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Donnerstag, 3. Juli 2025

Wo die hohen Herren jagten

Menzbergs Wappen.
(Wikicommons)
Menzberg, Teil der Gemeinde Menznau LU, ist das höchste Dorf am Napf; oft wird es "Bergdorf" genannt, was mir bei einer Höhe von knapp über 1000 Metern über Meer doch eher übertrieben scheint. Abgelegen liegt der Ort ganz sicher. Menzbergs Wappen machte mich kürzlich neugierig, als wir dort ankamen. Es zeigt einen Sperber. Die Geschichte des Motivs führt ins Mittelalter und zu einer regionalen Adelsdynastie, den Herren von Wolhusen. Die pflegten offenbar in Menzberg zu jagen, wobei sie Sperber einsetzten. Die Historie lebt auch im Namen des Dorfrestaurants weiter, das "Sperber" heisst. Wobei es im Moment geschlossen ist. Ich hoffe, dass es (bald) wieder öffnet. Wieder fliegt, sozusagen.

Mittwoch, 2. Juli 2025

Thurgauer Quintett

Himbeeren, Erdbeeren, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren: ein wundervolles Quintett. Gestern bekamen wir auf der Redaktion Besuch. Erwin Sommer (r.) und Urs Wehrle brachten im Namen der Vereinigung Thurgauischer Beerenpflanzer Beeren vorbei. Körbchenweise. Der zäh fliessende Nachmittag mit 29 Grad Raumtemperatur kam grad in Fahrt, ich naschte, ich schrieb, ich naschte, ich schrieb. Schön, haben wir wieder Beerensommer.

Dienstag, 1. Juli 2025

Übertritt ins Bernbiet

Kuhtrio kurz nach Menzberg.
Hügel im Morgenlicht bei Menzberg. Hinten links die Rigi.
Kühlschrank der Alpwirtschaft Lushütte, wo wir assen.
Sechseinhalb Stunden (reine Gehzeit) brauchten wir am Samstag, bei 1100 Höhenmetern aufwärts und 1000 Höhenmetern abwärts, für die Wanderung von Menzberg via Chrotthütte und Stächelegg auf den Napf und weiter über Niederänzi, Hochänzi, Lushütte, Geissgrat, Hohmattgätterli zur Lüdernalp. Wie erwartet, war der Tag sehr heiss, wie nicht erwartet, kühlte uns freilich mancherorts die Bise – übers Ganze war das darum keine Höllenstrapaze, sondern eine zwar anstrengende, doch gleichzeitig wunderbare Wanderung. Notabene war's die Etappe 13 des Schweizer Alpenpanorama-Wegs, auf dem wir nun also vom Luzernischen ins Bernbiet übergetreten sind; falls jemand die offizielle Website des Wegs anschaut, wird er oder sie feststellen, dass wir diesen in eigene Etappen einteilen, wie immer es uns passt. Nach Menzberg brachte uns am Morgen übrigens von Willisau aus ein Taxi, das ich organisiert hatte, von der Lüdernalp fuhren wir am Ende mit dem Bus talwärts nach Wasen. Und jetzt fertig technische und geografische Dinge. Das Wichtigste ist: Diese Unternehmung war von A bis Z abwechslungsreich, der Horizont mit den Berner Alpen derart schmuck, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn die Gläser meiner Brille vom intensiven Schauen gesprungen wären.
Verträumtes Blüemli vor Hochänzi.
Ein Bauernhof wie eine Burg: Enziknübeli.

Ausgewandert. Das Hotel Bärnsicht auf der Lüdernalp besitzt einen Pool.
Wir hatten noch eine halbe Stunde und gönnten uns auf der Terrasse ein Bier.

Montag, 30. Juni 2025

Ein unauffälliger König

Samstag auf dem Napf.
Einkehren kann man oben auch.
Eine Liebeserklärung ist fällig an den Napf, den wir am Samstag bestiegen. An Höhe ist er nichts Besonderes, 1406 Meter über Meer. Und von weitem hat man Mühe, ihn überhaupt zu erkennen, er ist aus der Ferne bloss ein teilweise bewaldeter, gerundeter Kamm, weswegen er sich ja auch seinen Namen zugezogen hat: Er sieht aus wie ein umgestülpter Napf. Wandert man aber hinauf, packt einen dann doch die Begeisterung, so gings mir bei meinen gut zehn Besuchen jedes Mal. Der Napf mag unauffällig sein, ist aber doch der König eines fast nicht zu durch- und überschauenden Reiches: eine Unzahl an Hügeln und Kämmen mit tiefen Gräben umgibt und schützt ihn, dazu kommen senkrechte Wände aus nackter Nagelfluh, die ihn zur Bastion machen. Wenn ich noch zwei Dinge nennen darf, die mich am Napf faszinieren: Auf ihn kommt man nur durch die eigene Körperkraft, stupide Töfftouristen hat's oben nicht. Und: In diesen grandiosen Berg, von dem man übrigens den perfekten Alpenblick hat, teilen sich zwei Landschaften und Kantone: das Emmental, Kanton Bern, und das Entlebuch, Kanton Luzern. Die über den breiten Gipfelrücken verlaufende Grenze ist eine Konfessionsgrenze; die Kapellen und Bildstöcke auf der katholischen Seite machen die Wanderung noch einmal reicher, der Napf ist sozusagen multikulturell. Mehr von unserer langen und schweisstreibenden Unternehmung will ich morgen erzählen.

Sonntag, 29. Juni 2025

Acht harte Wochen

Mein Alltagsrucksack im Zug.       
Eine Portion Mitleid: Ich kondoliere all den Berufspendlerinnen und Berufspendlern, die täglich auf der Bahnlinie Freiburg–Bern unterwegs sind. Sie befinden sich nun – die Sache hat am 27. Juni begonnen – in jenen acht harten Wochen, in denen die Zugstrecke zwischen den zwei Städten vollständig gesperrt ist. Auf acht Kilometern erneuert die SBB in dieser Zeit Gleise, Unterbau und Leitungen komplett, auch werden zwei Bahnhöfe barrierefrei gemacht. Es kursieren Ersatzbusse, freilich denke ich: Wer nicht muss, verzichtet wohl am besten auf ein Reisli auf dieser wichtigen Achse. Dass die Arbeiten sinnvoll sind, daran zweifle ich nicht.

Samstag, 28. Juni 2025

Wird Blatten auferstehen?

Blick von weiter unten im Tal Richtung Blatten (nicht zu sehen).
Der Schuttkegel ist lang und sehr hoch. Hinten die Lötschenlücke. (Foto: Ronja)

Nach dem Augenschein im oberen Lötschental, siehe gestern, ziehe ich folgende Schlüsse zum Bergsturz, der vor einem Monat Blatten verschüttet hat.

  • Erstens kann ich mir nicht vorstellen, dass am selben Ort ein neues Blatten gebaut werden kann. Neun Millionen Kubikmeter Schuttmasse liegen dort. Und zwar am unteren Ende einer Rutschbahn, durch die noch mehr Material talwärts stürzen könnte. Schaut man von weiter unten im Tal Richtung Blatten, türmt sich dieses Material auf wie die Mauer eines Staudammes. Wegräumen unmöglich, rein von der Masse her. Zudem besteht der Schutt zu einem guten Teil aus kompaktem Eis. Bis dieses geschmolzen ist, dauert es Jahre oder gar Jahrzehnte. Diese Art Untergrund ist instabil.
  • Zweitens wäre es vielleicht möglich, im Weiler Weissenried, der am Hang gegenüber der Bergsturzflanke 200 Meter über Blatten liegt, ein neues Blatten zu bauen. Auch andere Weiler stehen für ein solches Projekt zur Debatte. Man frage mich nicht, wie stabil Weissenried aus geologischer Sicht ist. Jedenfalls müsste man in diesem Fall eine neue Zugangsstrasse aus der Gegend von Wiler bauen. Die heutige führt durch Blatten und ist unter dem Schutt begraben.
  • Drittens sind auch die Nachbardörfer talwärts, Wiler, Kippel, Ferden usw., in einer bedauernswerten Lage. Die heutige Strasse nach Blatten hinauf ist eng, hat teilweise keinen Mittelstreifen, ist kurvig. Selbst wenn man nur rudimentäre Sicherungsarbeiten im Bergsturzgebiet ausführt, etwas eine neue Fassung der Lonza, wird der Aufwand riesig sein. Will heissen: Monate oder eher Jahre, in denen Lastwagen durch die erwähnten Dörfer fahren oder auch Spezialfahrzeuge riesige Maschinen hinauftransportieren. Ohne einen Ausbau der neuen Strasse oder einen Strassenneubau ist das kaum zu machen.
Okay, ich bin kein Fachmann und lasse mich in allen drei Punkten gern eines Besseren belehren. An Sympathie für Blatten mangelt es mir jedenfalls nicht; ich erinnere mich an die Zeit vor 35 Jahren, als ich dort einige Male mit Berner Freundinnen und Freunden in einem rührenden Holzhüsli die Wochenenden verbrachte. Die nächsten Monate werden erweisen, was machbar ist, denke ich.

Freitag, 27. Juni 2025

Ja, ich war im Lötschental

Strictly legal und interessant: Unsere Route (schwarz) am Rand der Sperrzone ums Bergsturzgebiet bei Blatten VS. Die Wanderung verlief ganz auf dem vielbefahrenen Strässchen zur Lauchernalp hinauf.
Am Mittwoch reiste ich mit Ronja ins Lötschental, mich mal umschauen. Katastrophentourismus? Ich sag's eher so: Ich wollte mir eine Meinung bilden, wie es dort aussieht und ob man das verschüttete Blatten, das oberste Dorf des Tales, wiederaufbauen kann. Und ausserdem stand in den letzten Tagen in der Zeitung zu lesen, dass der Tourismus in den Dörfern weiter unten am Talfluss Lonza praktisch zum Erliegen gekommen sei. Es ist also nicht so, dass die Leute in Massen ins Lötschental vordringen und dort die Helfer und Helferinnen behindern.
Trister Anblick: Der See, der sich beim verschütteten Blatten gebildet hat.
Folgendes machten wir: Wir fuhren mit dem Bus nach "Wiler, Dorf". Stiegen aus, gingen hinauf zur Kirche, schauten sie an. Und nahmen danach – heiss war's, brutal heiss – das Strässchen, das hinauf zur Lauchernalp kurvt, einem mittelgrossen Ski- und Wandergebiet mit Seilbahn. An den Orten, wo das Strässchen gegen Osten zu vor dem Tobel des Tännbaches eine Spitzkehre vollzieht, sahen wir hinüber ins Bergsturzgebiet, sahen also die sich freikämpfende Lonza, sahen die Rutschrinne vom Kleinen Nesthorn talwärts, sahen schliesslich auch den See beim fast ganz zerstörten Blatten. In zwei dieser Spitzkehren zweigen Fusswege Richtung Osten ab, die freilich gesperrt waren, selbstverständlich respektierten wir das. Es wäre auch schwierig gewesen, in die verbotene Zone überzutreten, wir passierten gleich drei Posten, an denen gelangweilte Jungwalliser (Zivilschützler, glaube ich) unter einem Sonnendach wachten.
Die Lauchernalp ist auch in diesen Tagen ein touristisches Ziel. Mein Foto
vom Bergrestaurant aus zeigt hinten die schneebedeckte Lötschenlücke.

Oben bei der Lauchernalp waren wir wieder im Courant Normal, da gab es doch einige Leute, die wanderten, und im Restaurant neben der Seilbahn waren andere Leute am Essen. Das taten wir auch, bevor wir wieder heimreisten. Und jetzt weiss ich Bescheid und finde, dass ... Halt, der Eintrag wird zu lang. Was ich vom Vorhaben halte, Blatten wiederaufzubauen, erzähle ich morgen.