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Samstag, 20. Dezember 2025

Das Rätsel des weissen Pferdes

Surrealer Anblick: das Weisse Pferd von Westbury. (Foto: Neil Kemp / Wikicommons)
Ist hier das Pferd eines Wikingerfürsten verewigt, der damals im Frühling 878 in der Schlacht von Edington Alfred dem Grossen unterlag, jenem König, der im Laufe seines Lebens mit einigem Erfolg darauf hinarbeitete, erstens die Wikinger aus dem Land zu werfen und zweitens aus mehreren heimischen Königreichen ein englisches Ganzes zu bauen? Alles sehr unklar. Das Weisse Pferd von Westbury (Westbury White Horse) in der Grafschaft Wiltshire im Südwesten Englands wurde 1778 geschaffen, allerdings soll sich an der gleichen Stelle eine sehr viel ältere Version befunden haben. Aus der Wikingerzeit? Wo genau die Schlacht von Edington stattfand, ist unklar, manche Historiker gehen davon aus, das es ganz in der Nähe des Pferdes war. Die Geschichte vom Wikingerfürsten und seinem weissen Pferd kursiert ebenfalls ohne historischen Beleg. Sei dem, wie dem sei, ich finde das Westbury White Horse, von dem ich kürzlich in einem Roman vernahm, verblüffend. 55 Meter hoch und 52 Meter lang ist es und gehört zum Genre der Scharrbilder. Die dünne Grasdecke wurde abgetragen, darunter befindet sich grauweisser Kreidestein.

Freitag, 19. Dezember 2025

Aargauer Brückenkunst

Sie hiess im Projektstadium "Pont Neuf", was an das berühmte Vorbild in Paris anspielt. In Aarau, wo sie seit drei Jahren steht, nennt man sie wie ihre Vorgängerinnen: "Kettenbrücke". 126 Meter lang ist sie und schwingt sich in drei Bögen über die Aare. Kürzlich, als wir Aarau durchquerten, nahm ich die heutige Kettenbrücke das erste Mal so richtig zur Kenntnis und war angetan. Vor allem gefallen mir am heutigen Stahlbeton-Modell die Durchbrüche in den einzelnen Pfeilern, durch die bei höherem Pegelstand das Wasser strömen kann, was – vermute ich – Druck von den Pfeilern nimmt. Von der Seite wirken die Löcher bemerkenswert elegant. Brückenkunst.

Donnerstag, 18. Dezember 2025

Wer ersetzt Moutier?

Ab Neujahr ist Moutier mit seinen 7300 Einwohnerinnen und Einwohnern nicht mehr bernisch, es wechselt zum Kanton Jura. Und welches wird an Moutiers Stelle neu die grösste Gemeinde im französischsprachigen Berner Jura sein? An dieser Stelle darf der Leser, die Leserin gern pausieren und ein wenig grübeln.

Neue "Kapitale" des Jura Bernois: Saint-Imier.
(Foto: Andreas Faessler / Wikicommons)
Dass Saint-Imier als bevölkerungsstärkste bernjurassische Gemeinde nachrückt, ich hätte es nicht gewusst. Aus einem Artikel auf srf.ch erfuhr ich es kürzlich und las auch, was das für die rund 5200 Menschen, die in der Gemeinde leben, bedeutet. Der Gemeindepräsident schwärmt, Saint-Imier werde in Zukunft ein Zentrum der Gesundheitsvorsorge, der Ausbildung, der Kultur. Jemand anderes nervt sich allerdings, weil die Verwaltungsposten nach dem Abgang von Moutier alle anderswohin gehen, die Polizei etwa nach Loveresse: "Saint-Imier hätte mehr kämpfen müssen."

Mittwoch, 17. Dezember 2025

"Momentum" ist parat

Das temporäre Hotel Momentum auf der Lauchernalp.
(Projektskizze/Fotos: Medienmitteilung "Schweizer Berghilfe")
Der Bergsturz von Blatten im Lötschental, Kanton Wallis, vernichtete im Mai auch drei Hotels. 100 Betten waren weg, rund 80 Prozent des Übernachtungs-Angebots im Tal. Schnell war klar, dass im Hinblick auf die Wintersaison Ersatz her musste. Dass die Lauchernalp optimal als Standort ist, leuchtet ein. Erstens liegt sie in der Höhe, weit abseits der Risikozone. Und zweitens ist ihr Skigebiet der Lötschentaler Hotspot in der kalten Jahreszeit. In Windeseile gings los mit der Planung, es folgte der Bau, am Freitag dieser Woche ist Eröffnung. "Momentum" heisst das Hotel auf Zeit und bietet 19 Zimmer – Platz für 64 Gäste. Soweit eine Medienmitteilung der "Schweizer Berghilfe", die das 4,4-Millionen-Projekt mit 500 000 Franken unterstützt hat.

Dienstag, 16. Dezember 2025

Immer diese Ungereimtheiten

Kurz nach dem Start: Der Erzbach bildet in diesem Abschnitt
die Gemeinde- und die Kantonsgrenze (AG-SO).
Die Aare zwischen Aarau und Rupperswil.
Mein Weihnachtsznacht in Brunegg: Entenbrust.
Unsere Weihnachtswanderung von Erlinsbach SO via Aarau und Rupperswil nach Lenzburg (4 1/2 h) war vorerst geprägt von Gewässern. Wir lernten gleich nach dem Start den Erzbach kennen, der die Gemeinden Erlinsbach SO und Erlinsbach AG trennt – warum heisst er nicht Erlinsbach? Später waren wir an der Aare und an teils natürlichen, teils künstlich angelegten Seitenbächen unterwegs und passierten zudem den Ort, wo nah Aarau die Suhre in die Aare mündet. Ab Rupperswil änderte sich die Unternehmung grundlegend, gar kein Wasser mehr, stattdessen Wald. Viel Wald. Am Ziel in Lenzburg gabs einen Apéro im "Ochsen". Im Folgenden besuchten wir die Ikonensammlung im Museum Burghalde, von der ich bereits berichtet habe. Um fünf Uhr nachmittags dann nahmen wir den Bus hinüber nach Brunegg – Weihnachtsessen im "3 Sternen". Eigentlich müsste das Restaurant ja "4 Sternen" heissen, weil das zugehörige Hotel ein Vier-Stern-Hotel ist. Immer diese Ungereimtheiten. Aber fein war der Znacht.
Hübsches Treppenhaus in Rupperswil.

Treppe ins Nichts in Lenzburg.

Montag, 15. Dezember 2025

Haemmerlis Ikonen

In Lenzburg ausgestellt: der kriegerische Erzengel Michael als Heerführer (18. Jh.).
Und eine zweite Ikone aus dem Ikonenmuseum Lenzburg: das
sogenannte Tuchbild des Erlösers, 17. Jh. Das Originaltuch, die
Vorlage, wurde in Byzanz aufbewahrt als besonders kostbare Reliquie.
Das Museum Burghalde in Lenzburg, in dem auch das
Ikonenmuseum untergebracht ist. (Foto: Voyager/Wikicommons) 
Das Ikonenmuseum in Lenzburg, das wir am Samstag besuchten, überraschte uns gleich zweifach. Erstens birgt die Sammlung im Museum Burghalde wunderbare Stücke. Grossartige Kultbilder aus dem Gebiet der Ostkirche, die in der Regel Christus, Maria oder Heilige zeigen – so die Definition der Ikone. Dieses eigenständige Genre der Malerei entstand im Rom des Ostens, also in Byzanz, das das Ende der Antike um viele Jahrhunderte überstand.

Und damit zu zweitens. Die 64 in besagtem Museum ausgestellten Ikonen gehörten, bevor er sie nach Lenzburg verschenkte, dem in Zürich lebenden, doch aus einem altem Lenzburger Geschlecht stammenden Mediziner Urs Peter Haemmerli, Chefarzt im Zürcher Triemlispital. Er wurde in den 1970er-Jahren über die Schweiz hinaus bekannt als Vorkämpfer der passiven Sterbehilfe. Jetzt, in Lenzburg im Ikonenmuseum, wurde mir sein Name wieder in Erinnerung gerufen.

Sonntag, 14. Dezember 2025

Der Donnersohn

Seit wir von Konstanz auf dem Jakobsweg nach Genf gepilgert sind, seit ich zudem den spanischen Jakobsweg von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela erkundet habe, fühle ich mich Jakob verbunden. Schliesse ich die Augen und stelle ihn mir vor, sehe ich die Darstellungen, die ich vom Jakobsweg kenne: bärtiger Mann, Pilgerstock, Muschel, Schlapphut. Gestern traf ich in Lenzburg wieder auf Jakob, bloss kommt er auf der etwas mehr als 500-jährigen Ikone anders daher. Ohne Pilgerattribute. Als Jünger Jesu. So wie ihn die Bibel uns präsentiert. Jesus nannte Jakob, weil dieser nicht immer sein Temperament im Griff hatte, "Donnersohn". Der Ikonenmaler drückt das Ungestüme des jungen Mannes aus, indem er diesen in Bewegung abbildet mit einem Gewand und einem Untergewand, die beide Falten werfen. Subtile Sache. 

Mehr zu Lenzburgs Ikonenmuseum nächstens. Wir schauten dort am Samstag im Rahmen unserer Weihnachtswanderung vorbei.

Samstag, 13. Dezember 2025

Der Fluss

Munteres Gewässer: der Rein da Medel 
zwischen Disentis und dem Lukmanierpass.
In der Quellregion sowohl des Vorder- als auch des Hinterrheins gibt es etliche andere Quellflüsse und -Bäche, die ebenfalls den Namen Rhein tragen in der deutschen, rätoromanischen, italienischen Variante: Rein da Medel (Reno di Medel), Rein da Tuma, Rein da Curnera, Rein da Maighels, Rein da Cristallina, Rein da Nalps, Rein da Plattas, Rein da Sumvitg, Rein da Vigliuts, Valser Rhein, Reno di Lei, Madrischer Rhein, Averser Rhein, Jufer Rhein. Das Wort Rhein geht auf eine indogermanische Wurzel hreih oder ähnlich zurück, die fliessen bedeutet, unser deutsches Verb rinnen ist auch von dieser Wurzel abgeleitet. Rhein heisst also simpel: Fluss.

Freitag, 12. Dezember 2025

Komfortabler Silo

Zweimal das Silohotel auf dem Tannenhof.
(Fotos: biosphaere.ch/de/hotel/silo-hotel-tannenhof)

Der Tannenhof, ein Bio-Hof, findet sich in Escholzmatt LU, er ist gut 700 Meter vom Bahnhof entfernt. Zu seinen Attraktionen gehört neuerdings ein Kleinhotel, das in einem ehemaligen Silo eingerichtet wurde. Die Unterkunft ist auf vier Stockwerke verteilt, das Doppelbett steht zuoberst direkt unter der Lichtkuppel. Mit frischen Eiern zum Frühstück darf man – Stichwort "Bauernhof" – rechnen. Gute Sache, oder?

Donnerstag, 11. Dezember 2025

Wir können Gold

Die wird garantiert nicht eingeschmolzen, sie ist
berühmt: Goldmaske des Agamemnon, circa 1400
vor Christus, aufbewahrt im Archäologischen
Nationalmuseum Griechenlands in Athen.
(Foto: Die Buche / Wikicommons)
Wo wird Gold, das frisch aus dem Boden geholt wurde oder aber schon vorhanden ist zum Beispiel in Form von Schmuck und Münzen – wo wird dieses Gold eigentlich gereinigt und von weniger wertvollen Stoffen wie zum Beispiel Silber oder Kupfer getrennt? In der neuen "Schweizer Familie", die dem Gold eine Titelgeschichte widmet, gibt es eine Grafik, die mich staunen lässt. Vier der zehn weltweit grössten Raffinerien finden sich in der Schweiz. Darunter auch die Nummer eins der Welt, die Valcambi SA in Balerna im Tessin. 1400 Tonnen Gold verarbeitete sie letztes Jahr. Wie kommt es, dass unser Land in Sachen Gold derart wichtig ist? Wie genau läuft der Raffinierungs-Vorgang ab? Und warum hat sich der Goldpreis in den letzten zehn Jahren fast vervierfacht? Im grossen Interview mit einem Fachmann kann man es nachlesen. Der Kauf des Heftes lohnt sich, der Artikel ist wirklich wertvoll.

Mittwoch, 10. Dezember 2025

Schellenwerk und Sträflingszügel

Die Pöschwies vom Wanderweg aus.
In der Pöschwies in Regensdorf ZH ist Platz für gut 400 Männer, darunter auch Verwahrte. Nachdem ich letzte Woche am Pöschwies-Zaun vorbeigewandert war, las ich ein wenig nach zur Geschichte der Justizvollzugsanstalt. Und stellte fest, dass sie zwei direkte Vorgängerinnen hat. Alles begann 1639 mit einem ersten Gefängnis im ehemaligen Kloster Oetenbach in Zürich, das seit der Reformation von der Stadt genutzt wurde. Zu diesem Gefängnis kam bald das Schellenwerk, so genannt, weil die in dieser Abteilung Inhaftierten – Diebe, Sittlichkeitsverbrecher, Ehebrecher – bei Arbeitseinsätzen eine an einem Gestell montierte Schelle mit sich herumschleppten. Immer wieder einmal wurde das Oetenbach-Gefängnis erweitert und umgebaut, bis schliesslich 1903 praktisch das ganze Klostergebäude abgebrochen wurde; auf dem Areal steht heute die Regionalwache City der Stadtpolizei Zürich. Die Sträflinge hatte man 1901 in Möbelwagen in die neue Strafanstalt Regensdorf überführt. Deren Nachfolgerin ist die heutige Anstalt Pöschwies, die vor 30 Jahren eröffnet wurde. Alles klar?

Dienstag, 9. Dezember 2025

Ruinen-Visite

Der Rest des Turms der Burgruine Alt-Regensberg.
Rekonstruktion auf einer Tafel vor Ort.
Als ich letzte Woche die Ruine Alt-Regensberg bei Regensdorf ZH von Weitem erblickte, kam mir der Stummel des Turms vor wie ein Termitenbau. So kläglich die übriggebliebenen Mauern der um 1040 erbauten Burg auch wirken, so verdienen sie es doch, hier erwähnt zu werden. Die Regensberger waren einst eine bedeutende Adelssippe, besassen weite Landstriche im Zürichgau und im Thurgau, im Aargau und im Klettgau. Um 1250 teilten sich die Brüder Lütold VI. und Ulrich das Erbe des Vaters, der eine erhielt die angestammte Burg, der andere aber das nahgelegene Burgstädtchen Neu-Regensberg auf einem Felssporn der Lägern. So begann die Aufspaltung der Herrschaft. Eine lange Serie von Verkäufen und Verpfändungen folgte. 1331 dann starb die männliche Linie der Regensberger aus, ihr Geschlecht verschwand. Die Alt-Regensberg musste später herhalten als Baumaterial-Lieferantin, die reformierte Kirche von Regensdorf entstand aus ihren Steinen ebenso wie die Brücke von Adlikon. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts rettete eine Schutzverordnung, was übrig geblieben war – was ich sah während meiner Ruinen-Visite.
Das Haus Altburg am Fuss des kleinen Burghügels fällt
durch seine Treppengiebel auf. Es wurde vor 1850 erbaut.

Montag, 8. Dezember 2025

Wer hat's erfunden? Stebler!

Hier wird zum Thema Landwirtschaft geforscht: Reckenholz.
Zierweiher beim Haupteingang.

Der Schweizer Naturforscher und Dozent Friedrich Gottlieb Stebler war zeitlebens bemüht, Missbrauch beim Handel mit Samen, Futtermittel und Dünger aufzudecken. Die Qualität von Saatgut zu befördern. In diesem Bereich wurde im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts fleissig betrogen, so kam es vor, dass Rotkleesamen gefärbte Quarzsteinchen beigegeben wurden. 1877 verfügte der Bundesrat die Gründung einer landwirtschaftlich-chemischen Untersuchungsstation am Zürcher Polytechnikum, wie die ETH damals hiess. Stebler wurde der erste Chef des Instituts, leitete dieses 42 Jahre lang, führte es zu internationaler Geltung. Nach 36 Jahren zog man um nach Zürich-Oerlikon und dann nach Reckenholz in Zürich-Affoltern. Letzte Woche wanderte ich durch den stattlichen Weiler, der sich dort am Nordrand der Stadt gebildet hat. Die Einrichtung Reckenholz gehört heute zu Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung in der Schweiz innerhalb des Bundesamtes für Landwirtschaft.

Sonntag, 7. Dezember 2025

Ein Schiff geht unter

Als die "Titanic" in einer eiskalten Nacht einen Eisberg rammte und sank, starben 1517 der 2223 Menschen an Bord. Die ganze Welt nahm an dem tragischen Geschehen im Nordatlantik Anteil, immer neue Geschichten von Tod oder aber Rettung kursierten. Und bald wurde das Unglück zum Sinnbild für das Ende des Fin de Siècle und der grenzenlosen Technikeuphorie des 19. Jahrhunderts. In der "Lichthalle Maag" in Zürich ist der Untergang der Titanic derzeit als Immersionsspektakel inszeniert, als Schauspiel also, das Projektionen bewegter Bilder an alle vier Wände, den Boden und die Decke mit einem dröhnendem Sound kombiniert; zudem gibt es einen Virtual-Reality-Raum, in dem Besucherinnen und Besucher, mit einer Spezialbrille ausgerüstet, durch den Riesendampfer spazieren. Am Freitag besuchten wir die Show zu viert – eine Zeitreise ins Jahr 1912.


Samstag, 6. Dezember 2025

Bizarre Karriere

Martin Luther war kein Freund des Kultes um die Heiligen der katholischen Kirche; den Brauch zum Beispiel, am Nikolaustag Geschenke auszutauschen, fand er "kindisch". Viel ausgerichtet hat der Reformator nicht, weder generell noch in Sachen Samichlaus. Der ist offensichtlich bis heute beliebt geblieben. Eine weltweit verbreitete Figur ist er, die auch in nichtchristlichen Gebieten bekannt ist; als ich vor vielen Jahren Weihnachten in Luxor in Ägypten verbrachte, stand alle paar hundert Meter ein Samichlaus und begrüsste die Touristen mit dem launigen Ruf "Welcome to Alaska". Kurios. Womit wir bei unserem Foto angekommen wären, das Wanderkollegin Ronja kürzlich am Rand von Wohlen AG machte. Dort waren etwa 20 Samichläuse auf dem Velo unterwegs. Zu welchem Happening es sie zog, fanden wir nicht heraus. Klar scheint mir, dass sich der heilige Nikolaus, ein Bischof in Myra in der heutigen Türkei, gewundert hätte, was in seinen Namen so alles veranstaltet wird – bizarr, diese Karriere.

Freitag, 5. Dezember 2025

Wässerige Wanderung

Triste Unterführung beim Büsisee: Dem Chatzenbach hat man in der Moderne übel mitgespielt. 
Der Büsisee ist jünger als ich.
In der Eiszeit entstanden: Der Untere Chatzensee im Dezembergrau.
Verlandende Randzone des Unteren Chatzensees bei der Wehntalerstrasse.
Am Mittwoch wanderte ich am Rand von Zürich und darüber hinaus. Meine Route führte von der Haltestelle "Fernsehstudio" in Zürich-Oerlikon nach Regensdorf. Ich sah jede Menge. Zum Beispiel waren da mehrere Gewässer, darunter

  • der Leutschenbach. Er mündet in Oerlikon in die Glatt, ist völlig unscheinbar und berühmt allein darum, weil er am Studio Zürich-Leutschenbach des Schweizer Fernsehens vorbeifliesst.
  • der Chatzenbach. Er kommt von den Chatzenseen her und ist der längste offene Bach der Stadt Zürich. Ihm folgte ich die meiste Zeit durch jene Zone von Zürich-Seebach und Zürich-Affoltern, in der die Vorstadt ins Land übergeht, Blocksiedlungen auf Äcker blicken.
  • der Büsisee. Er findet sich in der Nähe der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Reckenholz des Bundes direkt an der Autobahn. Jung ist er; er wurde, während man vor gut vier Jahrzehnten diesen Autobahn-Abschnitt baute, als Becken für die Entwässerung der Fahrbahn eingerichtet. "Büsisee" ist ein neckisches Spiel mit dem Namen der Chatzenseen, die einen Kilometer entfernt liegen. 
  • die Chatzenseen. Der Obere und der Untere Chatzensee wurden in der Eiszeit geboren, als eine Moräne abfliessendes Wasser staute. Lustigerweise geht der Name nicht auf "Katze" zurück, sondern auf einen alemannischen Siedler Hatto.
    Erstes Foto der Wanderung. Vom Leutschenbach sieht man nur das grüne Steilufer.

Donnerstag, 4. Dezember 2025

Globi stoppte mich

Der Zürcher Robert Lips, 1912–1975, studierte Architektur und wurde Zeichner und Maler. Zum Jubiläum der Warenhauskette Globus entwarf er 1932 in Zusammenarbeit mit dem Werbeleiter des Unternehmens die Figur Globi. Ein Maskottchen. So gut kam der Globi an, dass Lips nicht mehr von ihm loskam. Von 1933 bis 1970 erschienen Bildergeschichten in der "Globus"-Kinder-Kundenzeitschrift, ab 1938 gabs jährlich ein Buch, insgesamt wurden es an die 40. Letzte Woche spazierte ich auf dem Weg zu einem Besuch in Zollikon durch den Friedhof Enzenbühl bei der Rehalp am Rand Zürichs. Reiner Zufall, dass ich das Grab von Robert Lips erblickte. Respektive war es sein Globi, der mich stoppte.

Mittwoch, 3. Dezember 2025

Feste Erde

Vor drei Jahren besuchten wir das idyllische Haberstal
in der Gemeinde Stadel ZH. Dass es als Standort für
ein Endlager für atomare Abfälle dienen soll, war erst
kurz zuvor bekannt geworden. Den Namen "Terradura"
trug das geplante Lager damals noch nicht.
Circa 1600 Jahre nach dem Ende des Römischen Reiches nutzen wir Latein weiterhin, um neue Ausdrücke zu prägen; die Sprache wird oft totgesagt, ist es aber nicht. Terradura ist lateinisch und bedeutet "feste Erde". Letzte Woche wurde bekannt, dass das geplante Tiefenlager für radioaktive Abfälle in Stadel im Zürcher Unterland ab sofort so heisst. In einem Online-Voting hatten sich schweizweit fast 40 Prozent aller Personen, die an der Abstimmung mitmachten, für diesen Namen ausgesprochen.

Dienstag, 2. Dezember 2025

Stroh kann reich machen

Vier Mal das "Schweizer Strohmuseum" in Wohlen AG.
In einigen Gegenden der Schweiz fertigten einst Menschen in Handarbeit Hüte und anderes aus Stroh. Im Tessin, im Kanton Freiburg, im Aargauischen. Aber nur im Aargau gelang im 19. Jahrhundert der Sprung zur Industrieproduktion, ein Zentrum war Wohlen. Was im Freiamt und im Seetal hergestellt wurde, Hüte vor allem, reiste in die ganze Welt. In der Blütezeit waren in der Region bis zu 3500 Menschen in der Strohproduktion tätig; manche Fabrikantenfamilien brachten es zu grossem Reichtum. In der Villa des August Isler in Wohlen, einem Bau im Stil des Klassizismus, ist in der Gegenwart das "Schweizer Strohmuseum" untergebracht. Am Samstag schauten wir vorbei zum Abschluss unserer Wanderung von Seon nach Wohlen. War interessant. Freilich fand im Park vor der Villa ein Weihnachtsmarkt statt, entsprechend war im Haus viel Betrieb, ja Rummel. Ohne wären wir länger geblieben. Aber wie gesagt, unterhaltsam und lehrreich ist die Ausstellung durchaus.

Montag, 1. Dezember 2025

Bier? Biere!

Der Hallwilersee vom Esterliturm aus.
45 Minuten später: Abstieg in ein Tälchen nah Egliswil.
Im Wald vor Villmergen.
Frösche und andere Geschöpfe lieben die Tümpel beim Birchgrüebli.
Widmers Zmittag: Fleischkäse mit Haussenf.
Knapp vier Stunden brauchten wir am Samstag für die Route von Seon nach Wohlen. Stiegen dabei gleich zweimal auf, das erste Mal von der Sigismühle zum Esterliturm, das zweite Mal von einem idyllischen Täli bei Egliswil zu den bewaldeten Höhen vor Villmergen. Dort, in Villmergen, assen wir sehr gut in der "Brauerei" und tranken deren Bier. Nun, Biere, im Plural, hergestellt von der Brauerei Erusbacher & Paul, die durch die Zusammenlegung zweier Betriebe entstand. Erfreulich auch das Wetter, war der Himmel anfangs noch grau gewesen, so klarte es bald auf, und schon auf dem Esterliturm – immer wieder anstrengend, die 253 Stufen – hatten wir Sonne, sahen den Hallwilersee in geringer Entfernung. Der Spätnovember hat uns verwöhnt, das war eine schöne Wanderung, die ich allen empfehlen kann. Auch wenn der Schluss, die Strecke von Villmergen nach Wohlen, durch komplett zugebautes Agglogebiet führt. Interessant ist das Gelände allemal, uns beeindruckte insbesondere die Logistik- und Auslieferhalle von Digitec-Galaxus; ich glaube, ich habe nie zuvor ein derart riesiges Gebäude gesehen.

Sonntag, 30. November 2025

Der Fetisch von Zug

Ein Nagelfetisch. Schon ein bitzli unheimlich, oder?
Durch die unscheinbare
braune Tür gehts ins Museum.
Sankt-Oswalds-Gasse in Zug, Hausnummer 17. An der Fassade ein schlichtes Schild: "Afrika Museum der Missionsschwestern von hl. Petrus Claver". Wir klingeln, es dauert, schliesslich öffnet eine betagte Nonne. Schwester Gertrud, wie sie heisst, führt uns ins Museum, lässt uns allein, wir staunen. Nein, perplex sind wir. Was es da alles zu sehen gibt: ausgestopfte Schlangen, Speere, Masken, Gemälde, Mörser und so weiter und so fort. Vor einer Statue aus Holz bleiben wir besonders lange stehen. Sie zeigt einen kongolesischen Nagelfetisch. Eine Männergestalt, in deren Körper und auch Kopf unzählige Nägel getrieben sind – mit ihnen wollte man den Gott zum Leben erwecken und ihn dazu bringen, gewisse, einem selber nützliche oder anderen schädliche Dinge zu tun. Gut erklärt sind all die Dinge nicht, die Absenz moderner Didaktik und Museumspädagogik fällt auf. Der Orden, der das Museum betreibt, entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts, zuallererst schwärmten die Missionsschwestern nach Afrika aus, vor allem ins zentrale Afrika, weitere Kontinente folgten. In der Zuger Niederlassung hat sich in den letzten 120 Jahren angesammelt, was afrikanische Stifter den Schwestern schenkten und was diese aus eigenem Impuls nach Hause trugen. Die Objekte aus Afrika seien dazu eingesetzt worden, für den Orden zu werben, steht auf dessen Website zu lesen. Zugs Afrika-Museum wirkt, als sei die Zeit an ihm vorbeigezogen. Umso faszinierender fanden wir, was wir bei unserem Besuch vor knapp zwei Wochen vorfanden.
Vier Mal Afrika in Zug.

Samstag, 29. November 2025

Das Original

Auguste Piccard im Jahr 1932.
(Deutsches Bundesarchiv /
Wikicommons)
Schlaksig, fast zwei Meter gross, wirres Haar, auf der Nase ein rundes Brillchen, leicht verkniffener Blick. Sieht der Mann nicht aus wie Professor Bienlein in den "Tim und Struppi"-Comicgeschichten des Belgiers Hergé? Am Dienstag war ich (siehe Eintrag von gestern) im "Verkehrshaus" in Luzern; ich entdeckte dort neben vielen anderen Dingen eine Tafel, die mir die Lebensleistungen des Baslers Auguste Piccard erklärte. Eines genialen Geistes, der mit 30 Jahren schon an der ETH Zürich eine Professur in Physik hielt und als Dozent dadurch auffiel, dass er mit der einen Hand an der Tafel ein Modell zeichnen konnte, das er gleichzeitig mit der anderen Hand beschriftete. 1931 stieg Piccard mit seinem Assistenten in einem Ballon auf 15'781 Meter auf, schaffte es somit als erster Mensch in die Stratosphäre, die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa klassierte die Ballonkapsel später als erste Raumkapsel der Menschheit. Der Schweizer war aber auch von der Tiefsee fasziniert. 1953 tauchte er mit seinem Sohn Jacques in einem Unterseebot auf 3150 Meter ab, wieder Weltrekord. Beeindruckend, dieser Auguste Piccard. Lange Jahre unterrichtete er in Belgien. So kam es zur Bekanntschaft mit dem Zeichner Hergé, der ihn als Professor Balduin Bienlein vollends unsterblich gemacht hat. Die Ähnlichkeit ist also kein Zufall.

Freitag, 28. November 2025

Mein Gewicht? Kein Thema

Waage, Waage an der Wand, wer ist der schwerste im ganzen Land?
Plakette auf der Waage.
Am Dienstag machte ich einen Ausflug mit Studienfreund Christian. Wir fuhren auf dem Vierwaldstättersee von Luzern nach Brunnen, fuhren wieder retour und besuchten dann, bevor es ins Restaurant ging, das Verkehrshaus. Es kam mir gross vor, zu gross, unübersichtlich, mit Ausstellungen, in denen ich vieles nicht wirklich durchdacht fand und einiges nicht so beschriftet, dass ich mit der Information zufrieden gewesen wäre. Zu schnell gewachsen, zu wenig Personal? Aber Spass hatten wir durchaus. Wir hielten uns vor allem an die Eisenbahn-Halle. Dort gefiel mir zum Beispiel das Rösslitram, das in Zürich einst verkehrte, der Tramfahrer agierte als Pferdeführer. Lange vor meiner Zeit. Noch viel mehr fesselte mich die alte Personenwaage. Weil sie mich in meine eigene Vergangenheit katapultierte. Als Kantischüler in Trogen stieg ich regelmässig in St. Gallen im Nebenbahnhof der Trogenerbahn um. Dort stand exakt eine solche Waage. Freilich wäre ich nicht auf die Idee gekommen, eine Münze einzuwerfen und mich wägen zu lassen – mein Gewicht interessierte mich damals überhaupt nicht.
Noch eine Aufnahme aus dem Verkehrshaus in Luzern: das Zürcher Rösslitram.

In Brunnen hatten wir gut 45 Minuten Aufenthalt.