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Dienstag, 30. August 2016
Der Mittelalter-Pflock
Bevor ich kürzlich losfuhr zur kleinen Emmental-Wanderung von Burgdorf nach Koppigen, lud ich mir noch Jeremias Gotthelfs "Kurt von Koppigen" auf meinen Kindle-Reader auf dem iPhone. Ich gestehe, nie zuvor von der Geschichte gehört zu haben; der Wikipedia-Eintrag zu Koppigen hatte mich auf sie gebracht. Im Zug, hin und zurück, las ich sie. Es handelt sich um eine Art kurzen Entwicklungsroman oder auch Nicht-Entwicklungsroman, der Kurt ist nämlich, was man heute im Dialekt einen "Pflock" nennt. Er sieht anständig aus, hat aber keine Manieren und keine Vernunft, was bei einer Mutter wie der seinen kein Wunder ist, sie ist eine üble Vettel. Von Adel zwar, auf einem Schlösschen hausend, das aber total zerfallen ist. Und weil die Mutter so ein Schandmaul hat, sind alle Bediensteten längst geflohen bis auf einen treuen Knecht. Der Kurt, von Kindheit auf sich selber überlassen, ein begeisterter Jäger, will - die Geschichte spielt im Hochmittelalter - ein Raubritter werden. Er zieht aus, zu plündern und zu morden. Später im Leben lernt er die schöne Agnes kennen. Er heiratet sie, geht wieder heim aufs Schloss, hätte die Chance, ein besserer Mensch zu werden - doch er sieht diese Möglichkeit nicht, denn er ist, wie gesagt, ein Pflock. Glücksblind. Gefühlslegasthenisch. Wie die Geschichte überraschend endet, sei hier nicht verraten, man lese sie selber nach.
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Bei uns in Österreich (vor allem im Osten davon) gibt es einen ähnlichen Ausdruck für solche Leute, und er kling sogar ähnlich – man nennt solchen Menschen hier „Pfosten“.
AntwortenLöschenEin interessanter Eintrag – ich bin seit langem ein begeisterter Leser dieses Blogs und wurde auch heute nicht enttäuscht.
Oliver von http://freiheitmachterfolg.com
Doch, der "Pfosten" leuchtet ein und ist dem "Pflock" nah. Danke für die lieben Worte, Sokrates.
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