1995 fing ich beim Facts an, das damals auch anfing (mittlerweile ist das Heftli ja längst schon wieder tot). Unter vielen brillanten Kollegen einer der zwei, drei brillantesten war Kurt Brandenberger; er war Auslandchef. Jetzt hat Kurt ein Buch über Marco Camenisch geschrieben, den Italienischbündner, der im Gymnasium super Noten hat, es aber zum Leidwesen seiner Eltern vor der Matura verlässt; er will bei den einfachen Leuten sein, möchte ein Proletarier sein. Er kifft, macht ein Kind, um das er sich nicht gross kümmert, wird Hilfsarbeiter und Alternativbauer und und und. Vor allem aber beginnt er bald mit dem, was er selber "Widerstand" nennen würde, was ihm aber auch das Beiwort "Ökoterrorist" einbringt. Er sprengt Strommasten und Anlagen der verhassten Elektrizitätskonzerne. Schliesslich die Verhaftung und das Gefängnis. Er flieht mit ein paar Berufsverbrechern, taucht unter. Als ein Jahrzehnt später in Brusio ein Grenzwächter erschossen wird, deuten die Indizien auf ihn, den die Polizei nach der Tat wieder eingefangen hat. Er wird verurteilt, die Strafe ist hart. Seither, seit 25 Jahren, sitzt er im Gefängnis und ist für jüngere Leute, auch für gewalttätige, ein Vorbild. Ich muss gestehen, dass ich Radikale dieser Art nie verstanden habe. Aber Camenischs Leben wird durch Kurts Buch doch um einiges erhellt, ich empfehle es sehr zur Lektüre.
"Marco Camenisch. Lebenslänglich im Widerstand", von Kurt Brandenberger, Echtzeit Verlag.
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