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Freitag, 30. Juni 2023

Jung und munter

Widmer am jungen Tessin zwischen Cruina und All'Acqua. (Foto: Ronja)
248 Kilometer lang ist der Tessin, der in der Nähe von Pavia in den Po mündet und dem Schweizer Südkanton den Namen gegeben hat. Geboren wird der Fluss in der Schweiz, oben beim Nufenenpass, er durchfliesst zuallererst das Bedrettotal. Genau dort waren wir am Dienstag unterwegs, schön, einmal den jungen Tessin zu sehen, der in diesem Abschnitt noch sehr schmal ist, dafür aber munter sprudelt und spritzt. Mehr zu unser Wanderung dann morgen oder übermorgen.
Noch einmal der Tessin. Das Bedrettotal hat reizvoll wilde Partien.

Donnerstag, 29. Juni 2023

Schöne Aargauerei

Die Aare und hinten die Gislifluh vom Scherzberg aus gesehen.
Mein Fisch. Darunter in einer
wichtigen Nebenrolle ein Risotto.
Kürzlich gingen wir von Brugg hinauf zur Habsburg, stiegen wieder ab, waren länger im Flachen unterwegs, nahmen den Scherzberg in Angriff, von dem man schön auf die Aare bei Schinznach-Bad blickt. Es folgte der langgezogene Kamm des Chestenbergs, der mich immer an die Lägern erinnert. Und schon waren wir bei Schluss Brunegg und gleich danach unten in Brunegg. Weil wir in Brugg zeitig gestartet waren, trafen wir schön die Essenszeit und konnten uns im hochklassigen "Hotel zu den drei Sternen" den Bauch vollschlagen. Mein Loup de mer: wundervoll. Der Pinot vom Fricktaler Biowinzer Tom Litwan: ebenfalls wundervoll. Dreieinhalb Stunden hatten wir für die Route gebraucht bei je gut 500 Metern auf- und abwärts. Es folgte nach dem Zmittag noch ein Verdauungsgängli durch den Wald nach Othmarsingen. Das war insgesamt eine schöne Aargauerei.

Mittwoch, 28. Juni 2023

Ich wurde umschwärmt


Kürzlich im Aargau war ich eine Modeikone, Dutzende Fans umschwärmten mich, rückten mir auf den Leib, dass es doch unangenehm wurde. An meinem knallgelben Shirt lag es, das ich im Sommer gern anziehe, weil es halt, wie man so schön sagt, atmungsaktiv ist. Die Mücken müssen auf die Farbe reagiert haben. Ich fühlte mich geschmeichelt, war aber gleichzeitig froh, dass es keine Stechmücken waren. (Foto: Ronja)

Dienstag, 27. Juni 2023

Der Arnold

So stellte sich der Maler Jean Renggli
1891 den Rütlischwur vor. Links der
jugendliche Arnold von Melchtal.
(Wikicommons)
Meine Generation hat zum Rütlischwur ein spöttisches Verhältnis. Das Schlüsselbuch aus meiner Sicht war in der Kanti Max Frischs "Wilhelm Tell für die Schule", das den Gründermythos der Eidgenossenschaft gegen den Strich erzählt: Gessler etwa, der österreichische Landvogt, ist ein dicklicher Ritter, ein Angsthase. Ein Verwalter, kein Tyrann. All das fiel mir am Samstag wieder ein, als wir am Ende unserer Storeggpass-Wanderung in Melchtal landeten, dem Dorf im gleichnamigen Obwaldner Seitental. War da nicht diese Figur ... jawohl, der Name fiel mir dann doch noch ein: Arnold von Melchtal. Den Rest musste ich nachlesen, wir hatten in der Schule nicht wirklich gelernt, was wir in ebendieser Schule hinterfragten. Voilà die Geschichte aus dem Mitttelalter: Walter Fürst, Werner Stauffacher und Arnold von Melchtal treffen sich unter klandestinen Umständen auf dem Rütli und geloben sich Beistand gegen die habsburgischen Statthalter. Fürst und Stauffacher lassen sich historisch einigermassen festmachen, sie tauchen namentlich in alten Schriften auf. Arnold von Melchtal hingegen bekam seinen Vornamen überhaupt erst im Urner Tellenspiel von 1513 verpasst. Im 18. Jahrhundert kam ein Familiename dazu, Anderhalden. Im Weissen Buch von Sarnen, der frühen Quelle von 1470, ist immerhin ein Ort genannt. "Im Melchi" lebte demnach jener Bauer, dem der Reichsvogt zu Sarnen die Ochsen wegnehmen wollte. Worauf es zu Gewalt und Gegengewalt kam. Vermutet wird, dass besagte Melchi nah der Hohen Brücke über die Melchaa liegt. Die überquerte unser Postauto auf dem Heimweg.
Ankunft in Melchtal, noch 100 Meter,
dann gibts ein Bier im Restaurant Nünalp.

Montag, 26. Juni 2023

Schöne Strapaze

Eine halbe Stunde vor der Alp Zingel, rechts fällt die Fluh
fast senkrecht zur Schlucht der Engelberger Aa ab.
Dort unten starteten wir: Engelberg mit dem Eugenisee. Hinten ganz links
der Hahnen, links der Bildmitte das Gross Spannort und das Chli Spannort.

Das Luterseeli.
Nein, dieser unbekannte Wanderer
auf dem Storeggpass ist nicht tot.
Er entspannt sich bloss. (Foto: Ronja)
Reden wir zuerst von der Anstrengung, die mit dieser Route verbunden ist. Und dann von ihrer Schönheit. Wer von Engelberg über den Storeggpass nach Melchtal wandert, bekommt es mit hohen Tritten zu tun. Mit feuchtelndem Schrattenkalk. Mit Alpwiesen, die mit ihren Löchern klassisches Stolpergelände sind. Auch sind kurze Passagen ein bisschen ausgesetzt. Ist man nach gut drei Stunden Aufstieg beim Luterseeli, freut man sich, weil man weit vorn den Kamm des Passes sieht. Doch geht es nun zuerst mal auf einem ruppigen Pfad in eine Senke, so dass sich die Ankunft auf dem Pass verzögert. Die Landschaft aber ist Realersatz für die Strapazen. In den ersten zwei Stunden sieht man im Rückblick Engelberg in seinem Talkessel und darüber Gipfel wie Titlis, Gross und Chli Spannort, Hahnen. Das Luterseeli ist, von massiven Bergen umgeben, ein Idyll. Auch hat man später im Abstieg das reizende Örtchen Melchtal zu Füssen und fühlt sich wie ein Helipilot. Doch, der Storeggpass, der niedrigste der Übergänge vom Engelbergtal ins Melchtal, lohnt die fast sechs Stunden Gehzeit bei 1070 Höhenmeter aufwärts und 1180 Höhenmetern abwärts. Aber müde macht er schon.
Auf dem Storeggpass, 1741 Meter über Meer, in der Tiefe erahnbar das Melchtal.

Sonntag, 25. Juni 2023

Ob er die Heidi gefunden hat?

2005 ging ich mit Ralph und Marianne in der Gegend von Engelberg wandern. Ein Wochenende. An Tag zwei zogen wir von Engelberg über den Storeggpass nach Melchtal. Es regnete, wie es auch an Tag eins geregnet hatte, die Wege waren glitschig. Und neblig war es auch, sodass wir wenig sahen von den Bergen rundum, vom Luterseeli vor dem Pass, vom Pass selber. Erinnerlich ist mir noch, dass wir auf der Alp Zingel, auf der Engelberger Seite, von einer mitleidigen Bauernfamilie in die geheizte Stube geholt wurden. Wir sassen am einen Tisch, die Eltern und ihre Kinder am anderen, alle löffelten sie Nudeln aus  der gemeinsamen Pfanne, während wir uns aufwärmten, die Heiligenbildchen betrachteten, die da hingen, und von den Kindern scheu beäugt wurden. Bald kam ein anderer Alpbewohner hinzu. Er schimpfte, er habe in seiner Herde derzeit nur 29 Kühe statt 30, die Heidi fehle, er habe sie überall gesucht.

Gestern, kurz vor dem Storeggpass. Rechterhand das Storegghorn,
der Pass liegt links davon in der grünen Lücke und ist knapp nicht zu sehen.

Natürlich hätten wir damals, als wir den Pass hinter uns hatten, gern gewusst, ob der Mann die Heidi doch noch gefunden hatte. Aber so ist das Leben, es beantwortet viele Fragen nicht. Gestern ging ich mit meinem Grüpplein – wir waren zu dritt, wie wir damals zu dritt gewesen waren – wieder über den Storeggpass. Bei bestem Wetter. Auf Zingel war ein junges Paar an der Arbeit, keine Ahnung, ob die beiden mit der Familie von 2005 zu tun haben. Für mich war die Route in jeder Hinsicht neu. Denn wie gesagt, vor 18 Jahren waren wir in einem undurchdringlichen Grau unterwegs gewesen. Ich sah also gestern die meisten Dinge zum ersten Mal. Mehr von der Unternehmung demnächst in diesem Blog.

Samstag, 24. Juni 2023

Holzbeigenkunst


Der Benediktinermönch Emmanuel Wagner, Engelberg, starb 1907. Er hinterliess grossartige fotografische Porträts von Menschen des Dorfes. Eine der Aufnahmen, 1890 entstanden, zeigt einen Mann aus Engelberg, den alle den "Bäck-Stumm" nannten; warum, weiss ich nicht. Vorgestern sah ich den Bäck-Stumm auf der Gerschnialp hoch über Engelberg. Im Hungerbodenwald läuft dort bis in den Oktober hinein die Landschaftskunst-Ausstellung "Landart" mit Naturobjeken. Die in Dietikon ZH lebende Künstlerin Carla Hohmeister liess sich von Emmanuel Wagners Foto inspirieren. Der "Bäck-Stumm" schaut nun von einer Holzbeige, die kolorierten Enden der Trämel sind die Bildpunkte, aus denen das Konterfei entsteht. Je näher man diesem kommt, desto unschärfer wird es, stellte ich fest.

Freitag, 23. Juni 2023

Die Geschichte vom Engel

Das Wappen von Engelberg. (Wikicommons)

Engelsstimmen sollen es gewesen sein, die vom Berg Hahnen aus geboten, dass man im Talboden ein Kloster gründe. Das Kloster Engelberg, dem Benediktinerorden zugehörig, entstand 1120 und besteht bis heute, das Wappen der Gemeinde Engelberg zeigt sinnigerweise einen Engel. Aus Sicht der Sprachwissenschaft hat der Name des Klosters und des Ortes freilich nichts mit einem Engel zu tun. Ein althochdeutscher Personenname steckt vielmehr in "Engelberg", wie er genau lautete, lässt sich nicht rekonstruieren. Vermutlich waren es Mönche, die später die schöne Deutung kreierten, dass "Engliberg" oder "Engilberc" auf den "Engel" vom Hahnen zurückgehe.

PS: Gestern ein intensiver Reportagetag in Engelberg. Heute machen wir weiter – als erstes gehts zum Restaurant Ende der Welt.

Donnerstag, 22. Juni 2023

Der Abt von Mont Fébé

Hier spreche ich heute vor: das Kloster Engelberg.
(Foto: Manfred Heyde / Wikicommons)

Heute treffe ich in Engelberg den Abt des Klosters. Im September findet in Engelberg der Wandertag der "Schweizer Familie" statt, ich schreibe eine Reportage, die im Voraus erscheint und den Ort anhand einiger Menschen porträtiert. Das Kloster, repräsentiert durch seinen Vorsteher, gehört in den Text, schliesslich hat es Engelberg mehr oder minder begründet und über viele Jahrhunderte geprägt. Als ich mich gestern auf die Begegnung vorbereitete, staunte ich. Das Kloster Engelberg unterhält eine Niederlassung auf dem Mont Fébé nah Yaoundé in Kamerun – der Abt von Engelberg ist auch der Abt des Klosters Mont Fébé.

Mittwoch, 21. Juni 2023

Stammburg der Weltmacht

Blick von Süden zur Habsburg.

Kürzlich sah ich aus einiger Distanz die Habsburg und fotografierte sie. Die Habsburger, deren Stammburg dies war, verlegten sich, von den Eidgenossen dauerhaft vergrault, nach Österreich, begründeten ein riesiges Reich und waren in vier Erdteilen präsent. All das hatte seinen Ursprung in einem nicht besonders grossen Adelsgemäuer über Brugg und der Aare. Das Grosse, das im Kleinen begann, es fasziniert mich. Im Aargau wurzelt eine historische Weltmacht.

Dienstag, 20. Juni 2023

Stütze eins muss sterben

Talfahrt in der Säntis-Schwebebahn, vorn Stütze zwei, unten im Schatten Stütze eins.

Auf dem Weg von der Schwägalp zum Säntis passiert die Seilbahn zwei Stützen. Die erste der beiden, die untere, wurde 2019 durch eine Lawine schwer beschädigt und musste aufwändig repariert werden. Das Bundesamt für Verkehr gewährte der Bahn danach bloss eine befristete Betriebsbewilligung bis 2025, denn Stütze eins ist dauergefährdet, die Mauern, die sie gegen Lawinen schützen, müssten auf Dauer massiv verstärkt werden. Dieser Tage wurde klar, dass die Ausserrhoder "Säntis Schwebebahn AG" eine andere Lösung anstrebt. Stütze eins soll ganz verschwinden. Dafür soll Stütze zwei massiv erhöht werden auf 55 Meter. 2026 dürfte gebaut werden, dann wird die Säntisbahn, die jährlich bis zu 400 000 Leute auf den Gipfel befördert, für einige Zeit nicht verkehren. Modernisiert wird gemäss dem Projekt auch der Antrieb der Bahn, es ist ein zweiter Motor als Backup vorgesehen. Und nun noch etwas für Berggängerinnen und Berggänger: Auch weiterhin wird es möglich sei, bei Stütze zwei auszusteigen.

Montag, 19. Juni 2023

Journalismus ist das nicht

Ein Schweizmobil-Screenshot, rechts unser Flurname des Tages.

Wo der Brüttenbach bei Ohrüti nah Steg in die Töss mündet, passierten wir vorgestern Samstag eine kleine Häusergruppe. Sie trägt den Namen Blattmachersschürli, was mich als Journalist anheimelte: Der Blattmacher, die Blattmacherin, das ist auf einer Redaktion jene Person, die dazu schaut, dass es läuft; sie trägt Ideen in die Ressorts, redet mit bei der Gewichtung der anstehenden Themen, macht Dampf, wenn ein bestimmter Artikel schnell fertig sein soll. Blattmachersschürli: Das klingt, als hätte am Brüttenbach eine solche Person aus dem Journalismus eine kleine Scheune besessen. Ein Schürli. Natürlich ist das falsch. Das Blatt oder Weberblatt ist ein Teil des Webstuhls, ein Rahmen, in dem mit Draht die Stifte sitzen, die die Längsfäden des entstehenden Gewebes teilen. Solche Blätter verfertigte der Blattmacher. Wer mehr wissen will: Hier gibt es einen schönen, viereinhalbminütigen Radiobeitrag zu dem alten Handwerk.

Sonntag, 18. Juni 2023

Leitplanken aus Holz

Uff, wir sind oben. Schnebelhorn, 1291 Meter über Meer.
Holz isch heimelig: die Alpwirtschaft Tierhag.
Ein Berner im Züribiet:
"Tierhag"-Hund Alfons. (Foto: Ronja)
Schön, waren wir gestern einigermassen früh unterwegs, der Tag wurde heiss, gut 28 Grad. Wobei, halt! Beim Zmittag auf der Terrasse der Alpwirtschaft Tierhag, auf 1142 Metern über Meer, wars zeitweise klamm, mir schien, es seien in der Hitze kühle Winde unterwegs. Wir kamen aber durchaus reichlich zum Schwitzen auf der Route von Mosnang via Rachlis aufs Schnebelhorn, den höchsten Punkt des Kantons Zürich (jö!). Und auch im Abstieg via Tierhag, Grossegg und Brütten nach Steg gabs, vor allem in den Niederungen, stickige Partien. Insgesamt kann ich die fünfstündige Route (740 Meter aufwärts, 775 Meter abwärts) nur loben, das Hügelland zwischen der Thur und der Töss erinnert ans Emmental und ist diesem als Wanderlandschaft ebenbürtig: scharfgezogene Kämme, Schummerschluchten dazwischen. Ebenfalls erwähnt werden muss das sehr gute Essen und der wirklich nette Service im "Tierhag". Das war eine gute Sache von A bis Z.
Im Zürcher Oberland gibts noch Leitplanken aus Holz.

Samstag, 17. Juni 2023

Frau Lindemann und Herr Hundertwasser


"Garni The Lindemann's" heisst das Hotel in Arosa gegenüber der Post. 2014, als nach einer Fassadenrenovation die Abdeckungen und Gerüste entfernt wurden, war das Staunen gross. Die Besitzerfamilie hatte das Gebäude aussenherum im Stil des Wiener Künstlers Friedrich Hundertwasser verzieren lassen in einem, sagen wir mal, ausgeflippten Jugendstildesign. Sie habe ihre "eigenen Kreationen verwirklichen können", sagte Hotelierin Margrit Lindemann, Gattin des Ex-Eishockey-Spielers Guido Lindemann, im "Bündner Tagblatt". Ist es schön? Jedenfalls ist das Haus, das ich am Dienstag fotografierte, originell.


Freitag, 16. Juni 2023

Tutilo oder ähnlich

Auf dem Klein Titlis, der Grat im Hintergrund führt zum Titlis.

Woher kommt der Name des Berges, auf dem ich vorgestern war? Entgegen einer verbreiteten Annahme hat Titlis nichts zu tun mit Titti, Titte, Tutte usw. gleich weibliche Brust oder Brustwarze; man kann das auf ortsnamen.ch nachlesen. Die richtige Deutung: Eine Alp am Fuss des Berges hiess Tüttelsberg, in dem Ausdruck versteckt sich ein germanischer Eigenname, Tutilo oder ähnlich. Der Name der Alp ging irgendwann auf den ganzen Berg über.

Donnerstag, 15. Juni 2023

Titlis im Umbau


Gestern ein Ausflug auf den Titlis respektive, wenn wirs genau sagen wollen, Klein Titlis. Das Wetter spielte mit, Wolken umwaberten die hohen Berge rundum, diese Art Himmelsdynamik macht Fotos stimmungsvoll. Schön war auch, dass nicht wirklich viele Leute unterwegs waren, wir gelangten speditiv hinauf und hinunter und bekamen im Panoramarestaurant einen Sechsertisch für uns zwei. Vor dem Zmittag begingen wir eine Hängebrücke, den gut 100 Meter langen "Cliff Walk". Den fanden wir eher zahm, was allerdings auch damit zu tun haben mag, dass unsereins in den letzten Jahren einige Hängebrücken mit wesentlich höherem Gruselfaktor absolviert hat. Insgesamt: ein toller und total stressfreier Ausflug in die Innerschweizer Bergwelt. Das nächste Mal auf den Gipfel reisen will ich, wenn das "Projekt Titlis" umgesetzt ist. Vieles wird oben in den nächsten Jahren umgemodelt, ein neues Restaurant wird unter anderem entstehen, 120 Millionen Franken soll die Neuinszenierung des Touristenberges nach Plänen der Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron kosten. Die Bauarbeiten sind bereits angelaufen, bis 2029 sollen sie dauern.

Mittwoch, 14. Juni 2023

Ein Wolf in Zürich


Wie ich kürzlich erzählte, habe ich in Zürich einen neuen Arbeitsweg. In der Bederstrasse fährt das Tram am Haus mit der Nummer 109 vorbei. Und ich freue mich jeweils – sieht das Haus nicht aus wie ein mächtiger Dampfer? Und die Jugendstilverzierungen finde ich bezaubernd. Auch ist da der Wolf über der Tür. Er spielt an auf den Mann, der im Haus zum Wolfsberg einst wirkte. Der Drucker und Lithograph Johann Edwin Wolfensberger, 1873–1944, liebte die Malerei und die ihr verwandten Künste und gründete 1911 einen Kunstsalon, den er in diesem Haus einrichtete, in dem er mit der Famlie lebte. Der Kunstsalon Wolfsberg konzentrierte sich auf moderne Maler von Cuno Amiet bis Alberto Giacometti und von Ferdinand Hodler bis Edouard Vallet. Bis ins Jahr 2007 blieb der Salon, der in etlichen Malerbiografien vorkommt, bestehen. Heute sind im Gebäude Eigentumswohnungen eingerichtet. Doch, hier würde ich auch gern wohnen.

Dienstag, 13. Juni 2023

Über den Schnee

Samstag, kurz nach dem Start, Blick zurück auf Muotathal.
Der Hüribach ist ein Bildhauer.
Im Liplisbüel-Wirtschäftli.
Die Rietlig-Rösti.
Die Wanderung aus dem Muotatal hinüber ins Schächental via Chinzig Chulm beginnt ja schon mit einem Spektakel. Der Hüribach, an dessen Tobelflanke der Weg steil steigt, hat tiefe Strudeltöpfe in den Kalk geschliffen. Sie begeisterten uns wie praktisch alles, was in den nächsten Stunden folgte. Erstes Ziel war das Liplisbüel, wo wir im unteren der beiden Wirtschäftli etwas tranken. Bald darauf bogen wir, siehe gestern, Richtung Seenalp ab. Erreichten das Seeli, das der Alp den Namen gegeben hat. Stiegen und stiegen und stiegen auch danach. Und erblickten weiter oben Schneefelder. Kurz waren wir ein wenig bange, stellten aber einige Zeit später fest, dass der Schnee gut zu begehen war, er war nicht steifgefroren, die Schuhe sanken bei jedem Tritt grad ein wenig ein, so dass wir schön Halt hatten. Schliesslich mussten wir aber doch einen Umweg machen, kamen so zum sogenannten Schäferhüttli, erreichten einen blau-weissen Alpinpfad. Die kurze Etappe von dort hinüber zum Pass war anstrengend, Schnee, feuchter Stein. Um 13 Uhr 45 waren wir auf Chinzig Chulm, etwas mehr als fünfeinhalb Stunden nach Wanderstart. Nebelfetzen waberten über den Kamm, mal war das Schächental unter uns zu sehen samt dem kanalisierten Schächen bei Attinghausen, mal verdeckte das Grau wieder die tieferliegenden Gebiete. Im Naturfreundehaus Rietlig kehrten wir eine Stunde später ein und bereuten die Wahl nicht, der Service war herzlich und die Rösti derart knusprig wie schon lange keine mehr. Im Folgenden hätten wir etwas tiefer unten beim Berggasthaus Ratzi die Seilbahn nach Spiringen hinab nehmen können. Doch wir kanalisierten die Hochgefühle, die sich angesammelt hatten, in den Entschluss, die Strecke zu Fuss zu machen. Steil gings mit uns abwärts. Als wir dann die Kirche von Spiringen ziemlich nah vor uns hatten, begann es fein zu regnen. Am Ziel waren wir ein bisschen stolz auf unsere Leistung, ich jedenfalls bin schon länger nicht mehr so sportlich unterwegs gewesen: Gehzeit 7 1/2 Stunden, 1610 Meter aufwärts, 1305 Meter abwärts.
Auf Chinzig Chulm, rechts ein Kapellchen, links die
Schutzhütte, die verschlossen war.
Widmer im Schnee (Foto: B.)
Der Nebel verlieh unserer Wanderlandschaft einen Zauber.

Montag, 12. Juni 2023

Der Chinzigtrick

Auf der langsameren, aber schöneren Route: Kreuz beim Tannenboden 
Das Seenalperseeli.
Felstürme der Chaiserstock-Kette.
Rechs oben das Liplisbüel, links unten
Chinzig Chulm. Wir nahmen die Route via das Seeli.
Falls jemand über den Chinzigpass will, der korrekt "Chinzig Chulm" heisst und das Muotatal mit dem Schächental verbindet, also das Schwyzerland mit dem Urnerland: Nun, es gibt da auf der Nordseite des Überganges einen Trick. Siehe Kärtli. Die leichtere Variante führt ab Liplisbüel via Wängi und das Chinzertal zur Passhöhe. Dieser Weg hat den schweren Nachteil, dass er praktisch ganz auf dem gekiestem Belag einer Alpzufahrt verläuft und daher ein Veloklassiker ist. Wer den Bikerinnen und Bikern entgehen will, nimmt ab Liplisbüel den etwas längeren Weg via die Seenalp samt dem Seenalperseeli. Auf dieser Route ist das Gelände grob, es hat daher kaum Velovolk – gar keines, als wir am Samstag unterwegs waren. Und die Berglandschaft unter dem Chaiserstock ist grossartig. Mehr zur ganzen Unternehmung, auf der wir es im obersten Teil mit Schneefeldern zu tun bekamen, morgen.

Sonntag, 11. Juni 2023

Der Schandfleck

Am Mittwoch kam ich zwei Kilometer vor Mühlehorn zu einem, wie man sagt, Schandfleck. Zu einem faszinierenden Schandfleck. Seit 20 Jahren steht die Autobahn-Raststätte Walensee leer, ein Journalist des "St. Galler Tagblatts" schaute sich dort kürzlich um und berichtete von schimmligen Gardinen, herumliegenden Kondomen (gebraucht) und überschwemmten Kellerräumen. Vor 10 Jahren hatte ein Österreicher die verödende Liegenschaft gekauft, er hatte viele Pläne, wollte zum Beispiel Wohnungen einrichten. Er scheiterte am Bundesamt für Strassen, das sich querstellte und etwa auf die zu kurze Einfahrt auf die Autobahn und auf die mangelhafte Infrastruktur des Rastplatzes verwies. So steht das Gebäude bis heute leer und ist für die Anwohnerinnen und Anwohner ein Ärgernis, mehrmals brannte es, einmal fand in der Ruine eine Sexparty statt, auch als Location für Fotoshootings dient diese. Wie es weitergeht: unklar. Eine Tilgung des Schandflecks ist nicht in Sicht.

Samstag, 10. Juni 2023

Heers Weg


Was für eine Ecke, um zu baden, zu brätlen, den Blick übers Wasser schweifen zu lassen. Ich rede von der Westspitze des Walensees samt dem Campingplatz Gäsi. Am Mittwoch wanderte ich in der Morgenkühle von Weesen dem südlichen Seeufer entlang nach Mühlehorn. Ich entdeckte in den zwei Stunden, die ich für die Strecke benötigte, eine Freizeitlandschaft. Auch in der Geschichte war ich unterwegs. In der Verkehrsgeschichte. Der Walensee ist Teil einer uralten Transit- und Handelsachse von Sargans nach Zürich, zwischen Walenstadt und Weesen nahm man in der Regel das Schiff. Freilich ist dieses Föhngewässer in seiner schmalen, von hohen Bergen gesäumten Rinne oft aufgewühlt, die Wellen schlagen hoch, Stürme bergen Gefahr. Der Glarner Fridolin Heer erlebte 1570 vom sicheren Land aus, wie ein Schiff mit 60 Menschen unterging, 46 ertranken. 1603 liess er, ein hablicher Ratsheer, auf eigene Kosten einen Uferweg durch die steilen Fluhen unter dem Kerenzerberg bauen, eine kühne Konstruktion, zu der hängende Stege gehörten; tragischerweise kam Heer um, als er eines Tages wieder einmal auf Inspektionstour war – Steinschlag! Den gibt es bis heute, wovon die vielen Stahlnetze zeugen, die insbesondere auch die Autobahn schützen, wo sie nicht in Tunnels verläuft. Heers Weg, der sogenannte Heerweg, verschwand bis 1700 wieder. Geblieben sind bloss unauffällige Mauerreste sowie einige Bohrlöcher im Fels. Bei dem kurzen Stück Holzsteg, das in ihnen verankert ist (mittleres Foto in der unteren Reihe), handelt es sich um eine Rekonstruktion. Die Passagen des Wanderweges, die weiter östlich etwas höher über dem Ufer verlaufen, dürften der ursprünglichen Wegführung entsprechen. Sicher ist das aber nicht.

Freitag, 9. Juni 2023

Wie Steg in die Moderne kam


Bevor ich meine jüngste Wanderung vorstelle, die mich an den Walensee führte, will ich noch einmal auf die Liechtenstein-Unternehmung vom Wochenende zurückkommen. Steg braucht einen eigenen Eintrag; der Weiler der grossen Gemeinde Triesenberg, der ganz für sich hinter dem Kamm des Höhenzugs Kulm in der Längsfalte des Saminatals liegt, war für mich eine Entdeckung. Wir machten dort einen kurzen Rundgang, schauten uns das Kirchlein an, umkreisten den Stausee, der sich seit 1949 als Zweitgewässer an den Gänglesee anschliesst, waren angetan von den sonnengebräunten Holzhäusern. Der Ort wurde von Triesenberg her besiedelt, ist wie dieses walserischen Ursprunges, war jahrhundertelang abgeschieden. Erst mit dem Bau der ersten Fahrstrasse für Fuhrwerke 1866/67 wurde Steg, das so heisst, weil hier eine Brücke die Samina überquert, an den Rest des Ländles angeschlossen. Einst war es von der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft dominiert, heute sind viele der Maiensässe Ferienhüsli. Man bewegt sich in einer touristischen Freizeitlandschaft. Steg hat etwas Künstliches, Konserviertes. Aber schön ist es.

Donnerstag, 8. Juni 2023

Die Shoppingregel

Mein neuer Rucksack bei seiner ersten Postautofahrt
von Filzbach hinab zum Bahnhof Mühlehorn.

Eine kleine Geschichte mit einer kleinen Vorgeschichte. Letzte Woche ging ich in Zürich abends um fünf mal zu "Transa" in der Europaallee. Einen leichten Rucksack für Eintagestouren wollte ich kaufen. Das Angebot war gross, gern hätte ich Beratung gehabt, schaute mich um, aber da war kein Personal. Bzw. waren die drei Verkäuferinnen und Verkäufer, die ich sah, grad gemütlich am Gsprächle. Ich ging halt wieder. Gestern nun machte ich eine frühe Vormittagswanderung am Walensee und kam um 10 Uhr 26 in Mühlehorn an. Der Zug Richtung Ziegelbrücke fuhr grad ab, ich realisierte, dass ich 59 Minuten auf den nächsten würde warten müssen. Dann sah ich das Postauto vor dem Bahnhof, das über den Kerenzerberg fährt, und meine Synapsen schalteten. In Filzbach auf dem Kerenzerberg gibt es ein Sportgeschäft, in dem ich vor Jahren Stöcke gekauft hatte. 10.37 fuhr das Posti los mit mir an Bord. 10.47 waren wir in Filzbach bei der Haltestelle Milchzentrale, ich stieg aus, ging ins Sportgeschäft vis-à-vis, der nette Mann bediente mich grad, innert fünf Minuten hatte ich meinen neuen Rucksack. Ich verabschiedete mich, holte mir im Bäckereiladen gegenüber ein Sandwich mit Schinken, ass es in der Sonne, fuhr um 11.07 mit dem Posti wieder runter nach Mühlehorn und nahm um 11.25 den Zug nach Ziegelbrücke, also heimwärts. Faustregel: Wenn du etwas kaufen willst, fährst du mit Vorteil aufs Land.

Mittwoch, 7. Juni 2023

Ferienreisli ins Büro


Ich habe in Zürich einen neuen Arbeitsweg, die Fahrt mit dem Tram Nr. 5 vom Bahnhof Stadelhofen zur Saalsporthalle nah dem Albisgüetli fühlt sich an wie ein Ferienreisli, alles ist neu, ich sehe Dinge, die ich nie zuvor sah. Die "Schweizer Familie" ist vor kurzem gezügelt, hat vom Werdareal am Stauffacher mit dem Gros der "Tamedia"-Redaktionen aufs Bubenberg-Gelände gewechselt, wo "Tamedia" eines ihrer schweizweit drei Druckzentren betreibt. Dasjenige in Zürich ist das grösste und leistungsfähigste Druckzentrum im Land. Unsereins hat im dritten Stock grosszügig bemessene Räume bezogen, nachdem es am alten Standort eng geworden war. Auch eine nette Dachterrasse haben wir. Und es gibt ein Personalrestaurant. Gestern nahm ich, als ich mit der Arbeit fertig war, statt des sogenannten blauen mal das rote Treppenhaus. Ich geriet in die Welt der Drucker, es roch nach Industrie, nach Maschinenschmiere, ich sah die gewaltigen Druckmaschinen. Als ich in einer Hubstaplergasse mit riesigen Papierrollen Zugwaggons entdeckte, war ich vollends fasziniert. Hey, meine Redaktion hat einen eigenen Bahnanschluss!