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Freitag, 5. November 2010

Ich bin kein Steinbruch-Lieferant

Hach, tut dieses Gerichtsurteil gut, das "Geo" die Weiterverbreitung eines Artikels des deutschen Journalisten Christian Jungblut untersagt! Ich schrieb selber einmal für das Hamburger Blatt. Es hat Renommé. Da sagt man natürlich zu, wenn man angefragt wird, für ein Schweizheft einen Art Landeskunde mit den Mitteln des Wanderers zu verfassen - und bevor ich weiterfahre, muss ich klarstellen: Ich rede nicht nicht von "Geo Schweiz", mit dem ich nur gute Erfahrungen gemacht habe.

Eben, das deutsche "Geo". Bald nach Abgabe erhielt ich das Manus retour und erlitt fast einen Herzanfall: der Text gespickt mit Anmerkungen, "Verbesserungen", Fragen - und alles seltsam humorlos, schematisch, kühl gedacht. Ich ging von einem Roboter aus, doch es meldete sich eine Redakteurin. Sie fand zum Beispiel, die Wendung "Der Wegweiser zeigt in den Hang" gehe nicht, weil ein Wegweiser nicht zeigen könne; das sei Vermenschlichung. Am Schluss zog ich den Artikel beelendet zurück, worauf die Frau fand, ich solle nicht so hysterisch tun. Es ging dann irgendwie. Aber das Resultat machte keine Freude. Es war mir, als sei eine Dampfwalze über die Sätze gefahren.

Und nun mailt mir also mein Freund und Ex-Redaktionskollege P., auch er ein "Geo"-Stilpolizei-Opfer, frohlockend eine Meldung über besagtes Gerichtsurteil. Zu dessen Vorgeschichte gehört, dass Journalist Jungblut, übrigens kein Niemand, sondern ein gestandener Reportageschreiber, dem Blatt nach einem halben Jahr fruchtlosen Hin und Hers über Abänderungen aller Art die Publikation seines Textes über Deichbau in Holland verboten hatte. "Geo" brachte ihn doch, unter Jungbluts Namen und zur Unkenntlichkeit redigiert. Jungblut klagte und hat dieser Tage recht bekommen.

Zum Schluss ein kleiner, erhellender Dialog. "Ich bin kein Steinbruch-Lieferant", sagte Jungblut zu "Geo"-Chefredaktor Peter-Matthias Gaede. Worauf dieser laut Jungblut erwiderte: „Jeder ist hier Steinbruch-Lieferant.”

3 Kommentare:

  1. Dieses Gerichtsurteil ist tatsächlich Balsam auf die geschundenen Seelen der Freien Mitarbeiter, zu denen ich auch gehöre. Ich habe im Tagi auch schon Artikel von mir gelesen, die ich nicht mehr wiedererkannt habe. Aber als kleiner Fisch hat man wohl weiterhin nur die Möglichkeit "Vogel friss oder stirb", vor allem, wenn es sich um kurze Artikel in Tageszeitungen handelt.

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  2. Das auch ohne redigierende Eingriffe manchmal ganz gute Texte rauskommen, zeigen ja Blogs. Wobei gutes Gegenlesen einen Text durchaus verbessert.

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  3. Geo hat kein "Renommé" mehr mit soviel Autowerbung.

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