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Die Frauentruppe paradiert. |
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Das Bühnenbild von Barbara Steiner. |
Heute würde ich gerne ein Theatererlebnis erwähnen - und hey, es passt in diesen Blog! Denn es wird darin praktisch ohne Unterlass gegangen. "High - du weisst wovon" von René Pollesch, eine
Uraufführung im Schiffbau des Zürcher Schauspielhauses, kann den Zuschauer ganz schön verwirren. Und ihm eine Halskehre bescheren. Die Bühne ist ein langes Oval nach dem Vorbild des altrömischen Circus Maximus, das Publikum sitzt auf langgezogenen Holzbänken in der Mitte, ist also vom Rund umgeben; jeder sieht nur die eine Hälfte des Geschehens, die andere spielt sich in seinem Rücken ab, wobei gleichzeitig ein Kameramann das Ganze filmt, das in Echtzeit auf Leinwände projiziert wird. Die Schauspielerschaft teilt sich auf in vier Dauerquassler und eine Schar junger Frauen, die als eine Art antiker Chor alle ihre Sätze gemeinsam sprechen und dabei unablässig vorwärtsziehen; die Frauen tragen am Anfang eine Art Sträflingsmontur, später wechseln sie auf lichtere, frühlingshafte Ware. Die Dauerquassler erzählen kleine Geschichten, sie philosophieren und schwätzen, sie monologisieren oder streiten sich und treten immer wieder in ein hitziges Hin und Her mit dem Chor. Die Bedeutung all der lockeren bis rätselhaften Aussagen muss sich jeder selber suchen. Ich genoss das Schauspiel ausserordentlich, es produzierte mir automatisch Sinn, ich dachte an Fellini (ein Gitterwagen wie ein Tierkäfig wurde einmal hereingerollt) und an Pasolini, an die biegsamen und lichten Frauengestalten Hodlers, an Peter Handkes frühe Faszination mit dem Sprechakt, ich fand die Sache dichterisch und intellektuell zugleich. Und die Aufführung war unglaublich dynamisch, weil - eben - sämtliche Akteure permanent die Runde machten, auftauchten, verschwanden, wieder auftauchten. Was für ein inspirierender Abend!
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