. Zu Gast bei ihm war bisweilen auch der junge Winston Churchill. Und übrigens hat auch der Ort mit dem seltsamen Namen "Bischofssitz", der auf der Riederfurka ausgeschildert ist, mit Cassel (1852 - 1921) zu tun. Dieser beherbergte bisweilen anglikanische Kleriker, die den Bergblick von besagtem Platz aus sehr genossen haben sollen.