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Freitag, 7. Juni 2013

Patientenflucht

"Leider ist mir grad das Betäubungsmittel ausgegangen, aber keine Angst! Es wird zwar sehr weh tun, doch nur ein, zwei Minuten", sprach Doktor Meier und zückte das Skalpell. Drauf floh K. und kehrte nie wieder zu seinem Hausarzt zurück.

Dies ist in aller Ehrlichkeit die Kürzestgeschichte, die ich assoziierte, als ich vor einigen Tagen in der Innerschweiz an dieser Kombination zweier gegenläufiger Schilder vorbeikam.

Donnerstag, 6. Juni 2013

Meine Visite in der Hirschtränke

Erhabenes Freiburgerland: auf dem Niremont.
Fondue, je t'aime, ma belle!
Gestern von Semsales auf den Niremont und wieder hinab nach Semsales - es war der perfekte Vierstünder. Erstens ging das alles völlig mühelos und komfortabel, auf breiten Pfaden und über weiche, stellenweise moorige Wiesen. Zweitens hat man zwei Wege zur Verfügung, so dass man für Aufstieg und Abstieg (je 650 Höhenmeter) variieren kann. Drittens passiert man unterwegs das stille und starke Kirchlein "Notre Dame de Niremont" und kann dort verweilen. Viertens ist die Rundsicht auf dem Berg gewaltig; direkt gegenüber hat man den Teysachaux und den Moléson, ganz weit weg sieht man einen Gipfel, der die Dimensionen zu sprengen scheint mit seiner Höhe; es ist der Mont Blanc. Und fünftens verliebte ich mich beim ersten Anblick in die rustikale Alpbeiz Goille au Cerf, was offenbar* soviel heisst wie "Hirschtränke" oder "Hirschweiher". Ich kehrte ein, Betonung auf "ein", setzte mich also nicht draussen in die Restbise, sondern betrat die geräumige Wohnküchen-Wirtsstube, die nicht Fenster hat, sondern Sehschlitze. Zwei Frauen waren am Kochen, gewaltig ihr Sortiment an Pfannen und sonstigem Gerät. Ich bestellte ein Fondue Moitié-Moitié, es war wunderbar cremig, das Weissbrot dazu am Feuer gewärmt und leicht geröstet, herrlich. Und weil sämtliche vier Herren, die da auch sassen, bereits vor 12 Uhr mittags Weisswein tranken, tat ich es ihnen gleich. Wenn du in Rom bist, benimm dich wie ein Römer; und wenn du im Kanton Freiburg bist, benimm dich wie ein Freiburger.
* Ich konsultierte eine Online-Patois-Wörterliste."Gouille" oder "Goille" bezeichnet ein wassergefülltes Loch zwischen Pfütze und Teich.

Rustikales Interieur der Goille au Cerf.

Mittwoch, 5. Juni 2013

Da, der Dâ!


Semsales: alter Glockenturm.
(Wikicommons/ Zumbühl)
Heute geht es auf den Niremont, einen voralpinen Hügel im südlichen Kanton Freiburg mit, wie es heisst, grandioser Rundsicht. Gestartet oder geendet oder beides wird in Semsales. Bei diesem Ortsnamen muss ich immer an "Simsalabim" denken. Tatsächlich leitet er sich ab von "septem" und "sala" - "sieben Höfe" oder "sieben Häuser" also. Das wiederum erinnert mich an die Triberen, einen langen Talschlitz in meinem Appenzellerland, dessen Namen nichts mit "treiben" zu tun hat, sondern von "Tri Büron" kommt, "drei Bauernhöfe". Und nun noch einmal zurück zu Semsales aus sprachlicher Sicht. Auf dem Boden dieser Gemeinde liegt auch ein Bach mit dem sagenhaft kurzen Namen Dâ. Erblickt man ihn, kann man rufen: Da, der Dâ!

Dienstag, 4. Juni 2013

Usters Chance

Wäre doch hübsch! So sähe es am Greifensee aus mit dem rostroten Pavillon.
(Visualisierung: www.laboite-uster.ch)
Usters Zentrum liegt weitab vom Greifensee; vom Bahnhof fährt man mit dem Bus durch die Stadt hinab zur Schifflände. Man findet ein armseliges Kiöskli vor. Am Sonntag haben es die Ustermer in der Hand, den schönen Ort am Wasser aufzuwerten. Sie stimmen ab über eine Verschiebung der Busschlaufe unten am See - im Kern geht es darum, den Weg freizumachen für den Nouvel-Pavillon. "Nouvel" wie Jean Nouvel. Ein Verein erwarb seinerzeit einen der sieben Expo.02-Pavillons, die dem berühmten Kubus des französischen Architekten nachempfunden sind; man würde den Pavillon
gerne als Seerestaurant wiederbeleben. Dagegen formiert sich Widerstand, ein parteiloser Gemeinderat politisiert und pöbelt gegen die "Rostlaube am Greifensee". Soweit ein Artikel, den ich gestern im "Tages-Anzeiger" las; nun hoffe ich auf Usters Ja. Das wären bonnes nouvelles.


Montag, 3. Juni 2013

Heisse Öfen

Passend und unpassend zugleich, was die Jahreszeit angeht, ist mir ein neuer Wanderführer aus dem Reinhardt Verlag in Basel zugegangen. Band fünf der Reihe "Wandern mit dem GA und dem Halbtaxabonnement" trägt den Untertitel "Herbstwanderungen".  Auch aus diesem Führer, der 20 Routen aus dem ganzen Land präsentiert, habe ich einiges lernen können. Zum Beispiel, woher der Name des Val Lavizzara kommt, des obersten Maggiatales. Nämlich von den Laveggi. So heissen offenbar die einst sehr begehrten feuerfesten Kochtöpfe aus örtlichem Serpentinit, die im Lavizzaratal gefertigt wurden.

Sonntag, 2. Juni 2013

Das Wasser lieben lernen


Das war gestern eine wilde Sache, wie diese Widmersche Amateuraufnahme aus dem Meilemer Tobel zeigt. Wir wanderten fünf Stunden. Es regnete mittelstark, während wir - zu dritt - von Zürich-Rehalp via die Zolliker Allmend, das Küsnachter Tobel, die Kittenmühle, die Buech und dann durch das Meilemer Tobel hinauf nach Toggwil zogen. Nach dem Mittagessen in der formidablen Bauernbeiz "Alpenblick" regnete es wie aus Kübeln. Es schiffte. Wir zogen zum vorderen Pfannenstiel und stiegen via Gibisnüd* und den Appisberg nach Männedorf ab. Das war schön, mit kaum Menschen draussen ausser ein paar hastigen Hündelern. Lustig war ein kleines Mädchen. Es kam uns beim Appisberg von unten entgegen, in Gummistiefeln, mit vergnügtem Gesicht, lief aber nicht auf dem Kiesweg wie wir, sondern im Bach daneben. Das Wasser lieben lernen, die richtige Methode für solche Tage.

PS: Ich liiiiiebe Wikipedia. Stichwort "Regen": "Regen ist die am häufigsten auftretende Form flüssigen Niederschlags aus Wolken. Er besteht aus Wasser, das nach Kondensation von Wasserdampf infolge der Schwerkraft auf die Erde fällt."

* Gibisnüd: Der Flurname leitet sich davon ab, dass der karge Boden den Bauern praktisch nichts hergab.

Samstag, 1. Juni 2013

What's Wädli?

Gestern sagten sie im Radio, dass Freitag und Samstag zusammen soviel Regen fallen werde wie sonst in einem ganzen Durchschnittsmai. Es sind aussergewöhnliche Tage, fürwahr. Wir* aber wandern heute ganz gewöhnlich: Wir starten in der Rehalp am Rande Zürichs und ziehen auf dem Pfannenstiel-Panoramaweg los. Mal schauen, wie weit wir kommen. Sicher wird rustikal eingekehrt, im Auge habe ich die Blüemlisalp in Herrliberg und den Alpenblick in Toggwil.

Die "Blüemlisalp", Bauernbeiz in Zeiten der Globalisierung.
Etwas zu dieser "Blüemlisalp". Sie liegt unweit von dort, wo Christoph Blocher wohnt, auf einer Anhöhe der Zürcher Goldküste. Tatsächlich handelt es sich um eine echte Alp, auf der Vieh gesömmert wird. Anderseits verkehrt in dieser herrlichen Bauernbeiz auch die internationale Finanzelite samt Kind und Kegel. Der "Tagi" reportierte einmal den Dialog zweier junger ausländischer Gäste. Der eine iPhone-Bub fragte leicht verzweifelt den anderen: "What's Wädli?" Und der andere sprach versonnen zu sich selber: "I take the Fleischchäs."

* "Wir" ist in diesem Fall ein Pronomen der Hoffnung. Ich zweifle, ob jemand kommt.