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Ötzis heugepolsterter Bergschuh in der Rekonstruktion.
(Daderot/ Wikicommons) |
Ötzi hatte damals vor 5000 Jahren eine frische Schnittverletzung an der rechten Hand, die Fleischwunde zwischen Daumen und Zeigefinger reichte hinab auf den Knochen. Oben auf dem Pass dann war er, der Mittvierziger, gerade genüsslich am Essen (Speck und Brot, getrockenetes Steinbock-Fleisch, ein Apfel), als ihn ein Pfeil in die Schulter traf und die Schlüsselbein-Arterie zerfetzte. Dass Ötzi stilvoll rastete und es sich gut gehen liess, spricht gegen die Theorie der Flucht. Und hätte er, der erfahrene Jäger, einen Angreifer wirklich auf Schussweite herangelassen und nicht bemerkt? Als Ötzi mehr oder minder tot war, schlug ihm dieser Angreifer - oder waren es mehrere? - wohl auch noch den Schädel ein. Ziemlich seltsam mutet an, dass die Leiche sozusagen würdevoll arrangiert wurde samt ihren Besitztümern; wäre ein Räuber hinter der Tat gestanden, hätte er doch gewiss das kostbare Kupferbeil mit der 9,5-Zentimeter-Schneide mitgenommen. Laut dem Historiker Ralf-Peter Märtin, dessen
Buch "Die Alpen in der Antike" ich eben lese, gibt es eine andere Theorie. Gemäss ihr war es eine Ritualtötung, um die das Opfer wusste. Ötzi, der wohlhabende Krieger, wäre demnach umgebracht worden, um in der einen oder anderen wichtigen Sache die Götter zu besänftigen. Und zwar im Rahmen eines Dreifach-Angriffs, wie er anderswo in der Prähistorie offenbar auch belegt ist: Der Schnitt an der Hand, der Pfeilschuss, die Schädelzertrümmerung geschahen laut Märtins Interpretation zu kultischem Zweck. Und Ötzis letzte, wie der Österreicher sagt, "Brotzeit" sei eine Henkersmahlzeit gewesen.
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