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Montag, 29. September 2025

Den Samstag wollte sie für sich

Eine Handschriften-Illustration: Melusine im Bad, ihr Gatte hat durch das Loch in der Tür geschaut.
In dieser Fassung von circa 1410 aus Frankreich hat Melusine einen Drachenleib.
(Bibliothèque nationale de France / Wikicomons)
Schloss Landshut.
Der Melusine-Stoff begeisterte die Menschen des Mittelalters, aber auch der Jahrhunderte danach. Der Ritter Raymond trifft im Wald eine wunderschöne Frau und verliebt sich auf der Stelle. Melusine willigt bald darauf in die Heirat ein. Unter einer Bedingung: Der Samstag gehört ihr, sie will ihn im Bad verbringen und nicht gestört werden. Das Eheglück ist vollkommen, bis Raymond es eines Samstags doch nicht lassen kann und sich ins Bad schleicht. Gross der Schrecken: Seine Gattin ist eine Fee oder ähnlich. Ein Wesen, das an diesem Tag vom Bauchnabel abwärts eine Schlange ist mit einem geschuppten Leib. Wie es weitergeht – da gibt es verschiedene Versionen. Zum Beispiel diese: Melusine verschwindet, schleicht sich nur manchmal nachts zurück in die Burg, um nach ihren Kindern zu sehen. 

Eine besonders berühmte Fassung der Geschichte entstand auf Schloss Landshut in Utzenstorf. Dort lebte im 15. Jahrhundert Thüring von Ringoltingen, Spross einer reichen Familie, der es später in Bern mehrfach ins höchste Amt der Stadt, zum Schultheiss, brachte. Mit 41 Jahren übertrug er eine französische Melusine-Vorlage ins Deutsche, wobei er die Handlung zum Teil abänderte. Offenbar mit Geschick, seine "Melusine" wurde zur Zeit des Buchdrucks mehrfach gedruckt und verbreitete sich weit über die Grenzen der Eidgenossenschaft – ein früher Schweizer Bestseller.

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