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Dienstag, 28. Februar 2023

Aargauer Stelzen

Landschaft mit Bauwerk.
Beim Hügel Gugelen ist die Strasse von Villigen nach Mandach und
Hottwil auf ein paar Metern überdacht – offensichtlich eine
Vorsichtsmassnahme wegen der Gesteinspipeline ein paar Meter höher.

Vor zwei Jahren unterquerten wir im Wald nah Siggenthal ein Förderband auf Stelzen, es war durch die Bäume ziemlich verdeckt. Letzten Samstag trafen wir wieder auf das Band, als wir von der Rotbergegg nach Villigen abstiegen – diesmal waren wir in offenem Gelände unterwegs und hatten freien Blick auf die Anlage der Holcim Schweiz AG. Das Band in ihrem Inneren transportiert zerkleinerten Kalkstein und Mergel vom Steinbruch Gabenchopf am Geissberg zum Zementwerk Siggenthal. Fast vier Kilometer lang ist die Gesteinspipeline und überquert auch die Aare.

P. S. Die „Eidgenossenhäuser“ folgen morgen.
Hier wird abgebaut: Steinbruch Gabenchopf am Geissberg. (Foto: Ronja)

Montag, 27. Februar 2023

Wir sahen ein Ufo

Wir starteten in Koblenz, weit war der Himmel über der Aare.
Tafeljura unweit von Mandach.
Der Risotto.
Mandach ist ein kleines Dorf, das nördlich von Brugg zwischen Aare und Rhein liegt im Tafeljura, der rundum lange Kämme bildet und das Land in Kammern teilt. Die Kirche ist klein und gedrungen, das Dorfrestaurant heisst "Hirschen" und ist gut, wie wir am Samstag feststellten. Cordon bleu, Schnipo, Safranrisotto mit Pilzen und Haselnüssen, Nudeln mediterran mit getrockneten Tomaten – alles untadelig. Kühl war der Tag und verhangen der Himmel, wir hatten die Gegend weitgehend für uns, das macht immer gute Laune. Vom Startort Koblenz visierten wir via Sibewege und Sandholtern Mandach an, stiegen nach dem Zmittag ab nach Villigen. Das Ufo, das wir kurz vor Wanderschluss nah der Aare bei Villigen zu sehen vermeinten, war die Synchrotron-Lichtquelle des Paul-Scherrer-Instituts, das Nuklearforschung betreibt. In einer Kreisbahn beschleunigt man im scheibenförmigen Riesengebäude Elektronen auf Fast-Lichtgeschwindigkeit, das dabei erzeugte hochintensive Röntgenlicht wird für die Ergründung aller möglichen Materialen genutzt – Spitzenforschung im Aargau.
4 Stunden und 20 Minuten, 460 Meter aufwärts, 420 Meter abwärts.
Sieht doch wirklich aus wie ein Ufo! (Foto: Ronja)

P.S. Was es mit dem kleinen Weiler "Eidgenossenhäuser" in der Nähe von Mandach auf sich hat, erzähle ich morgen.

Mandach. Ihren Hausberg bzw. Haushügel mit den Reben (rechts) nennen
die Einheimischen "Berg". Die Dampffahne im Hintergrund stammt vom AKW in Leibstadt.

Sonntag, 26. Februar 2023

Hohlers Hausberg

In der neuen Ausgabe der "Schweizer Familie", seit Donnerstag am Kiosk, gibts von mir ein Interview mit Franz Hohler. Es geht darin auch ums Wandern. Respektive ums Bergwandern und Bergsteigen – Hohler, der am 1. März 80 wird, bestieg schon mit 20 das Matterhorn. Hier zwei Zitate aus dem Interview mit dem Schriftsteller und Kabarettisten, der in Olten geboren wurde und in Zürich lebt.

  • "Im Avers im Kanton Graubünden, wo meine Frau und ich jeweils den Sommer verbringen, habe ich einen Hausberg. Einen richtigen Namen trägt er nicht. Ich besteige ihn jedes Jahr. Wobei ich letztes Mal meine Sohn mitnahm, aus Sicherheitsgründen. Die Höhendifferenz beträgt doch 800 Meter, einen Weg gibt es nicht. Aber ich weiss gut, wo es durchgeht."
  • "Man betritt (beim Bergsteigen) eine andere Welt mit anderen Gesetzen. Auf einem Gipfel zu stehen, von dem aus es nicht weitergeht, ist ein befreiendes Gefühl. Der Gedanke an eine Tour hilft mir auch, wenn ich im Flachland einen strengen Tag vor mir habe, einen mit mehreren Lesungen etwa. Ich stelle mir den Ablauf dann als Bergtour vor, überlege, wo ich raste und wann ich etwas esse, damit ich keinen Hungerast bekomme."

Samstag, 25. Februar 2023

Schmucklose Mitte

Der Mittelpunkt des Kantons Basel-Landschaft in Lupsingen:
links die Infotafel, rechts der Pfahl.
Schweizmobil-Screenshot, den
Mittelpunkt markiert mein Stern.
1999 bestimmte der Kanton Basel-Landschaft seinen Flächenmittelpunkt. Man stelle sich vor, man schneide aus einer Karte den Kanton aus und balanciere das zweidimensionale Gebilde auf einer Bleistiftspitze. Das gelingt genau dann, wenn man die Bleistiftspitze im Flächenmittelpunkt ansetzt. Im konkreten Fall erwies sich, dass Basellands Zentrum auf dem Boden der Gemeinde Lupsingen liegt, nordöstlich des Dorfes im Gebiet Rüti. Letzten Samstag suchten wir den Ort auf, eine Tafel steht dort, deren Schrift bald einmal unleserlich sein wird. Respektive weist die Tafel am Rand eines Feldweges ein paar Meter weiter in die Wiese zu einem Pfahl, der den exakten Mittelpunkt anzeigt. Besonders stilvoll ist das nicht gelöst, vor allem die Tafel wirkt provisorisch.

Freitag, 24. Februar 2023

Einfränkler nicht vergessen!


Das Museum für Musikautomaten in Seewen, Kanton Solothurn, ist dem Bundesamt für Kultur angegliedert, was ich eher bizarr finde. Eine Schenkung steht dahinter: Heinrich Weiss, 1920-2020, Druckerei-Unternehmer und Pionier des Barcodes, überantwortete seine Sammlung von Musikautomaten vor 23 Jahren der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Letzten Samstag besuchten wir das Museum, einen modernen Bau am oberen Ortsrand, und waren angetan von der Fülle des Gebotenen. Kleinode wie kostbare Musikdosen, aber auch Riesenapparate wie die Orgel des "Titanic"-Schwesterschiffes "Britannic" (Bildcollage, grosses Foto) sind zu sehen – und auch zu hören, wenn man sich einer Führung anschliesst. Wir absolvierten zuerst die 20-minütige "Britannic"-Orgel-Führung und dann die einstündige Standardführung und fanden vieles faszinierend. Wie zum Beispiel die Figurine eines Malers, die unter Musikklängen zum Leben erwachte, der Pinsel huschte über die Palette, die Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, das war magisch. Ein Tipp noch: Einfränkler mitbringen. Im Restaurant – wir assen dort sehr gut – gibt es eine Musikbox mit Hits aus der Schallplattenära. Mein Gemüse-Mah-Mee schmeckte zu Elvis Presleys "Suspicious Minds" noch viel besser.

Donnerstag, 23. Februar 2023

Das linke Zentrum

Salecina und die Regenbogensäule von Gottfried Honegger.
Salecina von weiter weg.
Endlich! Vieles hörte ich über die Jahrzehnte von Salecina, einer linken Bildungseinrichtung in grandioser Landschaft, einem Kurszentrum, in dem sich Ferien und politische Weiterbildung verquicken. Gestern passierten wir Salecina auf dem Weg von Maloja hinauf zum Lägh da Cavloc. Ich war etwas enttäuscht, die Handvoll Häuser des Weilers, die ich zum ersten Mal sah, wirkten auf mich trostlos und schäbig. Aber das mag erstens mit der Jahreszeit zu tun haben, und zweitens könnte man mir entgegnen, Salecina müsse halt mit wenig Geld wirtschaften. Stolz ist jedenfalls die Geschichte der Stiftung, die vom sozialistischen Ehepaar Theo und Amalie Pinkus 1971 gegründet wurde, man denke etwa daran, wie Max Frisch hier einst mit Herbert Marcuse debattierte. Kann man alles nachlesen. Ein Wort noch zur bunten Säule vor dem Anwesen. Sie ist Teil der Installation "Culur" des Künstlers Gottfried Honegger, neun weitere Regenbogensäulen stehen auf der nahen Staumauer des Rückhaltebeckens Orden.

Mittwoch, 22. Februar 2023

Bergsee und Affogato

Zum Lägh da Cavloc gehört ein Restauräntchen. Im Winter
ist es zu. Aber die Terrasse lädt zur Rast und zur Schau über den See.

Das war ja wieder grossartig gestern. Mit meinem Bündner Bergfreund Peider machte ich eine Rundtour ab Maloja, wir wanderten somit im Bergell, zu dem das Passdorf gehört. Auf dem offiziellen Winterwanderweg stiegen wir auf zum Bergsee Lägh da Cavloc und setzten, wie es bei guten Verhältnissen möglich ist, fort zur Hochebene von Plaun Canin. Erst dort, eine Etage höher, wendeten wir nach der Rast bei einer kleinen Hütte. Das Tal, in dem wir unterwegs waren, war ein Traum: Berge auf drei Seiten, Stille, Granitblöcke überall. Freilich war die Unternehmung nicht leicht, auf den Abschnitten im Schatten war der Schnee beinhart gefroren, das bereitete uns vor allem auf dem Rückweg, also abwärts, Mühe. Im Hotel Maloja Kulm gönnten wir uns am Ende einen sehr grosszügig dimensionierten Affogato.
Plaun da Canin, bei der Alphütte rasteten wir länger
und traten dann den Rückweg an. 
Gefrorene Wasserfälle am Piz da la Margna.

Dienstag, 21. Februar 2023

Schöner wohnen auf 2972 Metern


Nicht übel, wenn man durchs Fenster des Hotelzimmers den Piz Palü sieht. Und draussen auf der Terrasse den winterlich eingeschneiten Persgletscher zu Füssen hat und dahinter den Piz Bernina, den östlichsten Viertausender der Alpen. So war das gestern Nachmittag, ein paar Stunden später ass ich im Bergrestaurant gut und schlief hernach ebenso gut. Ich habe die Nacht auf der Diavolezza verbracht, auf 2972 Metern. Heute Morgen gehts wieder runter und Richtung Maloja, wo ich winterwandern will.

Montag, 20. Februar 2023

Schneematt ohne Schnee

Milder Februar zwischen Seewen und Büren.

Am Samstag waren wir im Nordwesten des Landes unterwegs, der Tag fühlte sich nach Frühling an, warm wars. Wir starteten in Liestal, gingen das Oristal hinauf nach Lupsingen, stiegen auf den Chleckenberg, drehten bei der Schneematt Richtung Seewen, erreichten das Dorf und verliessen es wieder, indem wir in den Nachbarort Büren hielten. Es war eine Wanderung, die uns zu einem Museum führte, doch das muss separat in einem späteren Eintrag verhandelt werden. Vorerst etwas zur abgelegenen Schneematt, die so unscheinbar wie bemerkenswert ist. Zum Beispiel stehen dort jede Menge Grenzsteine, die zwei Kantone Basel-Landschaft und Solothurn treffen aufeinander. Sowie die vier Gemeinden Lupsingen BL, Ziefen BL, Seewen SO und Büren SO, weswegen hier ein "vierbänniger Stein" steht; wir lasen von ihm auf einer Infotafel, fanden ihn aber im unübersichtlichen Waldgelände nicht. Die Schneematt, 570 Meter über Meer, ist – ihr Name besagts ja – eine Gegend, in der sich Schnee besonders lange hält. Kein Wunder, sie liegt in einem Geländekessel, in den die Sonne praktisch nicht reicht. An unserem Tag freilich fanden wir hier keinen Schnee vor, er war höheren Lagen wie dem nahen Passwang vorbehalten. Was wir an diesem milden Februartag stattdessen sahen, waren Schneeglöckchen.

Die Schneematt mit ihrem leicht unheimlichen Einzelhaus, den ersten
Schneeglöckchen sowie dem vierbännigen Stein (von der Infotafel fotografiert).
"Bann" im Ausdruck "vierbännig" meint "Gemeindegebiet".

Sonntag, 19. Februar 2023

Die Schwestern und Brüder sind weg

Der Flecken Appenzell, den wir letzte Woche wieder einmal durchstreiften, hat zwei Klöster des Kapuzinerordens – in keinem der beiden besteht allerdings noch ein Ordensleben. Das Frauenkloster "Maria der Engel", das in der Nähe des Bahnhofs hinter einer Mauer zu finden ist, ging nach dem Auszug der letzten fünf Schwestern im Jahr 2008 an eine Stiftung über, die zwei Ziele verfolgt. Zum einen soll das stattliche Gebäude, in dem derzeit ein Gästehaus und ein Laden unterhalten werden, erhalten bleiben. Und zum anderen soll mittelfristig wieder irgendeine Art von kirchlicher Gemeinschaft einziehen. Das zweite Kloster namens "Mariä Lichtmess" liegt am westlichen Dorfeingang und beherbergte Kapuzinerbrüder, bis der Orden es 2011 an den Kanton Appenzell Innerrhoden übergab. Die alte Klosterschule "Kollegi" gibt es nicht mehr, dafür als Nachfolgemodell die öffentliche Mittelschule "St. Antonius". In der historischen Anlage ist zudem das Innerrhoder Erziehungsdepartement untergebracht.

Das Frauenkloster "Maria der Engel" in Appenzell.
P.S. Morgen mehr von unserem Baselbieter und Solothurner Ausflug.

Samstag, 18. Februar 2023

Böser Wolf und lieber Siedler

Das Wappen von Lupsingen BL.
(Quelle: Wikicommons)

Man nannte es"Geistige Landesverteidigung" – während in Deutschland die Nazis die Macht hielten, forcierte man hierzulande alles Schweizerische. Im Vorfeld der Landesausstellung in Zürich im Jahr 1939 wurden die Gemeinden aufgefordert, ihr Wappen zu schicken, Ziel war, eine patriotische Strasse mit Gemeindefahnen einzurichten, die sogenannte Höhenstrasse. Erst unter dem sanften Druck aus Zürich legte sich manche Gemeinde nun ein Wappen zu. Es kam zu kreativen Lösungen. Das Wappen von Lupsingen, Kanton Basel-Landschaft, das damals entstand, besteht aus den Farben gelb und blau des einstigen Waldenburger Amtes, dem Lupsingen zugehört hatte. Und aus einem Wolf, der seine Krallen zeigt und die Zähne fletscht. Es handelt sich um ein sprechendes Wappen, Lupsingen klingt nach lateinisch lupus gleich Wolf. Aus historischer Sicht ist das unbegründet. Dem Ortsnamen liegt der Name eines frühen alemannischen Siedlers Lubo oder ähnlich zugrunde. Wie Lubo zu deuten ist? Unklar. Allenfalls steckt darin lieb.

P.S. Heute wandern wir durch Lupsingen, daher dieser Eintrag.

Freitag, 17. Februar 2023

400 Einschläge pro Jahr

Auf dem Säntis werden Daten erhoben zu: Luftfeuchtigkeit, Luftdruck,
Lufttemperatur, Niederschlagsmenge, Sonnenscheindauer,
Sonneneinstrahlung, Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Radioaktivität.
Aggressionsopfer Säntis-
Sendeturm: Immer wieder
schlagen Blitze in ihn ein.
Der Säntis – letzte Woche war ich oben – ist landesweit bekannt als  Wetterberg, auf dem es oft besonders heftig chutet. 1882 entstand auf dem Gipfel eine Wetterstation, der letzte Wetterwart, der die Messungen von Hand vornahm, ging 1969, heutzutage sind alle Geräte automatisiert. Eben machte der Berg wieder Schlagzeilen in Sachen Meteorologie: Eine internationale Forschergruppe unter Leitung der Universität Genf und der Ecole Polytechnique Paris hatte am 124 Meter hohen Säntis-Telekommunikations-Turm mit einer Art Laserkanone Experimente angestellt und kam zum Schluss, dass man mit der Hilfe des Lasers gezielt Blitze zu einem Blitzableiter leiten und so unschädlich machen kann – die Fachwelt nennt es laser-guided lightning. In die Spitze des besagten Turms schlägt der Blitz pro Jahr an die 400 Mal ein.

Donnerstag, 16. Februar 2023

Per Zahnrad auf den Säntis

Impressionen von der Seilbahnfahrt auf den Säntis und vom Gipfel.

Am Dienstag besuchten wir den König der Ostschweiz. Den Säntis. Wir nahmen die Schwebebahn von der Schwägalp, die noch im Schatten lag, zum Gipfel auf 2502 Metern. Dort herrschte die Sonne uneingeschränkt, die Rundsicht mit Hunderten Bergen war fantastisch. Die Seilbahn verkehrt das ganze Jahr über, seit 1935 besteht sie. Lange zuvor schon hatte es Bahnpläne gegeben, man wollte den Säntis mit einer Zahnradstrecke von Appenzell via Wasserauen erobern. 1903 erhielten die Initianten eine Konzession und bauten die flache Strecke von Appenzell nach Wasserauen, die 1912 den Betrieb aufnahm. Dann ging ihnen das Geld aus. Heute gehört der realisierte Abschnitt zum Netz der Appenzeller Bahnen, doch eben, in Wasserauen enden die Schienen. Statt von Innerrhoden aus ist der Berg, in dessen Spitze sich drei Kantone teilen (AI, AR, SG), nun halt von Ausserrhoden aus, von der Schwägalp, erschlossen.

Mittwoch, 15. Februar 2023

Ein Erzbischof macht Wanderferien

Beste Wünsche vom Mailänder Erzbischof:
die deutsche Hälfte der Tafel in der Engelberger Schwandkapelle.

Wandgemälde von Pater Karl Stadler.
Auf dem Winterwanderweg von Engelberg hinauf nach Ristis passierten wir letzten Samstag das Gasthaus Schwand. Und schauten in die Kapelle vis-à-vis. Gern wüsste ich Bescheid über ihre Baugeschichte, fand aber bis anhin nichts heraus. Jedenfalls waren wir angetan von den neuzeitlichen Malereien aus dem Jahr 1951, die auf den Pater Karl Stadler zurückgehen; der Kleriker war auch ein äusserst aktiver und angesehener Künstler. Gleich neben der Tür fiel mir eine zweisprachige Erinnerungstafel von 1961 auf, lateinisch-deutsch, ich bilde sie hier ab und brauche den Text, der nebenbei auch die Namenspatronin der Kapelle nennt ("Unsere Liebe Frau zu den Bächen"), also nicht zu zitieren. Später las ich im Internet, dass der unterzeichnende Geistliche, Giovanni Battista Kardinal Montini, Erzbischof von Mailand, mehrere Jahre lang in Engelberg die Sommerferien verbrachte, von dort grosse Wanderungen unternahm und sich mit einem der Patres des Engelberger Klosters, Anselm Fellmann, eng anfreundete. Zwei Jahre nach seinem Besuch der Schwandkapelle wurde der italienische Besucher 1963 zum Papst gewählt. Am Abend jenes Tages schickte er Pater Fellmann ein Telegramm mit Segenswünschen für das Kloster Engelberg und die Pfarrei Melchtal. Nach Engelberg kam Papst Paul VI., wie Montini sich fortan nannte, nie mehr.
Die Schwandkapelle mit dem Gasthaus Schwand zur Rechten.

Dienstag, 14. Februar 2023

Wanderpokal

Die Johannesbüste in der
St.-Remigius-Kirche in
Münsterlingen TG. (Foto:
Pingelig/Wikicommons)
Acht Kilometer Wasserfläche trennen Münsterlingen im Kanton Thurgau von Hagnau am deutschen Ufer des Bodensees. Seit bald 500 Jahren sind die beiden Ortschaften durch eine religiöse Gepflogenheit verbunden, deren Ursprung unklar ist: Wenn Seegfrörni ist, wird eine Büste des heiligen Johannes über den See getragen, sie ist sozusagen ein Wanderpokal, der mal den einen gehört und mal den anderen. Seit 1537 habe die Büste ein halbes Dutzend Mal das Ufer gewechselt, las ich gestern in der NZZ. Zum letzten Mal machten sich am 12. Februar 1963 rund 2500 Schweizerinnen und Schweizer auf. Entgegen Behördenanordnungen riskierten sie bei Tauwetter den Gang über das Eis des Sees, das an jenem Tag an gewissen Stellen nur noch acht Zentimeter dick war. Wurden in Hagnau mit Kanonendonner und Musik empfangen. Nahmen die Heiligenbüste in Empfang. Und trugen sie feierlich übers Eis, in dem sich schon Schmelzwasserpfützen gebildet hatten, nach Münsterlingen. Dort steht die Büste seither in der alten Klosterkirche St. Remigius – fraglich, ob es irgendwann wieder eine Seegfrörni geben, ob sie also je nach Deutschland zurückkehren wird.

Montag, 13. Februar 2023

Der Schnee liess auf sich warten

So wars in den unteren Lagen und …
… so wars höher oben.
Sieht aus, als rauche irgendein
Himmelsriese Pfeife. (Foto: Ronja)
Die Winterwanderung vom Samstag war zu Beginn keine Winterwanderung. Wir starteten am Bahnhof Engelberg, hielten via Gschneit, Schwand, Hintersack hinauf zur Bergstation der Ristis-Seilbahn. Eine offizielle Winterroute war das, die auf Alpsträsschen verläuft; es dauerte aber doch mehr als eine Stunde, bis wir wirklich in die Schneezone kamen und es geniessen konnten, nicht auf Hartbelag zu gehen, sondern auf einer weichen weissen Decke. Egal, man ist in Engelberg von den herrlichsten Bergen umgeben, vom Titlis zum Beispiel, vom Nünalphorn, vom Hahnen, dem ich gestern einen Eintrag widmete, das Panorama betäubte alle Vorbehalte. Auf Ristis assen wir im grossen Restaurant im Selbstbedienungssektor etwas und staunten, wie schnell die Küchencrew unser Essen parat hatte, mein Hamburger war gut. Derweil Wolken die Sonne attackierten und bald verdeckten, leisteten wir uns vor der Talfahrt noch einen Abstecher hinauf zur Alp Rigidal und retour. War eine ergiebige Tour, die Augen kamen voll auf ihre Kosten. (4 1/2 Stunden, 800 Meter aufwärts, 200 abwärts)

Sonntag, 12. Februar 2023

Mein neuster Samstagsberg

Bei der Bergstation der Ristis-Seilbahn in Engelberg, hinten der Hahnen.

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, möglichst von jeder Wanderung einen Berg mitzunehmen. Also mir jeweils einen Berg wirklich zu merken, seinen Namen, seine Form, seine Besonderheit. Und ihn nie mehr zu vergessen. Gestern waren wir in Engelberg am Skihang von Ristis unterwegs und hatten immer wieder mal einen Berg vor Augen, der auf der Homepage des SAC als "Felsenburg" bezeichnet wird. Das trifft es, kühn ist dieser Gipfel und wohlgeformt mit hübsch geschwungenen horizontalen Felsbändern und einem turmartigen Aufbau. Es ist der Hahnen, 2606 Meter über Meer. In der Wikipedia steht, sein ursprünglicher Name sei "Engelberg" gewesen, später sei dieser Name dann auf den Ort übergegangen. Gern wüsste ich mehr dazu und wäre auch froh, ich könnte den heutigen Bergnamen aufgrund der Quellen deuten. Aber jedenfalls ist der Hahnen jetzt für immer mein Freund.

Noch einmal der Hahnen.

Samstag, 11. Februar 2023

Die Sache mit dem Thurgauer Dialekt

Also ich mag den Thurgau. Und den Thurgauer Dialekt 
mag ich auch. Im Bild das winterliche Barchetseeli.

Im Tagi war gestern eine ganze Seite über den "Dialekt des Grauens", gemeint war der Thurgauer Dialekt, der hierzulande bei Umfragen stets miserabel abschneidet und als grell gilt, wohingegen andere Mundarten (Graubünden, Bern, Wallis) sehr gut ankommen. Interessant fand ich im Artikel den Hinweis auf jene Untersuchung, die ein Schweizer Germanistikprofessor vor einigen Jahren anstellte. Er liess eine Bekannte, die sowohl die Thurgauer als auch die Berner Mundart als Muttersprache beherrscht, 50 Sätze sprechen. Die Aufnahme spielte er Leuten in Paris und Cambridge vor. Siehe da, beide Dialekte wurden gleich beurteilt, es war also keineswegs so, dass der Thurgauer Dialekt als quäkend und schneidend abgetan wurde. Will heissen: Es gibt keine objektiven Gründe, die den einen Dialekt attraktiv machen und den anderen unattraktiv. Die Gründe sind subjektiv, sie liegen in der Geschichte und in nationalen Gepflogenheiten. In den Schweizer Köpfen. Zum Beispiel ist der Thurgau keine besonders beliebte Feriengegend, man assoziiert damit vor allem Obstbau ("Mostindien"). Zudem war der Thurgau im Ancien Régime eine Untertanengegend, die dem Rest des Landes nie ein stolzes Bild abgab. Doch, das war gestern eine gute Morgenlektüre.

Freitag, 10. Februar 2023

Wandermonopoly

Ein schönes Wandergebiet ist zum Beispiel
… die Gegend von Arosa.
Mir war nicht bewusst, dass es eine Monopoly-Variante mit den schönsten Schweizer Skigebieten gibt. Nun weiss ich es. Weil mir nämlich eben ein Mail seitens jener Liechtensteiner Firma zuging, die dieses Monopoly seit November vertreibt; "das Spiel war extrem beliebt und innert weniger Wochen ausverkauft", heisst es im Schreiben. Die Herstellerin will jetzt nachlegen und ein Monopoly der schönsten Schweizer Wandergebiete realisieren. Input ist gefragt, man kann sich melden und Gebiete nominieren, von denen man findet, sie müssten ins Spiel. Ich werde mich nicht beteiligen, denn wenn ich einmal anfange mit der Liste, werde ich womöglich nicht mehr fertig und lande in einer Endlosschleife der – meiner Meinung nach – schönsten Wanderterrains der Schweiz.

P.S. Vorschläge an idee@unique-gaming.com, Betreffzeile "Wandergebiete".

Donnerstag, 9. Februar 2023

Eiszeit im Zürioberland

Im Itziker Riet.

Kalt wars gestern im Zürcher Oberland, als wir von Bubikon via Grüningen nach Esslingen gingen, eine schwache Bise blies, die Sonne kam nicht durch. Andere Wanderer und Wanderinnen sahen wir während unserer drei Stunden draussen nicht, hatten die Landschaft für uns. In den Senken der Moorflächen, die wir passierten, waren die Tümpel gefroren, mir kams vor, als seien wir zurückgereist ans Ende der Eiszeit, als die schwindenden Gletscher in dieser Gegend ihr Schmelzwasser zurückliessen. Wäre irgendwo ein Steinzeitjäger auf Vogelpirsch aus dem Gebüsch gebrochen, es hätte mich nicht verwundert.
Mein Zmittag im Restaurant Bären in Grüningen:
Selleriesalat mit Randenquinoa und Friséesalat,
Kalbsbraten an Zitronencrème mit Kartoffelgratin.

Mittwoch, 8. Februar 2023

Das Einhorn von Baubu

Die haben in Ballwil ein
wirklich schönes Wappen.
(Quelle: Wikicommons /
www.lu.ch/index/gemeinden/
aemter.htm)
Zwei Dinge noch zu Ballwil im Kanton Luzern, wo wir letzten Samstag zu Mittag assen. Sie sind brutal nebensächlich – ich liebe sie beide. Erstens: Der Ortsname wird im Dialekt "Baubu" ausgesprochen. Und zweitens: Auf dem Gemeindewappen ist ein silbernes* Einhorn abgebildet. Ist die Einwohnerschaft von Ballwil fantasy-versessen? Kann man so nicht sagen. Beim betreffenden Einhorn handelt es sich um das Tier im Wappen der Ritter von Ballwil, das im Mittelalter noch "Baldewile" hiess.

P.S. In der Heraldik sagt man nicht "weiss", sondern "silbern".

Dienstag, 7. Februar 2023

Deutsche Urflöte

Letzten Samstag, in der Freiluftausstellung "Erlebnis Eiszeit" in Ballwil, lernte ich einiges über das Mammut. Zum Beispiel, dass die Menschen, die vor Zehntausenden Jahren jagten, alle Teile des erlegten Tieres verwendeten:

  • Aus den Sehnen machten sie Schnüre und Fäden.
  • Das Fell gab Kleider und Decken her und auch Abdeckungen für Hütten oder Zelte.
  • Fett füllte man als Brennmaterial in Lampen.
  • Die Knochen konnte man als Pfosten für Behausungen nutzen. Oder als Brennstoff.
  • Das Fleisch, ja, klar, das ass man.
  • Das Elfenbein der Stosszähne war besonders vielseitig brauchbar. Man konnte aus ihm Waffen schnitzen, Skulpturen, Geräte, Schmuck. Im Geissenklösterle, einer Halbhöhle am Rand der Schwäbischen Alb, Deutschland, fand man eine mehr als 40 000 Jahre alte Flöte aus Mammutelfenbein. Sie war knapp 20 Zentimeter lang und gilt als eines der ältesten Musikinstrumente der Menschheit, von dem wir Kenntnis haben.
    Die Flöte aus dem Geissenklösterle – Rekonstruktion.
    (Foto: José-Manuel Benito Álvarez / Wikicommons)

Montag, 6. Februar 2023

Reichhaltige Route

Kurz vor Oberebersol, das Seetal vor uns ist mit Nebel gefüllt.

Es war schön, obwohl es nicht schön war. Ich rede von unserer Samstagswanderung, die im Aargauischen begann und im Luzernischen endete. Die uns zu mehreren Kirchen führte und zu jener Kiesgrube mit der Mammutausstellung, von der ich gestern erzählte. Die uns ein gutes Restaurant bescherte, den "Sternen" in Ballwil, wo wir eine wirklich chüschtige Rösti bekamen. Die schliesslich in Eschenbach endete, wo wir die riesige Klosterkirche und das Klosterareal besichtigten. All das spielte sich ab unter einem trüben Himmel, zeitweise regnete es. War kein Problem, denn eben, die Route war reichhaltig. Und darum war es schön, obwohl es nicht schön war.

Sins, Bahnhof – Wundhof – Abtwil – Obergrüt – Oberebersol – Ottenhusen – Linggen – Ballwil, "Sternen" – Steinhalde – Unterhöhe, Kiesgrube – Eschenbach, Kloster – Eschenbach, Bahnhof. 4 Stunden. 340 Meter aufwärts, 280 abwärts.

Kinderecke in der Klosterkirche in Eschenbach.
Die Rösti.
Tierquälerei, pardon, Lindwurmtötung in der Kirche von Ballwil.

Sonntag, 5. Februar 2023

Freundlicher Selfiepartner

Das Mammut von Ballwil im Luzerner Seetal.
Marmor-Bohrkerne aus Peccia TI in der Steinkollektion.
Im Herbst 2006 entdeckt ein Maschinist im Kieswerk Lötscher nah Ballwil LU einen Mammutzahn. "Erlebnis Eiszeit" heisst die ganzjährig geöffnete, seit knapp anderthalb Jahren bestehende Freiluft-Ausstellung im Kieswerk, die sich dem Fund widmet; dies ist, notabene, nicht der einzige Mammutzahn, der in der Gegend aus dem Boden geholt wurde. Gestern gingen wir uns die Ausstellung anschauen und waren angetan bis begeistert. Nicht in erster Linie vom riesigen Plastikmammut, das immerhin einen freundlichen Selfiepartner abgibt und Kinder garantiert begeistert. Die Anlage ist als Ganzes schlau eingerichtet: Ein Teil des Themenpfades führt über einen hängenden Steg, das ist abenteuerlich und aussichtsreich. Kleine Besucherinnen und Besucher dürfen mit dem Meissel an Steinen herumhämmern und sich auch sonst aktiv betätigen. An einer Stelle gibt eine Audiostation den Sound der prähistorischen Tundra wieder. Auch erzählen Infotafeln von der Eiszeit, vom Entstehen der gewaltigen Kiesvorkommen vor Ort, von den Mammuts und von den Urmenschen, die die Urviecher zu erjagen suchten. Zudem ist da eine wundervoll angerichtete Kollektion hiesiger Steinarten wie Quarzit, Gneis, Nagelfluh, Marmor, Brekzie, die man alle berühren, nein streicheln will (und darf). Befremdlich, dass beim Kieswerk Lötscher ein Bus vorbeifährt, ohne dass es eine Haltestelle gäbe; die langen Asphaltgeraden, auf denen man von Eschenbach oder von Ballwil anmarschiert, sind recht trostlos. Aber die Ausstellung, wie gesagt, die ist gut.
Geschickt gemacht: der Hängesteg in der Kiesgrube. Linkerhand der Picknickplatz.

Samstag, 4. Februar 2023

Essen wie Winston

Der "Churchill-Pfeil" 2008 im HB Zürich.
(Foto: JoachimKohlerBremen / Wikicommons)

Seit der britische Kriegspremier Winston Churchill 1946 im "Roten Doppelpfeil" als Staatsgast durch die Schweiz reiste, heisst der knallige Triebwagen der SBB auch "Churchill-Pfeil" oder "Churchill-Doppelpfeil". Ab März wird das historische Vehikel an ausgewählten Daten im HB Zürich als Restaurant zur Verfügung stehen, in dem ein mehrgängiges Abendessen serviert wird – für Ferrophile ist das ein Must. Das Pop-up-Restaurant heisst, entnehme ich der Ausschreibung, "Churchill".