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Freitag, 31. Mai 2019

Das Rätsel der zwei Burgen

2018: Greyerzersee mit Ogoz-Insel ("Ruine de la Tour").
Derselbe Ort hundert Jahre zuvor: Den See gibt es noch nicht.
(Beide Screenshots: map.geo.admin, Bundesamt
für Landestopografie Swisstopo)
Blick von Le Bry, Hafen, auf die Ogoz-Insel.
Es war einmal, mitten im Greyerzerland, ein Mittelalterflecken. Rätselhafterweise - aus heutiger Sicht - hatten zwei Adelsherrschaften dort ihre Burgen gleich nebeneinander erstellt. Irgendwann starben die Adeligen aus, die Türme wurden verlassen und zerfielen. Imposant sahen sie nach wie vor aus, denn sie standen auf einem Felssporn am Rand der Saane, die an diesem Ort eine wilde Schleife ins Gelände zieht. Zog. 1948 wurde die Gegend zum Greyerzersee geflutet. Der Platz über dem Fluss war damit zur Insel geworden, der Île d'Ogoz. Wobei das ein wenig zu relativieren ist: Jeden Frühfrühling gibt es ein paar Wochen, in denen der Wasserspiegel des Sees stark abgesenkt wird. Dann ist die Insel für wenige Wochen wieder eine Halbinsel. Die meiste Zeit des Jahres aber braucht man, zu ihr zu gelangen, so man nicht schwimmt, ein Boot.

Donnerstag, 30. Mai 2019

Die Sache mit dem Schluss-S

Gestern bekam ich eine Zuschrift von Andreas Güntert, einem geschätzten Kollegen aus "Facts"-Zeiten. Eine Art Leserbrief. Andreas hat den Artikel geschrieben, in dem der Ausdruck "heavy repeaters" auftaucht; es geht um Leute, die immer wieder am selben Ort Ferien machen. Über den Ausdruck und den Artikel hatte ich am Dienstag berichtet. Hier, was Andreas  schreibt:
Hallo Thomas, freue mich natürlich, dass Du meine Geschichte (nein, ich sag jetzt nicht «Story») im Tagi gelesen hast. Versuch einer Verteidigung: Das Wort «Stammgast» kam natürlich mehrmals vor in dem Stück. Weil die Touristiker bei sehr langjährigen Stammgästen tatsächlich von «heavy repeaters» sprechen, wollte ich diesen Fachausdruck halt schon gerne ins Blatt nehmen. Apropos repeat: Tät mich freuen, Dich mal wieder auf einen Süssmost zu sehen. Oder so. Andreas.
Gestern auf dem Greyerzersee. Hinten der A12-Viadukt, der bei
Le Bry in 70 Metern Höhe zwei Seitenarme des Sees überquert.
Soweit die Zuschrift, den Süssmost haben wir inzwischen zu einem Bier korrigiert, auf bald, lieber Andreas! Und damit zu einem anderen Thema. Gestern war ich zu einer Bootsfahrt auf dem Greyerzersee eingeladen. Toll, dieses Gewässer mal aus der Nähe zu erleben, bisher hatte ich es stets nur von oben gesehen oder war an ihm vorbeigereist. Bei der Anfahrt im Bus von Freiburg her fiel mir etwas Sprachliches auf. Nämlich, dass die automatische Stimme des Businfoystems die vielen Ortschaften auf -ens wie Ecuvillens, Magnedens, Rossens, die wir ansteuerten, allesamt mit S aussprach. Ich hätte gedacht, das Schluss-S solcher Wörter werde nicht ausgesprochen. In Le Bry, am Ziel, traf ich den Mann, der mich über den See fahren würde, einen französischsprachigen Freiburger. Er sagte, es sei tatsächlich so, dass zum Beispiel die Waadtländer das S in solchen französischen Ortsnamen nicht aussprächen. Hingegen täten es die Freiburger. Toll, jetzt kann ich einen Fribourgeois von einem Vaudois akustisch unterscheiden.

Mittwoch, 29. Mai 2019

Hurra, sie sind da!

Hm. Erdbeeren. Aus dem Thurgau!
(Foto: ES)
Heute drei ganz verschiedene Dinge.
Erstens: Die Thurgauer Erdbeeren sind da, vermelden die dortigen Produzenten. Also ab in den Laden, Leute! Gestern ass ich mein erstes Schachteli, die Beeren waren reif und süss.
Zweitens, ebenso erfreulich: Fürs kommende Wochenende werden Temperaturen von 25 (Samstag) und 27 Grad (Sonntag) vorhergesagt. Das klingt schon nach Sommer. Unsereins will im Gurnigelgebiet wandern.
Drittens: Heute reise ich ins Freiburgische. Ins Greyerzerland. Dort wandere ich nicht, sondern besichtige auf eine Einladung hin die Île d'Ogoz im Greyerzersee, also der aufgestauten Saane. Erreichen werde ich die Insel mit den zwei Burgruinen per Boot.

Dienstag, 28. Mai 2019

Schwere Wiederholer

Verkehren hier auch heavy repeaters? Anzunehmen. Badrutt's
Palace in St. Moritz. (Roland Zumbühl/Wikicommons)
Kürzlich las ich im Tagi den Ausdruck "heavy repeaters". So heissen im Slang der Touristiker Leute, die Jahr für Jahr am selben Ort und oft auch im selben Hotel Ferien machen. Warum man statt des "Stammgastes" ein englisches Wort braucht, das nach "Wiederholungstäter" klingt, verstehe ich nicht.

Montag, 27. Mai 2019

Düsternis, Helle, Rahmschnitzel

Die erste halbe Stunde der Wanderung ist happig. Von Thusis bis zum
Sporn von Hohen Rätien mit der Burg sind es 250 Höhenmeter im Aufstieg.

Für so etwas gehe ich gern
fünfeinhalb Stunden.
Die Veia Traversina, den Traversinerweg, gab es als Saumweg schon zu Zeiten der Römer. Ostseitig des Hinterrheins leitet er von Thusis zur Viamala-Engstelle und weiter nach Zillis. Am Samstag bewanderte ich ihn mit Ronja, wonach wir nach Andeer fortsetzten (1070 Meter aufwärts, 780 Meter abwärts). In der Viamala, wo die Veia kurz die alte Strasse mit der Postautohaltestelle und dem Eingang in die touristisch hergerichtete Schlucht berührt, fanden wir, es sei noch zu früh für ein Bier. In Zillis wäre es nicht mehr zu früh für ein Bier gewesen, doch angesichts des sich verdüsternden Himmels gingen wir ohne Rast weiter. Das war schlau. Nach fünfeinviertel Stunden zügigen Gehens ohne Pause kamen wir in Andeer an. Vorerst wurden wir enttäuscht: Das Restaurant des  Thermalbades war zu, Umbau. Weiter oben im Dorf fanden wir dann aber, derweil der Regen kräftig einsetzte und somit unsere Durchmarsch-Strategie bestätigte, das Weisse Kreuz offen vor. Und man war dort willens, mitten im Nachmittag für Gäste zu kochen. Das war ein sehr guter Abschluss einer sehr guten Wanderung. Vieles wird mir von ihr bleiben. Die exponiert auf einem Hügelsporn über Thusis hockende Burg Hohen Rätien etwa. Der weisse Burghund Paco. Die hängende Treppe über das Traversiner Tobel, siehe Eintrag von gestern. Die düstere Viamala. Der Moment, wo sich bei Davos (so heisst ein Punkt im Wald) einige Zeit vor Zillis das Schams öffnet und alles hell und weit wird. Last not least ist als Highlight zu nennen: mein herrliches Rahmschnitzel im Restaurant am Schluss.
Irgendwo las ich den Tipp: Bilder kippen, das gibt ihnen Dramatik!
Ich hoffe, dem Blogleser wird beim Betrachten nicht schwindlig. Motiv:
die Suransunsbrücke  für Wanderer und die Autobahnbrücke in der Viamala.

Sonntag, 26. Mai 2019

Die schwebende Treppe

Gestern gingen wir von Thusis ostseitig hoch über dem Hinterrhein zur Viamala-Schlucht und weiter via Zillis und Pignia nach Andeer. Höhepunkt war noch vor der Vialama der Traversinersteg, der sich in 70 Metern Höhe über das Traversinertobel spannt, das von der Seite her der Schlucht des Hinterrheins zustrebt. Handelt es sich um eine Brücke? Eher um eine schwebende Treppe, denn man geht auf Stufen entweder - so war es für uns - bloss abwärts oder aber bloss aufwärts. Die horizontale Spannweite des spektakulär durchhängenden Stegs beträgt 56 Meter, die Höhendifferenz zwischen den beiden Enden 22 Meter. Was ich toll fand: Der Traversinersteg ist eine Anti-Schwindelgefühl-Konstruktion, breite Bodenbretter beidseits ausserhalb der Seitenwände, parallel zu diesen laufend, verhindern, dass man in den Abgrund schaut, der Gruselblick ist freiwillig. Entstanden ist der Steg 2005. Das Vorgängermodell stand etwas weiter oben im Tobel und lebte drei Jahre, bis Steinschlag es zerstörte. Dies ist eine ausgesprochen rüde Gegend.

PS: Ja, ich weiss, schon wieder eine Collage. Ich habe ein neues Foto-Verarbeitungs-Programm namens Fotor. Mit ihm erstellt man leicht Collagen. Mir macht das grad grosse Freude.

Samstag, 25. Mai 2019

Kala Patthar?

Gipfelgegend des Kala Patthar im Vordergrund. Hinten
höhere Berge. (LyndyB/Wikicommons)
Welcher Berg weltweit wird in Begleitung eines Bergführers am öftesten bestiegen? Es ist nicht das Matterhorn und nicht der Everest und nicht der Mont Blanc. Sondern der Himalayagipfel Kala Patthar, 5545 Meter über Meer, Nepal. Circa 40 000 geführte Besteigungen sind für ihn pro Jahr verzeichnet. Kala Patthar? Nie gehört. Offenbar handelt es sich um einen Nachbargipfel des Mount Everest, einen Logenplatz, von dem aus man den Eisgiganten aus der Nähe bewundern kann. Wer mehr wissen will, schaut bei "Bergwelten" hinein, dort las ich das. Ah ja, noch dies: Das Matterhorn schaffte es immerhin auf Platz zehn der Liste.

Freitag, 24. Mai 2019

Es stiebte, es brauste

Meine Pizzoccheri in der Osteria
La Froda in Foroglio. Beim Essen hat
man dort den Wasserfall vor Augen.
110 Meter hoch ist der Fall der wilden Calnegia bei Foroglio im Bavonatal. Man nennt den Wasserfall "Froda", er heisst also gleich wie der ganz hinten bei Sonogno im Verzascatal (80 Meter). Die Froda im Bavonatal erreicht man über einen coupierten, auf zwei kurzen Abschnitten mit einer Kette gesicherten Steig innert zehn Minuten ab Foroglio. Mein Glück war, dass ich während der Schneeschmelze da war. Sie verlieh der Calnegia die Kraft für einen wirklich grossen Auftritt: Es stiebte, es brauste. A propos: Ebenfalls einen grossen Auftritt hatte mein Essen in der nahen Osteria. Die Pizzoccheri mundeten vorzüglich.

Donnerstag, 23. Mai 2019

Von S bis B fantastisch


Meine Dienstagswanderung das Bavonatal hinab, 4 1/4 Stunden, circa 330 Meter aufwärts und 830 Meter abwärts, war von A bis Z, nein, von S (wie San Carlo) bis B (wie Bignasco) fantastisch. Mein Kalkül ging auf. Ich weiss, dass das Tal im Sommer viele Touristen anlockt. Daher zog ich jetzt im Mai los. Ich fand die Wanderwege praktisch menschenlos vor. Die Weiler auch. Nur bloss in Foroglio hatte es Leute. Dort gibt es ein Grotto mit sehr guter Küche und dem berühmten Wasserfall "Froda" als Kulisse. Ihn will ich morgen oder so separat feiern, er verdient das.

Das Bavonatal, ein Seitental des Maggiatals, ist seit einem halben Jahrtausend nur noch in der warmen Jahreshälfte bewohnt. Die Kälte setzte den Bewohnern von einst zu, dazu kamen Lawinen und Steinschlag. Strom vom Netz haben die meisten Weiler nicht, aber natürlich gibt es Solaranlagen. Steine dominieren. Berühmt sind die Splüi, mit Mauerwerk hergerichtete Winkel dort, wo sich Felsblöcke verkeilen oder überhängen. Im Sommer ist es in den Splüi (kommt das Wort wohl von lateinisch "spelunca" gleich Höhle?) so kühl, dass man in ihnen problemlos Dinge wie Käse oder Fleisch lagern konnte. Wer mehr zu dem Tal wissen möchte: Hier ein guter Artikel.

Mittwoch, 22. Mai 2019

Mein grauer Tag

Gestern reiste ich je viereinviertel Stunden. Dazwischen wanderte ich viereinviertel Stunden. Von San Carlo ging ich die Valle Bavona hinab nach Bignasco, wo die Bavona in die Maggia mündet und somit das nach ihr benannte Tal endet. 250 Fotos schlummern in meiner Kamera, heute will ich sie anschauen und verarbeiten und dann morgen ein wenig von der Tour erzählen. Hier vorerst zwei Fotos. Sie zeigen, was ich als Essenz des Bavonatals empfand, das wiederum als schönstes Tessiner Tal gilt: Häuser und Felsen existieren beieinander, miteinander, nebeneinander, aufeinander, durcheinander, ineinander. Die Hauptfarbe des Tals, das ist Grau in allen Variationen.

Dienstag, 21. Mai 2019

Therapie im Gelände

Diese Frauen führen sich etwas Gutes zu.
Wilbert Gesler, Amerikaner, Jahrgang 1941, wird gern als "Medizingeograf" bezeichnet, was halb mysteriös und halb hochtrabend klingt. Ein Begriff ist es, der ihn berühmt gemacht hat und mit ihm assoziiert wird: therapeutic landscape. Zu Deutsch: therapeutische Landschaft. Gesler fasst in diesen hochtrabenden Ausdruck die Tatsache, dass uns Landschaften gut tun. Dass sie uns Harmonie vermitteln. Dass sie uns gesund machen oder gesund erhalten oder mindestens zum Wohlbefinden beitragen. Alles total plausibel. Auch ohne Geslers Zutun. Aber recht hat der Mann.

PS: So. Heute gehe ich wandern. Wieder mal ins Tessin. Im Süden dürfte es heute trocken sein und bleiben. Ich hoffe, ich bekomme eine Grossdosis Gesundlandschaft.

Montag, 20. Mai 2019

Krokusse, Schnee und ein Lama

Am Chapfensee.
Krokusse, zum Küssen schön.
Die samstägliche Wanderung von Plons, Gemeinde Mels, hinauf zum Chapfensee, via Neualp nach Schönhalden und in der Direttissima hinab nach Flums war anstrengend. Sie dauerte sechs Stunden, wir machten auf- und abwärts je rund 1100 Höhenmeter, oben lag an den dümmsten Stellen noch Schnee, so dass wir vorsichtig gehen mussten. Was bleibt, sind die Dinge abseits der Anstrengung und Mühsal. Von denen gab es reichlich, hier einige, die erwähnt sein müssen:
  • Natürlich die Churfirsten, die man ständig als schmucke Zahnreihe über dem Walensee vor Augen hat.
  • Die Wiesen in höheren Lagen, wo jetzt im Bergfrühling Millionen von Babykrokussen spriessen.
  • Der Chapfensee, ein wenig bekanntes St. Galler Staugewässer, an dem bereits die ersten Angler zugange waren.
  • Das Restaurant des Hotels Schönhalden, wo ich das perfekte Kalbskotelett mit Gemüse und Rheintaler Ribelmaispolenta hatte. Das Essen war so teuer wie in Zürich. Jeder Franken lohnte sich.
  • Das auf kleinere Riesen zugeschnittene Felsentor zwischen Meilen und Schigg im Aufstieg.
  • Das Lama von der Sässliwiese, das laut seinem englischen Besitzer "Popeye" heisst und noch ein dickes Winterwollkleid trug.
Popeye von der Sässliwiese.
Schneereste auf der Schönhalden. hinten die Churfirsten.
Felsentor zwischen Meilen und Schigg oberhalb Plons.

Sonntag, 19. Mai 2019

160 000 Franken für einen Baum?

Schlierens berühmte Rotbuche.
(Foto: Schlieren/Pressemitteilung)
In Schlieren im Limmattal, Kanton Zürich, versetzten sie im Februar vor einem Jahr eine rund 80-jährige Rotbuche um 170 Meter. Der Baum war der projektierten Limmattalbahn im Weg gestanden. Diese Woche nun las ich im Tagi: Die Rotbuche muss in den nächsten Wochen gefällt werden. Sie ist in desolatem Zustand; sie kam letztes Jahr schlecht gegen die Hitze an, wurde am neuen Standort wohl auch zu wenig gewässert. 160 000 Franken kostete der Baumzügel, der aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung gegen die Fällung am angestammten Ort und einer Petition zustande kam; allerlei Sponsoren bezahlten. Die Aktion gab damals allen ein gutes Gefühl. Empfindsamkeit wurde punktuell, an einem Objekt, zelebriert. Aber war das vernünftig? 160 000 Franken für einen einzelnen Baum?

Samstag, 18. Mai 2019

Der Keller in der Bank

Bank und ...
... Brille.
Ich dachte, ich würde Zürich einigermassen kennen. Aber das war mir neu: Im Erdgeschoss der Schroder & Co Bank AG am Central 2 in Zürich ist eine feine kleine Gottfried-Keller-Dauerausstellung eingerichtet und jederzeit besichtigbar, insbesondere sind Leihgaben der Zentralbibliothek Zürich zu sehen. Kürzlich schaute ich mir die Ausstellung an. Besonders berührten mich Alltagsgegenstände wie Kellers Brille und seine Sonntagsuhr.

Freitag, 17. Mai 2019

Demütigungseinrichtung

Kürzlich in Sarnen kamen wir zum Rathaus des Kantons Obwalden und entdeckten an dessen Seite den alten Pranger mit Halskette (Foto). Somit kenne ich jetzt drei hiesige Pranger. Über die beiden anderen habe ich hier bereits berichtet. Zum einen handelt es sich um den Pranger von Vicosoprano im Bergell, Kanton Graubünden. Und zum anderen um den von Sursee im Luzernbiet. Ich bin gespannt, wann und wo im Land ich das nächste Mal einer solchen Demütigungseinrichtung begegne. Pranger Nummer vier, wo bist du?

Donnerstag, 16. Mai 2019

Die graue Tour

Die Burg Castelgrande von der Burg Montebello aus gesehen.
Drei Burgen sowie die Maueranlage Murata beherrschen den Tessiner Kantonshauptort Bellinzona, als Ensemble wurden die Befestigungen ins Unesco-Welterbe aufgenommen. Am Montag besichtigten wir das Castelgrande im Zentrum der Stadt sowie die etwas höher gelegene Burg Montebello; zum Sasso Corbaro noch weiter oben schafften wir es nicht. Die Tour bescherte uns eine Grossportion Mauerwerk, Türme mit steilen Treppen, militante Zinnen, Wehrgänge, Schiessscharten und auch eine Zugbrücke. Selten sieht man soviel Grau aufs Mal. Was ich interessant fand: Gegen Ende des Mittelalters wurden die Visconti, die Herzöge von Mailand, aus der Region verdrängt. Die Eidgenossen übernahmen, etablierten eine Gemeine Herrschaft, und jede der drei Burgen bekam einen neuen Besitzer aus dem Norden und den entsprechenden deutschstämmigen Namen:
  • Castello d'Uri = Castelgrande
  • Castello di Svitto = Montebello (Svitto ist "Schwyz" auf Italienisch).
  • Castello di Unterwalden = Sasso Corbaro.
Wehrturm auf Montebello.

Mittwoch, 15. Mai 2019

Den Wind hätte es nicht gebraucht

Die Hängebrücke über die Schlucht der Sementina. Nicht im Bild: der Nordföhn.

Fresko an der Aussenwand der Kirche San Bernardo.
Über Jahre habe ich das Tessin vernachlässigt. Nun bin ich daran, mir jene Standardrouten zuzuführen, die andere Viel-Wanderer längst gemacht haben. Am Montag zog ich mit Ronja von der Talstation der Monte-Carasso-Bahn via San Bernardo hinauf zur Hängebrücke über die Sementinaschlucht. Auf der anderen Seite ging es ebenso steil wieder hinab nach Sementina. Dort assen wir nach drei Gehstunden im Hotel Cereda und fügten dann eine zweite Unternehmung an: Wir hielten hinüber nach Bellinzona und schauten uns die zwei Unesco-Weltwerbe-Burgen Castelgrande und Montebello an. Das dauerte noch einmal zwei Stunden, am Ende hatten wir doch je rund 900 Höhenmeter auf- und abwärts in den Beinen. Was die Sementina-Brücke angeht: Die Begehung war ein mittleres Abenteuer. Der Nordföhn blies in Sturmstärke. Die Brücke (270 Meter lang, 130 Meter über dem Grund) ist gut vertäut, so dass sie kaum schwankte. Doch hatte man Mühe, überhaupt vorwärtszukommen. Und ich gebe gern zu, dass mir ein wenig mulmig war. Den Wind hätte es nicht gebraucht. Noch mehr von ihm, und ich wäre auf die andere Seite gekrochen.
Fussgänger- und Velobrücke über den Ticino bei Bellinzona.

Dienstag, 14. Mai 2019

Dreitausender für alle

Es gibt Dreitausender und Dreitausender. Solche, die man nur als Alpinist schafft mit der entsprechenden Ausrüstung. Und solche, die für den Bergwanderer gut erreichbar sind bei Schwierigkeitsstufe T2 oder T3: der Mont Rogneux etwa im Wallis, das Oldenhorn in den Berner Alpen, der Muttler im Bündnerland. Autor Fredy Joss stellt im eben (im AT-Verlag) erschienenen Führer "Zu den höchsten Wandergipfeln der Schweiz" 30 Dreitausender vor, die sich für uns Nichtkletterer eignen. Die meisten sind per Eintagestour zugänglich, so dass die Hüttenübernachtung entfällt. Wobei es ja Leute geben soll, die Hütten mögen.

Montag, 13. Mai 2019

Murtner Mutter

Das Berntor in Murten.
Wo die Murtner leben. (Wikicommons)
Gestern las ich in der "Sonntagszeitung" eine witzige Kolumne. Sie trug den Titel "Wir Murtener".  Filmredaktor Matthias Lerf, der aus Murten kommt, erzählt in der Kolumne, wie seine Mutter sich jeweils aufregt, wenn Leute aus Murten als "Murtener" bezeichnet werden, da es korrekt "Murtner" heisst. Eben nun sei er im Stadttheater Bern gewesen, wo gerade das Stück "Der Elefant von Murten" gegeben wird. Im Programmheft, aber auch im Stück selber tauche dauernd das falsche Adjektiv "Murtener" auf. Und weil Muttertag sei, bitte er, Lerf aus Murten, die Leserinnen und Leser, dass man ihm seiner Mutter zuliebe die richtige Version nachspreche: "Murtner, Murtner, Murtner."

PS: Der Elefant von Murten, der das gleichnamige Stück inspiriert hat, kam einmal in einer Wanderkolumne von mir vor.

Sonntag, 12. Mai 2019

Giorgio und Pravello

Kümmerliches Schutzhüttli beim Poncione d'Arzo.
Gleich danach begrüsst den Wanderer auf dem Pravello das Steinkreuz.

Sanftes Hügelbergland um den Monte San Giorgio.
Berühmt ist im Gebiet, das von den zwei südlichen Armen des Luganersees umfasst wird, der Monte San Giorgio; jener Berg ist eine weltweit beachtete und bedeutende Fundstelle für Fossilien. Der Monte Pravello, 1012 Meter über Meer, steht etwas weiter südwestlich direkt auf der Landesgrenze und hat den Vorteil, dass er weniger Leute anzieht, man ist dort oben wohl oft allein. Am Freitag war ich bei schwülem und diesigem Wetter oben und fand die Aussicht wunderbar. Meine Route: Arzo - Costa di Prabello - Monte Pravello - Crocefisso - Serpiano - Brusino Arsizio, Rondello (4 Stunden, 700 Meter aufwärts, 900 abwärts). Menschen sah ich bloss am Anfang und am Schluss. Und natürlich beim Zmittag in Serpiano.

Samstag, 11. Mai 2019

Hässliches Haus, grandiose Aussicht

Das Hotel Serpiano, ein Wellnesshotel im - vermute ich mal - Siebzigerjahre-Baustil, ist wahrlich keine Schönheit. Das Essen im Restaurant aber mundet durchaus. Und: Wirklich sensationell ist die Sicht von der Terrasse auf den Seedamm von Melide, den San Salvatore und das Dorf Morcote unten am Luganersee. Gestern kam ich in Serpiano durch, kehrte ein, ass und schaute. Das war toll. Die Fotos können es nicht voll wiedergeben, die Luft war dunstig. Wer die volle Schönheit will, muss selber hin.
Der Seedamm von Melide. Links dahinter Luganos Hausberg San Salvatore.
Morcote, herangezoomt.

Freitag, 10. Mai 2019

Exodus der Phanarioten

Inneres einer christlichen Kirche in Fener
(Phanar) in istanbul. (Wikicommons)
Im September 1955 kam es in Istanbul zu Übergriffen auf die christliche und speziell auf die griechische Minderheit. Es gab einige Tote, darunter Priester; viele Phanarioten verliessen das Land. Diesem griechischen Wort, dem ich kürzlich in einem Buch begegnete, während ich aus dem Tessin heimfuhr, gilt mein heutiger Eintrag - ich finde es immer schön, neue Wörter kennenzulernen. Heute also "Phanarioten". Phanar, Fanar oder Fener ist ein Stadtteil von Istanbul, das wiederum früher Konstantinopel und noch früher Byzanz hiess. Der Name "Phanar" ging auf die Menschen über, die dort lebten: griechische Kaufleute und Geistliche christlichen Glaubens, die eine einflussreiche Elite bildeten und sich auf den byzantinischen Adel zurückführten. Den Übergang vom osmanischen Vielvölkergebilde zur modernen Türkei, begründet 1923 durch Atatürk, überstanden die Phanarioten. Doch nach den Vorfällen von 1955 emigrierten die meisten von ihnen. Traurig, wenn Nationalstaaten Gruppen nicht ertragen, die ethnisch, kulturell, religiös anders sind.

PS: Heute bin ich früh dran. Ich will ins Tessin. Heute statt morgen, weil heute das Wetter besser ist.

Donnerstag, 9. Mai 2019

Alles war gut

See am Ende: der Lago di Vogorno, die gestaute Verzasca, von Mergoscia aus.
See am Anfang: Der Lago Maggiore mit dem Schwemmdelta der Maggia.
Diese Buche kann wohl sprechen.
Die Route von Locarnos Hausberg oder doch Haus-Aussichtspunkt Cardada via Alpe Cardada und Sceres zu den Monti di Lego und weiter via Piroi nach Mergoscia ist nicht lang (3 1/4 Stunden), aber stellenweise ruppig und coupiert (300 Meter aufwärts, 900 abwärts). Lange ging ich auf einer schmalen Spur durch den Wald, durch Farne, durchs Kraut, ab und zu blitzte durch die Buchen und Birken der Lago Maggiore auf, Eidechslein flohen, von verblassten Bildstöcken blickten Madonnen mild auf mich, jahrhundertealte Treppenplatten glitzerten silbern. Und das Beizli der Monti di Lego schenkte mir eine entspannende Rast, ich ass einen Salsiz, trank einen Einer Merlot aus einem henkellosen Flachgefäss, das mich an ein Schälchen beim Aquarellieren erinnerte. Am Ende, im Verzasca-Dörfchen Mergoscia, verpasste ich um zwei Minuten den Bus. Eine Minute später, als ich gerade Autostopper zu spielen begonnen hatte, erbarmten sich zwei Frauen meiner und nahmen mich mit hinab nach Tenero. Auch das war gut. Alles war gut an meinem Dienstag im Tessin.
Berge über der Alpe Cardada.
Mergoscia mit meinem Wanderziel, der Dorfkirche ganz rechts

Mittwoch, 8. Mai 2019

Eine Bootstour, das wär's

Gestern fotografierte ich auf der Alpe Cardada, unterwegs von Cardada nach Mergoscia, vor der Stallone-Hütte dieses Pedalo. Die blaue Wasserfläche, die man an diesem Ort vor Augen hat, macht Lust auf eine kleine Tour. Freilich liegen zwischen der Alp und dem Lago Maggiore 1200 Höhenmeter.