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Dienstag, 20. September 2011

Der schiefe Turm von Wald

Umstritten: der Altherr-Turm. (Bild: Screenshot Altherr-Homepage)
Heute abend ist Gemeindeversammlung in Wald ZH mit dem Traktandum: "Dritte Revision des Gestaltungsplans Hueb". Bei der Hueb handelt es sich um eine Grüngegend mit einer in Lofts umgewandelten Weberei. Bei der Revision wiederum geht es um die Skulptur des Künstlers Jürg Altherr, die zerlegt beim Bahnhof Wald liegt. In der Hueb soll sie aufgestellt werden. Will man das? Das Ding ist 18 Meter hoch, und sein Clou besteht darin, dass es durch den Wind aus der Senkrechten gelenkt wird und permanent schiefer Turm spielt; die Seitenseile sorgen dafür, dass es nicht umstürzt. Ich würde gegen den Turm stimmen nach dem Grundsatz: In dubio contra Landschaftsmöblierung.

11 Kommentare:

  1. Sehr schön formuliert! Bin unweit der Hueb aufgewachsen und habe 20 Jahre dort gewohnt. Eine solche Skulptur passt nun wirklich nicht dorthin!

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  2. passt eine weberei dort hinauf?
    passen futtersilos vor bauernhaeuser?
    passen hochspannungsmasten in die landschaft?
    passen einfamilienhaeuser in die landschaft?
    da regt ihr euch ueber ein kunstobjekt auf welches genau dieses thematisiert?

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    1. mir gefällt der Turm sehr, wenn dieser noch strom produzieren würde, dann wäre das genial :)
      M.Sem aus Rüti

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  3. Ich sehe die Thematisierung nicht, Herr Strebel. Wirklich nicht. Ich sehe einfach: ein Objekt mehr in der Landschaft. Ein besonders aufdringliches. Wo ist in diesem Objekt die Intelligenz?

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  4. die skulptur (www.webereihueb.ch) haette nicht in der "landschaft" gestanden, sondern auf einem privaten baugrundstueck. dessen eigentuemern wurde untersagt ein kunstwerk aufzustellen.
    sie haette den vernachlaessigtenen weiler aufgewertet. die kantonale baudirektion und der gemeindrat von wald haben dies erkannt und unterstuetzt.

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  5. Ob für oder gegen die Skulptur - die Art, wie sie abgelehnt wurde ist unter aller Kritik und inakzeptabel. Die Stimmungsmache erinnert an totalitäres Kunstverständnis und das Gebuhe an der Gemeindeveersammlung weckt düstere Erinnerungen.
    Und im übrigen kenne ich die Gegend auch sehr genau und finde, dass die Skulptur gut dahin passt. Es ist komisch, ausgerechnet in diesem Fall von "Landschaftsmöblierung" zu sprechen. Da gibt es also dringendere Probleme bezüglich der Landschaftszerstörung, die aufgegriffen werden könnte. Im Gegenteil: mit der Weberei wurde Wohnraum geschaffen, der keinen Quadratmeter Land neu überbaut.

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  6. Jede Kirche hat einen Turm.
    Viele alte oberländer Fabriken haben einen alten Kamin, den man hegt.
    Viele Bauern haben einen Silo vor dem Haus.
    Viele Menschen müssen an Hochspannungsleitungen schauen, z.B. in der Hueb.
    Ich kenne das Gebiet auch ziemlich gut, ich stand oft am Waldrand über der Hueb und habe mir den Schauckelturm vorgestellt. Mir gefällt er genau darum:
    - weil er uns alle in seiner Einfachheit aufrüttelt.
    - weil er eine gewisse Schönheit hat, aber in technischen Materialien des Alltags daher kommt.
    - weil er für Realisten und materiell unnötig ist, wie alle Kunst.

    Ich finde die Weberei Hueb ein Vorzeigeprojekt, wie man mit alter Bausubstanz kunstvoll, hingebungsvoll und respektvoll umgeht. Herzliche Gratulation an alle Beteiligten für dieses mutige Projekt. Das Hueb-Fest war zudem ein Kulturfest und keine agressive Werbeveranstaltung zum Verkauf der Lofts, das ist einmalig und grosszügig. Aus meiner Perspektive, und die ist persönlich, hat der Weiler Hueb von der neuen Weberei ebenso profitiert, wie Wald von der Bleiche. Die vielen Medienberichte weit über das Oberland hinaus geben da wohl recht? Ich denke, wir brauchen in Wald einen intensiven Dialog über unsere Vorstellungen der Kultur und Entwicklung unserer Gemeinde.

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  7. Schreiben des Zürcher Kunst- und Architektur-Verlegers Jack Waser an den Walder Gemeinderat:
    (Jack Waser wusste nicht, dass die Skulptur privat finanziert war und ging von einer Finanzierung durch die Gemeinde aus)

    12/9/2011
    Sehr geehrter Gemeinderat von Wald,
    verehrte Bürger und Bürgerinnen von Wald,
    leider bin ich als alter (82) Bürger von Zürich in Ihrer wunderschönen Gemeinde Wald, wo ich als gelber Pänzeler-Major WK's besucht habe, nicht stimmberechtigt.
    Als Kunstverleger, Waser Verlag, als Kunstsammler, verfolge ich seit Jahren das aussergewöhnliche, hervorragende Kunstwerk von Jürg Altherr. Leider haben wir konservativen Zwingli-Nachfolger die Gelegenheit verpasst, die Skulptur von Altherr vor dem Kunsthaus stehen zu lassen.
    Verpassen Sie, sehr verehrte Walder Bürger und Bürgerinnen diese einmalige Gelegenheit nicht, stimmen Sie JA zum Ankauf das Turms von Jürg Altherr. Abgesehen von den vielen in- und ausländischen Besuchern, die Sie damit anziehen und begeistern werden, gewinnt Wald an internationaler Bedeutung.
    Mit herzlichen Wünschen und Grüssen
    Jack Waser

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  8. Thomas Widmer ist zu danken. Belegt sein Beitrag doch ein weiteres Mal, wie hilflos die Argumentation der "Turm-Gegner" ist. Eine Frau erzählte zum Beispiel vor der Abstimmung im Fernsehen, dass sie am Kunstwerk vor allem der "Schattenwurf" störe. Natürlich, auch Grashalme werfen Schatten. Und Herr Widmer spricht von der "Möblierung der Landschaft", nicht begreifen wollend, um was es hier eigentlich geht, nämlich um die gestalterische Komplettierung des Gesamtkonzeptes einer umgenutzten Fabrikanlage (auf privatem Grund!). Übrigens ein unschätzbarer Gewinn für die Gemeinde Wald.

    Kunstwerke kann man schön finden, oder auch nicht. Doch man muss sich damit auseinandersetzen. In Wald ging es aber schon lange nicht mehr um Kunst. Hier wurde von einer bestimmten Gruppe eine Hasskampagne losgetreten, lautstark unterstützt von einer Partei, der Hasskampagnen nichts Fremdes sind. Dass an der (unwürdig geführten) Gemeindeversammlung dem Künstler unter Gejohle das Wort verboten wurde, zeigt die Geisteshaltung der Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Armes Wald.

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  9. Kunst macht nicht sichtbar. Kunst öffnet die Augen: Ein die Physik im Wortsinn auf den Kopf stellendes Kunstwerk, der auf der Spitze stehende Turm des Eisenplastikers Jürg Altherr hat 567 Personen an die Gemeindeversammlung gelockt. Die Mehrheit davon folgte der SVP-Losung und verhinderte das Aufrichten des privaten Eigentümern gehörenden „Turms“ auf privatem Grund. Leider ging es nicht um Kunst. Sondern um eine Abrechnung mit dem Architekten und Künstler Hannes Strebel, der in der Aussenwacht Hueb eine kühne Vision, ein Gesamtkunstwerk realisiert hat, indem er die Weberei, ein wertvoller historischer Zeitzeuge, vor dem Abriss bewahrt hat. Das hat Neid und Missgunst aufkeimen lassen. So ein unverfrorenes Unterfangen ist nicht normal schweizerisch. Also muss man diesem Mann einen Denkzettel verpassen und ihn als Ketzer abstrafen, ganz so, wie man den Islam mit dem Verbot des Baus von Minaretten in die Schranken verwiesen hat. Immerhin: Der Gemeinderat von Wald war dafür. Die Leute Hinterwalder zu schelten, wäre also verfehlt. Schade, dass der Turm, der das abgerissene Kamin bei weitem nicht ersetzt, verboten worden ist.

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  10. Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten mit der Umnutzung ehemaliger Industrieareale und kann Hannes Strebel nur ein Kränzchen winden für sein Engagement in einer Region, in der sich sonstige Investoren nicht die Finger verbrennen wollen. Umso mehr ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass die Einwohner von Wald - von denen ein Grossteil einige Kilometer vom Standort der Skulptur entfernt wohnen und sie nie sehen werden - sich gegen eine solche Schenkung gestellt haben. Ohne Hannes Strebel wäre die Fabrik wohl ein Schandfleck, zerfallen und notdürftig von der Gemeinde umzäunt oder genutzt als provisorische Unterkunft für Asylbewerber, die man gerne weit vom Zentrum ab unterbringt.

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