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Freitag, 2. Oktober 2020

Unchristlicher Christenstreit

Die Köpfe sind weg, doch die Heiligen wollen nicht sterben:
Zürichs Stadtheilige Felix und Regula im hochmittelalterlichen
"Stuttgarter Passionale". (Roland zh/ Wikicommons)
An Pfingsten 1375 eskaliert die Rivalität der beiden Zürcher Konvente. Zwei Prozessionen begegnen sich bei der unteren Brücke. Man drückt, drängelt, keiner will weichen und den anderen den Vortritt gewähren. Das Brückengeländer bricht, schreiende Mönche und Nonnen zappeln in der Limmat, viele kann man aus dem Wasser fischen, doch acht ertrinken.

So ist es im Mittelalter mit dem Fraumünster und dem Grossmünster: Sie stehen sich unversöhnlich gegenüber. Das Fraumünster, von Ludwig dem Deutschen gestiftet, ist ein Ableger des deutschen Adels, es ist das ältere und edlere Kloster,  die Insassinnen sind verwandt mit Grafen, Herzogen, Königen. Das Grossmünster wiederum bindet die aufstrebende lokale Handwerker- und Händlerschicht, die Chorherren entstammen in der Regel den einflussreichen Zürcher Geschlechtern. Ihr Trumpf ist die Wallfahrt. Die Gräber der Stadtheiligen Felix und Regula, die unter dem Grossmünster liegen sollen, ziehen mehr Volk an als einige Reliquien der beiden Heiligen, die ins Fraumünster überführt wurden. Fraumünster und Grossmünster: die beiden Kraftzentren des frühen Zürich. Wer sich für das Thema interessiert, liest "Zürichs Kirchen, Klöster und Kapellen bis zur Reformation", erschienen 1994 im Verlag Neue Zürcher Zeitung.

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