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Donnerstag, 11. Februar 2021

Tod eines Philosophen


Sokrates war Philosoph. Ein ruhiger, bescheidener, Äusserlichkeiten abholder Mann, der es genoss, seine Zeitgenossen in Athen mit Fragen in Widersprüche zu führen. Keine einzige Zeile von ihm ist überliefert; das meiste, was wir über ihn wissen, geht auf seinen grossen Schüler Platon zurück, in dessen Werken er als Meister der Dialogkunst noch und noch auftaucht. Wie echt, wie wahr dieses Bildnis ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Sicher ist, dass Sokrates sich Feinde machte in den höchsten Kreisen der Politik. 399 vor Christus zerrten ihn seine Feinde als angeblichen Verderber der Jugend vor Gericht. Dieses verhängte ein Todesurteil. Im Gefängnis leerte Sokrates den Becher mit dem giftigen Schierlingstrank gefassten Gemütes, während die versammelten Freunde wehklagten. Den Geschworenen hatte er zu Ende des Prozesses dies mitgegeben: "Schon ist es Zeit, dass wir gehen. Ich, um zu sterben, ihr, um zu leben. Wer aber von uns den besseren Weg beschreitet, das weiss niemand, es sei denn der Gott." All das und vieles mehr, Dinge aus der Kantonsschulzeit und aus dem Studium, ging mir durch den Kopf, als ich in Lugano am See die Skulptur des sterbenden Sokrates passierte. Geschaffen hat sie der russische Bildhauer Mark Antokolski, 1843 bis 1902.

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