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Montag, 31. Januar 2022

Unter uns der Untersee

Blick von Tägermoos über den Untersee nach Deutschland. Links der Mitte die Halbinsel Höri.
"Wintersalat" im Restaurant Steinberg.
Am Samstag zogen wir von Frauenfeld via Ochsenfurt, Hinderriet, Pfyn, Unter- und Oberhörstetten, Reckenwil und Tägermoos nach Steckborn. Fünfeinviertel Stunden Gehzeit brauchte die Route, wir stiegen je 340 Meter auf und ab, besonders anstrengend wars nicht, vieles war erfreulich. Zum Beispiel gab es kaum Hartbelag, der die Füsse plagt, und die wenigen asphaltierten Abschnitte konnte man vermeiden, indem man am Rand der Strasse im Grasstreifen ging. Die renaturierten Auen an der Murg und der Thur bei Frauenfeld  gefielen uns ebenso wie etwas später zuerst das Tobel des Seebaches und dann das des Ginselbächlis. Mit dem Restaurant Steinberg in Reckenwil fanden wir ein Lokal, das sich bestens für Wanderer und Wanderinnen eignet: gemütlich, freundlich, unkompliziert gute Küche. Nach dem Zmittag fesselte uns dann bei Tägermoos der Anblick des Untersees und der Halbinsel Höri zu unseren Füssen. Am Ende gönnten wir uns eine Postautofahrt, nahmen also statt des Zuges Richtung Schaffhausen den Bus, der uns über den Seerücken retour nach Frauenfeld hinübertrug. So sahen wir einiges wieder, was wir Stunden zuvor zu Fuss kennengelernt hatten.

Hier lebt der Biber: Auengelände an der Thur vor der Ochsenfurt.

Sonntag, 30. Januar 2022

Typisch Seerücken


Der Seerücken im Kanton Thurgau ist mir lieb und teuer. Vor Romanshorn beginnt er und zieht sich über 35 Kilometer Richtung Westen bis zur Grenze zum Kanton Zürich, also zum Stammertal. Ein kalter Wind fegt oft über die dünn besiedelte, waldreiche, karge Hochebene in ihrer mittleren Lage zwischen dem Bodensee und dem Thurtal, etwas weiter entfernt markieren der Säntis und die Churfirsten den Horizont. Gestern waren wir wieder einmal in der Gegend unterwegs. Blau und durchzogen von Wolken und Wölkchen war der Himmel, der unsere Wanderung überwölbte. Weite war, was wir zu fühlen bekamen. Typisch Seerücken.

Samstag, 29. Januar 2022

Ausgerauscht?

Wo Wasser stürzt, kann Energie gewonnen werden:
der Rheinfall bei Schaffhausen. (Foto: Ch-info.ch / Wikicommons)
Wenn der Rheinfall bei extremer Trockenheit sehr wenig Wasser führt, ist das trist. Gestern las ich im "Tagi" von Plänen, oberhalb des Rheinfalles – er ist Europas mächtigster Wasserfall – am linken Ufer ein Stromkraftwerk zu bauen. So steht es im Entwurf des neuen Schaffhauser Wasserwirtschaftsgesetzes, wobei auch der Kanton Zürich, zu dem das linke Ufer gehört, begrüsst werden müsste. Dem Fluss würden bis zu 125 Kubikmeter Wasser pro Sekunde entnommen, das in einen Stollen geführt würde, um nach dem Sturz über 23 Meter Gefälle wieder in den Fluss geleitet zu werden. Mal schauen, wie sich das Projekt entwickelt, das dazu beitragen soll, die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Kritiker finden jedenfalls, der Rheinfall würde "praktisch abgeschaltet".

Freitag, 28. Januar 2022

Carhenge


Stonehenge ist weltberühmt, den Kreis aus Megalithen, also Riesensteinen, der Jungsteinzeit in Südengland kennen alle. Kürzlich las ich einen Krimi, der unter amerikanischen Ureinwohnern spielt. Dort kam das neuzeitliche Gegenstück zu Stonehenge vor. Carhenge vom Künstler Jim Reinders liegt im US-Bundesstaat Nebraska, wurde 1987 eingeweiht und besteht aus 38 grau eingefärbten Autowracks, arrangiert in einem Kreis von 29 Metern Durchmesser. Sieht nicht übel aus, finde ich. (Fotos von Wikicommons. Carhenge: Grenzlandstern, Stonehenge: Operarius)

Donnerstag, 27. Januar 2022

Die Sonnentankstelle

Früher Nachmittag auf der Hannigalp.

Etwas Letztes möchte ich zu meinem Saas-Fee-Kurzenaufenthalt loswerden. Nämlich ein Lob der Hannigalp, die auf 2340 Metern am Hang westlich über dem Ferienort liegt. Mit einer gemütlichen Gondelbahn erschlossen, steht sie für Sonne – für jene Sonne, die sich jetzt im Januar unten im Talboden rar macht. Am Dienstag erwanderte ich die Hannigalp vom Dorfzentrum von Saas-Fee aus auf einem engen, als Winterwanderweg vorgeschlagenen Zickzackpfad. Einfach war das nicht. Zwar sahen manche Waldpfade im unteren Teil aper aus, doch tarnte der braune Teppich aus Baumnadeln bloss das darunterliegende Eis. Höher oben wars besser, da ging ich auf einer gewalzten Schneepiste. Oben gabs zur Belohnung ein Bier auf der Terrasse des Bergrestaurants. Und Sonne, Sonne, Sonne, als sei man im sommerlichen Ascona. Es folgte der Abstieg, wobei ich einen anderen, lange Spitzkehren ziehenden und so das Gefälle pfleglich portionierenden Winterwanderweg wählte. Immerhin 3 1/2 Stunden dauerte die ganze Unternehmung bei je 580 Höhenmetern auf- und abwärts. Und jetzt bin ich also wieder zuhause in der Züri-Agglo und denke sehnsuchtsvoll an meine leuchtenden zwei Tage im Wallis zurück.

Tückischer Waldpfad mit verdecktem Eis.
Weiter oben, so winterwandert man gern.

Mittwoch, 26. Januar 2022

Pingu und die Viertausender

War ein bewegender Ausflug gestern in Saas-Fee. Auf Mittelallalin, knapp 3500 Meter über Meer, gabs im Drehrestaurant um neun Uhr ein opulentes Frühstück. Natürlich mitsamt Walliser Trochufleisch. Rundum gleissten die Viertausender um die Wette, Schönheiten wie das Allalinhorn, das Täschhorn, der Dom. Dann, nach dem Essen, gings ins Dunkle, das gleichzeitig doch ebenfalls ein Helles war. Ein Stollen führte ins Innere des Fee-Gletschers. Sein Eis ist Tausende Jahre alt und im "Eispavillon" in einer Abfolge von Räumen und Figuren inszeniert, ich sah eine Eisbar und einen Eisthron und eine Monsterspinne aus Eis und pinguähnliche Gestältchen vor einem Iglu in Kindergrösse. Am Ende wieder ans Licht zu kommen mit den vielen Bergen - es war wie das Erwachen aus einem fantastischen Traum.

Dienstag, 25. Januar 2022

Halb Sterne, halb Stier

Saas-Fee gestern Nachmittag, fotografiert vom Hotelbalkon.

Wallis und Uri im Mix.
Saas-Fee ist grad noch im Januarloch, gemütlich fühlt sich das an, im Bus bei der Anreise von Visp sassen gestern Mittag etwa sechs Leute. Und die Dorfstrasse war dann fast leer. Am Nachmittag machte ich nach der Ankunft eine zweistündige Winterwanderung vom Zentrum zum Restaurant Gletschergrotte und retour, das waren je 280 Meter auf- und abwärts. Eine gute Einstimmung war das. Heute soll es mit der ersten Bahn nach Mittelallalin gehen zum Frühstück auf 3457 Metern über Meer. Danach wird, sobald ich wieder unten bin, am Sonnenhang über dem Dorf gewandert, die Hannigalp steht auf dem Programm. Nun noch etwas zum Restaurant Gletschergrotte. Auf der Homepage (Screenshot links) sieht man ein Halb-Halb-Wappen: links Walliser Sterne, recht der Uristier. Der Wirt löste das Rätsel gern auf. Er sei Urner, er komme aus Attinghausen, erklärte er nicht ohne Stolz.

Montag, 24. Januar 2022

Bübü

Gute Laune.
Haus und Himmel in Büren zum Hof.
Aetigkofen voraus. Auf dem Bucheggberg lag Schnee. Aber nur wenig.
Das Mittagsbier.
Am Samstag gingen wir ziemlich genau 20 Kilometer. Im Vorfeld, als ich plante, hatte ich die Unternehmung "Bübü" getauft, weil sie im einen Büren (Büren zum Hof) beginnt und im anderen Büren (Büren an der Aare) endet. Vom Berner Mittelland zum Berner Seeland wanderten wir also, waren dazwischen im Solothurnischen unterwegs und bekamen mit dem flachen Limpachtal und der Hochebene des Bucheggberges viel Abwechslung und Landschaftsschönheit serviert. Freude machte uns auch die Sonne, die uns entgegen der Prognose grosszügig beschien und nicht weichen wollte. Den Zmittag nahmen wir um zwei Uhr in Oberwil bei Büren im Landgasthof zum Bad, es gab Dinge wie Käseschnitte und Apfelchüechli in einem Sääli, das mit Trophäen örtlicher Vereine dekoriert war. Doch, wir erlebten viel. Hier die Route etwas genauer: Büren zum Hof – Chapf – Chilchacher – Limpach – Unterramsern – Britterenhubel – Wolftürli – Aetigkofen – Ober Bockstein – Usser Wald – Schöniberg – Grabenöli – Wilhof – Oberwil bei Büren – Bad – Chilcheholz – Belzzälg – Büren an der Aare, Bahnhof – Städtli. 5 1/4 Stunden, 425 Meter aufwärts, 495 Meter abwärts.

Sonntag, 23. Januar 2022

Grubendurs und Grubenänni

Ich mag diese kleinen Entdeckungen beim Wandern. Gestern kamen wir auf dem Bucheggberg im Kanton Solothurn 500 Meter nördlich von Aetigkofen zum Sandsteinbruch "Ober Bockstein". Apart, man betritt diesen durch einen Tunnel, den die Nutzer einst ausbrachen. Der Abbau begann im 16. Jahrhundert. Man brauchte damals viele Mühlsteine, eine Grube in der Nähe bei Oberramsern konnte den Bedarf nicht mehr decken. So erteilte der Grosse Rat von Solothurn 1527 einem örtlichen Müller den Auftrag, bei Ober Bockstein, auf dessen Grund und Boden, Stein zu brechen. Nach einigen Jahren gab der Müller allerdings auf, sein Sandstein war zu weich für Mühlsteine, hatte sich herausgestellt. 1777 kam wieder Betrieb in die Ober-Bockstein-Grube. Vor allem Ofenplatten wurden nun aus dem Sandstein fabriziert. Der letzte Steinhauer, der "Grubendurs", hauste mit seiner Frau, dem "Grubenänni", bis 1890 vor Ort, wo sich die beiden in einer höhlenartigen Nische (Foto unten) notdürftig eingerichtet hatten, wie ich auf einer Infotafel las. Das war sicher hart.

Samstag, 22. Januar 2022

Sawiris hat wieder einen Plan

Der Urnersee, an den zwei markierten
Orten sollen Marinas entstehen.
(Schweizmobil, Screenhsot)
Samih Sawiris hegt neue Pläne fürs Urnerland, nachem er in Andermatt ein riesiges De-Luxe-Ferienzentrum realisiert hat. Am Urnersee, in Flüelen und schräg gegenüber in Isleten, will der ägyptische Unternehmer und Investor zwei Marinas anlegen, Jachthafenbecken mit Hotels, Wohnungen und Restaurants. In Isleten hat er bereits ein Grundstück gekauft, nämlich das der ehemaligen Sprengstofffabrik, in der im 19. Jahrhundert das Dynamit für den Bau des Gotthard-Eisenbahntunnels produziert wurde. Für das Projekt ist die Urner Regierung. Dagegen sind Umweltschützer.

Freitag, 21. Januar 2022

Ein bisschen Licht gabs doch

Blick über den Thunersee auf dem Rückweg von Aeschiried nach Aeschi.

Mit C., einem Freund aus der Berner Studienzeit, drehte ich gestern am frühen Nachmittag eine Runde auf dem Winterwanderweg von Aeschi bei Spiez nach Aeschiried und retour. Der Himmel war verhangen, vom Niesen sahen wir nur den gewaltigen Sockel. Und doch bekamen wir auf der zweistündigen Tour drei Landschaften serviert: die des unteren Kandertales, die des Suldtales und die des Thunersees. Und nach der Hälfte der Unternehmung riss weit hinten im Westen der Himmel auf. Durch den Schlitz im Horizont sickerte Licht. Schön wars.

Donnerstag, 20. Januar 2022

Baltschieder Schilthorn?

Hoch über dem Rhonetal. Links unten Visp. Von der Bildmitte aufsteigend das Baltschiedertal.
Am Horizont knapp links der Mitte das Bietschhorn. Ganz rechts das Gärsthorn und links daneben
das Baltschieder Schilthorn. Rechts unten Blogger Widmer (mit roter Mütze).
Höher oben wars doch winterlich.
Das herangezoomte Matterhorn.
Viel Schnee lag nicht. Und so war unsere Winterrunde mit Start und Ziel beim Busterminal von Visperterminen auch eine Herbstwanderung. Schön war sie auf jeden Fall. Vor allem wegen der hohen Berge rundum. Klein und herzig kam uns das Matterhorn vor. Riesig das Bietschhorn, der Knapp-kein-Viertausender (3934 Meter) im Norden. Nie zuvor gehört hatten wir vom Baltschieder Schilthorn, das etwas zurückversetzt hinter dem Gärsthorn stand wie ein frecher kleiner Bruder. Berge sind faszinierend. Sie sind Persönlichkeiten. Als wir nach dreieinhalb Stunden wieder in Visperterminen anlangten, kehrten wir im Hotel bei der Giw-Sesselbahn ein. Das Hotel hiess Rothorn. Grad wieder ein Horn!

Mittwoch, 19. Januar 2022

Gliederparade in Visperterminen

Gestern drehten wir in Visperterminen hoch über Visp eine Runde. Nach zwei Stunden kamen wir im steilen Bawald zu einem Abzweiger vom Winterwanderweg. Der Abwärtspfad war kurz mal unangenehm rutschig und vereist. Riesig erschien vor uns im Schattenhang alsbald die Waldkapelle. Wir traten ein, eiskalt wars im Inneren. Die nachgebildeten Körperglieder, die an einer Wand hingen, faszinierten mich und stiessen mich ab. Archaisch kam mir das vor. Um Ex-Voto-Gaben von Geheilten handelt es sich. Der Brauch besteht darin, dass man – zum Beispiel – nach einem überstandenem Fussleiden einen Fuss aus Ton, Holz oder anderem Material deponiert und so der Gottesmutter und anderen Heiligen für den Beistand in der Krise dankt. Ich fand die Gliederparade schockierend und berührend zugleich.

Dienstag, 18. Januar 2022

Das Adelbertenhaus

1799 bekämpften sich auf Schweizer Boden Napoleons Franzosen und russische Truppen. In Andermatt bezog der russische Generalissimus Suworow Quartier in einem prachtvollen, 13 Jahre zuvor gebauten Haus, in dem Adelbert Nager aufwuchs, später Landammann der Talschaft - nach ihm ist es benannt. Letzten Sommer fotografierte ich nach einer langen Höhenwanderung das "Adelbertenhaus", das zum Talmuseum Ursern geworden ist. Vergangenen Freitag war ich wieder in Andermatt und nahm dort an einer Vernissage im Museum teil, ich bekam somit Gelegenheit, das Innere des Hauses im Dorfkern kennenzulernen. Zu dessen Sammlung gehören Bergkristalle, menschengemachte Gegenstände wie etwa jahrhundertealte Armbrustspitzen sowie ausgestopfte Tiere. Zudem dokumentiert das Museum durch seine Einrichtung, wie ein hablicher Urschner vor zwei Jahrhunderten lebte.

Montag, 17. Januar 2022

Die Schwyzer Acht

15 Minuten nach dem Start in Euthal.
So mag ich den Winter.
Auf dem Rückweg nach Euthal.
Kafi-Schnaps-Tankstelle vor Unteriberg.
Auch selbstgebackene Guetsli gabs zu kaufen.
Von Euthal am südlichen Sihlsee absolvierten wir am Samstag eine Acht. Eine sehr eckige Acht, vorgegeben durch die örtlichen Touristiker, die die Winterroute vorschlagen und spuren. Alles war gut an diesem Tag. Abgesehen von der Anreise: Die Züge waren extrem voll. Und wie das Postauto von Einsiedeln Richtung Hoch-Ybrig von Menschen überquoll, die dicht gedrängt standen: skandalös, weil vermeidbar. Mir fällt auf, dass sie in Einsiedeln nie einen zusätzlichen Bus bereitstellen, auch dann nicht, wenn Tage zuvor klar ist, dass das Wetter gut sein und das ganze Unterland anreisen wird.  Nun, sei dem, wie dem sei, die Natur, die wir erlebten, war grandios. Der Schnee bestand aus edlen Kristallstäbchen. Und die Luft war so rein, dass jeder Atemzug Freude machte. Dreieinhalb Stunden brauchten wir für die Schwyzer Acht an den Gewässern Sihlsee, Minster, Nidlaubach und Sihl und fuhren alsbald früh wieder heim, um nicht erneut ins Gedränge zu geraten. Das klappte. Zmittag gabs dann erst am späten Nachmittag. In Zürich im Santa Lucia am Paradeplatz.

Sonntag, 16. Januar 2022

Afi, Kafi, Klafi

Durch die Thur getrennt, durch die Thur verbunden: Afi und Klafi.

Kürzlich erzählte eine Zürcher Wanderfreundin, dass Andelfingen und Kleinandelfingen miteinander rivalisieren. Nichts Dramatisches, man spöttelt halt, wie das zwischen Nachbargemeinden vorkommt. Die Wanderfreundin sprach die Ortsnamen nicht in voller Länge aus. Sie sagte Afi. Und sie sagte Klafi. Tatsächlich sind die Abkürzungen gebräuchlich. Ich finde, Afi und Klafi klingt so asterixmässig. Herzig, klein, abseitig. Ich nehm gern bald mal einen Kafi in Klafi. Oder doch lieber ein Kafi in Afi?

Samstag, 15. Januar 2022

Wie die Gesellschaft ins Lesen kommt

Johann Peter Hasenclever, "Das Lesekabinett", Gemälde von 1843. (Wikicommons)
Im kürzlich mir zugegangenen "Zolliker Jahrheft", Ausgabe 2021, las ich als erstes den Aufsatz über die Lesegesellschaft der Gemeinde. Um 1700 besitzen die meisten Schweizer Familien schon Bücher. Allerdings in der Regel nur eine Handvoll. Am weitesten verbreitet ist das "Zeugnis", ein Abriss der reformierten Konfession, dazu kommen das Psalmenbuch und das Betbuch. Solche Bücher liest man nicht, man liest in ihnen, manchmal ein Leben lang. Hundert Jahre später hat sich das geändert. Die Auswahl an Büchern in den Familien ist nun viel grösser. Und man liest ein Buch am Stück und und geht dann über zum nächsten. Wesentlich zur Verbreitung von Aufklärung, Bildung, weltlichem Wissen tragen die Lesegesellschaften bei, die in unserem Land ab 1750 entstehen. Sie kompensieren das Manko, dass es kaum öffentliche Bibliotheken gibt. Die Lesegesellschaften bieten Lesestoff, leihen ihn aus, lassen ihn kursieren. Und man trifft sich, um das Gelesene zu diskutieren, redet über Dinge wie Glauben, Geschichte, fremde Länder, Mann und Frau. Das alles trägt zur Meinungsbildung bei, lange bevor es Parteien gibt. Die Lesegesellschaften sind die frühen demokratischen Foren im Land, in denen sich die Bürgerschaft austauscht.

Freitag, 14. Januar 2022

200 kamen nicht zurück

1936 putschten in Spanien Teile der Armee gegen die demokratisch gewählte Regierung. Es folgte ein dreijähriger Bürgerkrieg, die daraus hervorgegangene faschistische Diktatur unter General Franco dauerte bis zu dessen Tod 1975. Im Bürgerkrieg der Dreissigerjahre kämpften in Spanien in internationalen Brigaden etwa 40 000 Ausländer, mehr als die Hälfte von ihnen kam um. Auch 800 Schweizer beteiligten sich, Kommunisten, Sozialdemokraten, Anarchisten und so weiter. Das organisierte Gedenken in der Schweiz an die rund 200 jungen Männer, die nicht zurückkamen, liess auf sich warten. 1976 erst wurde am Zürcher Volkshaus eine Tafel angebracht. Es folgte zwei Jahre später ein Denkmal auf dem Monte Ceneri speziell für die Spanienkämpfer aus dem Tessin, später entstanden auch in der Romandie Erinnerungsorte. Kürzlich kam ich auf dem Monte Ceneri beim Grotto al Ceneri am Stein mit den Namen der Gefallenen vorbei.

Donnerstag, 13. Januar 2022

Ein neues Stauseeprojekt

Energiequelle: der Gornergletscher, hier gesehen
vom Breithorn. (Foto: Johnny.m76 / Wikicommons)

Hoch über Zermatt liegt der Gornergletscher, dessen Schmelzwasser eine Schlucht in die Berglandschaft gefräst hat. Nun gibt es ein Projekt, den Gletscherbach zu stauen, las ich gestern in der NZZ. 85 Meter hoch wäre die Mauer, 150 Millionen Kubikmeter Wasser könnte der Speichersee fassen. Das ist in etwa das doppelte Volumen der Talsperre am Triftgletscher im Grimselgebiet, des zweiten konkreten Vorhabens dieser Art in der Schweiz. Rund 250 Millionen Franken würde der Bau des Gornergletscher-Staudamms kosten, laut den Verantwortlichen würde das gespeicherte Wasser nicht nur zur Produktion von Winterstrom für 600 000 Haushalte verwendet, zusätzlich könnte es im Sommer zur Trinkwasserversorgung beisteuern, und der Stausee könnte bei andräuenden Sturmfluten als Notreservoir herhalten. Gegen das Projekt sind Landschaftsschützerinnen und -schützer.

Mittwoch, 12. Januar 2022

Die Seeberger Linde


Die Kirche der Oberaargauer Gemeinde Seeberg, die wir am Samstag passierten, steht erhaben auf einem Hügel. Eindrücklicher noch als das spätgotische Gotteshaus fanden wir den Baum vor ihm. Die "Reformationslinde", wie sie genannt wird, ist rund 500 Jahre alt, dürfte also wirklich zur Zeit der Reformation gepflanzt worden sein. Neun Meter Umfang hat sie und steht unter Schutz. Auf einer Infotafel las ich, dass Linden besonders effizient Verletzungen reparieren und sehr schnell neue Rinde bilden. Und dass sie oft bei Kirchen stehen. Warum – wo ist der Zusammenhang? Ich weiss es leider nicht.

Dienstag, 11. Januar 2022

Die Pfarrer-Bubble

Am Samstag kamen wir in Wynigen im Kanton Bern an jener Kirche (Foto) vorbei, in der Albert Bitzius 1833 Henriette Zeender geheiratet hatte. Ein Blick in die Biografie der Brautleute ergibt: Die lebten in einer "Bubble", wie man heutzutage sagt. In einer Pfarrer-Bubble.

  • Albert Bitzius, der sich als Schriftsteller "Jeremias Gotthelf" nannte, war der Sohn eines Pfarrers. Er selber wurde 1831 Pfarrvikar im emmentalischen Lützelflüh und wurde ein Jahr später als ordentlicher Pfarrer daselbst gewählt.
  • Henriette Zeender war die Tochter eines Berner Theologieprofessors. Sie wuchs bei den Grosseltern auf. Der Grossvater war Pfarrer in Lützelflüh. Ihr Onkel, bei dem sie gern weilte, war Pfarrer in Jegenstorf. Ihr erster Verlobter, der Vorgänger von Gotthelf, war Pfarrvikar.
Die älteste Tocher von Bitzius und Zeender heiratete dann einen Pfarrer. Und der Sohn der beiden wurde ... man ahnt es ... Pfarrer. 

Montag, 10. Januar 2022

Eine Route, zwei Kantone, drei Landschaften

Der Inkwilersee. Die Kantonsgrenze Bern-Solothurn verläuft durch ihn.
Winterlandschaft oberhalb von Grasswil.
Zmittag im Seerestaurant.
Der Samstag meinte es gut mit uns, wir waren den ganzen Tag bei anständigem, zeitweise richtig gutem Wetter unterwegs und bekamen kurz sogar mal blauen Himmel serviert. Ein Schneelein lag an manchen Orten, das grad die richtige Höhe hatte. Es verzuckerte die Natur, hatte aber nicht so viel Höhe, uns in die Schuhe zu schwappen. Mal matschig und mal glitschig war der Boden, wir kamen langsam voran und brauchten für die 21 Kilometer von Wynigen via Grasswil, Seeberg, Burgäschi, Aeschi, Bolken, Wangenried nach Wangen an der Aare doch fünfeinhalb Stunden. Lohnend wars auf jeden Fall, wir gingen durch stille Wälder, bewältigten einige mindere Höger, passierten zwei herrliche Seen, den Inkwilersee und zuvor den Burgäschisee. An ihm nahmen wir den Zmittag im Seeblick, das Essen war gut von Pilzrisotto über Filet vom Herefordrind bis Rösti mit Geschnetzeltem. Als wir in Wangen anlangten, begann es einzudunkeln, denn wir waren im Restaurant verweilt. Am Ende stellte ich fest, dass wir nicht nur in zwei Kantonen gewandert waren, sondern auch in drei Landschaften: Emmental, Oberaargau und Wasseramt.
Vor Bolken trafen wir ein Paar, das seine Alpakas spazieren führte.

Sonntag, 9. Januar 2022

Luzerner Mammut

In Eschenbach im Luzerner Seetal fotografierte ich vor Tagen in einer Unterführung dieses hübsche Mammut, das offensichtlich von einem Kind gemalt wurde. Das Sujet passt zum Ort. Hier und im benachbarten Ballwil förderten in den letzten Jahren Bagger in zwei Kiesgruben sechs Mammut-Stosszähne zutage. In Ballwil hat die Kiesgrubenbetreiberin mittlerweile gar einen Themenweg eingerichtet. Rund 85 000 Jahre alt sind die Seetaler Stosszähne. Das Mammut gilt als Symbol der Eiszeit, die letzten Populationen hielten sich in Ostsibirien, um 2000 vor Christus starb das Elefantentier aus. Ein Mammutmuseum gibt es hierzulande in Niederweningen im Kanton Zürich.