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Dienstag, 31. Dezember 2024

Stempelfieber

Mein Pilgerpass. Kurz nach Lausanne war er voll,
Vorder- und Rückseite. Ich brauchte einen zweiten.
Jeder Stempel ist eine Erinnerung.
In der Pfarrkirche in Schwyz.
Ich habe noch gar nicht vom Pilgerpass erzählt, jetzt ist der Moment, denn er gehört zu meinem Wanderjahr 2024, das in wenigen Stunden endet. In Pilgershops und -herbergen beziehbar, begleitet der Pilgerpass die Jakobswanderinnen und Jakobswanderer. Mit ihm und den Stempeln darin können sie belegen, dass sie wirklich Richtung Santiago de Compostela unterwegs sind. In manchen Unterkünften gibt es ohne Pass kein Nachtlager. Oder dann kostet es mehr. Für mich und mein Grüppli, die wir heuer den Schweizer Jakobsweg von Konstanz bis Genf machten, spielte das keine Rolle, wir übernachteten nur einmal, und das in einem ganz normalen Hotel, ansonsten fuhren wir am Abend stets wieder heim. Wir waren Tagespilgerinnen und -pilger. Lustig ist, wie versessen wir trotzdem darauf waren, uns auf jeder Etappe möglichst einen, zwei, drei Stempel zu holen. Die gibt es vor allem in Kirchen, manchmal aber auch in Pfarrhäusern, Tourismusbüros, Restaurants am Weg. In meinem Grüppli grassierte ein Stempelfieber, das an die obsessive Paninibildli-Sammlerei erinnerte. Klappte es mal nicht (in Merligen etwa war die Dorfkirche wegen einer Hochzeit nicht betretbar), waren wir alle betrübt. Auf 72 Stempel habe ich es im 2024 gebracht. Und jetzt wünsche ich allen ein frohes 2025. Mit oder ohne Stempel.
Kluge Lösung für den Fall, dass die Kirche zu ist: In Céligny GE
wartet der Stempel in einem Mauerloch der Fassade.

Montag, 30. Dezember 2024

Feine Wolke

Eine der zwei "Urwolken"-Zeichnungen von Harald Naegeli im
Oratorium des Klosters Einsiedeln. Wirklich begreifen, was in 
ihnen steckt, kann man nur, wenn man sie von ganz nah betrachtet.
2022 lief auf der Insel Ufnau im Zürichsee die Harald-Naegeli-Aussstellung "Totentanz"; der Zürcher Künstler fühlt sich dem Kloster Einsiedeln, dem die Insel gehört, schon länger verbunden. Nach der Ausstellung schenkte er diesem zwei Federzeichnungen des Zyklus "Urwolken". Als wir kurz vor Weihnachten auf einer Klosterführung in das Oratorium kamen, die einstige Kapelle der Einsiedler Internatszöglinge, sahen wir dort Naegelis Zeichnungen. Man muss nah herangehen, um die Feinheit und Akribie zu begreifen, mit der winzige Striche, Punkte und Kreise aus schwarzer Tusche eine wirbelnde Teilchenwelt simulieren. Naegeli, 85, ist bekannt als Sprayer von Zürich, doch offensichtlich umfasst seine Kunst mehr als die plakativen Graffiti im städtischen Raum.
Die Infotafel neben den Zeichnungen.

Sonntag, 29. Dezember 2024

Frieren und aufwärmen

Bouillabaisse mit Rouille (hinten).
Hochhäuser, Gewerbeflächen, Sportplätze, Schulgebäude, Fabriken, Industriebetriebe, Strommasten, Strassenunterführungen. Aber auch stille Waldstücke und weites Land mit Äckern, der Blick zum nahen Jurariegel, gefrorene Pfützen und Weiher, ein kleiner Fluss (Önz) und ein grosser Fluss (Aare). Das war unsere Stephanstag-Wanderung, die uns von Herzogenbuchsee via Reckenberg, Hubel, Stadönz, Haldimoos, Zopfe nach Langenthal führte. Drei Stunden brauchten wir für die Oberaargauer Route bei je rund 150 Höhenmetern auf- und abwärts und bekamen eine Portion Sonne ab. Den Nachmittagszmittag nahmen wir später im HB Zürich in der "Brasserie Süd", eine Bouillabaisse taute mich wieder auf.

Samstag, 28. Dezember 2024

Das Weihnachtsfeuerchen

Pfäffikon SZ, kurz nach fünf Uhr nachmittags.
Von hier aus gehts jetzt über den Seedamm.

Auf dem Seedamm, die Lichter von Rapperswil vor Augen. 
Brennende Vorspeise im
"La Fuente". (Foto: Ronja)
Der Weihnachtsanlass unseres Grüpplis bestand erstens aus der Wanderung über den Chatzenstrick und zweitens aus einer Führung durch die Barockbibliothek des Klosters Einsiedeln. Habe ich bereits erzählt. Hinzu kam drittens ein kleiner Apéro in der bewährten "Trubä 67" ebenfalls in Einsiedeln. Und dann? Fuhren wir – viertens – mit dem Zug hinab nach Pfäffikon und liefen über den Seedamm nach Rapperswil, was ja auch zum Thema des endenden Wanderjahres passte, der Pilgerei; über den Seedamm verläuft der Schweizer Jakobsweg. Kurz vor halb sieben Uhr kamen wir in Rapperswil an, begaben uns zum Restaurant La Fuente und assen und tranken dort vom Feinsten, das war im Weihnachtsanlass Punkt fünf. Noch lange  in Erinnerung bleiben wird mir, wie auf unserem Tisch der Chorizo flambiert wurde – was für ein wärmendes Feuerchen.

Freitag, 27. Dezember 2024

Staunen mit Pater Lorenz

Pater Lorenz in der Barockbibliothek des Klosters Einsiedeln.
Eine Kostbarkeit von vielen: Pergamentband aus dem 10. Jahrhundert.
Es handelt sich um ein Lehrbuch für die Schule vom spätantiken Denker Boethius.
Eine Klosterführung in Einsiedeln kann man beim örtlichen Tourismus für wenig Geld buchen. Wir, unser acht, entschieden uns für die teure Variante, wie sie das Kloster selber anbietet, und wählten von den zwei Optionen Klosterkirche oder Bibliothek die Bibliothek. Was wir für 280 Franken im Rahmen unseres grüppli-internen Weihnachtsprogrammes bekamen, war Pater Lorenz. Der alt Rektor, Philosoph mit Doktortitel, etwas über 80-jährig, zeigte uns das Oratorium, in dem einst die Internatszöglinge zum internen Gottesdienst zusammenkamen. Einen langen Gang mit enorm starken Schwarzweissfotos, die gegen 100 Jahre alt sind und das Klosterleben dokumentieren mit, zum Beispiel, einem Bergausflug der Zöglinge unter Leitung zweier Patres. Schliesslich gings in den 1740 fertiggestellten Barocksaal der Bibliothek, die nächstens 1000 Jahre alt ist und insgesamt 230 000 Bücher, 934 Handschriften und viele weitere Preziosen umfasst. Ein ums andere Mal staunten wir dort. Und als wir von Pater Lorenz Abschied nahmen, war uns dieser ans Herz gewachsen. Unbedingt war seine Führung ihren Preis wert.

Pater Lorenz vor dem Bibliothekskatalog (Detail oberes Foto).
Natürlich gibts unterdessen auch einen modernen Katalog.

Donnerstag, 26. Dezember 2024

Behende wie eine Katze?

Zwischen der Altmatt und der Chatzenstrick-Passhöhe. Das Strässchen war übel vereist.
Am Samstag hatte mein Grüppli das Weihnachtsessen. Bevor wir am Abend in Rapperswil so richtig zulangten, erlebten wir ein paar andere Dinge. Der Tag begann mit der anderthalbstündigen Wanderung von der Äusseren Altmatt nah Rothenthurm über den Chatzenstrick-Pass nach Einsiedeln und zu dessen Kloster. Die Route war für uns stimmig, weil sie mit dem Thema unseres Wanderjahres zu tun hatte. Wir jakobspilgerten heuer ja von Konstanz nach Genf; der Chatzenstrick ist ein alter Pilgerweg, der von Luzern und anderen Innerschweizer Orten nach Einsiedeln führt. Dass der Name des Überganges auf eine habliche Innerschweizer Sippe namens Kätzi zurückgeht, ist höchst umstritten; dagegen spricht, dass es Orte mit dem Namen Chatzenstrick auch anderswo in der Schweiz gibt. Das "Schwyzer Namenbuch" gibt an, dass "Strick" oft einen langgezogenen Weg bezeichnet, in diesem Fall einen, "dessen Begehung die Behendigkeit der Katze erfordert." Nun, wir fanden die Wanderung ausgesprochen leicht, auf beiden Seiten erschliessen Strässchen den Pass. Früher war das wohl anders.


Die Kapelle Maria End.
Und noch dies: Auf der Einsiedler Seite des Chatzenstricks stehen zwei Häuser, die auf einen frommen Schwyzer Regierungsrat des 19. Jahrhunderts zurückgehen. Stephan Steinauer stiftete zur Erinnerung an seine verstorbene Frau die Kapelle Maria End. 1862 wurde sie geweiht. Ein paar Jahre später gründete er ein paar Meter entfernt eine Knaben-, Waisen- und Erziehungsanstalt. Deren Lehrerschaft oder Insassen – ich weiss es nicht genau – hatten die Pflicht, dreimal täglich das Kapellenglöcklein zu läuten. Die Anstalt gibt es längst nicht mehr, aus ihr wurde ein Ausflugsrestaurant. Dieses, in dem ich vor vielen Jahren einkehrte, ist auch schon wieder verschwunden. 2018 ersetzte ein sich am Original orientierender Neubau mit Wohnungen Steinauers Vorgängerbau. 
Der Neubau an der Stelle der ehemaligen Erziehungsanstalt
 und des späteren Ausflugsrestaurants.

Mittwoch, 25. Dezember 2024

Péclards Nr. 19

Eigentlich wollte ich heute erzählen, wie es mit unserem grüppli-internen Weihnachtsanlass weiterging, nachdem wir, siehe gestern, von der Altmatt über den Chatzenstrick nach Einsiedeln gelaufen waren. Doch dann las ich, ebenfalls gestern, dass die seit sechs Jahren geschlossene "Luegeten" bald wieder öffnet. Sie ist kein x-beliebiges Restaurant, allein schon wegen ihrer imperialen Lage hoch über Pfäffikon SZ und der Terrasse mit dem gewaltigen Seeblick; die "Luegeten" ist sozusagen prominent und zählte viele Prominente zu ihren Gästen. Den Skispringer Simon Ammann etwa, der hier mit seiner frisch angetrauten Gattin Yana die Hochzeitsparty abhielt. Neuer „Luegeten“-Pächter wird der Gastronom Michel Péclard, der somit in und um Zürich 19 Restaurants führt. – Ich wünsche allen frohe Weihnachten.

Ende März kamen wir auf dem Jakobsweg von Rapperswil via Pfäffikon und den Etzelpass
an der "Luegeten" vorbei. Wäre sie offen  gewesen, hätten wir in ihr sicher etwas getrunken.

Dienstag, 24. Dezember 2024

Freiburg bechert

An der winterlichen Saane bei Posieux.
Meine Vorspeise.
Auf einer zweieinhalbstündigen Tour ab Posieux FR besuchten wir die Abtei Hauterive; von ihr habe ich gestern erzählt. Hier die zugehörige Wanderung: Wir verliessen Posieux Richtung Süden, stiegen ab zur Saane, folgten ihr flussabwärts, kamen zur Abtei, stiegen auf nach Grangeneuve, durchquerten den riesigen Campus der staatlichen Landwirtschafts-Forschungs-Einrichtung Agroscope und des freiburgischen Kompetenzzentrums für Landwirtschaft. Und kamen bald danach wieder am Ausgangspunkt an. Zwei Dinge werden mir von dieser Unternehmung bleiben. Erstens jener Abschnitt der Wanderung, der am Fluss verläuft neben und unter hohen Sandsteinfluhen, die Landschaft hat etwas Urtümliches. Zweitens assen wir am Ende hervorragend in Posieux im Restaurant Croix-Blanche, das begann schon mit der Vorspeise, ich hatte ein Blätterteig-Törtchen mit Ziegenkäse und Feigen. Was uns wieder einmal auffiel: Wie die Romands an ihrem Wein hängen. Es war Mittag, die Mehrheit der Gäste waren Berufsleute, viele davon vermutlich vom erwähnten Campus. Einen Tisch, auf dem nicht eine Flasche Roter stand, sah ich nicht. Die Herren und Damen becherten ganz schön.

Montag, 23. Dezember 2024

Die Abtei am hohen Ufer

Die Abtei Hauterive in einer Schleife der Saane nah Freiburg. 

Mutter und Kind in der Kapelle des
Klosters, die an den Kreuzgang anschliesst.
Die Abtei Hauterive, in der Luftlinie etwa sechs Kilometer von der Stadt Freiburg entfernt und 1138 geweiht, steht unterhalb des Dorfes Posieux abseitig in einer Schleife der Saane. Ihr Name, "Hohes Ufer" auf Deutsch, rührt von den mächtigen Sandsteinfluhen rundum. Um eine Niederlassung der Zisterzienser handelt es sich, wenn diese ein Kloster gründeten, dann fast immer nah am Wasser. Ungefähr 20 Mönche leben in Hauterive, es gibt einen sehenswerten Kreuzgang und einen Laden, in dem man allerhand Selbstgefertigtes kaufen kann. Schade war, dass wir letzten Mittwoch, als wir vor Ort waren, die romanische Kirche nicht betreten konnten, sie wird zurzeit renoviert. Im nächstens endenden Jahr ist Hauterive eine meiner letzten Entdeckungen – Schönheit und Einsamkeit dieses Klosters sind beeindruckend.
Der Kreuzgang.

Sonntag, 22. Dezember 2024

Zürcher Sinnesverwirrung

In der Tutanchamun-Show in Zürich.
Zur Show gehört eine Photo-Box.
Man setzt sich rein und wird abgelichtet.
Hier ein Porträt, das mich im Outfit der
Pharaonenzeit zeigt. Vorteilhaft ist das
Foto ja nicht. Immerhin war es gratis.
Sein Vater war der Pharao Echnaton, der in Ägypten den Ein-Gott-Glauben durchsetzen wollte und damit grandios scheiterte. Wer seine Mutter war, ist unklar, vielleicht Nofretete, die durch ihre Büste, ein wundervolles Kunstwerk, berühmt ist bei uns Heutigen. Warum aber erinnern wir uns an Tutanchamun, der um 1332 vor Christus als Kind auf den Thron kam und schon mit 18, 19 oder 20 Jahren starb? Ein bedeutender Pharao war er nicht. Aber ...  sein Grab war das erste, das europäische Archäologen ungeplündert vorfanden; als der Engländer Howard Carter es 1922 entdeckte, traten Goldschätze und andere Kostbarkeiten von unschätzbarem Wert ans Licht. In der Lichthalle-Maag in Zürich läuft derzeit eine Tutanchamun-Ausstellung, die auf dem technischen Verfahren der Immersion beruht: digitale Projektionen rund um die Besucherinnen und Besucher, dröhnende Musik, ein Wirbel immer neuer Bilder. Letzten Freitag schauten ich und drei Redaktionskolleginnen uns das Spektakel an, wir fanden es im Vergleich mit der früheren Leonardo-da-Vinci-Show am selben Ort mässig gut gemacht. Nicht wirklich berauschend. Begeistert waren wir immerhin von einer zehminütigen Zusatz-Veranstaltung, für die man extra zahlt: Wir bekamen Brillen aufgesetzt, die den Nachtsichtgeräten heutiger Militärs ähneln und ein Virtual-Reality-Erlebnis ermöglichen. So ausgestattet, traten wir ein in die Grabkammer Tutanchamuns. Schwer zu schildern, wie sich das anfühlte, es war jedenfalls eine köstliche Sinnesverwirrung, wir sahen Schätze, hielten nicht-existierende Laternen in den Händen, die die Ecken des Grabes ausleuchteten, blickten hinaus in die Wüste. Wenn schon Tutanchamun in Zürich, dann Tutanchamun+. Mit der Illusionsbrille.
Die Frau links und die Frau rechts helfen zwei Besucherinnen
mit den Virtual-Reality-Brillen und instruieren sie. Gleich
gehts in die Grabkammer des Tutanchamun – Pharaos Schätze warten.

Samstag, 21. Dezember 2024

Wanderstart mit Bombe

Das Haus zur Müli oder Mühle in Altdorf SH. 1945 schlug in ihm eine Bombe ein.
Altdorf im Jahr 1966, ein Luftbild von Werner Friedli. (ETH-Bibliothek / Wikicommons)
Ein Letztes zu unserer Reiat-Wanderung, die schon die Einträge von vorgestern und gestern geliefert hat. Als wir vergangenen Samstag in Altdorf SH starteten, einem Dorf an der Grenze zu Deutschland, war da ein älterer Mann. Wir sahen ihn, als wir aus dem Bus stiegen. Ein Einheimischer, offensichtlich. Wir schauten ihn interessiert an, und er fing gleich an zu erzählen. Berichtete, dass auf dem Strässchen, das als Wanderweg markiert ist und hinauf in den Weinberg führt, damals die Flüchtlinge aus Deutschland gekommen seien. Der Platz, auf dem wir standen, sei der Platz gewesen, auf dem sie "gemustert" wurden. Die Mühle wiederum, eines der Häuser am Platz, das als Zollhaus diente, sei im Februar 1945 von einem britischen Kampfflugzeug angegriffen worden, zwei Bomben hätten eingeschlagen. Diverse andere Häuser im Dorf seien von den Kugeln der Bordkanonen gezeichnet gewesen. Gott sei Dank habe es keine Toten gegeben und auch keine Verletzten. Verrückt – wir waren noch nicht losgewandert und hatten doch schon so viel erfahren.

PS: Heute wandert mein Grüppli zum Weihnachtsessen. Wir werden noch einmal des prägenden Erlebnisses im bald endenden Jahr gedenken: des Jakobsweges, den wir von Konstanz bis Genf begingen.

Freitag, 20. Dezember 2024

Die Reiat-Runde

Grenzstein und Grenzerhüsli im Schmugglergraben nah Hofen SH.
Hofen.
Die letzte Wanderstunde am Flüsschen Biber verlief auf Asphalt.
Als wir am Samstag im Reiat eine Runde drehten, der Schaffhauser Region bei Thayngen, sahen wir wenig. Konnten die Schönheit der sanft gewellten Landschaft mit den wenigen eingestreuten Dörfern bloss erahnen. Es nieselte, es graupelte, es schneielte, es regnete leicht. Immer wieder kamen wir an gröberen Wühllöchern vorbei, die Wildschweine hinterlassen hatten, passierten auch eine Vielzahl von Hochständen der örtlichen Jäger. Nah der Landesgrenze und auf ihr waren wir zeitweise unterwegs und fanden das alte Grenzerhüsli im sogenannten Schmugglergraben zwischen Hofen und der Sottenegg niedlich. Dreieinhalb Stunden brauchten wir, bei 240 Höhenmetern aufwärts und 320 Höhenmetern abwärts, für die Route Altdorf-Föhrenhof-Brüttel-Egghof-Schmugglergraben-Hofen-Schnäggebuck-Bibern-Hüttenleben-Thayngen. Am Ziel, gleich beim Bahnhof Thayngen, gönnten wir uns im "Freihof" ein Cordon bleu und einen ordentlichen Schluck örtlichen Roten. Essen und Wein: war beides göttlich.
Alles wird gut: Cordon bleu und hausgemachte Spätzli im "Freihof" in Thayngen.

Donnerstag, 19. Dezember 2024

Unser nördlichster Wein

Der kleine Rebberg über dem Dorf Altdorf schaut schön nach Süden.
In Altdorf wird Wein angebaut, dies sei der nördlichste Rebberg der Schweiz, las ich vor kurzem und besorgte mir daraufhin ein paar Flaschen, Roten und Weissen; ich rede von Altdorf im Kanton Schaffhausen. Dass es diesen – geografisch – speziellen Wein gibt, erfuhr ich, als wir in ebendiesem Altdorf zu einer Wanderung loszogen und dabei gleich als erstes durch besagten Rebberg stiegen: Dort stand eine Infotafel. Angelegt wurde der Rebberg durch den Winzer Albert Fehr in den 1970er- und 1980er-Jahren, mittlerweile hat die Firma Hübscher-Wein aus Thayngen die Pacht übernommen. Wie der Wein schmeckt, gebe ich durch, sobald die erste Flasche getrunken ist. Ich freue mich schon.

Mittwoch, 18. Dezember 2024

Skalpieren nach Walliser Art

In Le Bouveret VS fotografierte ich eben diesen Coiffeursalon. Sein Name hatte mich zum Schmunzeln gebracht.

Dienstag, 17. Dezember 2024

Einmal breit und einmal spitz

Gestern brachte ich hier ein Foto des Grand Muveran und des Petit Muveran sowie des Doppelgipfels Dent de Morcles. Daraufhin machte mich Leser H. auf ein Ferdinand-Hodler-Gemälde aufmerksam. Der Maler fertigte es 1912 während eines Aufenthaltes in Chesières VD, es gefällt mir so gut, dass ich es hier gern zeige. Zu sehen sind aus ähnlicher Warte wie auf meinem Foto: der Grand Muveran (breit, Mitte) und der Petit Muveran (der Zacken rechts daneben) – lustig, wie unterschiedlich von Gestalt die beiden anmuten, die doch durch den Namen verbunden sind wie Geschwister. Der Berg ganz rechts, nebenbei, ist die Dent Favre. (Foto: Wikicommons / fine art america)

Montag, 16. Dezember 2024

Viel Wasser und ein Fischteller

Naturschutzgebiet Les Grangettes: Dank den Stegen kann man es bequem durchqueren.
Les Grangettes, Blick über den Genfersee.
Egli. Frisch aus dem See.
Es war eine Wasserwanderung. Am Mittwoch zog ich von Villeneuve VD durch das sehr feuchte Naturschutzgebiet Les Grangettes nach Le Bouveret VS, umrundete also die Ostspitze des Genfersees; in Le Bouveret gönnte ich mir dann im Restaurant La Terrasse du Port einen Teller mit Eglifilets aus dem See. Gleich fünf wichtige Wasserläufe hatte ich auf der zweieinhalbstündigen Route überquert. Erstens war da der Kanal der Eau Froide, die in den nahen Waadtländer Voralpen als Wildwasser startet. Zweitens der Grand Canal, ein Entwässerungskanal durch die Rhoneebene. Drittens der Vieux Rhône, die alte, unbegradigte Rhone, die sich zu einem Seelein verdickt, bevor sie im Genfersee endet. Viertens die gefasste, schnurgerade verlaufende Rhone, der ich einen langen Abstecher bis zur Einmündung in den See und retour widmete. Fünftens überquerte ich, nun schon in Le Bouveret und in Sichtweite von dessen Hafen, den Stockalperkanal. Er stammt aus dem 17. Jahrhundert, geht auf den Walliser Geschäftsmann und Politiker Kaspar Stockalper zurück. Stockalper hatte mit seinem Kanal einen Transportweg für Güter von Brig zum Genfersee schaffen wollen. Dieses Vorhaben hätte Dutzende von Schleusen bedingt und blieb unvollendet. Später funktionierte man den Kanal um zu einem Entlastungskanal, der wie der parallel verlaufende Grand Canal überschüssiges Wasser in den Genfersee abführt.
Die Passerelle des Grangettes über die Rhone, die
die Kantone Waadt (Foto-Standort) und Wallis trennt.

Blick von Le Bouveret zum Grand Muveran (der breite Berg links), zum Petit Muveran
(die Spitze rechts daneben) und zum Doppelgipfel Dent de Morcles (ganz rechts).

Sonntag, 15. Dezember 2024

Schlechter Tag mit Folgen

Gedenkstein für den Wanderwegpionier Ess beim Vorderen
Pfannenstiel, Gemeinde Meilen ZH. (Foto: Adrian Michael / Wikicommons)
Richtige, also runde Jubiläen sind dem Blogger am liebsten. 10, 50, 100 Jahre. Aber wenn das Thema wichtig ist, nimmt er auch mal mit 90 Jahren vorlieb. So alt wird der Verband Schweizer Wanderwege heuer, wenn man seine Vorläuferin, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege, miteinbezieht. Am 15. Dezember 1934 – heute vor 90 Jahren – gründet der Seklehrer Johann Jakob Ess, zuhause in Meilen ZH, mit seinem Freund Otto Binder, damaliger Sekretär der Stiftung Pro Juventute und des Bunds der Schweizer Jugendherbergen, ebendiese Schweizerische Arbeitsgemeinschaft, die ihrerseits eine Vorgängerin hat, die ein Jahr zuvor lancierte Zürcherische Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege. Ein übles Erlebnis hat Jakob Ess motiviert: Am Klausenpass haben ihm und seinen Schülerinnen und Schülern Autos – ihr Lärm, ihre Abgase – eine Passwanderung so richtig vergällt. Ess begreift an jenem Tag, dass es an der Zeit ist, ein Wanderwegnetz abseits der Strassen zu begründen.

Samstag, 14. Dezember 2024

Gandhi am Genfersee

Morgens um sechs Uhr trank er ein Glas frischen Orangenjus. Trank kurz darauf ein Glas heisse Ziegenmilch. Trank um 10 Uhr heisses Wasser mit Zitrone und Honig. Ass zu Mittag Trauben und trank dazu ein Glas Ziegenmilch. Ass zum Znacht geraffelte Rüebli, Sellerie, Äpfel.

Mahatma Gandhi, Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung, war ein Asket. Sein französischer, in der Schweiz lebender Freund, der Schriftsteller und Literaturnobelpreis-Träger Romain Rolland, notierte im Dezember 1935, was Gandhi, der bei ihm in Villeneuve VD zu Besuch weilte, zu sich nahm. Wenig. Fleisch gar keines. Gandhi war damals schon berühmt, die Leute versammelten sich vor Rollands Haus und gafften, die Presse urteilte feindselig über den Inder, der Antikapitalist, Antimilitarist, Antikolonialist war. Als Gandhi nach der Kurzvisite wieder abreiste, schrieb die Zeitung "Courrier de Montreux", das Beste, was dieser in seinen fünf Tagen in der Schweiz getan habe, sei, sie wieder zu verlassen. Heute steht in Villeneuve am Genfersee eine Büste Gandhis, die ich als erstes erblickte, als ich am Mittwoch Richtung Le Bouveret VS loslief. 2019 war sie eingeweiht worden.

Freitag, 13. Dezember 2024

Widmer muss schwärmen

Weiher und Bäche machen diese Schaffhauser Strecke besonders schön.
Schloss Herblingen und eine Statue am Wanderweg.
Wen sie verkörpert, weiss ich nicht.
Eine Strecke, die mich letzten Sonntag von Anfang bis Ende begeisterte: von Schweizersbild am Stadtrand von Schaffhausen in zweieinhalb Stunden via Kaiserbuck, Wäier, Langloch, Kurzloch und Cherzestübli nach Lohn. Schweizersbild ist hässlich, eine chaotisch überbaute Gewerbefläche mit viel Verkehr. Charakterlos. Fünf Minuten später ist man in einem Täli, hat alles Üble hinter sich gelassen, ist an Bächen, Weihern, Auenflächen unterwegs. Höhlen gibts auch, vom Dachsenbühl habe ich gestern erzählt. Irgendwann taucht zur Linken in der Höhe Schloss Herblingen auf, am Wanderweg sind Statuen aufgestellt, was diesem Abschnitt etwas Nobles verleiht. Anschliessend gehts zuerst ins enge Langloch und dann ins noch viel engere Kurzloch, nicht verpassen darf man den Abstecher in die nördliche Hälfte des Kurzloches und retour, bevor man nach Lohn abzweigt; auf der Karte wird eine "Prähistorische Wehranlage" verheissen. In der Tat erheben sich im nördlichen Teil des Kurzloches auf beiden Seiten des Pfades hohe Felswände und ist dieses darum besonders gut abschirm- und verteidigbar. Letzter Knaller, bevor die Unternehmung in Lohn endet: das Cherzestübli, ein Aussichtspunkt, von dem man weit Richtung Nordosten schaut in den Hegau hinein, also auf deutsches Gebiet. Selten beging ich eine Route, die kurz ist und gleichzeitig derart viel bietet – Widmer kann nicht anders, Widmer muss schwärmen.
Engstelle im Kurzloch.

Beim Cherzestübli: Blick in den Hegau, Deutschland.